Titel: |
Entschuldigung |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
8 Sp. 1299 |
Jahr: |
1734 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 8 S. 683 |
Vorheriger Artikel: |
Entschuldigten sich alle nach einander |
Folgender Artikel: |
Entsee |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
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Entschuldigung. |
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Es wird dieses
Wort in einer
doppelten Absicht
gebraucht. Einmahl wenn
etwas bereits geschehen, und hernach, wenn noch etwas
soll vorgenommen werden,
da man denn in beyden Fällen seine
Ehre zu retten, und
sich ausser der
Schuld zu setzen suchet.
Die Entschuldigung ist also nichts anders als eine
Vorstellung
derjenigen
Ursachen, warum man keinem die Schuld eines Versehens bey einer
Sache nicht
beymessen kan. |
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Es wird aber das Wort Schuld in einem weiten
Verstande genommen. Denn man entschuldiget sich nicht nur wegen
derjenigen
Verrichtung, die
unter die
Gerechtigkeit im
einigen Verstande gehöret, sondern auch bey denenjenigen Sachen, welche die
Wohlanständigkeit betreffen. |
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Die Entschuldigung ist entweder eine innerliche, die in Ansehung unsers
eigenen
Gewissens geschiehet;
oder eine äusserliche, die man gegen andre mit Worten
thut. Beyde
können so wohl
gegründet als
ungegründet seyn. Die gegründete Entschuldigung des Gewissens ist diejenige
Würckung des
Verstandes, da man durch genaue Überlegung derer Ursachen, welche man bey einer
That gehabt hat,
überzeuget wird, daß man einem keine Schuld beyzumessen habe, und daß dasjenige, was
man gethan habe,
recht, und was man
unterlassen,
unrecht sey. |
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Diese Entschuldigung des Gewissens beunruhiget
ehrliche Leute,
wenn sie mit
falschen Beschuldigungen
und Verläumdungen beleget werden. Sind sie nicht im
Stande ihre
Unschuld äusserlich
darzuthun, so verlassen
sie sich auf ihr gutes Gewissen, welches sie ruhig macht. Viele entschuldigen sich
zwar auch innerlich, allein es sind solches nur falsche Vorstellungen von ihren
bösen Thaten,
welche sie entweder vor keine
Sünde achten, oder sich
die Schuld dererselben nicht zu schreiben. |
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Das Gewissen ist hierbey
irrig, welches sich
entweder die
Gründe derer
menschlichen
Handlungen oder die
Verrichtungen selbst unrichtig
vorstellet.
Paulus
redet Rom. 2, 15.
von dieser innerlichen Beschuldigung wenn er von denen
Heyden sagt, daß ihre
Gedancken sich
untereinander entweder verklagten oder entschuldigten. |
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Die äusserliche Entschuldigung ist gegründet, wenn die angeführten Urschen, die
man vorgiebt, sich nicht nur so verhalten, sondern auch hinlänglich sind uns von der
Schuld zu befreyen. Woraus man denn hingegen Theils, was die ungegründete
Entschuldigung sey,
schlüssen
kan. |
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Letzlich kan man noch das formale und materiale, zumahl bey der äusserlichen
Entschuldigung betrachten. Dieses sind die Ursachen selbst, die man anführet. Sie
kommen überhaupt darauf an, daß man von einer geschehenen Sache gar nicht die Ursache
sey, oder daß man dasjenige, was man gethan, nicht aus
freyem
Willen gethan habe. |
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Bey demjenigen, was noch geschehen soll, erweiset man, daß man nicht im Stande
sey dasjenige zu thun, indem es entweder an
Vermögen, oder an der
Gelegenheit, oder an
beyden zugleich fehle. |
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Das formale begreifft die Art und Weise wie die Entschuldigung eingerichtet. Sie
muß sonderlich in Sachen, des Wohlstandes und der Gefälligkeit auf eine
gesellige u.
verträgliche Art geschehen, welches man denn nachgehends eine
höfliche Entschuldigung
zu
nennen pfleget. |
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