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Zedler: Theil HIS-Data
5028-43-560-9
Titel: Theil
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 560-569
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 293-298
Vorheriger Artikel: Theidungs-Leute
Folgender Artikel: Theil, ein Bergwercks-Wort
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Theil, Lat. Pars, Theile, Partes, sind diejenigen Dinge, daraus das Gantze zusammen gesetzet ist und darein es kan getheilet oder zergliedert werden; daher beziehet sich der Begriff der Theile allezeit auf dem Begriff des Gantzen.  
  Sonst beschreibet man den Theil auch, daß er dasjenige sey, was übrig bleibt, wenn man von dem Gantzen etwas weggenommen hat. Wenn man z.E. von einem Thaler, der aus 24 Groschen bestehet, 8 Groschen wegnimmt: so sind die 16 Gr. welche übrig bleiben, ein Theil des Thalers. Man siehet also hieraus, daß ein Theil kleiner sey als das Gantze, weil eben das Gantze aus mehrern dergleichen Theilen bestehet. So sind zum Exempel von der Zahl 15, folgende Zahlen als Theile anzusehen: 2, 4, 8, 10, 3, 6, 9, 12, 5, 7, 14, 11, 13. Barlaam Monachus hat in seiner Logistica … vieles von dem Theile demonstriret.
  Man  
  {Sp. 561|S. 294}  
  hat aber verschiedene Arten und Eintheilungen der Theile.  
  Die Scholasticker haben die Theile getheilet in partes essentiales und integrantes. Jene machten das Wesen einer Sache aus, wie z.E. die Seele und der Leib wesentliche Theile eines Menschen wären, davon einige wieder zwey Arten bemercken wollen, daß einige partes essentiales physicae; andere partes essentiales logicae, als das Genus und Differentz wären, so aber was abgeschmacktes. Denn da das Genus und die Differentz abstracte Ideen sind, die sich auf die würckliche wesentliche Theile gründen müssen, so können sie diesen nicht entgegen gesetzet werden.  
  Durch die partes integrantes verstehet man diejenigen Theile, welche zur Ergäntzung einer Sache dienten. Sie wären entweder homogeneae und similares, wenn sie alle unter sich von gleichem Wesen wären, und also das Gantze mit den Theilen und die Theile mit dem Gantzen eine Gleichheit hätten; oder heterogeneae und dissimilares, welche mit dem Gantzen nicht von einerley Beschaffenheit und Wesen wären.  
  Diese befänden sich wieder in dem Unterscheide, daß einige als principales anzusehen, ohne denen das Gantze nicht bestehen könne, wie bey einem Menschen das Haupt und das Hertz; andere als minus principales, ohne denen das Gantze in seinem Seyn bleiben könnte, wie die Hand, der Fuß bey einem Menschen. Denn wenn gleich diese fehlten, so könne er doch leben und ein Mensch bleiben, so hingegen nicht angienge, wenn man einem das Haupt abschlüge, oder das Hertz aus dem Leibe reisse.  
  Von dem Parte aliquanta und aliquota sehe man im XXVI Bande, p. 1025 u.f.  
  Auch sind noch besondere Arten von dem Theile der Pars impari nominis, und der Pars pari nominis, von welchen beyden man die Artickel Theil (gerader) und Theil (ungerader) nachsehen kan.  
  In denen Rechten werden die Theile vornehmlich in natürliche und bürgerliche unterschieden.  
  Natürliche, Lat. Partes naturales, heissen diejenigen, welche in der That und dergestalt gemacht worden, daß aus einem Gantzen wieder so viel andere Gantze werden, als man von jenem besondere Theile gemacht hat, deren jedes so denn insbesondere Pars divisa, oder pro diviso genennet werden. Also sind z.E. Theile eines Hauses, welche zusammen genommen ein gantzes, das ist, ein Haus ausmachen; desgleichen die Wurtzel, der Stämm, und die Äste, Theile eines Baums, u.s.w.  
