HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Heydenthum HIS-Data
5028-12-1998-9
Titel: Heydenthum
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 12 Sp. 1998-2004
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 12 S. 1028-1031
Vorheriger Artikel: Heydenschafft
Folgender Artikel: Heyden-Ysop
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

Stichworte Text Quellenangaben
  Heydenthum.  
  Man pfleget die unterschiedenen Arten des GOttesdienstes, welche wir in der Welt antreffen, gemeiniglich in vier Haupt-Classen, nemlich in die Christliche, Jüdische, Mohammetanische und Heydnische einzutheilen. So weit diese allerseits in ihren Lehr-Sätzen und Gebräuchen von einander unterschieden sind; so kommen doch die drey ersten darinnen mit einander überein, daß ihre Verehrung allein oder doch hauptsächlich dem einigen und wahren GOTT zum Gegenstand hat. Das Wesen der letztern hingegen bestehet darinnen, daß sie die Ehre, welche sie dem Schöpffer zu leisten schuldig ist, andern Dingen, welche weder Gott sind, noch seyn können, beyleget.  
  Der Nahme des Heydenthums scheinet mit der Sache selbst nicht von gleichen Alter zu seyn. Die ersten Zeiten der Welt bezeichneten die Heyden, nebst dem gesammten Hauffen der Übelthäter mit dem allgemeinen Namen der Gottlosen, oder wie die Schrifft redet, Kinder der Menschen. Nachgehends gefiel es GOTT sich ein besonderes Volck vor allen andern auszusuchen, und solches so wohl durch die genaueste Offenbahrung seines Willens als seine unmittelbare Regierung zu verherrlichen. Alle übrigen Menschen wurden also von diesem, durch die den Nahmen [ein Wort Hebräisch] oder die Völcker unterschieden, welches Wort nachgehends Heyden bedeutete, weil nemlich alle diese Völcker in den elenden Irrthum des Heydenthums verfallen waren.  
  Gleiche Bewandniß hat  
  {Sp. 1999|S. 1029}  
  es mit dem Worte ethnos im neuen Testamente.  
  Das Heydenthum an sich selbst ist nichts anders als ein abergläubischer Irrthum, welcher darinnen bestehet, daß man, wie bereits gedacht, einem Dinge ausser GOtt göttliche Ehre erweiset, und in welchen, aus gerechten Gerichte GOttes, diejenigen verfallen, welche sich durch sündliche Absichten von dem rechten Gebrauche ihrer Vernunft abhalten und zu derselben Mißbrauch verleiten lassen.  
  Aberglauben ist ein Fehler, welcher so wohl in Verstande als Willen seine unselige Würckungen zeiget. Er glaubet nicht allein göttliche Eigenschaften da, wo sie nicht anzutreffen sind, sondern ist auch mit einer unvernünftigen Hartnäckigkeit der Affecten verknüpfet. Jenes hindert ihn die Natur des göttlichen Wesens nebst denen daher fliessenden Pflichten vernünftig einzusehen; dieses verhärtet noch das betrogene Gemüthe, und machet den Schaden bey nahe unheilbar.  
  Der Menschliche Verstand ist zwar von Natur mit einer Fähigkeit begabt, GOtt und sein Gesetz mit leichter Mühe zu erkennen. Kein Volck ist unter der Sonnen, welches nicht überzeugt wäre daß ein GOtt sey, und die heil. Schrifft lehret uns, daß es eben so möglich sey, auch zu erkennen, wer dieser GOtt sey, dafern nicht der verderbte Wille die vernünftigen Wirckungen des Verstandes unterbräche.  
  Hier sehen wir den Grund, welchem wir einig und allein alle Irrthümer und Thorheiten der Heyden zuzuschreiben haben. Die Ehre GOttes bestehet darinnen, daß man seine Handlungen auf die von ihm vorgeschriebenen Zwecke anrichtet. Der letzte Zweck GOttes ist die menschliche Glückseligkeit. Diese erlangen wir alsdenn, wenn wir unsern Schöpffer so wohl nach seiner existenz, Eigenschafften und Thätigkeiten erkennen, als auch die Vereinigung mit ihm durch kindliche Liebe, Furcht, und Vertrauen suchen.  
