Stichworte |
Text |
Quellenangaben |
|
Idea, ist eigentlich ein
Griechisches
Wort,
welches ursprünglich von idein herkommet, und wird
auf
Teutsch durch
Vorstellung gegeben, wie wohl auch die Wörter,
Empfindung und
Begriff, bisweilen eben dieses ausdrücken. |
|
|
Plato hat dieses Wort zuerst in der
Philosophie
gebraucht, was er aber eigentlich darunter
gemeynet, ist nicht ausgemacht. |
- Cicero de Orat. 10. Qu. Acad. I. n. 30.
- Augustinus de octoginta tribus Qu. XL. VI. Tom. 3. Opp. p. 288.
|
|
Doch ist ihm Socrates einiger massen darinnen vorgegangen. |
Aristoteles Metaphys. 13. 4. |
|
Es setzte nemlich Plato drey Uhr- und
Anfangs-Wesen derer
äusserlichen
Dinge,
als
GOTT, die
Materie, und die Idèen. |
- Plutarchus de Placitt. Philos. 1. 3.
- Justinus
Martyr. Cohort. ad Gr. p. 7.
- Kühn Obseru. ad Laertium
III. f. 69.
|
|
Einige
läugnen, daß er sie von
GOtt
unterschieden. . Einige aber
meynen, daß er sie von GOtt
abgesondert, und sie vor etwas
würckliches gehalten habe, darnach GOtt die
sinnliche
Sachen
erschaffen. Da nun die
Seele
diese
erkannt, da sie aber in das Gefängniß des
Leibes
gestossen worden, dieselbe vergessen habe,
müste sie sich bestreben, durch, die
Philosophie wieder zur vorigen
Erkänntniß
zu gelangen. |
- Seneca Ep. 58. 65.
- Alcinous Doctrin. Platon.
9 apud Stanley Hist. Phil. p. 535.
- Vossius de Sect. Philos.
12. §. 9. seqq.
-
Jac. Thomas. Orat. de Ideis Plat. exempl. n. 13. p.
275. seqq.
- Jo.
Clericus Not. ad Lvg. I. 1. §. 2. p. 10.
- Jo. Serranus Argum. in Timaeum Tom. III.
Opp. Platonis p. 3.
- Paschius
Introd. in rem litt. moral. rett. 1. §. 16.
- Diogenes Laertius 3.
63. seq.
- Cicero Quaest. Acad. I. n. 46.
- Huetius Cogitatt. misc. p.
218.
- Cyrillus Alexandrinus 2. contra Jul. p. 66.
- Caelius
Rhodiginus Lect. Antiq. XVI. 17.
- Fernel. de abditis Rerum Causis I.
10.
- Casaubon. ad Diog. Laert. 3. 69.
- Werenfels
Diss. de Logomachia Erud. 8. O. p. p. 543.
- Joh. Chr. Wolff
Not. ad Originis Philos.
|
|
{Sp. 329|S. 182} |
|
|
|
- Rapin Compar. de Plat. et Aristot. Opp.
T. I.
- Gottl. Mich. Hansch de Enthusiasmo Plat. p.
128.
- Morhof Polyhist.
Tom. 2. Lib. 2. c.
11. §. 2. p. 206.
- Jo. Schefferus de Nat. et Constit. Philos. Ital.
8. p. 56. seqq.
|
|
Aristoteles legte
GOtt keine Ideen bey, suchte auch zu behaupten, daß
die
Seele
keine hätte, sondern sich erst
bemühen müste, dieselben durch Nachdencken und
abstrahiren zu erlangen. |
- Plutarchus l.c. l. 10.
- Aristoteles de Anima III.
4.
- Jac. Thomasius Dissertt. var. Argum. II. p. 11.
- Gundling Via ad Verit. ration. 5. §. 10. p. 40.
-
Titius Arte cogit.
I. 18. p. 415.
-
Buddaeus
Praefat. ad artem cogitandi p. 6.
- Cartesius Dissert. de Methodo p. 11.
|
|
Die Stoicer hielten die Ideen vor die von denen
Sachen
unterschiedene und
abgetheilte wie auch dem
Verstande
eingedruckte
Vorstellungen. |
- Cicero Tusc.