  Bürgerliche Theile, Lat. Partes civiles, hingegen sind solche, welche nicht so wohl in der That selbst aus einem Gantzen durch dessen würckliche Zergliederung gemacht, sondern nur dem Rechte nach verstanden und angenommen werden. Also gehören z.E. zu einer Vormundschafft, als einem Gantzen, die Satisdation, oder die Sicherstellung, die Beschützung und Vertheidigung des Pupillen oder Mündleins, die Verwaltung der demselben zugehörigen Güter, und anderer dahin einschlagenden Geschäffte, nebst der Rechnungs-Ablegung, als so viel besondere Theile; desgleichen zu einer Stipulation die Frage und darauf erfolgte Antwort, oder das Versprechen und die Verpflichtung.
  • Vultejus in Comment.
  • Donellus de Evict.
  • Spiegel.
  Sonst heissen auch  
  {Sp. 562}  
  bey einigen natürliche Theile diejenigen, welche, aus einem Gewichte, Maas, oder Zahl, bestehen, und die mit Augen gesehen, und mit denen Händen gefühlet werden können. Als wenn z.E. jemand einen Cörper in zwey oder mehrere Theile zerschneidet; so kan solche ein jeder, der noch seine gesunde Sinnen hat, gar leicht erkennen.  
  Die Bürgerlichen oder nur so verstandenen Theile, Latein. Partes intellectae, sind solche, welche sich weder mit den äusserlichen Sinnen empfinden, noch mit Fingern zeigen, sondern nur mit dem Verstande begreiffen lassen. Als wenn z.E. ihrer zwey einen Knecht, oder ein Schiff, in Gemeinschafft besitzen; so hat zwar ein jeder von ihnen daran seinen gewissen Theil, den er aber doch nicht mit Augen sehen; sondern sich nur im Gemüthe vorstellen kan. Wohin auch diejenige Antwort zielet, welche Casselius beym Macrobius einem gewissen Kauffmanne ertheilet, nachdem er von diesem befraget worden, wie er denn mit seinem Gesellschafter das ihnen beyden gemeinschafftliche Schiff theilen solte? Worauf derselbe versetzete: Wenn ihr das Schiff selber theilen wollet; so wirst weder du, noch dein Gesellschafter, dasselbe mehr haben. Ulpian l. 5. ff. de Stip. serv.
  Ebenso gehöret auch ein gemeiner Knecht zwar allen seinen Herren überhaupt, nicht aber einem jeden von ihnen insbesondere gantz, sondern nur nach seinem daran habenden Antheile, den man sich jedoch mehr im Verstande vorstellen muß, als cörperlich begreiffen kan, unzertheilet zu. Und also nennet Ulpianus die nur so verstandenen Theile diejenigen, welche blos mit dem Gemüthe und Verstande begriffen werden können, und sich eigentlich auf solche Sachen beziehen, die Pomponius in l. non ampliusvon Natur untheilbare nennet.  
  Sonst aber saget derselbe auch anderswo, nehmlich in l. 29. … daß die Theile einer gewissen Sache nur der Zahl nach angenommen werden müsten. Und zwar lauten die daselbst befindlichen und hieher gehörigen Worte in ihrem gantzen Zusammenhange also: Wenn Stichus und Pamphilus ihrer zweyen als ein gemeiner Knecht versprochen worden; so kan weder Stichus dem einen, noch Pamphilus dem andern allein zugeeignet werden, sondern es gebühret einem jeden von ihnen der halbe Antheil an einem, wie an dem andern, und kan also auch das ihnen an beyden gemeinschafftlich zuständige Eigenthum auf zweyerley Art betrachtet werden. Allein im Geld, Öle, Getreyde, und andern gleichmäßigen Dingen, welche ihre gewisse und allen gemeine Gestalt haben, kan die daher entstehende Verpflichtung gar wohl, so wie die zu einem solchen Gantzen gehörigen Theile, der Zahl nach unterschieden werden.  
