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Heydenthum. |
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Man pfleget die
unterschiedenen
Arten des
GOttesdienstes, welche wir in der
Welt antreffen,
gemeiniglich in vier Haupt-Classen, nemlich in die
Christliche,
Jüdische,
Mohammetanische und
Heydnische
einzutheilen. So weit diese allerseits in
ihren Lehr-Sätzen und
Gebräuchen von einander
unterschieden
sind; so kommen doch die drey ersten darinnen mit einander überein, daß ihre
Verehrung allein oder doch hauptsächlich dem einigen und
wahren
GOTT zum Gegenstand hat.
Das
Wesen der letztern hingegen bestehet
darinnen, daß sie die
Ehre, welche sie dem
Schöpffer zu leisten
schuldig ist, andern
Dingen,
welche weder Gott sind, noch seyn können,
beyleget. |
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Der
Nahme des Heydenthums scheinet mit
der
Sache selbst nicht von gleichen
Alter zu seyn.
Die ersten
Zeiten der Welt bezeichneten die
Heyden, nebst dem gesammten Hauffen der
Übelthäter mit dem allgemeinen Namen der
Gottlosen, oder wie die
Schrifft
redet,
Kinder der
Menschen. Nachgehends gefiel es GOTT sich ein
besonderes
Volck vor allen andern auszusuchen,
und solches so wohl durch die genaueste
Offenbahrung seines
Willens als seine
unmittelbare
Regierung zu verherrlichen. Alle
übrigen Menschen wurden also von diesem, durch
die den Nahmen [ein Wort Hebräisch] oder die
Völcker unterschieden, welches
Wort
nachgehends Heyden
bedeutete, weil nemlich alle
diese Völcker in den elenden
Irrthum des
Heydenthums verfallen waren. |
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Gleiche Bewandniß hat |
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{Sp. 1999|S. 1029} |
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es mit dem Worte ethnos im neuen
Testamente. |
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Das Heydenthum an sich selbst ist nichts
anders als ein abergläubischer Irrthum, welcher
darinnen bestehet, daß man, wie bereits gedacht,
einem
Dinge ausser GOtt göttliche Ehre erweiset,
und in welchen, aus gerechten
Gerichte GOttes,
diejenigen verfallen, welche sich durch
sündliche
Absichten von dem rechten
Gebrauche ihrer
Vernunft abhalten und zu derselben Mißbrauch
verleiten lassen. |
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Aberglauben ist ein Fehler, welcher so wohl in
Verstande als
Willen seine unselige
Würckungen
zeiget. Er
glaubet nicht allein göttliche
Eigenschaften da, wo sie nicht anzutreffen sind,
sondern ist auch mit einer
unvernünftigen
Hartnäckigkeit der
Affecten
verknüpfet. Jenes
hindert ihn die
Natur des göttlichen Wesens nebst
denen daher fliessenden
Pflichten
vernünftig
einzusehen; dieses verhärtet noch das betrogene
Gemüthe, und machet den
Schaden bey nahe
unheilbar. |
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Der Menschliche Verstand ist zwar von Natur
mit einer Fähigkeit begabt, GOtt und sein
Gesetz
mit leichter Mühe zu
erkennen. Kein
Volck ist
unter der Sonnen, welches nicht überzeugt wäre
daß ein GOtt sey, und die
heil. Schrifft lehret uns,
daß es eben so
möglich sey, auch zu erkennen,
wer dieser GOtt sey, dafern nicht der verderbte
Wille die vernünftigen
Wirckungen des Verstandes
unterbräche. |
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Hier sehen wir den
Grund, welchem wir einig
und allein alle Irrthümer und Thorheiten der
Heyden zuzuschreiben haben. Die
Ehre GOttes
bestehet darinnen, daß man seine
Handlungen
auf die von ihm vorgeschriebenen
Zwecke
anrichtet. Der letzte Zweck GOttes ist die
menschliche
Glückseligkeit. Diese erlangen wir
alsdenn, wenn wir unsern Schöpffer so wohl nach
seiner existenz,
Eigenschafften und Thätigkeiten
erkennen, als auch die Vereinigung mit ihm durch
kindliche Liebe,
Furcht, und Vertrauen
suchen. |
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Hieraus folget, daß auch die äusserliche
Verehrung GOttes, diesen vorausgesetzten
Gründen der innerlichen gemäß seyn müsse.
