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Quellenangaben |
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Ehrgeitz. |
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Die
Begierde nach der
Ehre kan entweder
vernünfftig oder unvernünfftig seyn, das ist, sie
kan entweder mit der
Ordnung der
geselligen
Natur übereinkommen, oder wieder dieselbe
streiten. |
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Eine solche unordentliche Begierde ist der
Ehr-Geitz. Er bestehet darinne, daß ein
Mensch
auf diese Art sein gröstes Vergnügen suchet, daß
er über alles herrschen, oder doch allen andern
möge vorgezogen werden, und zwar also, daß er
nur seine eitle
Lust
dadurch vergnügen, nicht aber seinen mit der andern Wohl
verknüpfften
wahren
Nutzen. Weil die
Seele, wenn sie aus der Ordnung
der Natur schreitet, dasjenige in ihren
Gegenwürffen nicht findet, was sie suchet: so sind
solche unordentliche Begierden zugleich
unersättlich. |
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Der Ehrgeitzige setzet sich immer ein weiter
Ziel, darinnen er ruhen
will, wenn er dasselbige
erlangt hätte, aber bey dessen Erlangung trachtet
er schon wieder auf etwas höhers. So ist seine
Begierde unersättlich. Ist ein Ehrgeitziger ein
Küster, so will er Diaconus, dann Archi-Diaco-
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{Sp. 442} |
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nus, dann Superintendens, General-
Superintendens, Ober-Hof-Prediger, und so weiter, seyn.
Ist er ein Schreiber, so will er Secretarius, dann
Rath, dann
Cantzler, dann geheimer Rath, und
so weiter, seyn. |
Thomasius in der Ausübung
der Sitten-Lehre … |
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Weil der Ehr-Geitz nur bloß auf den
Vorzug
vor andern, welchen er vor seinen
Endzweck hält,
siehet; und seine
Neigung nicht als ein
Mittel auf
den
gemeinen Nutzen lencket: so wird er dadurch
zu einer
unvernünfftigen Begierde. Einige
Scholastici haben ihn eine unordentliche Begierde
seiner
eigenen Vortrefflichkeit
genennet. |
Henrich a St. Ignatio in Eth.
amor. … |
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Thomasius l.c. … beschreibet ihn also: Der
Ehr-Geitz ist eine Gemüths-Neigung, die ihre
Ruhe in stetswährender veränderlicher
Hochachtung und
Gehorsam anderer, sonderlich
aber gleichgesinnter
Menschen, durch
Hochachtung sein selbst, und Unterfangung
Theils verschmitzter, Theils gewaltsamer
Thaten
vergebens suchet, u. dieserwegen mit
gleichgearteten
Menschen sich zu vereinigen
trachtet. |
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Der Ehr-Geitz ist entweder ein dem Schein
nach honneter, oder ein abgeschmackter und
lächerlicher Ehr-Geitz. Dieser
Unterscheid
gründet
sich auf die
verschiedenen
Vortheile, vermöge
welcher man einen Vorzug vor andern suchet. Der
dem Schein nach honnete Ehr-Geitz suchet sich
durch innerliche Vortheile der
Seelen, womit man
dem
gemeinen Wesen trefflich
dienen kan, über
andere hervorzuthun. Dieses ist der Ehr-Geitz
geschickter Leute: sie sehen die Vortheile ihrer
Geschicklichkeit nur als Mittel ihres Haupt-Zweckes der Ehre an; und die
Dienste, die sie
wegen solcher Geschicklichkeit der
Welt zu leisten
vorgeben, müssen ihnen nur zum Vorwand ihrer
Eitelkeit, und Unterdrückung andrer, auch
geschickter und redlicher Leute dienen. |
Müller Anmerck. über
Gracians Oracul … |
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Dieser Ehr-Geitz kan wieder in
unterschiedene
Arten
eingetheilet werden, |
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- entweder man sucht einen Vorzug an denen Gütern des
Verstandes, und zwar
- Theils in der klugen Erfahrenheit, und
Geschicklichkeit etwas auszuführen, welches der
Hof- und
Staats-Ehr-Geitz ist:
- Theils in der
Erkenntniß des
wahren, welches der
gelehrte Ehr-Geitz;
- oder an denen Gütern des
Willens, u. zwar
- Theils an der Tapfferkeit des
Gemüthes, welches
der
Kriegs-Ehrgeitz ist,
- Theils in der eingebildeten
Heiligkeit, so der Pharisäische Ehr-Geitz kan
genennet werden.