  Eben dieser Eintheilung folget auch Papinian in l. 94. … allwo er sagt, daß ihrer vielen das Eigenthums-Recht an einem eintzigen Gute, ob zwar nicht cörperlicher Weise, oder in Absicht auf dessen würckliche Zergliederung, sondern nur nach dem Verstande Rechtens zu stehen könne. Womit auch Paulus in l. 25. … einstimmet, allwo er zugleich dem Servius beypflichtet, welcher in dem erst gedachten l. 25. ge-  
  {Sp. 563|S. 295}  
  saget hatte, einige Theile wären es nur pro divisio, andere aber pro indivisio, oder, deutlicher zu reden, an gewissen Sachen hätte man das Eigenthum in Absicht auf die daraus zu machenden Theile, an andern aber nur überhaupt, und, weil sie nicht getheilet werden könnten, mit andern gemein; da hingegen Mutius glaubte daß die Benennung eines Theils nur eine untheilbare Sache andeutete, weil nehmlich dasjenige was wir getheilet besässen, alsdenn und in Absicht unserer nicht mehr wie ein blosser Theil, sondern vielmehr als ein besonderes Gantze, anzusehen wäre: als wenn z.E. ein liegender Grund nach seinen verschiedenen Gegenden abgetheilet würde; so sey alsdenn ein jeder daher entstandener Theil desselben nicht mehr als ein blosser Theil des erstern, sondern vielmehr selbst als ein gantzer liegender Grund zu achten. Welchen letztern auch Ulpianus in l. 6. … beystimmet.  
  Inzwischen ist doch die erste Meynung gewisser und auch mehr angenommen; mithin schicket sich die Benennung eines Theils sowohl zu theilbaren oder würcklich getheilten, als untheilbaren, oder unzertheilten Sachen, wie unter andern aus dem l. 43. [5 Zeilen lateinische Quellenangaben] zu ersehen. Nur mit dem Unterschiede, daß ersternfalls ein solcher Theil gewiß, letztern Falls aber ungewiß ist, über dieses auch jeder gesehen und mit Fingern gezeiget werden kan, dieser aber nicht.  
  Wie wohl dennoch auch bey einer untheilbaren oder unzertheilten Sache der einem oder dem andern an derselben zustehende Antheil, in Ansehung seiner Grösse, ebenfalls so wohl gewiß, als ungewiß seyn kan. Gewiß heißt solcher alsdenn, wenn man weiß und sagen kan, den wievielten Theil er von der gantzen Sache austrägt, ob nehmlich den dritten, oder vierdten Theil, u.s.w. Ungewiß hingegen ist derselbe, wenn man dergleichen von ihm nicht weiß, noch sagen kan. Daher kan auch jener besessen werden, dieser aber nicht. l. 3. …
  Ferner kan man auch jenen verwähren, diesen aber nicht. Cujacius ad l. si furt.
  Sonst aber bedeutet auch das Wort Theil insgemein die Helffte wenn nicht ein anders ausdrücklich gemeldet und angezeiget worden.
  • l. 49. ff. de usufr.
  • l. 146. ff. de verb. sign.
  • Ulpian in Inst. …
  Dahero wenn jemand vor Gerichte befraget worden, wie viel ihm von der streitigen Erbschafft gebühre, und er darauf geantwortet, ein Theil, ob ihm solche gleich zur Helffte zustehet; so schadet ihm diese Antwort nichts, ob ihm solche sonst zwar gar nachtheilig seyn könnte.
  • l. 12. …
  • Brissonius.
  Um aber wieder auf die vorige Eintheilung zu kommen; so berühret Aristoteles dieselbe in seinem Buche de Sensu zwar nur mit wenigen, in seinen Categoriis hingegen erkläret er solche weit ausführlicher. Denn, saget er, eine jede Quantität, oder Grösse, ist entweder unzertrennlich und untheilbar, oder aber zertrennlich und theilbar. Eine unzer-  
  {Sp. 564}  
  trennliche oder untheilbare Grösse ist, deren Theile alle zusammen ihr gewisses oder gemeines Maas und Ziel haben. Zum Exempel, ein Cörper, dessen Theile ihr gemeines Maas und Ziel in einer Linie haben; oder eine Linie, deren Theile ihr gemeines Maas und Ziel, wodurch sie mit einander zusammen hängen, in einem Puncte haben. Also ist z.E. ein Becher, oder anderes Trinck-Geschirr, nebst seinem Henckel oder Handhabe, eine unzertrennliche oder untheilbare Grösse, wie aus dem l. 21. … erhellet, desgleichen ein jeder Theil von einer Waage, ehe dieselbe verwüstet wird. l. 22 ff. eod.