  Hieraus folget, daß auch die äusserliche Verehrung GOttes, diesen vorausgesetzten Gründen der innerlichen gemäß seyn müsse. Hierdurch fällt aller Bilder-Dienst von sich selbst hinweg, als welcher dem vollkommenen und unendlichen Wesen gantz unanständig ist, und durch sichtbare Vorwürfe das Gemüth von der innerlichen Verehrung eines unsichtbaren Wesens abziehet.  
  Alle diese Wahrheiten sind dem Menschen zu erkennen natürlich; die Ursache aber, daß sie von den Heyden so wenig gefast worden, ist keine andere, als daß sie in Bezähmung ihrer sündlichen Neigungen, welche freylich dergleichen Bestraffungen nur mit Wiederwillen unternehmen, zu nachläßig gewesen. Hieraus erhellet klärlich, daß das Heydenthum allerdings ein grosses Verbrechen gegen GOtt sey: Alle Sünden haben ihre natürlichen Straffen, eben so wohl als alle Tugenden ihre Belohnungen.  
  Da also auf dem Mißbrauch der Vernunft durch eine natürliche Nothwendigkeit nichts als Blindheit und verkehrte Sinne erfolgen können; so haben wir solche wie bey andern Gottlosen also auch bey den Heyden als eine gerechte Straffe GOttes anzusehen. Rom. 1.
Einteilung Das Heydenthum kan füglich in das lautere und vermischte eingetheilet werden. Jenes ist, welches von dem Wesen des wahren GOttes gar keine Erkäntniß hat. Dieses erkennet ihn zwar, versündigt sich aber dadurch, daß es die Ehre des Schöpfers neben ihn auch erschaffenen Dingen zueignet, davon unten mit mehrern geredet werden soll.  
lauteres Das lautere Heydenthum ist wiederum in Ansehung der Personen, bey denen es befindlich, von gantz unterschiedenen Eigenschaften.  
  {Sp. 2000}  
  Der grobe Götzen-Dienst des gemeinen Volcks ist mit dem spitzfindigen und subtilen Gewäsche der Weltweisen nicht zu verwechseln. Jenes nennet man das pöblische, dieses das philosophische Heydenthum.  
pöblisches Je weniger der Pöbel zu vernünftiger Erforschung abstracter Wahrheiten geschickt ist, desto leichter pfleget er in der Erkäntniß GOttes auf sichtbare Dinge zu verfallen. Dieser Satz wird schon durch das Beyspiel der ersten Welt bekräftiget. Der Unterricht welchen diese Leute in göttlichen Dingen von ihren Stamm-Vätern empfangen hatten, verschwand gar bald, und verkehrte sich in die abscheulichste Abgötterey.  
  Wir wissen zwar den Anfang dieser Sünde so genau nicht zu bestimmen. Wir mögen mit Eusebio Chron. … Epiphanio … Suida und andern, denen auch der gelehrte Fabricius in cod. pseudepigraph vet. Test. …gefolget ist, den Seruch oder mit andern den Cham oder Nimrod vor den Urheber derselben ausgeben; oder wir mögen uns mit einigen Rabbinen biß in die Zeiten vor der Sündfluth hinaus wagen; so werden dennoch unsere Beweiß-Gründe in nichts als blossen Vermuthungen bestehen. So viel ist indessen gewiß, daß der Saame derselben gar bald hervorgebrochen war, wie unter andern aus Jos. 24, 2. zu ersehen.
  Die himmlischen Cörper sind vermuthlich die ersten gewesen, deren vortrefliche Eigenschaften den verblendeten Menschen Gelegenheit gegeben, etwas göttliches bey ihnen zu suchen. So viel erkannten sie, daß nothwendig ein GOtt seyn müsse. Ein eingepflantzter Trieb ihres Gewissens überzeugte sie, daß das gantze Welt-Gebäude seine existenz unmöglich einem ungefehren Zufalle könne zu dancken haben. Alle Creaturen nützen nicht ihnen selbst, sondern den Menschen; hieraus schlossen sie, daß allerdings ein weises Wesen seyn müsse, daß dieses alles auf so liebreiche Endzwecke abgerichtet habe.  