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Ridiger Phil. Pragm.
… |
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Diese Arten des Ehrgeitzes kommen im
Wesen alle mit einander überein, in Ansehung
derer Mittel aber, deren sie sich zu Erlangung
ihres Haupt-Endzweckes bedienen, sind sie
unterschieden. |
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Der Hof- und Staats-Ehrgeitz ist eine
unordentliche Begierde, nicht alleine viele wichtige
Bedienungen zu haben, sondern auch durch kluge
Verrichtungen vor andern einen Vorzug zu
erlangen. |
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Der gelehrte ist eine Begierde, durch neue
Erfindungen, besondre
Meynungen,
Schrifften-
und Feder-Kriegen bey der gelehrten
Welt
bekannter als andre zu werden. Die
Gelehrten
solten diese ihre
Neigung am meisten verbergen;
Allein sie sind hiebey weniger als andre in der
Kunst sich zu verstellen geübet. Sie verrrathen
sich allzu sehr, wenn sie mit einander in
Streitigkeiten verwickelt sind, und allerhand, ja die
allerlächerlichsten Mittel anwenden, um vor
Cymbala mundi ausgeruffen zu werden. Wie
solches Mencke in seinen Declamationibus de
Charlatanneria Eruditorum, und Lilienthal de
Machiauellismo Litterario |
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{Sp. 443|S. 237} |
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genugsam gezeiget haben. Dieser Ehr-Geitz
ist die Quelle vieler seltsamen Meynungen, und
die Ketzer sind insgemein von hochmüthigen
Geiste gewesen. |
- Bayer Disput. de
Ambitione Haeresium Caussa.
-
Buddeus Institut.
Theol. mor. …
- Clericus de Incredulitate …
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Weil solche Leute gerne davor
wollen
gehalten werden, daß sie besondere Einsichten in
etwas hätten, so sind sie zu den gefährlichsten
und atheistischsten Meynungen geneigt. Sie
wissen sich der edlen und
rechtmäßigen
Freyheit zu gedencken so wohl zu gebrauchen, daß sie
unter dieser Decke die Blösse ihres Verstandes
verstecken, und wissen eben dadurch nicht, wie
weit die
Grentzen dieser Freyheit gehen. |
Buddeus de Atheis. et
Superst. … |
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Der Kriegs-Ehr-Geitz beruhet auf der
Tapfferkeit, und suchet vor andern wieder die
Feinde
Ruhm zu erhalten. Da der Soldaten-Stand
Hitze und Muth erfodert, so sind solche Leute gut
dazu zu gebrauchen. |
Triers Fragen von den
menschlichen Neigungen ... |
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Der Pharisäische Hochmuth will durch seine
Scheinheiligkeit ein
vollkommener Mensch seyn,
und suchet sich der
Gesellschafft andrer, damit
seine Heiligkeit nicht befleckt werde, zu entziehen,
ungeachtet er wünschet, allen bekannt zu
seyn. |
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Der abgeschmackte und lächerliche Ehr-Geitz
suchet sich durch die äusserlichen Glücks-Güter
zu erheben. Er siehet nur auf das äusserliche, und
weil er sehr wenig Beyfall findet, so läßt er seine
Hefftigkeit um so viel desto mehr blicken, welches
der Stoltz
genennet wird. Weil man nur das
Glücke in ihm verehrt, er sich aber dieses auf eine
ungereimte Art zuschreibet: so wird er dadurch um
so viel mehr lächerlich. Diese Art Leute sehen auf
äusserliche Schönheit,
Reichthum, Pracht, hohes
Geschlechte, und andere dergleichen
Dinge, wozu
sie doch nichts beytragen. |
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Den Ehr-Geitz zu
erkennen, werden, wie bey
allen andern
Neigungen, zweyerley Kennzeichen
angegeben. Man
theilet sie in die physicalischen
und moralischen
ein. Nun ist es zwar nicht ohne
Grund, daß die
physicalische Constitution eines
Menschen in sein moralisches Wesen einen
Einfluß habe, gleichwohl aber kan durch die
Auferziehung und die
Glücks-Umstände eine
grosse
Veränderung bey denen
Menschen
vorgehen, so, daß dieselben
Zeichen nicht
nothwendig und daher betrüglich sind, doch
können selbige zu mehrerer Befestigung der
durch die moralischen Umstände erkannten
Hypotheseos dienen. |
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Es werden aber folgende angegeben. Ein
Cholericus siehet schwärtzlich und röthlich in dem
Gesichte, seine Stimme ist
männlich, helle und
geschwind, er siehet ernsthafft und munter aus,
vom
Leibe ist er mager, seine Haut fühlet sich
hart und warm an, und sein Gang ist steiff und
gravitätisch. |
Heumann politisch.