  Woraus zugleich erhellet, das ein Acker oder liegender Grund, welcher unter ihrer zwey getheilet worden, weil er gleichwohl nach wie vor sein gemeines Ziel, oder seine Grentzen hat, wodurch die Theile mit einander zusammen hängen, unter die unzertrennlichen Grössen zu zehlen sey. Daher auch von denen Rechts-Gelehrten gesaget wird, daß ein solcher Acker oder liegender Grund nicht so wohl in gewisse Theile, als nur nach seinen unterschiedlichen Gegenden, abgesondert werde. l. 4. …
  Eine zertrennliche oder theilbare Grösse hingegen nennet Aristoteles eine solche deren Theile kein so gemeines Maas und Ziel, wie jene, unter sich haben; dergleichen sich in denen Zahlen äussert. Denn, saget er, wenn zweymahl fünffe zehen Theile sind; so haben weder die einen, noch die andern fünffe ein gemeines Ziel, wodurch sie mit einander vereiniget werden, sondern sie sind vielmehr von einander abgesondert unterschieden.  
  Welches auch auf den Fall seine Richtigkeit hat, wenn man alles dasjenige zusammen nimmt, was sonst gleich nach seiner Art als eine Species mit der andern überein kommt, wie Ulpianus in l. 29. … redet, als z.E. Wein, Öl, Getreyde. Denn wenn gleich ihrer Zweenen ein Eymer Wein vermacht worden; so ist doch einem jeden nur eine gewisse und theilbare Quantität beschieden. Denn zwey Töpffe haben in dem Eymer so wenig ein gewisses oder gemeines Maas und Ziel, wodurch sie mit einander zusammen hängen, als zwey halbe Maas oder Scheffel in einem gantzen, oder zweymahl funfftzig in hunderten.  
  Welches auch auf gleiche Weise von denen Gewichten zu sagen ist. Denn auch in Ansehung dieser haben zwey halbe Untzen in einer gantzen kein gemeines Ziel. Nicht weniger läßt sich solches auch von dem Gelde oder denen Müntz-Sorten behaupten, welche, wenn sie ihrer mehrern vermacht worden, unter sich eben so viel besondere und unterschiedliche Theile betragen, als eintzele Personen sind, denen selbige beschieden worden.  
  Aus dem bisher gesagten wird es nunmehr gar leichte seyn, zu erkennen, warum Ulpianus in l. 21. ff. de furt. gantz anderer Gedancken ist, als Offilius und Trebatius, indem er nicht alleine läugnet, das derjenige, welcher von einem Hauffen Getreyde nur einen Scheffel, oder aus einem Fasse Wein irgend ein Nössel dieblich entwendet hat, als ein Dieb des Gantzen angesehen und bestraffet werden könne, sondern auch zugleich bejahet, daß zwischen beyden Dingen kein grösserer Unterschied sey, als wenn jemand aus einer Vorraths-Cammer nur ein gewisses einzeles  
  {Sp. 565|S. 296}  
  Stücke entwendet hätte: Massen beydes nicht anders, als eine zertrennliche und theilbare Grösse anzusehen wäre. Und eben daher ließ sich auch Ulpian durch des Trebatius Einwendung, daß ja aber gleichwohl derjenige, welcher einen andern bey dem Ohre nähme, dessen gantzen Cörper berühre, keinesweges auf andere Gedancken bringen, indem er Zweiffels ohne gar wohl einsahe, daß hier vielmehr von einer unzertrennlichen oder untheilbaren, dort aber von einer zertrennlichen oder theilbaren Grösse die Rede sey.  
  Aus diesem allen nun erkennet hoffentlich auch ein jeder gar leicht von selbst, wie nöthig einem der Rechte Beflissenen die Erkänntniß der Dialectic oder Vernunfft-Lehre sey, als in deren Ermangelung so grosse und in dem Bürgerlichen Rechte sonst so geübte Männer in einer so geringen Sache sich so vergehen können.  
