Titel: |
Vernünftig |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
47 Sp. 1382 |
Jahr: |
1746 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 47 S.
704 |
Vorheriger Artikel: |
Vernünfteln |
Folgender Artikel: |
Vernünftiger Abscheu |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- ¶: Absatz in der Vorlage vorhanden
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Text |
Quellenangabe |
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Vernünftig, Lat. Rationale. |
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Dieses
Wort pflegt sowohl von
Sachen, als
Personen
gebraucht zu werden. Denn
von Sachen ist bekannt, daß man unter andern
sagt, es sey eine vernünftige
Rede:
es sey vernünftig
geredet: oder es sey eine vernünftige
Handlung, ein
vernünftiges Vorhaben. In diesem
Sinne nimmt man solches vor einer
Eigenschafft,
soferne etwas mit den
Regeln der
Vernunfft überein kömmt. Solche Regeln lassen
sich hier wegen ihrer Menge nicht erzehlen; weil sie aber entweder
Theoretische,
oder Practische sind, so kan derjenige, der die Grundsätze der
Wahrheit und
Moralität
verstehet, die vorkommenden Reden und
Thaten anderer und seiner selbst
leicht
beurtheilen, wie weit sie vernünftig und
unvernünftig sind. |
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Nimmt man das vernünftig seyn vor eine
Eigenschafft der
Person, so kan man
dadurch überhaupt denjenigen
Stand eines
Menschen in Ansehung seiner
Seelen
verstehen, soferne er die
Geschicklichkeit seinen
Verstand zu brauchen erlangt;
insonderheit aber pflegt man denjenigen einen vernünftigen Menschen zu nennen,
welcher sich in seinen Handlungen nach der Vorschrifft seiner
Vernunft
errichtet, und die
Herrschafft
über seine
Affecten erlanget hat. |
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Wie aber die Vernunfft sowohl
Regeln des
Gesetzes, als der
Klugheit zu
erkennen giebet; also muß sich einer, der vernünftig handeln will, nach beyden |
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{Sp. 1383|S. 705} |
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richten; daher man auch eine
That, die den
Regeln der
Klugheit zuwider,
unvernünftig zu nennen pflegt |
Walchs Philosoph. Lexicon. |
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Der Herr
Wolff
schreibet in seinen Gedancken von dem
gesellschafftlichen Leben der Menschen §. 93. daß, da der Satz des zureichenden
Grundes der
Grund der
Vernunft ist, diese aber in der Einsicht in den
Zusammenhang der Wahrheit bestehet; man daraus sehen könne, daß die
Kinder
dadurch zugleich vernünftig würden, wenn sie sich gewöhnten allezeit nach dem
Grunde zu fragen, warum dieses ist, und warum sie dieses oder jenes thun sollen.
Und §. 100. lehret er, wie Kinder im Guten vernünftig zu machen, wenn er
schreibet: |
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"So bald der Verstand und Gebrauch der Vernunft sich äussert, hat man
darauf zu sehen, daß die Kinder nicht Sclaven im Guten bleiben, sondern es
vielmehr aus völliger Freyheit thun. Und hierzu dienet alles dasjenige, was von
der Besserung des Willens (§. 373. et seqq. Mor.) weitläufftig
ausgeführet worden. Es wird freylich eines und das andere in der Ausübung noch
einige Geschicklichkeit erfordern, wenn man es bey Kindern anbringen will:
allein wir können uns vor diesesmahl nicht in weitere Weitläufftigkeiten
einlassen."¶ |
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In denen
Rechten heisset Vernünftig, Lat.
Compos mentis, ein
Mensch, der
seiner
Sinne und
Vernunfft mächtig ist, und dieselben gehörig zu gebrauchen
weiß, und wird also einen Vernunftlosen entgegen gesetzet, wovon unter dieser
letztern Benennung ein mehrers. |
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