Disp. II. 29. Acad. Quaest. I. n.
40.
- Seneca de Beneficiis I. 4. p. 597.
- Diogenes Laertius
VII. 15.
- Menagius ad h.l.
- Werenfels l.c.
2. Opp. p. 461. sqq.
- Fabricius Dissert. de Cauillationibus
Stoicorum.
- Jo. Andr. Schmid Diss. de Chrysippea
Brutorum Logica.
- Muretus ad Nicom. p. 85
- Jac. Thomasius de Sect.
Nominal. Orat. 12. p. 251.
|
|
Nach diesen waren
verschiedene Kirchen-Väter sonderlich der Platonischen
Philosophie ergeben. |
-
Thomasius Orig. Hist. Eccl. et Philos. p. 87.
- Huetius Origen.
- Clericus Biblioth. select. XIII. p. 209. Art. Crit. T.
3. Epist. Crit. 8. p. 210.
- Dionysius Petauius Theol. Dogm.
Tom. I. L. IV. c. 11. p. 298. seqq.
- Dionys. Platon. 10.
p. 299. sqq.
- Just. Martyr Dial. cum Tryph. p. 219.
- Eusebius Praeparat. Euang. XI.
- Augustinus Quaest. octog. tr. Qu. 46. Opp. Tom. IV. p. 388.
seqq.
- Casaubonus Exerc. Antibaron. I. n. 18.
p. 59.
- Fabrici. Cod. Apocryph. N.T. p. 360. Bibliogr.
Antiq. 8. §. 7. p. 231.
-
Wolff ad Orig.
Philos. p. 40. seq.
- Cuperus Explic. Nism. Anti. Commentar. de Apoc.
Homeri p. 227.
|
|
Aus eben diesem
Grunde
leiteten viele derer Valentinianer und Gnosticer Lehr-Sätze her. |
- Tertullianus de Anima. de Praesc. 7.
- Irenaeus
adv. Haereses II. 19.
- Isidorus de Viris illustr.
- Colberg Christ. Plat. Herm. 2. §. 3. p. 84.
seq.
- Lipsius Physiol.
Stoica Dissert. III. p. 61.
|
|
Die
Scholastici
redeten zwar sehr vieles aber verwirrtes von denen
Ideen in
GOtt. |
- Ludou. Viues de Ciu. Dei VIII. 10.
- Tribbechovius
de Doctor. Scholast.
- Lanoius de Varia fortuna Aristotelis in Acad. Paris. II. p.
210. seqq.
- s’Heernboord Melet. Philos. p.
290. seqq.
- Velthem Instit. Metaphys. p. 1878.
- Schwertner de Ideis diu.
|
|
Endlich aber
theilten sie sich in die Realistischen und
Nominalistischen. Die ersten waren auf Platonis, die andern auf
Aristotelis Seite. |
- Saresberiensis Metalog. 2. 11. 17. p. 99.
- Morhof Polyhist. Lit. Tom. II. Lib. 1. c. 14.
p. 83. seqq.
-
Thomasius Nominal. Hist. p. 269. seq.
- Auentinus Annal. Boior. VI. 3. §. 32.
- Caussinus de Eloq. Sacr. et hum.
IV. 34. p. 220.
- Pictetus hist. de l’Eglisse de l’ XI. Siecle.
ad a. 1092. p. 959. seq.
- Joach. Camerarius Vita Melancht. p.
22.
|
|
Doch waren die Realisten gleichfalls theils auf Platonis,
theils auf Aristotelis Seite. Von denen Nominalisten hielten
einige die Universalien vor blosse
WWörter,
die andern aber vor
gewisse
Begriffe. |
Buddeus Thes. de Atheismo et superstitione I. §. 23. |
|
Unter denen neuern brauchte Cartesius zuerst dieses
Wort,
wie wohl er sich nicht deutlich
erkläret. |
Gassendus Disquisit. Metaph. p. 171. |
|
Rüdiger de Sensu veri et falsi I. 4. §. 3. aber
erinnert, daß man dem
Auctori Artis cogitandi P. I. 1. auch nicht
Glauben zustelle, der da |
|
|
{Sp. 330} |
|
|
meynet, das
Wort
Idée sey vor sich deutlich genug; weil man sie nicht durch die
Empfindung
beschriebe, und auf solche Weise die
gantze Lehre von denen angebornen Ideen
hinfiele. |
|
|
Die meisten von denen der neuern kommen hierinnen überein, daß eine Idée
derjenige Vorwurff sey, der unserm
Verstande,
wenn er
würcket und
gedencket,
unmittelbar
gegenwärtig ist. |
- Lorck de Intellectu humano II. 1.