  Nunmehr aber müssen wir auch noch eine andere Abtheilung derer Theile beybringen, da man nehmlich einige Haupt- andere aber nur geringere Theile einer Sache nennet. Haupt-Theile, Latein. Partes principales, heissen diejenigen, nach deren Hinwegschaffung das Gantze selbst zu Grunde gehet; geringere Theile, Lat. Partes minus principales, hingegen sind solche, nach deren Trennung von dem Gantzen dieses dennoch das vorige Gantze, obzwar nur in etwas verändert, bleibt. So sind z.E. in dem menschlichen Leibe das Haupt, die Brust, und die Arme, Haupt-Theile; die Haare, die Nägel, und die Augenbraumen aber nur geringere.  
  Und also ist auch dasjenige zu verstehen was Ulpianus in l. 13. … sagt, daß nehmlich weder die Steine, noch die Fenster, noch die Wände, noch der Speise-Saal, Theile eines Hauses wären; da doch Aristoteles gar offt ein Haus nach diesen und dergleichen Theilen beschreibet, wenn er z.E. sagt, eine Decke bestehe aus Steinen, Ziegeln, Bruch-Steinen, und Balcken. Allein Ulpianus scheinet wohl viel mehr sein Absehen auf die erst gedachte Eintheilung gerichtet, und also geglaubet zu haben, daß solches nur wahrhafftige Theile eines Gantzen wären, nach deren Hinwegnehmung das Gantze zugleich selbst zu Grunde gehen müste. Als z.E. in einem liegenden Grunde oder Bauer-Gute der immerwährende Nießbrauch und die unaufhörliche Fahrungs-Gerechtigkeit d. l. 13 und l. 58 …
  allwo auch unter dem Fahrwege der Fußsteig und das Viehtreiben; unter dem Nießbrauche der schlechte Gebrauch, und unter der Zahl zehen zweymahl fünffe zugleich mit begriffen werden.  
  Dahingegen solchen Falls diejenigen Stücke, nach deren Hinwegnehmung das Gantze dennoch in seinen Würden bleibet, vor keine Theile desselben geachtet werden, als z.E. an einem Becher die Zierraten, in einem Hause die marmornen Säulen; in einem Gute der nur auf eine Zeitlang gerichtete Nießbrauch, l. 25. …
  in dem Nießbrauche der schlechte Gebrauch, indem dieser auch ohne jenen bestellet werden kan, sagt Ulpianus in d. l. 13. …
  und in einer Heerde Vieh etliche eintzele Stücke, nach deren Absonderung dennoch die Heerde bestehet und auch verwähret werden kan, da jene hingegen zu Recht weder besessen, noch verwähret werden mögen,  
  {Sp. 566}  
  wie Pomponius in l. 30 ff … saget Hotomann.
  Sonst wird auch in l. recte. ff. de verb. sign. der Theil eine Species oder eine Gattung genennet, indem daselbst geläugnet wird, daß der Nießbrauch ein Theil des Eigenthums sey, da doch derselbe allerdings ein Theil des letztern zu nennen. l. 4. …
  Es scheinet aber wohl daß es vielmehr heissen solle, der Nießbrauch sey keine besondere Species oder Gattung des Eigenthums, wie es Placentinus in d. l. recte. … erkläret, und dem auch so leicht niemand, wie Appellus saget, den Beyfall entziehen wird. Spiegel.
  Wie denn, überhaupt von der Sache zu reden, die Theile und Species oder besondern Gattungen eines Dinges gar mercklich unterschieden sind. Denn eine Species ist nichts anders, als eine Gattung ihrer Art oder ihres Geschlechts, wodurch diese letztere selbst dergestalt getheilet wird, daß jenes zwar des letztern seinen Nahmen behält, jedoch nach dessen Untergange nicht mehr bestehen kan, weil die Art oder das Geschlecht (Genus) allemahl eher ist, als die Species, oder eine Gattung, und über dieses auch die letztere von der erstern ihr Seyn und Wesen hat. z.E. Der Mensch und das Vieh sind besondere Gattungen von Thieren, wie man in Schulen zu reden pfleget. Und also ist der Mensch ein Thier; mithin ist nicht möglich, daß ein eintziger Mensch da seyn könne, wenn es kein Thier mehr in der Welt gäbe, indem ein Thier nothwendig eher, als der Mensch, da seyn muß.  