Hierdurch fällt aller Bilder-Dienst von sich selbst
hinweg, als welcher dem
vollkommenen
und unendlichen
Wesen
gantz unanständig ist, und
durch sichtbare Vorwürfe das Gemüth von der
innerlichen Verehrung eines unsichtbaren Wesens
abziehet. |
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Alle diese
Wahrheiten sind dem Menschen zu
erkennen natürlich; die
Ursache
aber, daß sie von den Heyden so wenig gefast worden, ist keine andere, als daß
sie in Bezähmung ihrer
sündlichen
Neigungen, welche freylich
dergleichen
Bestraffungen nur mit
Wiederwillen
unternehmen, zu nachläßig gewesen. Hieraus
erhellet klärlich, daß das Heydenthum allerdings
ein grosses Verbrechen gegen GOtt sey: Alle
Sünden haben ihre natürlichen
Straffen, eben so
wohl als alle
Tugenden ihre Belohnungen. |
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Da also auf dem Mißbrauch der Vernunft
durch eine natürliche
Nothwendigkeit nichts als
Blindheit und verkehrte
Sinne erfolgen können; so
haben wir solche wie bey andern Gottlosen also
auch bey den Heyden als eine gerechte Straffe
GOttes anzusehen. |
Rom. 1. |
Einteilung |
Das Heydenthum kan füglich in das lautere
und vermischte
eingetheilet werden. Jenes ist,
welches von dem
Wesen des wahren GOttes gar
keine
Erkäntniß hat. Dieses erkennet ihn zwar,
versündigt sich aber dadurch, daß es die Ehre des
Schöpfers neben ihn auch erschaffenen Dingen
zueignet, davon unten mit mehrern
geredet
werden
soll. |
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lauteres |
Das lautere Heydenthum ist wiederum in
Ansehung der Personen,
bey denen es befindlich, von gantz
unterschiedenen
Eigenschaften. |
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{Sp. 2000} |
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Der grobe Götzen-Dienst des gemeinen
Volcks ist mit dem spitzfindigen und subtilen
Gewäsche der
Weltweisen nicht zu verwechseln.
Jenes
nennet man das pöblische, dieses das
philosophische Heydenthum. |
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pöblisches |
Je weniger der Pöbel zu
vernünftiger
Erforschung abstracter
Wahrheiten
geschickt ist,
desto leichter pfleget er in der
Erkäntniß GOttes
auf sichtbare Dinge zu verfallen. Dieser
Satz wird
schon durch das Beyspiel der ersten Welt
bekräftiget. Der
Unterricht welchen diese Leute in
göttlichen Dingen von ihren Stamm-Vätern
empfangen hatten, verschwand gar bald, und
verkehrte sich in die abscheulichste
Abgötterey. |
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Wir
wissen zwar den
Anfang dieser
Sünde so
genau nicht zu bestimmen. Wir
mögen mit
Eusebio Chron. … Epiphanio … Suida und andern, denen auch der
gelehrte Fabricius in cod.
pseudepigraph vet. Test. …gefolget ist, den
Seruch oder mit andern den Cham oder Nimrod
vor den
Urheber derselben ausgeben; oder wir
mögen uns mit einigen Rabbinen biß in die
Zeiten
vor der Sündfluth hinaus wagen; so werden
dennoch unsere
Beweiß-Gründe in nichts als
blossen
Vermuthungen bestehen. So viel ist
indessen
gewiß,
daß der Saame derselben gar bald hervorgebrochen war, |
wie unter andern aus
Jos. 24, 2. zu ersehen. |
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Die himmlischen Cörper sind
vermuthlich die
ersten gewesen, deren vortrefliche Eigenschaften
den verblendeten Menschen
Gelegenheit
gegeben, etwas göttliches bey ihnen zu suchen.