- Clericus Logic.
P. II. c. 1. §. 2. Pneumat. Sect. l.c. 5. §. 2.
- Buddeus Philos. Instrum. P. I. c. 1. §. 6.
- Gundling Via ad veritatem P. 1. c. 2. §.
3.
- Malebranche de la Recherche de Verite III. p. 2.
|
|
Man nimmt aber das
Wort
in engern und weitern
Verstande. In jenem stehet es der
Empfindung
entgegen; in diesem aber nimmt man es vor eine
Würckung
des
Verstandes,
der ihm die Empfindung ohne Bejahung und
Verneinung
vorstelle, wie sie ihm
vorkommen. In dem wir uns nun
erinnern, was wir empfunden, so entstehet die Idée
oder
Vorstellung. Deswegen geben wir auch selbige vor eine Würckung des
Gedächtnisses aus. Hieraus fliesset, daß die denen Geschöpffen zu etwas
eingepflantzte Triebe, desgleichen, die in denen Pflantzen bezeichnete
Merckmahle, im uneigentlichen Verstande Ideen
genannt werden. |
|
|
Doch hat man die
Empfindung
wohl von der Vorstellung oder Idée zu
unterscheiden. Denn wenn ich ein
Pferd sehe, so fällt mir desselben
Gestalt,
Farbe und
Bewegung zugleich in die Augen, und bekomme zugleich einen
Begriff von
allen diesem
Umständen. Dencke ich aber nur an ein Pferd, das einen
guten Trab
gehet, so lasse ich die Umstände von der Gestalt und Farbe weg, und stelle mir
nur desselben Bewegung vor. |
- Lockius de Int. hum. II. 1. §. 1. p.
39.
- Malebranche l.c. Tom. I. P. II. c. 1. §. 1. p.
321.
- Clericus Log. P. 1. c. 1. Pneumatol. Sect. 1. c.
5. §. 2.
-
Buddeus Elem. Philos. Instrum. P. II. c. 1. §. 5.
|
|
Woher aber die Ideen entstehen, ist eine schwerere
Frage.
Lockius l.c. p. 95. sqq.
saget,
sie haben ihren
Ursprung aus der
Erfahrung,
welches auch gantz guten
Grund
hat. Denn eine
Sache
die ich gesehen,
empfunden und
erfahren habe, kan ich mir freylich leichte
vorstellen und einem
Begrieff davon haben. Die Aristotelici und
Scholastici halten davor, daß die Ideen aus denen
Obiecten,
als denen Obiecten gleiche Abbildungen, herflössen. Diese würden denen
äusserlichen
Sinnen
eingedrucket, und bekämen hernach eine Gemeinschafft mit dem leidenden und
würckenden
Verstande. |
-
Thomasius Physic. 39. §. 120.
- Malebranche l.c.
Tom. I. L. III. ch. 2, p. 325. seqq.
- Clericus Pneumatol. Sect.
l.c. 5. §. 6. seqq.
- Jo. Jac. Syrbius Institut. Philos. 1.
c. 5. §. 3. p. 110. seqq.
|
|
Einige halten davor, daß das
Gemüthe zwar einigen
Begriff bey einer
Empfindung
des
Verstandes
habe, die
würckliche Vorstellung und Idée aber komme eintzig und allein von ihm
selbst her. Die
Ursache desselben
schreiben einige der Gleichheit des nach dem
göttlichen Eben-Bilde geschaffenen
Menschen,
oder einer übernatürlichen göttlichen Dazwischenkunfft zu. |
Malebranche l.c. ch. 3. p. 328. Er bekam aber hierinnen einen Wiedersacher an Arnaldo des Vrayes et des
fausses Idees.