  Ein Theil hingegen beziehet sich auf sein Gantzes, so, daß jenes nicht allein dieses zusammen verbindet und unter sich begreifft, ob es gleich nicht mehr seinen Nahmen behält, sondern auch noch nach dem Untergange des letztern dennoch vor sich bestehen kan, weil es so wohl der Zeit nach nothwendig eher, als das Gantze, da seyn muß, als auch dieses letztere selbst aus jenem bereitet und zusammen gesetzt ist. So sind z.E. die Theile eines Hauses das Dach, die Wände, der Grund, u.d.g. als aus deren Zusammenfügung eben das Gantze entstehet. Und also müssen nicht allein diese Theile nothwendig eher, als das Haus, gewesen seyn, sondern sie können auch, wenn gleich das gantze Haus zu Grunde gehet und verwüstet worden, dennoch übrig bleiben; nicht aber umgekehrt. Jedennoch aber wird keines von diesen Theilen ein Haus genennet. Connanus Lib. IV.
  Übrigens findet man hin und wieder auch noch mehrere Gattungen und Benennungen von Theilen. So heißt z.E. Pars Praedicamentalis, oder Subjectiva, ein Theil, welcher unter einem allgemeinen Gantzen begriffen ist, und eben deswegen also genennet wird, weil er von seiner Art oder seinem Geschlechte prädiciret, und zugleich demselben unterworffen wird, wie etwan ein Mensch, ein Ochse, ein Esel, u.d.g. als solche Partes subjectivae und Praedicamentales von einem Thiere betrachtet werden.  
  So heißt ferner Pars Integralis ein Theil, welcher sein Gantzes bewürcken hilfft, und bey dessen Daseyn nothwendig mit voraus gesetzet und zugegeben werden muß, wie es Bartolus in l. si mater. … erkläret. Dergleichen sind die Theile  
 
  • eines Hauses,
 
  {Sp. 567|S. 297}  
 
l. eum qui aedes. …
 
l. 3 ff. de usufr.
 
  • u.s.w.
 
  Pars Quotitava heißt ein Theil, welcher anzeigt, wie vielmahl derselbe in seinem Gantzen enthalten ist, z.E. der dritte oder vierte Theil, u.s.w. So ist auch ein Sexcunx, oder Sexunx, Triens, Quadrans Semis, ein Pars Quotitativa von einem Asse. l. servum.
  Pars Numeralis, oder Arithmetica, ist ein Theil, welcher sich auf eine gewisse Zahl beziehet. So ist z.E. viere der dritte Theil von Zwölffen. Alciatus in l. appellatione
  Und endlich heißt Pars Accidentalis, oder ein zufälliger Theil ein solcher, der, wie die Ausleger des l. 1. ff. de leg. 1. lehren, dem Gantzen ohnbeschadet, da und auch nicht da seyn kan. Wie z.E. die pupillarische Nacherbensatzung sich zu einem väterlichen Testamente verhält. l. pen. ff. quemadm. test. aper.
  Weil nehmlich ein väterliches Testament, wie jedermann weiß, auch ohne dergleichen pupillarische Verordnung bestehen kan.  
  Eben so heißt auch der einer Stipulation beygefügte Tag oder die Zeit ein Theil der Stipulation, l. 1. §. diem. ff. de edend.
  obgleich eine Stipulation, wie bekannt, auch ohne Meldung eines Tages oder der Zeit geschehen kan. §. omnis. …
  Ein mehrers, die Abhandlung derer Theile betreffen, kan beym Corrasius in l. ad certam … nachgesehen werden.  
  Endlich ist noch zu erinnern, daß in denen Rechten die Theile auch gar öffters mit folgenden Beywörtern bezeichnet und von einander unterschieden werden. Als nehmlich: ein schuldiger, gewisser, rechtmäßiger, übriger, gleicher, ungleicher, Erb Manns Theil, u.s.w. Brissonius.
  Auch in der Heiligen Schrifft finden wir das Wort: Theil, öffters gebrauchet. Es heisset aber ein Theil eigentlich nach dem Hebräischen in der Heil. Schrifft soviel, als was einem zukommt, nachdem es von dem Antheil des andern abgesondert ist. Doch wird es auch von einem solchen Antheile gebraucht, das man nicht selber verdienet oder erobert hat, sondern durch Erb-Fall oder aus Gnaden bekommt, wie z.E. Rahel und Lea zu ihrem Mann Jacob sprachen: Wir haben doch keinen Theil noch Erbe mehr in unsers Vaters Hause. 1 B. Mose XXXI, 14.
  also wird anderwärts des Erbtheils Juda gedacht, daß die bösen Nachbarn angetastet, Jerem. XII, 14.
  dergleichen Aaron und die Leviten im Lande Canaan, nicht haben solten. 4 B. Mose XIIX, 20.
  hingegen rühmet sich David: Mir ist ein schön Erbtheil worden, Psalm XVI, 6.