  Es war nur die Frage übrig, wer dieser GOtt sey? Nun sahen sie, daß die Strahlen der Sonne alles belebten und fruchtbar machten, und daß sie dieser ihre gantze zeitliche Glückseligkeit grossen theils zu dancken hatten. Hieraus hätten sie auf die noch grössere Vortrefflichkeit des Schöpffers derselben schliessen sollen. Allein sie fielen zu und meynten, die Sonne sey GOtt. Nun hatten sie, was sie wolten, nemlich einen sichtbaren GOtt.  
  Ihre sündlichen Begierden konten gantz gern geschehen lassen, daß man einen GOtt verehrte, welcher nicht beständig zugegen war, und in dessen Abwesenheit ein ieglicher, was ihm recht dünckte, ohne Scheu vollbringen konte. Wir treffen diesen Gottesdienst bey vielen morgenländischen Völckern besonders aber den Persern an.  
  Andere himmlische Cörper schienen eben solche Vortreflichkeiten, als sie an der Sonne bewunderten, zu besitzen. Deswegen machten sie auch diese zu Göttern. Ja endlich wurden ihre Hertzen so verblendet, daß sie in der Erde, in Meere, auf den Gebürge, ja in allen Flüssen und Bächen lauter Gottheiten anzutreffen vermeynten. Allen diesen Geschöpffen eigneten sie Verstand und Willen zu, und verehrten sie als ewige Götter und Beherrscher der Welt.  
  Sie verehrten über dieses selbst den leidigen Satan, von welchen sie durch die Erzehlung ihrer Voreltern, vielleicht auch durch Erscheinungen und übernatürliche Würckungen einige Nachricht hatten, dergleichen elenden Zustand uns die Reise-Beschreibungen noch heut zu Tage von den Calecutensern, Japoniern, Mexicanern und andern häuf-  
  {Sp. 2001|S. 1030}  
  fig erzehlen. Die abgeschiedenen Seelen wurden gleichfalls vergöttert. vid. P. Mela
  Hieran war es noch nicht genug, Tugenden und Laster, menschliche Affecten, Glücks- und Unglücks-Fälle und mit einem Worte alle Begebenheiten des menschlichen Lebens, wurden vor solche Würckungen gehalten, deren iedwede von einem besondern göttlichen Wesen hervorgebracht würde, wie man aus allen Beschreibungen der heydnischen Mythologie zur Gnüge ersiehet.  
  Hierzu kamen noch die unverschämten Erdichtungen der Poeten, das Ehransehen ihrer Lehrer, der Haß und die Verachtung der Jüdischen und Christlichen Kirche im alten und neuen Testamente, welches alles solche Wolcken waren, die das Licht einer bessern Erkäntnisse in ihren Verstande niemahls aufgehen liessen.  
  Die Art und Weise dergleichen erdichtete Götzen zu verehren, war in Ansehung so wohl der Zeiten als der abergläubische Völcker selbst sehr unterschieden. Im Anfange wuste man nichts von Bildern und Seulen, sondern man verrichtete seinen Gottesdienst in Haynen, und auf den Bergen, wie Tacitus de mor. Germ. L. 9. von den Deutschen berichtet.
  Allein die Gedächtniß-Seulen, durch welche man das Andencken und die Verdienste der Verstorbenen zu verewigen suchte, gaben gar bald Gelegenheit, sich bey dem Gottesdienste eines äusserlichen Zeichens zu bedienen. Die Egyptier hatten die Gewohnheit, bey dem Unterricht von göttlichen Dingen sich allerhand Hieroglyphischer Figuren zu gebrauchen, um dadurch die göttlichen Eigenschafften vorzustellen und dem Volcke begreiflich zu machen, an welchen aber nachgehends der unverständige Pöbel hangen blieb und die äusserliche Zeichen mit den Göttern selbst, welche dadurch solten vorgestellet werden, vermengte.  
  Hierdurch kam es so weit, daß man nicht allein die abscheulichsten Figuren gegossener und geschnitzter Bilder göttlich verehrte, sondern besonders bey den Egyptiern verächtlichen Thieren und Ungeziefer, ja Bäumen, Wurtzeln, Kräutern etc. die Ehre einer abergläubischen Anbetung zu leisten kein Bedencken trug. Weil nun die Priester hierbey ihren besondern Vortheil sahen, so verstärckten die gottlosen und eigennützigen Leute das arme Volck in ihren unglückseligen Irrthümern. Nichts war diesen Abergläubischen zu lieb, welches sie nicht der Menge ihrer erdichteten Götzen aufopfferten.  
