Titel: |
Schande |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
34 Sp. 857 |
Jahr: |
1742 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
34 S. 442 |
Vorheriger Artikel: |
Schandbare Worte |
Folgender Artikel: |
Schande, heissen die Hallorum |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Schande,
Turpitudo, ist ein solches
Urtheil
anderer Leute von eines
Menschen
Fehlern, wodurch man ihn geringe achtet. |
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Man pflegt dieses
Wort auf vielerley Art zu
nehmen, weswegen man nicht so genau
determiniren kan, was vor Fehler einem zur
Schande ausgelegt werden, und wie weit sich die
Geringschätzung erstrecke. |
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Es entstehet eine Schande nicht nur bey
Handlungen, die wider die
Regeln des
Gesetzes
sind; sondern auch bey denen, die dem Wohlstand
zuwider sind. Sie stehet der
Ehre entgegen, und hat
ihre
gewisse Grade, die aber nicht allezeit von der
Beschaffenheit der Fehler
dependiren. Denn da sie
ein Urtheil anderer Leute ist, so richtet man nicht
allezeit die Urtheile nach der
Sache selbst ein. |
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Wenn
Wolff in den Gedancken von der
Menschen Thun und Lassen §. 613. die Schande
ein Urtheil anderer von unserer
Unvollkommenheit
nennet, so ist ihre
Natur, wie Herr
Walch im
Philosophischen Lexico
schreibet, nicht eigentlich
ausgedruckt. Man kan von eines andern
Unvollkommenheit urtheilen, ohne daß es ihm zur
Schande gereichet. Nicht ein iedes Urtheil, noch
eine iede Unvollkommenheit machet ein Schande,
sondern nur diejenigen Unvollkommenheiten, die
sich würcklich an uns befinden, und wir uns durch
eigene
Schuld zugezogen haben, können vor eine
wahre Schande gehalten werden; hingegen wenn
wir nicht Schuld daran haben, sondern es hat nur in
unserer
Gewalt gestanden, sie zu vermeiden, oder
die entgegen gesetzte
Vollkommenheit zu
erreichen, so hat es nur den Schein der Schande,
und wenn man einen deswegen beschimpffen
will,
so hat es nicht
verdienet. |
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Wenn Esa. 51,5.
gesaget wird: Die Schande
deiner
Jungfrauschafft wirst du vergessen; so
heisset es so viel: Du Christliche Kirche wirst
Kinder
genugsam bekommen, und also der Schmach und
Schande entgehen, die Jungfrauen oder
Wittwen
haben, so nicht Kinder bekommen können. |
Osianders Bib. |
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Du Christliche Kirche,
fürchte dich nicht, daß du
etwan mit solcher Schande der Unfruchtbarkeit
möchtest beleget werden: denn ob es wol zuerst
das Ansehen haben wird, als ob du unfruchtbar
wärest; so wirds doch bald eine Änderung mit dir
geben, daß du eine grosse Menge Kinder
bekommen wirst. |
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Wiederum stehet von unserm Heylande, Ebr.
12, 2. Er achtete der Schande nicht. Was Paulus
hier durch die Schande
verstehe,
erkläret er gleich
in folgendem, da er saget: Gedencket an den, der
ein solch Widersprechen von den Sündern wider
sich erdultet hat. Daraus erhellet, daß er hier durch
die Schande verstehe alle Lügen, Lästerung,
Verläumdung seiner Feinde, der
Jüden und
Heyden, da sie ihn als einen Verführer, Ubertreter
des Gesetzes, Zöllner und Sünder-Gesellen,
Fresser, Wein-Säuffer, für einen solchen, der den
Teufel habe, ausgeruffen, und ihn dadurch in
Schande und Spott vor den Leuten zu bringen
suchten, wie um solcher
Ursachen auch Simeon
von ihm geweissaget, Luc. 2, 34. Das war nun
sonderlich ein grosses Leiden. Dennoch hat er,
nach des Apostels Ausspruch, auch diß schwere
Creutz gelidten und erdultet. |
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