  Zuweilen heisset es das bescheidne Theil von der Speise, welches der Hauß-Vater austheilet, 5 B. Mose XIIX, 8.
  zuweilen ein Theil von dem Allmosen Hohel. Salom. XI, 2.
  desgleichen auch von der Beute, die man nach der Victorie austheilet 1 B. Mos. XIV, 24.
  In verschiednen Orten der Heiligen Schrifft wird von GOTT dem Herrn gesagt, daß er dieses oder jenes Theil und Erb-Gut sey. So heisset es zum Exempel Psalm CXLII, 6. Du bist meine Zuversicht, mein Theil im Lande der Lebendigen. Die Ursache dieser Benennung sind vornehmlich folgende:  
 
1) Weil die Gläubigen nach GOtt
 
  {Sp. 568}  
 
  ein sehnliches Verlangen tragen, wie etwa nach einem Erb-Gut zu geschehen pfleget.
2) Weil sie ihm beständig anhangen, und sich nichts von ihm abwendig machen lassen,
3) Weil sie seiner reichlich geniessen, als eines grossen Schatzes, und er ihr Hertz mehr als alle irrdische Schätze erfreuen kan. Denn GOtt ist das schönste Theil, und ein Meister aller Schöne.
Weisheit XIII, 3.
  Andre Erb-Theile vergehen, GOtt aber bleibet wie er ist, Psalm CII, 28.
  und bey ihm ist keine Veränderung Jac. I, 27.
  Er ist ein heiliges Erb-Theil, und ist bey ihm nichts sündliches, wie bey andern Erbschafften öffters mit unter zulauffen pflegt. Er ist auch endlich das vollkommenste Erb-Theil, dabey kein Mangel zu finden ist, denn GOtt ists gar.
  • Sirach XLIII, 29.
  • Fesselii Gleichn. …
  Wenn sich GOtt ein Theil und Erb Gut Aarons nennet. 4 B. Mos. XVIII, 20.
  so wird dadurch angezeiget, daß Aaron, und nach ihm die nachkommenden Priester, alles das, was von dem Volcke GOtt dem Herrn dargebracht wurde, haben und bekommen solten, da sie hingegen kein Stück Landes zu ihrem Eigenthume bekamen, wie die übrigen Stämme Israels.  
  Gewisser massen kan auch hieher der Unterhalt der Kirchen-Diener N.T. gerechnet werden. Geiers Miscell. Predigten …
  Von der Maria heisset es Luc. X, 42. Daß sie das beste Theil erwählet habe. Wie diese Redens-Art zu verstehen sey, davon haben nicht alle Ausleger einerley Meynung. Einige glauben, daß Christus dadurch die Martha habe belehren wollen, daß zur Unterhaltung des natürlichen Lebens auch nur ein Essen genung wäre, und sie also in Zubereitung der Speisen Maaß halten möchte. Rivetus und Stuckius meynen, daß Christus hierselbst auf eine gewisse, alte, hergebrachte Gewohnheit sehe, da nehmlich so wohl bey den alten Jüden als Heyden den vornehmsten Gästen zu einer grossen Ehre und Freundschaffts-Bezeugung das allerbeste Stück von den Speisen mitgetheilet wurde. In solcher Absicht wäre der Verstand der Worte JEsu dieser: Martha ist zwar sehr bemühet und beschäfftiget die leiblichen Speisen zu bereiten; allein Maria hat die beste, nehmlich die Himmlische Speise erwehlet, da sie ihre Seele zu ernähren, das Wort GOttes fleißig angehöret. Rivetus in c. 43. Gen. … und Stuckius L. III. Antiqu. conviv.