  Kein natürlicher Trieb ist sonst so hefftig als derjenige, damit Eltern und Kinder verknüpfet sind. Aber auch dieser ward von dem Aberglauben dergestalt überwogen, daß sie ihre eigene Leibes-Früchte ohne Mitleiden verbrennen sahen.  
  Stund iemand den Absichten der Priester im Wege, der muste sich gefallen lassen, dem Verlangen der Götter oder besser den tollen Affecten des Volcks und der Grausamkeit seiner Feinde sich aufopfern zu lassen, welches M. P.D. Longolius in etlichen Disputationen de anthrōpothysia Lips. 1734. etc. gründlich und ausführlich zeiget.
  Ich geschweige der gottlosen Gebräuche, welche an den Heydnischen Sauff- und Huren-Festen hin und wieder allen Gesetzen der Vernunft und Erbarkeit zu wieder eingeführet waren.  
philosophisches Wir kommen nunmehro auf das philosophische Heydenthum, welches zwar subtiler und scheinbarer, in der That aber viel gefährlicher, und gemeiniglich mit einer weit grössern Hartnäckigkeit verbunden ist. Ein deutliches Exempel hiervon sehen wir Act. 17, 18. seq.
  Die Irrthümer des pöbelhafften Hey-  
  {Sp. 2002}  
  denthums sind zu grob und bey nahe handgreifflich, aber eben deswegen können sie auch leichter wiederleget und ausgerottet werden. Das Philosophische Heydenthum düncket sich schon selbst vollkommen zu seyn, deswegen es bessern Unterricht niemahls begehret, sondern vielmehr alles vor einfältig und ungereimt hält, was nicht mit seinen Vorurtheilen völlig übereinstimmet. Der Grund desselben ist meistentheils der Hochmuth, welcher den Menschen veranlasset, sich mit seiner Vernunft aus allzuvielen Vertrauen gegen sich selbst über alle von GOtt und Natur gesetzten Schrancken zu erheben.  
  Es theilt sich wiederum in zwey besondere Gattungen, deren die erste die Natur, die andre ein selbst erdichtetes Unding vor GOtt erkennet.  
  Zu der ersten gab Gelegenheit, daß man wahrgenommen hatte, wie alle Dinge aus einfachern Grund-Ursachen, diese aus noch einfachern u.s.f. zusammen gesetzet wären, unter denen man denn die letzten, weil sie die einfachsten und die Stamm-Kräffte der gantzen Welt waren, zugleich vor GOtt erkennete. Daß dieses die Meynung Aristotelis gewesen sey, erhellet aus Metaph. … Diog. Laert. … ist auch von Hr. D. A.F. Müller in Metaph. … sehr gründlich gezeiget worden.  
  Die Beschreibung, welche Zeno beym Diog. Laërt. … von GOtt giebt, ist fast von eben der Art. Epicurus nennte zwar die Elemente nicht GOtt, eignete ihnen aber gleichwohl die Hervorbringung aller Dinge, welches in der That eine göttliche Eigenschaft ist, zu, daher auch dieser hieher zu rechnen ist.  
  Von einigen Chinesischen Philosophen, deren Lehre ebenfals hierauf hinaus kömmt, können Mr. Bayle Dict. … und die Acta Eruditorum Lips. 1688 … nachgelesen werden.  
  Unter den neuern ist Ben. Spinoza und sein Nachfolger Mr. Lucas in seinem l'Esprit de Spinoza nebst andern auf diese Art des Heydenthums gefallen.  
  Und wo geht die Meynung aller so genannten Atheisten anders hin, als daß sie endlich die subtilen Elemente der sichtbaren Welt vor die erschaffende Ursache aller Dinge, oder welches eben so viel ist, vor GOtt erkennen? Man solte sie also nicht Atheisten, als welche (in engen Verstande) unter vernünftigen Geschöpfen zu vermuthen unmöglich ist, sondern vielmehr philosophische Heyden benennen.  