Cöln 1683. Und ob er gleich Response de l‘ Aut. de la
recherche de la verite, ou Liure de Msr. Arnauld des Vrayes et des fauss. Idees
entgegen setzte, so
schrieb
doch jener dagegen Defense de Ms. Arn. contre la reponse ou Liure des Vrayes
et des fausses Idees Cöln. 1684. wiewol Malebranche eine Antw.
darauf verfertigte. Er hatte aber hierinnen auch noch |
|
{Sp. 331|S. 183} |
|
|
|
zu Wiedersachern
- Lockium Opusc. post.
- Poiret. Cogitat. Ration. III. 10
- Pritium Dissert. de Enth. Malebranchii.
- Roellius Vindic. pro innat. Ideis, contra de Vries Sect. 5. §.
57. p. 458.
- Hanschius de Enthus. Platon Sect. 7. §. 45. p. 138.
seq.
- Syrbius l.c. P. I. c. 5. §. 2. p. 108. seq.
|
|
Einige vermeynen, daß sie aus einer ewig vorher bestimmten
Übereinstimmung
zwischen
Leib
und
Seele
herzuleiten sey. |
Leibnitz Epist. ad Hansch. Er hat aber hierinnen zu Wiedersachern
- Malebranche l.c. p. 332. seqq.
- Clerius l.c. §. 9.
- Hermann. ab Elswich Dissert. de recentiorum de Anima controversiis
§. 21. p. 29. sqq.
- Syrbium Philos. P. 1. II. c. 7. §. 9. p. 509.
|
Arten |
Doch wir gehen nunmehro weiter und betrachten auch die unterschiedlichen
Arten derer Ideen.
Hier können wir dieselben überhaupt auf zweyerley Art betrachten. An sich selbst, und in Ansehung der
Wahrheit, bey deren
Erkänntniß
sie zum
Grunde
dienen. An sich selbst betrachten wir sie, theils in Ansehung der
Sachen,
die sie
vorstellen, theils in Ansehung derer
Würckung
des
Gedächtnisses. |
|
|
Sieht man die
Sachen
an, so sind sie |
|
|
- entweder Ideae reales, oder aduentitiae, wenn
die Sache
würcklich unserer
Einbildung gemäß vorhanden, als wenn man
weiß, daß
gecrönte Häupter ein Bündniß zu Aufnahme der Handlung geschlossen haben;
- oder Ideae fictitiae, wenn die Sachen nicht so sind, als wir sie uns
eingebildet, als wenn man dieses oder jenes Bündniß, ehe man es
erfähret, zu des
andern Schaden geschlossen zu seyn
glaubet.
|
Rüdiger de sensu veri et falsi I. 4.
§. 15. p. 79. |
|
Betrachtet man sie in Ansehung der
Würckung
des Gedächtnisses, so kommen sie ausser Streit von der
Empfindung
her, und man
theilet sie in mittelbare oder
unmittelbare ein. Die unmittelbaren
entstehen bloß von der Empfindung als wenn ich ein Pferd sehe und daran
gedencke; die mittelbaren aber vermöge einer andern Idée, wenn ich bey
dem Pferde an dessen
Herrn
gedencke. Die sind wieder ingeniosae oder indiciosae, in so
ferne sie die Dichtungs- oder
Urtheilungs-Krafft angehen. Zu denen ersten
gehören die
Entia rationis, zu denen andern die Ideae abstractae. |
- Rüdiger l.c. l. 4. §. 8. p.
73.
- Müller Einl. in die
Philos. Wissensch. Th. I. Lon.
6. §. 4. p. 161. seq.
|
|
Ihrer Beschaffenheit nach sind sie entweder simplices, da wir uns
nur eine
gewisse
Sache,
als
z.E. einen
Geist,
oder compositae, da wir uns mehr als eine Sache Stückweise oder im
Gantzen
vorstellen, als wenn wir bey einem
Menschen
Leib
und
Seele,
oder bey einer Armée die unterschiedlichen
Personen
betrachten. Man hält insgemein davor, daß diese Idéen nicht könnten
difiniret werden. |
- Clericus Log. P. I. c. 2. §. 11.
- Gundling Via ad Verit. rat. 2. §. 9. p. 12.