Philosoph. … |
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Von denen
moralischen
Kennzeichen können
wir weitläufftiger handeln. Der Ehrgeitzige siehet
bey seinen
Thaten
nicht so wohl auf die innerliche Güte und den
wahren
Nutzen, sondern vielmehr
auf die
Urtheile anderer. Wenn er auch auf die
innerliche Güte und den wahren Nutzen siehet, so
geschiehet es bloß um anderer Urtheile willen,
und niemand ist mehr bekümmert um das, was
andre Leute von ihm
reden und dencken, als ein
Ehrgeitziger. |
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Weil die Ehre entweder innerlich oder
äuserlich ist, davon die erste in der guten
Meynung selber, die letztere aber in denen
äusserlichen Ehren-Bezeugungen bestehet; die
äusserliche Ehre aber, wenn dieselbe nicht mit der
innerlichen verknüpffet ist, keine Ehre, sondern
nur eine Verstellung und |
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{Sp. 444} |
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Zwang anzeiget: so ist ein Ehrgeitziger sehr
um die innerliche Ehre bekümmert, und suchet
dahero in seinen
Handlungen etwas ungemeines,
das ihm die andern nicht nachthun können, zu
zeigen, doch ist die Art und Weise, wie dieses
geschiehet, nachdem ein Ehrgeitziger
Verstand
und Witz besitzet, oder nicht, sehr
unterschieden.
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Weil aber die innerliche Ehre nur bey solchen
Leuten kan gemercket werden, welche eine
Einsicht in eine
Sache haben; die Ehrgeitzigen
aber von allen
wollen verehrt seyn; so lassen sie
sich an der innerlichen Ehre nicht begnügen,
sondern begehren die äusserliche auf das
hefftigste, damit sie allen
mögen bekannt werden.
Alle Ehrgeitzige suchen sich demnach, es sey in
einer Sache, in was es vor einer wolle, vor allen
andern, oder doch vor sehr vielen hervorzuthun,
obgleich dieses bey einigen auf eine
geschickte,
bey andern aber auf eine ungeschickte Art
geschiehet. |
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Diejenigen, welche ihre Ehre auf
würckliche
Verdienste,
Wissenschafften und
Tugenden
gründen, sind unermüdet in ihrer
Arbeit und
Bemühung, damit sie sich über andere durch
Geschicklichkeit erheben mögen, sonderlich
bemühen sie sich, diejenigen zu übertreffen,
welche sich einen gleichen
Endzweck mit ihnen
vorgesetzet, und also mit ihnen um die Wette
streiten. |
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Der Ehrgeitz ist überhaupt eiffersüchtig, und
suchet mit der äussersten Unruhe zu verhindern,
daß die untern ihn nicht mögen gleich kommen,
und die gleichen ihn nicht übertreffen. In seinen
eignen und andern ihm anvertrauten
Geschäfften
ist der Ehr-Geitz bedächtig, und weit
hinaussehend, folglich äusserst sorgfältig, und
unermüdet, sie mit
Ruhm, und auf das
vollkommenste, als es
möglich, hinaus zu
führen. |
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Hat er etwas versprochen, so verhindert ihn
sein Schade nicht, sein
Wort zu halten;
sollte ihm
aber daraus Schande zuwachsen, so ist er
äusserst
falsch. Er ist
gedultig, alle
Unbequemlichkeiten, die sich der Ausführung