  Bey der andern Gattung, welche die göttliche Ehre und Eigenschafften nicht einmahl der Natur, sondern gar einem selbst erdichteten Undinge beylegten, verdienen billig die Stoicker den ersten Platz. Sie erdichteten vors erste der Welt eben dergleichen Seele an, als sie in dem menschlichen Cörper wahrnahmen, welche sie GOTT nenneten. Laert. …
  Aus dieser Thorheit erwuchs noch eine grössere, nemlich das fatum oder Schicksal, welches sie vor independent, welche Eigenschaft doch GOTT allein eigen ist, ausgaben, ja dessen unvermeidliche Nothwendigkeit GOTT selbst, wie sie glaubten, als seine Vorschrifft erkennen müste. vid. Buddeus in introd. ad Philosoph. Stoicam.
  Beyde Begriffe bestehen auf leeren Grillen, welche niemahls anderswo als in dem Gehirne der verblendeten Stoicker zu finden gewesen. Mich dünckt hieher ist das ärgerliche Gewäsche dererjenigen mit zu zühen, welche eine Zweyheit der Götter, nemlich einen guten, als den Uhrsprung der Tugend und des Glücks, und einen bösen als den Grund al-  
  {Sp. 2003|S. 1031}  
  ler Untugenden und Widrigkeiten erdichteten. Es scheinet, daß Egypten die unglückliche Mutter gleichwie anderer also auch dieses Heydnischen Irrthums gewesen sey, wie aus dem Plutarcho de Iside et Osiride zu ersehen, wiewohl es auch Zoroastres bey den Persern gelehret haben soll.  
  Die Ursache war wohl, daß die Menschen den Ursprung des bösen in der von einem vollkommenen guten Wesen erschaffenen Welt nicht zusammen reimen konnten. Hierdurch ward der Irrthum geboren, daß man sich auch ein höchstes Wesen vorstellete, welches seiner Natur nach böse wäre, und dem Guten zu wieder nichts als böse Würckungen hervor brächte. Diesen sich selbst wiedersprechenden Begriffen war Pythagoras, Empedocles, Manes mit seinen Anhängern zugethan, von welchen letztern Epiphanius haeres. 66. und Augustinus lib. 21. contra Faustum nach zu lesen ist.
  Dieses sey genug von dem lautern Heydenthum. Ich verhoffe nicht daß biß hieher mir seinen Beyfall iemand leichtlich entzühen, noch einwenden werde, als wäre ie einem der Name eines Heyden zur Ungebühr aufgelegt worden. Die unbillige Übergehung des wahren GOTTES fället iedem gar leichtlich in die Augen.  
vermischtes Was das vermischte Heydenthum anlanget, so treffen wir solches hingegen bey denenjenigen an, welche äusserlich den Namen der Heyden verabscheuen. Es bestehet nemlich darinnen, daß man die Ehre, welche GOTT allein gebühret, neben ihm auch andern zugestehet. Was ist der Heiligen-Dienst anders, als ein offenbahres Stück des Heydenthums, welches seinen Helden eben dergleichen Ehre nach ihrem Ableben zu erweisen pflegte? Gleichwohl ist dieser Abgötterey die Römische Kirche eyfrig ergeben, wie sie zwar überhaupt von den heydnischen Irrthümern vieles entlehnet hat, welches allhier auszuführen zu weitläuftig ist.  
  Niemand ist ewig als GOTT. Wer siehet also nicht, daß die Ehre GOTTES den Geschöpfen beygeleget werde, wenn einige Philosophen die Materie der Welt vor ewig halten? das göttliche Wesen ist untheilbar und unendlich. Daher legen einige Jüdische Kabbalisten, der Welt wircklich etwas göttliches bey, wenn sie dieselbe vor einen Ausfluß aus dem Wesen GOTTES halten. Und wenn andere Schwärmer die menschlichen Seelen vor kleine Theilgen des göttlichen Wesens ansehen; so thun sie ebenfalls nichts anders, als daß sie ihnen eine solche Eigenschafft mit Verletzung göttlicher Ehre beylegen, da durch sie sich eines subtilen Heydenthums schuldig machen.  