- Gerhard Delin. Philos. rat. I. 5. §. 15. etc.
|
|
Ferner sind sie imaginatiuae da wir sie gesehen haben, und sie uns
unter einer gewissen
Gestallt
lebendig vorstellen, z.E. ein schönes
Gebäude, oder intellectiuae, in
Ansehung derer übrigen
Sinnen,
und bestehen in der blossen
Erinnerung der eingedruckten
Bewegung, die unsere
äusserliche Sinnen übersteiget, als die Gestallt einer
Sache,
die ich noch niemahls gesehen, oder der Geruch einer Blume, das Donnern eines
loßgezündeten Stücks. |
- Rüdiger l.c. l. 4. §. 9. seqq.
p. 73. seqq.
- Müller l.c. Log. 6. §. 5.
seqq. p. 162 seq.
|
|
In Ansehung der
Wahrheit, wobey sie zum
Grunde
liegen, sind sie clarae oder obscurae, distinctae oder
confusae, essentiales oder accidentales. |
Rüdiger l.c. I. 4. §. 8. |
|
Von denen un- |
|
|
{Sp.332} |
|
|
terschiedenen
Arten derer Ideen wird im nachfolgenden mit mehren zu
handeln seyn. |
|
|
Idea abstracta ist eine
Vorstellung
gewisser
Eigenschafften
an sich selbst, ohne Absicht auf etwas, so dergleichen an sich hat. So ist z.E.
die
Tugend, Tapfferkeit,
Mäßigkeit,
Weißheit und dergleichen, ein Abstractum[1], mein Brief aber heisset Idea abstracti, weil ich mir
nemlich dergleichen
Sachen
nur in denen
Gedancken
vorstellen kan. |
Müller l.c. Log. 7. §. 6. p.
178. seq. §. 7. p. 181. seq. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Apstractum |
|
|
|
Idea adaequata ist ein solcher
Begrif, da ich mir in Ansehung derer Sachen
weder mehr, noch weniger als ihnen zukömmet vorstelle. Z.E.
Gewalt
mit Gewalt vertreiben und
Krieg führen ist eine
billige Sache. Stelle ich mir
aber vor, was vor Muthwillen und
Unrecht dabey vorgeht, so ist in diesem Falle
der Krieg zwar nicht an sich selbst, doch in Ansehung der
Umstände
unbillig und
ungerecht. Und also
urtheile ich nach denen Umständen
wahrscheinlich ob der
Krieg ein
billiger und
rechtmäßiger sey oder nicht. |
|
|
Idea accidentalis ist ein
Begriff eines accidentis oder
einer zufälligen
Eigenschafft,
wenn man sich
z.E. die Länge eines Stückes, die Schönheit eines
Gebäudes, Lagers
und dergleichen vorstellet. |
|
|
Idea adoquisita ist nach derer Cartesianer
Meynung denen angebornen Ideen entgegen gesetzet,
daß wir sie vermittelst der
Empfindung
durch die
Sinnen
hätten. Es ist aber schon im vorhergehenden gezeigt worden, daß man alle Ideen
durch die
Erinnerung haben
müsse. Wessen kan ich mich aber erinnern, das ich
nicht empfunden, es geschehe solches durch die äusserlichen oder innerlichen
Sinne? Wie denn auch Cartesius, da er die innerlichen Sinnen hierbey
ausschliesset, einen grossen Fehler begehet. |
|
|
Idea concreti ist die
Vorstellung einer
Sache,
wobey wir
gewisse
Eigenschafften
in Betrachtung ziehen, Zum Exempel, wir stellen uns einen Klugen, Tapfern,
Weisen vor. Die Klugheit, Tapfferkeit,
Weißheit ist das Abstractum. Die
Person, so
dergleichen besitzet, das Concretum. unser
Begriff davon die Idea
Concreti. |
|
|
Idea distincta ist, wenn man sich eine
Sache
nach allen ihren
Theilen, wie sie auf einander folgen, vorstellet und den
Unterscheid zwischen denenselben deutlich bemercket. Z.E. einen General
stelle ich mir vor als einen Soldaten, und betrachte seine Tapfferkeit. Ich
stelle mir seine Anordnungen und Unternehmungen vor, und habe einen
Begriff von
desselben Klugheit,
Ansehen
und
Erfahrung.