seiner Unternehmungen entgegensetzen mögten,
auszuhalten. In wohlersonnenen Anschlägen ist er
beständig, aber auch zugleich in unrichtigen, die
er einmahl ergriffen, hartnäckig. Er will alles mit
seinem Verstande einsehen, deswegen bildet er
ihm ein er könne nicht
irren. Dieses
thut er
insonderheit, wenn seine Wiedersacher und
Neider ihn verhindern wollen. Er läßt es auf das
äusserste ankommen, ehe er von seinen
Unternehmungen absteht. |
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Bey dem allen ist er kühn und muthig; er
achtet bey Beschaffenheit derer
Umstände, und
nachdem es eine jede
Art des Ehrgeitzes mit sich
bringet, sein
Leben vor nichts, um seinen
Endzweck zu erreichen; Die Ehre ist sein
höchstes
Gut, und das andere siehet er alles nur
vor Mittel an, dieselbe zu befördern. In
Glück
und
Unglück bemühet er sich, einen
bewundernswürdigen Muth an sich blicken zu
lassen: Bey dem ersten wird er nicht sicher, und
bey dem andern nicht verzagt. Mißlinget ihm
etwas, so sinnet er beständig auf
Mittel, die
Scharte wieder auszuwetzen; weil er
weiß, wie
leicht er von andern kan verhindert werden, ist er
verschwiegen. Zu Verstellung ist er sehr geneigt,
Theils wegen der Sicherheit seiner
Unternehmungen, Theils damit seine Anschläge
umso viel grösser werden mögen wenn sie wieder
aller
Vermuthen hervor kommen. |
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Denen
Wollüsten ist der Ehrgeitz nicht
ergeben; er hasset sie zwar nicht, und pfleget
dieselbige auch bey
Gelegenheit wohl
mitzunehmen; doch
müssen sie der Ehre
nachstehen, und hält er sie vor etwas geringes
und schändliches, wenn sie derselben
wiederstreben. |
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Diejenigen, welche
Verstand und
Erfahrung
haben, |
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{Sp. 445|S. 238} |
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streben zwar nach der äusserlichen
bürgerlichen Ehre, welche wir unter dem
Titel
Ehre beschrieben haben. Sie ist zu ihrer Absicht,
nach der sie einen
Vorzug vor andern haben
wollen, sehr
bequem; weil aber dieselbige vor sich
alleine nichts ist, indem sie sich meistentheils nur
auf einen Zwang gründet, so suchen sie dieselbe
durch die freywillige äusserliche Ehre, und durch
die innerliche Ehre zu unterstützen. |
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Sie
wissen, daß die
natürliche, aufrichtige,
und nicht auf blosser Verstellung beruhende
äusserliche Ehre ihrer
Natur nach frey ist, und daß
sie nicht von mißvergnügten, sondern von
günstigen
Gemüthern zu erwarten sey. Sie
werden dahero bey iederman, auch geringen
Leuten, sich auf alle nur ersinnliche Art beliebt,
und sich wohl um sie
verdient zu machen,
trachten. |
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Dahero kommet es denn, daß solche Art
ehrgeitziger Leute über die massen höflich,
dienstfertig, gutthätig, auch sogar gegen ihre
Feinde, sind. Denn auch von diesen suchen sie
hochgeachtet, und nicht vor niederträchtige
Gemüther gehalten zu werden. Dahero sie auch
an selbigen die
Tugend hoch zu schätzen wissen.