  Aus dieser gantzen Abhandlung flüsset deutlich, daß sich diejenigen an dem allgemeinen Welt-Richter allerdings versündigen, welche ihn in der Regierung der Heyden einer Unbarmhertzigkeit und in derselben Verdammung einer Ungerechtigkeit zu beschuldigen kein Bedencken tragen.  
  Es ist ein nichtiger Vorwand, wenn man behaupten will, es wären den Heyden zur Erkenntniß GOTTES nicht Mittel genug verliehen worden. Vernunft und Schrift Rom. 1. und 2. lehren uns ein anders. Noch nichtiger ist es, wenn man läugnet, daß ein Irrthum strafbar sey; als welcher Satz nur alsdenn gültig ist, wenn der Irrthum aus einer solchen Unwissenheit, welche man entweder nicht vermeyden können, oder nicht  
  {Sp. 2004}  
  zu vermeyden verbunden gewesen, herrühret. Bey den Heyden findet keines von beyden statt, wie schon oben gnugsam erwiesen worden.  
  Aus den natürlichen Strafen, welche GOTT schon in diesem Leben auf das Heydenthum erfolgen lassen, und unter denen die völlige Dahingebung in verkehrten Sinn sonder Zweifel die erschrecklichste ist, lässet sich sicher schliessen, daß ihre Verdammniß auch in jenem Leben nicht aussenbleiben werde. Es findet also keine Entschuldigung statt, welche Eduart Herbert de Cherbury de religione Gentilium aus ziemlich indifferentistischen Grund-Sätzen vorbringet.  
  Ist das Heydenthum GOTT mißfällig, so solten diejenigen billig besser an sich halten, welche die heydnischen Götter-Namen allzu häuffig im Munde zu führen gewohnet sind, und darinnen eine besondere Zierlichkeit zu finden vermeynen, wenn sie die Wercke GOTTES in die Namen dieser GOTT verhaßten Götzen einkleiden.  
philosophisches Bey dem Philosophischen Heydenthume ist zu mercken, daß man nicht sogleich alle Sätze der alten Welt-Weisen vor herrliche und mit dem Christenthume übereinstimmende Lehren zu preisen habe. Die Erfahrung lehret, daß öffters nicht viel lobens-würdiges übrig bleibe, wenn man eines ieglichen Worte nach seinen gehabten heydnischen Begriffen untersuchet und ausleget. Das Beyspiel aber so vieler Völcker soll billig ieglichem zur Warnung dienen, damit er ja die Wirckungen seines Verstandes durch keine Neigungen des verkehrten Willens verhindern lasse. Diese Sorgfalt soll desto grösser seyn, ie häufiger die Exempel derer sind, welche durch Übertretung dieser Regel entweder in ein völliges Heydenthum auch zu unsern Zeiten verfallen, oder ihr Gemüthe zum wenigsten dißfalls nicht ohne alle Befleckung behalten.  
Literatur Unter denenjenigen, deren Fleiß so wohl den Grund als die Historie des Heydenthums untersuchet hat, verdienet das vortreffliche Werck Gerh. Jo. Vossii de Theologia gentil. et physiologia Christianana … Amst. 1668. et Francof. 1675. billig die Ober-Stelle, worinnen man bey nahe alles beysammen findet, was man sonst in alten und neuen Scribenten zusammen suchen muß.  
  Man findet gemeiniglich auch R. Mosis Maimonidis [hebräischer Text] dabey, welches Dionys. Vossius ins Lateinische übersetzet hat, darinnen auch eine Abhandlung de idololatria befindlich. Man kan ferner nachlesen
  • Dan. Georg. Morhofii Polyhist. …
  • Pauli Stokmanni elucidarium Deorum Dearumque gentilium etc. Lips. 1697.
  • Petrum Jurieu in historia Critica dogmatum et cultum … Amst. 1707.
  • Fabricii bibliograph. antiq. ar. … allwo man die Nahmen derer dererjenigen Autorum beysammen findet, welche besonders, was das Heydenthum einzeler Völcker anlanget, Nachricht geben.
     

HIS-Data 5028-12-1998-9: Zedler: Heydenthum HIS-Data Home
Stand: 28. März 2013 © Hans-Walter Pries