Endlich falle ich auf desselben Ausführungen, ob sie
glücklich oder
unglücklich
zu seyn pflegen, und bemercke die dabey vorfallende
Umstände und
Ursachen. |
|
|
Idea clara
gründet sich
vornemlich auf die äusserlichen
Sinne,
dadurch sie dem
Verstande
bekannt wird. Habe ich also jemahls von Stücken gehöret und dieselben gesehen,
so habe ich einen klaren
Begriff davon, den ich nicht haben würde, wo ich sie
nicht gesehen hätte. Es kan aber auch eine Idée klar seyn, die ich abstrahire,
also
schliesse ich
billig, es
muß ein
GOTT seyn, weil dasjenige, was man in der
Welt
antrifft, durch die richtigste Folge auseinander geflossen, und das
vorhergehende mit dem zukünfftigen in der genauesten
Übereinstimmung stehet. |
Müller l.c. Th. I. Log. 10.
§. 26. p. 310. |
|
Wolff Ged. von GOtt, der Welt und der Seele 2. §. 189. 206.
3. §. 215.
theilet die klaren Ideen wieder in deutliche und
undeutliche, die deutlichen, in ausführliche oder unausführliche, die
ausführlichen, in vollständige oder unvollständige ein, und
meynet, wenn wir |
|
|
{Sp. 333|S. 184} |
|
|
wüsten, was wir gedächten, und unsere Gedancken
unterscheiden könnten, so wäre der
Begriff klar, könnten wir aber auch andern
den
Unterschied
dessen, was wir gedächten, beystimmen, so wäre es auch deutlich.
Z.E. Hat man einmahl ein Stück gesehen, und dasselbe recht betrachtet, so hat
man eine klare Idée; wenn ich es aber einem andern, der dergleichen
niemahls gesehen, beschriebe, daß er es mit etwas andern nicht vermenge, so wäre
es eine deutliche Idée; Cart. Princip. Philos. P. 1. §. 45. beschreibet
die klare Idée auf eben diese Weise. |
|
|
Rüdiger
Philos. Pragmat. Sect. 1. P. 1.
Art. 1. c. 7. §. 80.
erinnert, daß dieser
Begriff zwar in der
Mathesi nicht aber in der
Philosophie gelte. Der P. Buffier Princip. de
Raison pag. 428. meynet hingegen, daß man den
Grund
einer klaren und deutlichen Idée suchen müsse, wie sich die
Sache
in denen wesentlichen, oder ausserordentlichen
Eigenschafften,
an sich, oder gegen andere
Dinge
verhalte. |
|
|
Idea obscura ist, wenn ein
Begriff nicht zureichet eine
Sache
nach ihrer Beschaffenheit zu
erkennen, und von andern zu unterscheiden. Es kann
aber auch eine zuvor gar deutlich gewesene Idée durch die Länge der
Zeit dunckel werden. |
Rüdiger de Sensu veri et falsi I. 6. |
|
Wolff l.c. macht hier gleichfalls wieder einen
Unterschied unter dunckel und undeutlich. Also kann ich zwar einen
Begriff von
einer
gewissen Farbe haben, doch aber dieselbige einem andern nicht beschreiben,
als, roth, etc. Da kann ich wohl
sagen, daß eine helle ins Gesichte fallende
Farbe, nicht schwartz, nicht weiß, nicht grün oder blau sey. In solchem Falle
ist meine Idée undeutlich, des andern seine aber dunckel. In Ansehung
meiner ist der Begriff undeutlich, in Ansehung des andern dunckel. |
|
|
Idea confusa ist diejenige, wenn ich einem andern zwar einigen
Unterscheid
sagen
kann, doch nicht so, daß er sie recht begreiffe. Denn also ist sie in Ansehung
meiner undeutlich, in Ansehung des andern aber verwirrt.
