Titel: |
Gedächtniß |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
10 Sp. 552 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 10 S. 289 |
Vorheriger Artikel: |
Gedackt |
Folgender Artikel: |
Gedächtniß, (verletztes) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Gedächtniß, ist eine besondere
Krafft des
menschlichen
Verstandes die
Ideen anzunehmen
und sie zu
verwahren. |
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Bey diesen letztern äussern sich sonderlich 2.
Actus, einer, den wir eigentlich das Gedächtniß,
und eine Behaltung derer Ideen ist, die wir
gefasset, und der andere, die
Erinnerung, wenn
man sich die Ideen, die man bißhero verwahret,
wieder
vorstellet. |
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Man trifft auch bey denen Thieren ein
Gedächtniß an, daß sie sich eines
Dinges
erinnern können, welches jedoch nicht in gleichem
Grade mit denen
Menschen zu
verstehen.
Cardanus de imm. an. I. eignet auch denen
Pflantzen ein Gedächtniß zu, aber in einem andern
Verstande, daß sie nemlich nicht vergessen alle
Jahre zu rechter Zeit zu grünen. |
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Die Naturkündiger geben vor, das Gedächtniß
habe seinen Sietz in dem Hinter-Theil des Haupts,
und diejenigen hätten ein besser Gedächtniß, die
ein grosses Hintertheil des Haupts hätten, als
diejenigen, die ein plattes und kleines hätten,
welches sie auch mit
Exempeln einiger Leute
beweisen, die durch Verletzung des Hintertheils
am Haupte um ihr Gedächtniß gekommen. |
- Tentzel Monathl.
Unterred. …
- Carl Friedrich Pezold Disp. de
Memoria memorabili,
Leipzig 1699. de Obliuione
memorabili, ib. 1703.
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Einige beschreiben das Gedächtniß, als ein
Vermögen,
Gedancken, die wir vorhin gehabt,
wieder zu
erkennen, daß wir sie schon gehabt
haben, wenn sie uns wieder vorkommen, |
Wolff Gedancken von GOtt
… |
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und sind mit unserer oben gegebenen
Beschreib. nicht zu
Frieden, weil man die
Einbildungs-Krafft mit dem Gedächtniß vermische,
auf welchem Einwurff Gundling Gundlingian. …
geantwortet. |
-
Clericus
Pneumatolog. …
- Crousaz Systeme de Reflexions
…
- Vossius de Origin. et Progress. Idololatr. …
- Richey Polymnemones.
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So viel erhellet indessen aus der Betrachtung
des Gedächtnisses, daß selbiges an sich zur
Gelehrsamkeit nicht zulänglich, so
nöthig es ist.
Nöthig ist es, denn wenn ich nicht
weiß, so habe
ich nichts, worüber ich
urtheilen
soll. Unzulänglich
aber ist es, weil die
Concepte des Gedächtnisses
können
wahr und
falsch seyn,
Möglichkeiten aber,
in so ferne sie dergleichen sind, niemand was
nutzen, als müssen sie |
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{Sp. 553|S. 290} |
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von dem
Judicio
beurtheilet werden, ja
bißweilen braucht man sich Möglichkeiten zu
machen, ehe das Judicium
sagen kan, wird wahr
oder falsch. Wird also der
Satz:
Tantum scimus,
quantum memoria tenemus nur von solchen Ideen
genommen, dabey das Judicium noch nichts
gethan hat, so ist er
irrig. |
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