Sie verstecken ihren hierunter gesuchten
Endzweck, nemlich über andere sich zu erheben,
auf das sorgfältigste. Sie lassen deßwegen weder
Hochmuth noch Aufgeblasenheit, sondern
vielmehr die gröste Bescheidenheit von sich
spüren. Grobe Schmeicheleyen können sie
deßwegen nicht vertragen, und können nicht
leiden, daß man sie in ihrer
Gegenwart lobe. |
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Den Schimpff verabscheuen sie auf das
alleräusserste. Dieser Abscheu heisset, wenn sie
sich den Schimpff selber zugezogen,
Scham;
wenn er ihnen aber von andern angethan wird,
und mit einer Rachgierde
verknüpfft ist,
Zorn. In
der Rache sind sie zwar großmüthig, und
unternehmen nichts auf eine niederträchtige Art.
Ehe sie aber die Rache genommen haben, sind
sie unversöhnlich, und geht es schwer her, die
einmahl gebrochene Freundschafft wieder
herzustellen. |
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Wenn sie eine Ehren-Stelle erhalten, und in
derselben äusserliche
Macht bekommen haben,
so herrschen sie offenbarlich, und lassen sich in
denen ihnen zu kommenden
Rechten nicht den
geringsten Eingriff thun. Haben sie aber keine
Herrschafft in öffentlichen
Ämtern, so suchen sie
doch bey andern
Gelegenheiten eine heimliche
Herrschafft über die
Gemüther, so, daß durch die
freye Zuneigung andrer alles nach ihrem
Kopffe
gehen
muß. Hierbey pflegen sie in beyden Fällen
wieder diejenigen, welche ihnen im Wege sind,
Factionen aufzurichten, und zu unterhalten. |
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Sie wissen, wie viel die
Regeln der
Wohlanständigkeit zu der äusserlichen Ehre
beytragen. Deßwegen sind sie strenge
Beobachter derselben. In diesen Stücken sind sie
niemahls sparsam, sondern lassen in Kleidung,
Haußrath, und dergleichen, viel aufgehen.
Hingegen sind sie unermüdet, zu so grossen
Ausgaben
Geld zu erwerben, in dem sie nichts
umsonst haben
wollen, und es ihnen schmertzet,
wenn sie andern die geringste Gefälligkeit
schuldig bleiben müssen. |
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In aller ihrer
Arbeit suchen sie was
ausserordentliches, und sie bey denen
guten
Kennern auf das theuerste anzubringen. Ein
Mißgebot auf ihre
Waare können sie nicht
vertragen. Die
Wirthschafft des Ehrgeitzigen ist
also von der Wirthschafft des
Wollüstigen und
Geldgeitzigen auf diese Art
unterschieden. Der
Wollüstige will nichts
verdienen, und viel verthun:
der Ehrgeitzige will viel verdienen, und viel
verthun; der Geldgeitzige will viel verdienen, und
nichts verthun. |
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Diejenigen Ehrgeitzigen, welche keinen
Verstand haben, lassen die hohe Mey- |
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{Sp. 446} |
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nungen, die sie von sich selber hegen,
allzusehr blicken, als daß sie dergleichen
Meynung andern von sich beyzubringen fähig
seyn
sollten. Sie können ihren Hochmuth nicht
verbergen, oder wenn sie ihn verbergen wollen, so
geschiehet es auf eine prahlerhaffte und andre
ungeschickte, zuweilen gar lächerliche Art. Sie
sind gemeiniglich entweder offenbare Prahler, und
lassen sich auch nicht von andern gern ins
Gesicht loben, oder fallen auf das andere
extremum einer ausschweiffenden Erniedrigung,
um unter solcher Verstellung, ihrer Meynung nach,
desto herrlicher hervor zu leuchten. Sollten auch
Leute, die sonst einen gar guten
Verstand blicken
lassen, zum Prahlen und Aufschneiden geneigt
seyn: so zeiget doch dieses eine Art der
Unerfahrenheit an, welches auch ein Unverstand
ist. |
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Aus diesen und der
täglichen
Erfahrung
erhellet, daß nicht allemahl ein gutes
Iudicium
nach der Meynung derer, so dem Thomasio
folgen,
nothwendig mit dem Ehrgeitze verknüpfft
ist. Ein Ehrgeitziger, welcher eine grosse
Krafft
des Iudicii besitzet, suchet zwar dasselbe auf das
äusserste zu treiben, wenn er aber eine und andre
herrschende Krafft in seinem Verstande findet; so
sucht er dieselbe gleichfalls auszuüben. Doch sind
die Hochmüthigen meistentheils mit einem guten
Iudicio begabet, indem sie alle Fehler zu
vermeiden suchen, welches nicht anders, als
durch die Beurtheilungs-Krafft geschehen kan.
