Titel: |
Geschicklichkeit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
10 Sp. 1221 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
10 S. 628 |
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Geschicke in die frische Grentze wieder bringen |
Folgender Artikel: |
Geschiebe, (oder Geschübe) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Geschicklichkeit, ist eine Fähigkeit, die, uns
von
GOtt und der
Natur gegebenen,
Kräffte mit
Verstande zu
gebrauchen. |
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Denn da alle unsere Kräffte
nützlich oder
unnütze, ja schädlich sind, nachdem wir sie
vernünfftig
erkennen, und
klüglich zu brauchen
wissen, oder nicht; so folget, daß da solche
Erkänntniß und solche
Klugheit unstreitig eine
Fähigkeit des
Verstandes ist, die Kräffte des
Verstandes, unter allen
menschlichen Kräfften die
vornehmsten sind, durch welche die übrigen
alle erst zu menschlichen Kräfften werden:
Demnach ist in denen Kräfften des Verstandes
dasjenige allein zu suchen, was wir
Geschicklichkeit
nennen. |
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Und hat man also in Beurtheilung der
Geschicklichkeit eines
Menschen nur auf seinen
Verstand zu sehen: Denn wenn man einwenden
wolte, die gröste Geschicklichkeit des Verstandes
stiffte nichts
gutes und tüchtiges, wenn das
Gemüth durch rohe und ungezogene
Affecten
verderbet ist, so dienet zur Antwort: Daß dieses
rohe und ungezogene
Wesen derer
Affecten eine
gewisse Anzeige sey eines
Willens, der noch allzu
sehr sich selbst überlassen, und dessen Triebe
und
Begierden man noch nicht sattsam zu
regieren fähig ist: welche
Regierung nicht anders,
als durch Uberlegung und
Rathschläge
geschehen kan. |
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Nun aber kommen Uberlegung und
Rathschläge eintzig und allein auf die
Geschicklichkeit des
Verstandes an; also ist auch
diejenige Ungeschicklichkeit eines
Menschen die
aus den rohen
Affecten entspringet, ursprünglich
eine Ungeschicklichkeit des Verstandes. Da aber
nicht
möglich, daß ein Mensch die
Kräffte seines
Verstandes in allen
Wissenschafften und
Künsten
solle ausarbeiten, und also in allen eine
Geschicklichkeit erwerben können, so
muß sich
nothwendig vermöge der
Geselligkeit ein jeder
befleißigen in einer oder der andern
Wissenschafft eine Geschicklichkeit zu erlangen,
damit solcher gestalt einer dem andern
dienen,
und hierdurch das
gantze durch die Geselligkeit
an einander hangende menschliche
Geschlecht
durch gemeinschafftliche Ausarbeitung der
Natur
mit vereinigten Kräfften an der
Glückseligkeit
aller
arbeiten
möge. |
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Nachdem nun ein jeder in einer und der
andern dergleichen
Wissenschafft auf die er sich
geleget, es hoch gebracht, oder nicht, wird er ein
Mensch von grosser und geringer Geschicklichkeit
genennet. |
Müller Politic. 3. |
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