So viel erkannten sie, daß
nothwendig ein GOtt
seyn
müsse. Ein eingepflantzter Trieb ihres
Gewissens überzeugte sie, daß das gantze Welt-Gebäude seine existenz
unmöglich einem
ungefehren Zufalle könne zu dancken haben. Alle
Creaturen nützen nicht ihnen selbst, sondern den
Menschen; hieraus schlossen sie, daß allerdings
ein weises Wesen seyn müsse, daß dieses alles
auf so liebreiche
Endzwecke abgerichtet
habe. |
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Es war nur die
Frage übrig, wer dieser
GOtt
sey? Nun sahen sie, daß die Strahlen der Sonne
alles belebten und fruchtbar machten, und daß sie
dieser ihre gantze zeitliche
Glückseligkeit grossen
theils zu dancken hatten. Hieraus hätten sie auf
die noch grössere Vortrefflichkeit des Schöpffers
derselben
schliessen
sollen. Allein sie fielen zu
und
meynten, die Sonne sey GOtt. Nun hatten sie,
was sie
wolten, nemlich einen sichtbaren
GOtt. |
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Ihre
sündlichen
Begierden konten gantz gern
geschehen lassen, daß man einen GOtt verehrte,
welcher nicht beständig zugegen war, und in
dessen Abwesenheit ein ieglicher, was ihm recht
dünckte, ohne Scheu vollbringen konte. Wir treffen
diesen Gottesdienst bey vielen morgenländischen
Völckern besonders aber den Persern an. |
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Andere himmlische Cörper schienen eben
solche Vortreflichkeiten, als sie an der Sonne
bewunderten, zu besitzen. Deswegen machten sie
auch diese zu Göttern. Ja endlich wurden ihre
Hertzen so verblendet, daß sie in der
Erde, in
Meere, auf den Gebürge, ja in allen Flüssen und
Bächen lauter Gottheiten anzutreffen vermeynten.
Allen diesen Geschöpffen eigneten sie
Verstand
und
Willen zu, und verehrten sie als ewige Götter
und Beherrscher der
Welt. |
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Sie verehrten über dieses selbst den leidigen
Satan, von welchen sie durch die Erzehlung ihrer
Voreltern, vielleicht auch durch Erscheinungen
und übernatürliche Würckungen einige Nachricht
hatten, dergleichen elenden
Zustand uns die
Reise-Beschreibungen noch heut zu
Tage von
den Calecutensern, Japoniern, Mexicanern und
andern häuf- |
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{Sp. 2001|S. 1030} |
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fig erzehlen. Die abgeschiedenen
Seelen
wurden gleichfalls vergöttert. |
vid. P. Mela … |
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Hieran war es noch nicht genug,
Tugenden
und Laster,
menschliche
Affecten,
Glücks- und
Unglücks-Fälle und mit einem
Worte
alle Begebenheiten des
menschlichen
Lebens, wurden
vor solche
Würckungen gehalten, deren iedwede
von einem besondern göttlichen Wesen
hervorgebracht würde, wie man aus allen
Beschreibungen der heydnischen Mythologie zur
Gnüge ersiehet. |
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Hierzu kamen noch die
unverschämten
Erdichtungen der Poeten, das Ehransehen ihrer
Lehrer, der Haß und die Verachtung der
Jüdischen und Christlichen Kirche im alten und
neuen Testamente, welches alles solche Wolcken
waren, die das
Licht einer bessern
Erkäntnisse in
ihren
Verstande niemahls aufgehen liessen. |
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Die Art und Weise dergleichen
erdichtete
Götzen zu verehren, war in Ansehung so wohl der
Zeiten als der abergläubische
Völcker selbst sehr
unterschieden. Im Anfange
wuste man nichts von
Bildern und Seulen, sondern man
verrichtete seinen Gottesdienst in Haynen, und auf den
Bergen, |
wie Tacitus de mor. Germ. L. 9. von den
Deutschen berichtet. |
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Allein die
Gedächtniß-Seulen, durch welche
man das Andencken und die
Verdienste der
Verstorbenen zu verewigen suchte, gaben gar
bald
Gelegenheit, sich bey dem Gottesdienste
eines äusserlichen
Zeichens zu bedienen. Die
Egyptier hatten die
Gewohnheit, bey dem
Unterricht von göttlichen Dingen sich allerhand
Hieroglyphischer Figuren zu gebrauchen, um
dadurch die göttlichen Eigenschafften
vorzustellen
und dem
Volcke begreiflich zu machen, an
welchen aber nachgehends der unverständige
Pöbel hangen blieb und die äusserliche Zeichen
mit den Göttern selbst, welche dadurch solten
vorgestellet werden, vermengte. |
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Hierdurch kam es so weit, daß man nicht
allein die abscheulichsten Figuren gegossener
und geschnitzter Bilder göttlich verehrte, sondern
besonders bey den Egyptiern verächtlichen
Thieren und Ungeziefer, ja Bäumen, Wurtzeln,
Kräutern etc. die
Ehre einer abergläubischen
Anbetung zu leisten kein Bedencken trug. Weil
nun die Priester hierbey ihren besondern
Vortheil
sahen, so verstärckten die gottlosen und
eigennützigen Leute das arme Volck in ihren
unglückseligen Irrthümern. Nichts war diesen
Abergläubischen zu lieb, welches sie nicht der
Menge ihrer erdichteten Götzen aufopfferten. |
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Kein natürlicher Trieb ist sonst so hefftig als
derjenige, damit
Eltern und
Kinder
verknüpfet sind. Aber auch dieser ward von dem Aberglauben dergestalt überwogen,
daß sie ihre
eigene Leibes-Früchte ohne Mitleiden verbrennen sahen. |
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Stund iemand den Absichten der Priester im Wege, der muste sich gefallen
lassen, dem Verlangen der Götter oder besser den tollen
Affecten des Volcks und der Grausamkeit seiner Feinde sich
aufopfern zu lassen, |
welches
M. P.D. Longolius in etlichen
Disputationen de
anthrōpothysia
Lips. 1734. etc.