Dieses ist, woraus wir einen Ehrgeitzigen
erkennen
sollen. |
- Theophrastus
Charact. … nebst Casauboni Noten …
- Brochmand
in Specimin. Ethic. Historic. …
-
Buddeus in
Element. Philos. …
- Gundling in Via ad verit. …
- Rohr vom Erkenntniß derer menschlichen
Gemüther ...
-
Pufendorf de Iure Nat. et Gent. …
-
Müller Ethic …
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Wir wollen noch betrachten, wie wir uns
gegen den Ehr-Geitz, so wohl nach der
Gerechtigkeit, als nach der
Klugheit, aufzuführen
haben. |
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In Ansehung der Gerechtigkeit haben wir bey
dem Ehrgeitze dieses zu mercken. Sind wir
ehrgeitzig, so
müssen wir in unsern Gewerben
und
Geschäfften, die uns anhangende unruhige
Eifersucht in denen
Schrancken der Gerechtigkeit
halten. Diese reitzt uns hefftig an, allen
Menschen,
mit denen wir in unsern Geschäfften einige
Verbindung haben, mit List oder
Gewalt muthwillig
zu wiederstreben, und machet uns also untüchtig,
mit iemanden ein gutes Vernehmen lange zu
unterhalten. |
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Diese
Pflicht der Friedfertigkeit müssen wir
einmahl gegen die
Obern beobachten, und ihnen
in ihre Vorrechte keinen Eingriff
thun: ferner gegen
unsers gleichen, daß wir sie nicht als untre
ansehen, und sie unsrer Herrschsucht
unterwerffen
wollen; endlich gegen die untern,
daß wir sie nicht tyrannisch drücken, und sie an
ihren rechtmäßigen Auskommen hindern. |
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In unsern
Reden und
Umgang mit andern
lieget uns ob, unsern Hochmuth zu unterdrücken,
und bey unsrer
gewöhnlichen Behutsamkeit, uns,
wie man zu reden pfleget, nicht hinweg zu
werffen, sondern uns dennoch einer
wahren, und
einem großmüthigen Hertzen anständigen
Demuth zu befleißigen. |
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Hierzu wird zwar nicht eine gäntzliche
Entsagung aller Ehre erfordert, wohl aber eine
bescheidene
Zufriedenheit mit dem Grade der
Ehre, der nach Beschaffenheit derer
Zeiten, auf
iede
Art guter Verdienste endlich folget; Ferner
eine
vernünfftige Gelassenheit, wenn auch
würcklich gute Verdienste nicht alsofort bey dem
ersten Anblicke nach
Würden geschätzet werden:
und endlich eine geziemende Vermeidung aller
gehäßigen Abnöthigung der Hochach- |
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{Sp. 447|S. 239} |
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tung andrer, als die sich nicht erzwingen,
wohl aber verdienen, und freywillig erwerben
lässet. Hieraus folget |
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- die
Pflicht, andre nicht mit einem
aufgeblasenen Eckel, gegen uns zu verachten,
noch ihnen ihre
Leibes- oder
Gemüths-Gebrechen
gehäßig vorzuwerffen:
- die Pflicht nicht zu prahlen:
- die Pflicht, durch übermäßigen
Staat uns nicht
über die Gebühr seines
Standes zu brüsten:
- die
Pflicht, die Tadelsucht zu meiden: und viel lieber
etwas mit in die
Gesellschafft zu bringen, das man
mit
Grunde loben, als etwas, das man tadeln
könne:
- die Pflicht, nicht allen, was
geredet wird,
muthwillig zu wiedersprechen, und dabey sich
zum
Richter aufzuwerffen:
- die Pflicht, uns im
Zorne zu fassen, und wo wir auch zu einem
Streite oder Wort-Wechsel genöthiget werden,
solchen mit
vernünfftigen
Vorstellungen, und
gerechten Verfahren mit aller Mäßigung zu führen,
alles hochmüthige, höhnische und ehrenrührige
Zancken aber, und im Civil-Stande das Schlagen
und Balgen zu
unterlassen.