Zum Exempel: Ich
beschreibe einem gleichfalls eine gewisse Farbe, als nemlich, braun. Da sage
ich, daß es ein Mittel zwischen schwartz und roth sey. In Ansehung meiner ist
dieser
Begriff undeutlich, in Ansehung der andern verwirrt. |
|
|
Idea falsa ist ein Begriff, da ich mir die
Sache
gantz anders
vorstelle als sie ist. Wenn ich, zum Exempel, von Bergen höre, und
stelle mir diejenigen vor, als ob sie
nothwendig dermaßen hoch seyn
müsten, daß
sie an die Wolcken reichten, wenn ich aber hinkomme, und sehe nunmehro, daß mein
Begriff gar nicht damit überein kömmt, so ist meine vorgefaßte
Meynung
irrig. Da ich sie aber nun
würcklich sehe, so wird
mein Begriff, wenn ich künfftig daran gedencke,
wahr, oder Idea vera.
Doch findet dieses sonderlich in
moralischen Sachen statt; als wenn ich
mir eine mir bevorstehende Gefahr grösser oder kleiner einbilde, als sie ist,
ehe sie mich würcklich betrifft. Gerathe ich aber in dieselbe, und ziehe meine
Vernunfft dabey zu rathe, daß mich weder auf einer Seite die
Furcht, noch auf der andern die Verwegenheit von dem rechten Wege ableite, so
bekomme ich nunmehr Ideam veram. |
|
|
Nebst einigen andern suchet zwar Lockius de intellectu hum. II. 32.
zu behaupten, daß man
Wahrheit und
Falschheit von blossen
Begriffen nicht
sagen
könne. Aber |
|
|
- Thomasius intr. ad Philos. aul. 5. §. 9.
-
Buddeus Elem.
Philosoph. instrum. 1. §. 7.
-
Titius Arte cogit.
5. §. 22.
- nebst unterschiedlichen andern,
|
|
|
streiten vor das Gegentheil. Hingegen Gerhard
Delin. Philos. |
|
|
{Sp. 334} |
|
|
ration I. §. 3.
meynet, beyde
Meynungen könnten beysammen stehen, wenn man nur einen
Unterschied unter der Wahrheit des
Gemüths und einer
Proposition machen
wolte. |
|
|
Idea essentialis ist der
Begriff dererjenigen
Eigenschafften,
die das
Wesen
einer
Sache
ausmachen und wodurch sie von andern
unterschieden werden. Man
nennet sie daher
Ideas abstractas, weil man sie nicht anders, als durch die
Gedancken
und das Nachsinnen auseinander setzen kan, als das Wesen und den Unterschied
einer Pflantze oder Thieres von dem andern. |
Rüdiger de Sensu veri et falsi I. 7. |
|
Idea inadaéquata ist ein
Begriff, da ich mir eine
Sache
nicht in gehöriger Maße
vorstelle; als wenn ich einen Soldaten in denen
Gedancken
habe, und mir die liederlichste Creatur unter der Sonnen dabey vorstelle, da
doch dieser viel mehr, wo er anders seiner
Pflicht gemäß
lebet, eine
Person
ist, die ihre Gesundheit und
Leben vor den
Glauben, die
Freyheit
des
Volcks,
und die Ehre des
Landes-Herrn aufs Spiel setzet. |
|
|
Idea innata wird derjenige
Begriff
genennet, den man ohne sinnliche
Rührung haben soll. Dieser
Meynung von denen angebornen Idéen haben sich viele
widersetzt, weil alle unsere
Vorstellungen durch die
Erinnerung geschähen, diese
aber aus der Erfindung herstammete. |
- Gassendus Disquisit. metaphys. p. 155.
- Huetius
Censura Philosoph. Cartes. 3. §. 9.
- Lockius de Intellectu hum. I.
2. 3.
- Clericus Pneumatol. Sect. I. c. 5. §. 16.
-
Rüdiger
Diss. quod omnes ideae oriantur a sensione.
Leipzig 1704.
- Mutzel Tr. de Rationis Natura, Incremento, cet.