gründlich und ausführlich zeiget. |
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Ich geschweige der gottlosen Gebräuche,
welche an den Heydnischen Sauff- und Huren-Festen hin und wieder allen
Gesetzen der
Vernunft und Erbarkeit zu wieder eingeführet
waren. |
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philosophisches |
Wir kommen nunmehro auf das
philosophische Heydenthum, welches zwar
subtiler und scheinbarer, in der
That
aber viel gefährlicher, und gemeiniglich mit einer weit grössern Hartnäckigkeit
verbunden ist. |
Ein deutliches
Exempel hiervon sehen wir Act. 17, 18.
seq. |
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Die
Irrthümer des pöbelhafften Hey- |
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{Sp. 2002} |
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denthums sind zu grob und bey nahe
handgreifflich, aber eben deswegen können sie
auch leichter wiederleget und ausgerottet werden.
Das Philosophische Heydenthum düncket sich
schon selbst
vollkommen zu seyn, deswegen es
bessern
Unterricht niemahls
begehret, sondern
vielmehr alles vor einfältig und
ungereimt hält, was
nicht mit seinen Vorurtheilen
völlig
übereinstimmet. Der
Grund desselben ist
meistentheils der Hochmuth, welcher den
Menschen veranlasset, sich mit seiner
Vernunft
aus allzuvielen Vertrauen gegen sich selbst über
alle von
GOtt und
Natur gesetzten
Schrancken zu
erheben. |
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Es
theilt sich wiederum in zwey besondere
Gattungen, deren die erste die Natur, die andre
ein selbst erdichtetes Unding vor GOtt
erkennet. |
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Zu der ersten gab Gelegenheit, daß man
wahrgenommen hatte, wie alle
Dinge
aus einfachern
Grund-Ursachen, diese aus noch einfachern u.s.f. zusammen gesetzet wären,
unter denen man denn die letzten, weil sie die einfachsten und die Stamm-Kräffte
der
gantzen
Welt waren, zugleich vor GOtt erkennete. Daß
dieses die
Meynung Aristotelis gewesen sey,
erhellet aus Metaph. … Diog. Laert. … ist auch
von Hr. D. A.F.
Müller in
Metaph. … sehr gründlich
gezeiget worden. |
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Die Beschreibung, welche Zeno beym Diog.
Laërt. … von GOtt giebt, ist fast von eben der Art.
Epicurus nennte zwar die
Elemente nicht GOtt,
eignete ihnen aber gleichwohl die Hervorbringung
aller
Dinge, welches in der That eine göttliche
Eigenschaft ist, zu, daher auch dieser hieher zu
rechnen ist. |
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Von einigen Chinesischen
Philosophen,
deren Lehre ebenfals hierauf hinaus kömmt,
können Mr.