  Keuchenius in annot. ad N.T. …und andere lehren, daß Christus auf die Theile der Leviten im A.T. seine Absicht gerichtet, nehmlich von den Ländereyen, welche ihnen auf ewig zu bewohnen und zu besitzen zugetheilet wurden, wird eben die Redens-Art, welche hieselbst befindlich ist, zum öfftern gebraucht. Ezech. XLVIII, 8. 12. 13. 14. 21.
  Überdem, so hat solche Zutheilung der Leviten die Christen des N.T. füglich abgebildet, wie davon v. 13. 14. in der Beschreibung des geistlichen Tempels gute Nachricht ertheilet wird.  
  „Die Leviten, spricht er sollen neben der Priester-Grentze auch 25000 Ruthen in die Länge und 10000 in die Breite haben. Denn alle Länge soll 25 und die Breite 10000 Ruthen haben, und sollen nichts davon verkauffen noch verändern, damit das Erstling des Lan-  
  {Sp. 569|S. 298}  
  des nicht wegkomme, denn es ist dem Herrn geheiliget.„  
  Wie nun die Leviten mit den übrigen Stämmen Israelis keine gleiche Eintheilung bekommen hätten: so wäre auch die Maria im Gegenbilde zum gantz eignen Dienste GOttes bestellet gewesen, und habe also GOtt und sein Heiliges Wort als das beste Erbtheil erwählet. Mit einem Worte Christus zeiget, worinnen das Geistliche Priesterthum Mariä bestanden, nehmlich daß sie sich GOtt nach allen Kräfften der Seelen aufgeopffert und dessen Heiliges Wort nebst GOtt selbst als das höchste Gut erwählet habe. Amel. in N.T.
  Sonst kömmt auch noch die Redens-Art: Theil an jemand haben, öffters in der Heil. Schrifft vor, als nehmlich  
 
1) Wenn jemand mit einem andern in guter Vertraulichkeit und Gemeinschafft stehet. Also, wenn Paulus diese deutliche Worte: Was für Theil hat der Gläubige mit den Ungläubigen
2 Cor. VI, 15.
 
auf verblümte Art aussprechen wolte, so sagte er in dem vorhergehenden 14 Verse: Was hat das Licht für Gemeinschafft mit der Finsterniß?
 
 
2) Wenn man mit einem andern einerley Erbschafft theilhafftig wird; darum stehet beydes beysammen, und zwar solchergestalt, daß eines das andere erkläret, wenn GOtt z.E. saget: Du solt den Leviten nicht verlassen, denn er hat keinen Theil noch Erbe mit dir
5 B. Mos. XIV, 27.
 
3) Wenn er aus der Gemeinschafft mit ihm grossen Nutzen und Gewinst hat; in diesem Verstande brauchten ehemahls die Israeliten diese Redens-Art, da sie zu Rehabeam sprachen: Was haben wir denn Theil an David? oder Erbe an dem Sohn Isai?
1 Kön. XII, 6.
  An GOtt aber und mit GOtt theilhaben, heisset in der Heil. Schrifft so viel, als zu der wahren Kirche GOttes gehören, Jos. XXII, 24. 25.
  Will demnach der Heyland zu Petro sagen: woferne er bey seinem Eigensinne bleiben, und sich nicht würde die Füsse von dem waschen lassen: so würde er hinführo nicht mehr sein vertrauter Freund seyn, und nicht weiter in genauer Gemeinschafft mit ihm stehen können; er würde mit ihm keinen Theil an der Himmlischen Erbschafft haben; er würde aller bisanhero empfangenen Wohlthaten verlustig werden, und weiter keinen Nutzen mehr von ihm zu erwarten haben; er würde nicht mehr ein wahres Gliedmaß der wahren Kirche seyn, noch in der Anzahl seiner Jünger gedultet werden; nicht mehr in der Geistlichen Vereinigung mit ihm stehen, und also auch keine GOtt wohlgefällige Früchte bringen können, und keinen Theil an seinem Verdienste haben; keine Vergebung der Sünden erlangen, noch vor GOtt gerechtfertiget werden; ja keine Hoffnung zur Seeligkeit haben, sondern am Tage des zeitlichen Todes in den ewigen Tod verfallen.  
     

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Stand: 31. März 2013 © Hans-Walter Pries