|
|
Einige geben zwar eine eingepflantzte
Erkänntniß
gewisser
Grund-Sätze zu. Sie
läugnen aber, daß sie
würcklich zugegen, und
wollen, daß sie nur,
vermöge der
Vernunfft, können erwecket werden, daß man also
wisse, was
recht oder unrecht, gottloß oder
tugendhafft sey, und demselben Beyfall gebe. |
Buddeus Institut. Theol. moral. P. II. c. 2. §. 5. |
|
Man siehet also, daß es eintzig und allein auf die
Erklärungen der
unterschiedlichen
Meynungen ankomme, und daß man in Ansehung dererselben die
Ideas innatas läugnen oder vor
wahr halten kan. |
|
|
Idea universalis ist, da ich mir etwas, in so ferne dasselbe allen
und jeden von einer gewissen
Art
zukömmet, vorstelle, als
zum Exempel, die
Vernunfft, so allen
Menschen
zukömmet. |
|
|
Idea particularis ist ein
Begriff, der nur einigen ins besondere
wegen einer
Sache
zukommt, welche nicht
wesentlich ist, als wenn ich mir die Gelehrten vorstelle. |
|
|
Idea singularis oder inidiuidualis ist ein
Begriff, so nur
einem Indiuiduo vorkommt, z.E. er wäre der eintzige unter allen
Menschen
der an der Stirne ein Horn hätte. |
|
|
Idea pura wird genannt, wenn ich mir eine
Sache
ohne alle
Materie und sinnliche Bilder vorstelle, als
GOTT, einen
Geist, und dergleichen. Die Cartesianer
theilen
insonderheit die
Kräffte der
Seelen in reine und unreine, in so ferne sie
ausser oder mit dem
Cörper
würckten. Sie halten auch die reinen
Idéen vor weit deutlicher als die unreinen. |
- Malebranche de la Recherche de la Verite Tom. 1. I.
3. p. 290.
-
Auctor Artis cogit. I. 1.
- Poiret de Deo, Anim.
et Malo I. 1.
-
Titius arte cogit. 2. §. 9.
|
|
Das Gegentheil behauptet
Buddeus Philosoph. instrum. P. 1. c.
1. §. 46.
Thomasius introduct. in Philos. aul. 3. §. 34. und Einleit.
zur Vernunfft-Lehre 3. §. 24. aber hält eine Idee ohne sinnliche
Bildung vor
unmöglich. |
|
|
Idea impura ist also die
Vorstellung
einer Sache unter einem
gewissen |
|
|
{Sp. 335|S. 185} |
|
|
Bilde, wie bey
Sachen
geschiehet, die in die Augen fallen. |
|
|
Idea realis ist, da ich mir eine
würcklich vorhandene
Sache
vorstelle, als ein Thier, einen Baum, oder eine Pflantze. |
|
|
Idea rationalis wird die
genennet, wenn ich bey Vorstellung einer
Sache
auf eine andere falle, in so ferne sie mit einander eine Verwandtschafft haben,
als: Wenn ich eine gewisse
Person
sehe, und dencke dabey an deren
Vater. Es wird aber diese Idée
gemeiniglich zu denen Ideis modorum gezogen, ob sie wohl einige
denenselben und denen Idaeis substantiae entgegen setzen. |
|
|
Idea modorum stellet mir die
Eigenschafften
einer
Sache
vor, sie seyn nun derselben
wesentl. oder nicht, als: Wenn ich an einen
Menschen
gedencke, so fället mir nicht allein die
Vernunfft, sondern auch desselben
Geschicklichkeit oder
Ungeschicklichkeit ein. Es entstehen also wieder zwey
Arten derer Idéen,
wenn ich die Modos in Absolutos und Relativos
abtheile. |
|
|
Idea substantiae wird zwar vor sehr dunckel ausgegeben, aber es
kommet darauf an, ob man sie in abstracto oder concreto
betrachtet. Im ersten Falle ist es eine innerliche
Ursache
derer an einer
Sache
befindlichen
Eigenschafften,
welche machet, daß sie bestehen können.
Fraget man im andern: Was bey diesem
oder jenem
Wesen
die
Substantz sey? so ist es freylich dunckel. |
|
|
Idearum adsociatio endlich ist die Verwandniß derer Idéen
untereinander, da eine zu vielen andern Anlaß geben kan. |
- Lockius de Intellectu human. II. 33.
-
Buddeus Institut. Theol. moralis P. I. c. 1. Sect. 5.
§. 9.
- Wucherer
Dissert. de Idearum connexione eiusdemque
Effect.
Jena 1709.
- Brucker Histor. Philosoph. de Ideis. Augspurg
1723. in
8vo.
-
Rüdiger de Sensu veri et falsi I. 4. seqq.
- Müller Log. 6. seqq.
|
|
|
|