Bayle Dict. … und die
Acta
Eruditorum
Lips. 1688 … nachgelesen werden. |
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Unter den neuern ist Ben. Spinoza und sein
Nachfolger Mr. Lucas in seinem l'Esprit de
Spinoza nebst andern auf diese
Art des
Heydenthums gefallen. |
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Und wo geht die Meynung aller so genannten
Atheisten anders hin, als daß sie endlich die
subtilen Elemente der sichtbaren Welt vor die
erschaffende
Ursache aller Dinge, oder welches
eben so viel ist, vor GOtt erkennen? Man solte sie
also nicht Atheisten, als welche (in engen
Verstande) unter
vernünftigen Geschöpfen zu
vermuthen
unmöglich ist, sondern vielmehr
philosophische Heyden benennen. |
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Bey der andern Gattung, welche die
göttliche
Ehre und
Eigenschafften nicht einmahl der
Natur,
sondern gar einem selbst
erdichteten Undinge
beylegten, verdienen
billig die Stoicker den ersten
Platz. Sie erdichteten vors erste der
Welt eben
dergleichen
Seele an, als sie in dem
menschlichen
Cörper wahrnahmen, welche sie
GOTT
nenneten. |
Laert. … |
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Aus dieser Thorheit erwuchs noch eine
grössere, nemlich das fatum oder Schicksal,
welches sie vor independent, welche Eigenschaft
doch GOTT allein eigen ist, ausgaben, ja dessen
unvermeidliche
Nothwendigkeit GOTT selbst, wie
sie glaubten, als seine Vorschrifft erkennen
müste. |
vid.
Buddeus in introd. ad
Philosoph. Stoicam. |
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Beyde
Begriffe bestehen auf leeren Grillen,
welche niemahls anderswo als in dem Gehirne der
verblendeten Stoicker zu finden gewesen. Mich
dünckt hieher ist das ärgerliche Gewäsche
dererjenigen mit zu zühen, welche eine Zweyheit
der Götter, nemlich einen guten, als den
Uhrsprung
der
Tugend und des
Glücks, und einen
bösen als
den Grund al- |
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{Sp. 2003|S. 1031} |
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ler
Untugenden
und Widrigkeiten erdichteten. Es scheinet, daß Egypten die
unglückliche
Mutter
gleichwie anderer also auch dieses Heydnischen
Irrthums gewesen sey, wie aus dem Plutarcho de
Iside et Osiride zu ersehen, wiewohl es auch
Zoroastres bey den Persern gelehret haben
soll. |
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Die
Ursache war wohl, daß die
Menschen den
Ursprung des
bösen in
der von einem
vollkommenen guten Wesen erschaffenen
Welt
nicht zusammen reimen konnten. Hierdurch ward
der Irrthum geboren, daß man sich auch ein
höchstes Wesen
vorstellete, welches seiner Natur
nach böse wäre, und dem Guten zu wieder nichts
als böse
Würckungen hervor brächte. Diesen sich
selbst wiedersprechenden Begriffen war
Pythagoras, Empedocles, Manes mit seinen Anhängern zugethan, |
von welchen letztern
Epiphanius haeres. 66. und Augustinus lib. 21.
contra Faustum nach zu lesen ist. |
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Dieses sey genug von dem lautern
Heydenthum. Ich verhoffe nicht daß biß hieher mir
seinen Beyfall iemand leichtlich entzühen, noch
einwenden werde, als wäre ie einem der
Name
eines Heyden zur Ungebühr aufgelegt worden.
Die unbillige Übergehung des wahren GOTTES
fället iedem gar leichtlich in die Augen. |
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vermischtes |
Was das vermischte Heydenthum anlanget,
so treffen wir solches hingegen bey denenjenigen
an, welche äusserlich den Namen der Heyden
verabscheuen. Es bestehet nemlich darinnen, daß
man die Ehre, welche
GOTT allein gebühret,
neben ihm auch andern zugestehet. Was ist der
Heiligen-Dienst anders, als ein offenbahres Stück
des Heydenthums, welches seinen Helden eben
dergleichen Ehre nach ihrem Ableben zu erweisen
pflegte? Gleichwohl ist dieser Abgötterey die
Römische Kirche eyfrig ergeben, wie sie zwar
überhaupt von den heydnischen Irrthümern vieles
entlehnet hat, welches allhier auszuführen zu
weitläuftig ist. |
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Niemand ist ewig als GOTT. Wer siehet also
nicht, daß die Ehre GOTTES den Geschöpfen
beygeleget werde, wenn einige
Philosophen die
Materie der
Welt vor ewig halten? das göttliche
Wesen ist untheilbar und unendlich. Daher legen
einige
Jüdische Kabbalisten, der Welt
wircklich
etwas göttliches bey, wenn sie dieselbe vor einen
Ausfluß aus dem Wesen GOTTES halten. Und
wenn andere Schwärmer die menschlichen
Seelen vor kleine
Theilgen des göttlichen Wesens
ansehen; so
thun sie ebenfalls nichts anders, als
daß sie ihnen eine solche
Eigenschafft mit
Verletzung göttlicher Ehre beylegen, da durch sie
sich eines subtilen Heydenthums
schuldig
machen. |
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Aus dieser
gantzen Abhandlung flüsset
deutlich, daß sich diejenigen an dem allgemeinen
Welt-Richter allerdings versündigen, welche ihn in
der
Regierung der Heyden einer
Unbarmhertzigkeit und in derselben Verdammung
einer Ungerechtigkeit zu beschuldigen kein
Bedencken tragen. |
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Es ist ein nichtiger Vorwand, wenn man
behaupten will, es wären den Heyden zur
Erkenntniß GOTTES nicht
Mittel genug
verliehen
worden.