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Haben wir hingegen mit einem Hochmüthigen
zu thun, so sind wir zu behutsamer Vorsichtigkeit
verbunden, seinen
Adfect, insonderheit seinen
Zorn, nicht muthwillig aufzureitzen. Es ist derselbe
vor genommener Rache unversöhnlich, und
gereichet beyden
Theilen zu schlechten
Vortheile.
Wir müssen zu dem Ende alle obgedachter
massen, dem Ehrgeitzigen hingegen andre
obliegende Pflichten am allermeisten gegen ihm in
Acht nehmen, weil er in Ansehung derselben
sonder
Zweiffel am allerempfindlichsten ist. |
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In Ansehung der
Klugheit haben wir dieses zu
mercken. Bey Ehrgeitzigen machet man sich
durch Ehrerbietigkeit, die man bey aller
Gelegenheit gegen sie bezeiget, beliebt. Doch
wenn wir eine
gründliche Gewogenheit, und nicht
nur wohl bey ihnen gelitten zu seyn suchen: so
müssen wir uns auch ihre Hochachtung zu
erwerben bemühen, und solche
Eigenschafften,
die sie nach der eigentlichen
Art ihres Ehrgeitzes
im hohen Werthe halten, an uns blicken
lassen. |
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Die Hochachtung eines
Menschen gegen sie,
den sie in ihren Hertzen geringe achten, scheinet
ihnen ein
Gut von geringer Wichtigkeit zu seyn.
Sind sie höher und
vornehmer als wie wir, ja nach
Befinden wohl auch, wenn sie unsers gleichen
sind, so
müssen wir viel Bescheidenheit
anwenden, daß wir weder es ihnen nachzuthun,
noch sie gar zu übertreffen uns unterstehen. |
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Im übrigen haben wir in allem
Umgange mit
ehrgeitzigen Leuten, insonderheit in
Gegenwart
anderer Leute, die
Regeln der Wohlanständigkeit
sehr genau in Acht zu nehmen, weil sie sonst eine
Geringachtung daraus
schlüssen
mögten: Doch
haben wir uns zu hüten, daß wir, wenn sie
vornehmer sind, uns nicht durch Kleidung, andern
Aufwand und prächtiges Tractiren, über unsern
Stand erheben. |
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Dem Ehrgeitzigen selber ist seine
natürliche
Neigung in allen
Dingen, auf die äusserliche
Ansehnlichkeit, und insonderheit auf die
Wohlanständigkeit derer
Sitten zu halten; seine
großmüthige Dienstfertigkeit und Freygebigkeit;
seine Stellung und Verstellung; in gehöriger
masse, in
Gesellschafft gar
nützlich. Er hat sich
aber sehr zu hüten, daß die Ansehnlichkeit nicht in
Prahlerey, in unmäßige Pracht und
Verschwendung ausschlagen möge. Überschreitet
er hiermit die
Grentzen seines
Verstandes, so kan
er leichte ein schändliches Mißfallen derer Höhern
gegen sich erwecken; gegen die Niedrigen muß er
sich nicht übermüthig, und gegen diejenigen,
welche seines gleichen sind, ob er ihnen gleich
am
Verstande und
Geschicklichkeit vorgehet, |
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{Sp. 446} |
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nicht stoltz und hochmüthig bezeigen. Denen Gesellschafften muß er durch
überflüßige Ceremonien nicht eine Last, und durch seine allzuleichte
Empfindlichkeit nicht
verdrüßlich werden. Den Kützel, andern zu wiedersprechen,
und allemahl das letzte
Wort zu behalten, muß er unterdrücken, und die
schädlichen Übereilungen seines Zorns, durch die Beybehaltung eines ruhigen
Gemüthes, gäntzlich vermeiden. |
Müllers
Recht der Natur … in der Politic ... |
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