Titel: |
Falschheit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
9 Sp. 188 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 9 S. 109 |
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Falsches |
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Falsen |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Bibel
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Text |
Quellenangaben |
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Falschheit, ist dasjenige
Laster, da man
anders mit dem Munde
redet, als man es im
Hertzen
meynet, und die
That es hernach
ausweiset. |
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Solche Falschheit ist sehr gemein. |
Syr. 37, 3. |
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Sie ereignet sich
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Prou. 26, 24. |
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- an Geberden, wie zu sehen an Absalon,
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2. Sam. 15, 1-6. |
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1. Sam. 18, 21. |
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2. Sam. 11, 8. seq. |
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bezeugen. |
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Dieses Laster aber ist
schändlich, denn
GOtt
und Menschen sind ihm feind, |
Prou. 6, 17. c. 22.
5. |
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und
schädlich. |
Prou. 6, 12-15. c. 10, 31 c.
17, 20. |
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Man lässet aber die Falschheit blicken an
einem
Theil in der
Rede, wenn man anders
redet,
als man es meynet, um dadurch dem Nächsten zu
schaden, oder ihn zum wenigsten nicht
beförderlich zu seyn; am andern Theil in der That
selbst, durch das unvernünfftige stellen und
verstellen, da man sich von aussen anstellet, als
suchte man jemandes Besten, im
Gemüth aber
gantz anders gesinnet ist, und daher entweder
alles unterläst, was zu seinem
Nutzen
dienet, oder
wohl gar etwas zu seinem
Schaden vornimmt,
welches denn eine grobe Falschheit ist. |
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Zuweilen befindet sich bey der Falschheit ein
guter
Verstand, indem dieselbe durch eine
Lebhafftigkeit des
Ingenii und Scharffsinnigkeit
des
Judicii entweder zugleich, oder von einem
dieser beyden unterstützet wird; zuweilen aber ist
die Dummheit mit der Falschheit
verknüpffet. |
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Gracian Orac. Max. 29. setzet einer
unverrückten Redlichkeit, oder Aufrichtigkeit und
Tugend dreyerley
Conduite entgegen. |
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Die erste
Classe begreifft diejenigen unter
sich, die zwar von Redlichkeit und
Tugend viel
Rühmens und Aufhebens machen, und schöne
Sprüche und Lehr-Sätze davon herzusagen
wissen, aber selbst in der
Wahrheit keinen
Geschmack daran finden. |
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Die von der andern Classe sind diejenigen,
die sich an denen blossen so genannten Schein-Tugenden begnügen, das ist, die zwar redlich sind
in
Dingen, so ihrer herrschenden
Paßion gemäß,
oder doch indifferent sind, wo aber ihre
Wollust,
Ehr-Begierde, oder
Geldgeitz darüber Tort leiden
sollte, auf die Hinter-Beine treten. |
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In die dritte Classe rechnet Gracian die, welche so gar
ihre Untugenden und
böse
Adfecten
vor pure Redlichkeit und
Tugend
verkauffen
wollen, das ist, arglistige Leute mit
fertigem
Ingenio, welches sie niemahls ohne
Entschuldigung läst, und ihnen eine Menge von
Erfindungen an die Hand giebt, auch denen
vernünfftigen
Thaten ein Färbgen anzustreichen,
wie etwa ein Sophist aus dem
Schatz seiner
Metaphysic eine Menge von
Distinctionen und
Limitationen hervor zu langen
weiß, wieder
einander lauffende Dinge zum Schein
vereinigen. |
-
Müllers Anm. über
Gracians c.l. …
- Esprit. de la fausseté des vert.
humain. …
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Die
Klugheit in Ansehung solcher Leute
erfordert erstlich, daß man solche kennen lerne,
einmahl nach einer allgemeinen
Erkenntniß in
Anse- |
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{Sp. 189|S. 110} |
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hung des
Verstandes, daß man wisse, ob sie
ingenieus, oder judicieus, oder beydes zugleich
sind; und in Ansehung des
Willens, welches ihre
Haupt-Paßion unter der Wollust, Ehrgeitz und
Geldgeitz, und folglich der Mittel-Punct aller
Verrichtungen und Unternehmungen seyn? dann
nach einer besondern Erkenntniß in Ansehung
ihrer Falschheit, da man aufmercksam seyn
muß,
und alle
Reden und Verrichtungen solcher Leute
genau bemercken; Vermöge der Scharffsinnigkeit
aber die Scheinredlichkeit, die sich auf die
Adfecten
gründet, von der
wahren Redlichkeit als
einer
Tugend,
unterscheidet. |
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Am besten kan man solche Leute in
dergleichen Verrichtungen prüfen, davon sie
keinen ihren Passionen gemässen Erfolg zu
gewarten haben. Bey einem
Geitzigen wird sichs
gar balde verrathen, wie weit seiner Aufrichtigkeit
zu trauen. Man spreche ihn nur in Bedürfniß um
was an, da er zu besorgen hat, daß er vielleicht
drum kommen wird. |
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Zum andern so erfordern die
Regeln der
Klugheit mit so einem
falschen
Menschen so
umzugehen, daß er uns nicht schaden könne.
Sind es Leute, deren Umgang wir entbehren und
uns entschlagen können, so entzühe man sich
dererselben; ist aber kein
Rath, und wir müssen
mit ihnen zu
thun haben, so vertraue man sich
ihrer nur nicht, oder, wenn sie zumahl geringer als
wir, weise man ihnen, daß man ihre Falschheit
mercke, weil sonst dergleichen Leute nur desto
mehr uns Tort thun würden, indem sie
glauben,
daß wir ihre Falschheit nicht merckten. |
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Und soviel von dem falschen und
moralischem
Verstande, von der
Logicalischen
Falschheit siehe
Unwahrheit. |
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