Vernunft und
Schrift
Rom. 1. und 2.
lehren uns ein anders. Noch nichtiger ist es, wenn
man
läugnet, daß ein
Irrthum strafbar sey; als
welcher
Satz nur alsdenn gültig ist, wenn der
Irrthum aus einer solchen Unwissenheit, welche
man entweder nicht vermeyden können, oder
nicht |
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{Sp. 2004} |
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zu vermeyden
verbunden gewesen,
herrühret. Bey den Heyden findet keines von
beyden statt, wie schon oben gnugsam erwiesen
worden. |
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Aus den natürlichen
Strafen, welche GOTT
schon in diesem
Leben auf das Heydenthum
erfolgen lassen, und unter denen die
völlige
Dahingebung in verkehrten
Sinn sonder
Zweifel
die erschrecklichste ist, lässet sich sicher
schliessen, daß ihre Verdammniß auch in jenem
Leben nicht aussenbleiben werde. Es findet also
keine Entschuldigung statt, welche Eduart Herbert
de Cherbury de religione Gentilium aus ziemlich
indifferentistischen Grund-Sätzen vorbringet. |
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Ist das Heydenthum GOTT mißfällig, so
solten diejenigen
billig besser an sich halten,
welche die heydnischen Götter-Namen allzu
häuffig im Munde zu führen
gewohnet sind, und
darinnen eine besondere Zierlichkeit zu finden
vermeynen, wenn sie die Wercke GOTTES in die
Namen dieser GOTT verhaßten Götzen
einkleiden. |
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philosophisches |
Bey dem
Philosophischen Heydenthume ist
zu mercken, daß man nicht sogleich alle
Sätze
der
alten
Welt-Weisen vor herrliche und mit dem
Christenthume
übereinstimmende Lehren zu
preisen habe. Die
Erfahrung lehret, daß öffters
nicht viel lobens-würdiges übrig bleibe, wenn man
eines ieglichen
Worte nach seinen gehabten
heydnischen
Begriffen
untersuchet und ausleget.
Das Beyspiel aber so vieler
Völcker soll billig
ieglichem zur Warnung dienen, damit er ja die
Wirckungen seines
Verstandes durch keine
Neigungen
des verkehrten Willens verhindern
lasse. Diese Sorgfalt soll desto grösser seyn, ie
häufiger die
Exempel derer sind, welche durch
Übertretung dieser
Regel entweder in ein völliges
Heydenthum auch zu unsern
Zeiten verfallen,
oder ihr
Gemüthe zum wenigsten dißfalls nicht
ohne alle Befleckung behalten. |
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Literatur |
Unter denenjenigen, deren
Fleiß so wohl den
Grund als die
Historie des Heydenthums
untersuchet hat, verdienet das vortreffliche
Werck
Gerh. Jo. Vossii de Theologia gentil. et
physiologia Christianana … Amst. 1668. et
Francof. 1675.
billig die Ober-Stelle, worinnen
man bey nahe alles beysammen findet, was man
sonst in alten und neuen
Scribenten zusammen
suchen
muß. |
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Man findet gemeiniglich auch R. Mosis
Maimonidis [hebräischer Text] dabey, welches
Dionys. Vossius ins
Lateinische übersetzet hat,
darinnen auch eine Abhandlung de idololatria
befindlich. |
Man kan ferner nachlesen
- Dan. Georg. Morhofii Polyhist. …
- Pauli
Stokmanni elucidarium Deorum Dearumque
gentilium etc.
Lips. 1697.
- Petrum Jurieu in historia
Critica dogmatum et cultum … Amst. 1707.
- Fabricii bibliograph. antiq. ar. … allwo man die
Nahmen derer
dererjenigen
Autorum beysammen
findet, welche besonders, was das Heydenthum
einzeler
Völcker anlanget, Nachricht geben.
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