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Zedler: Würckung HIS-Data
5028-59-836-2
Titel: Würckung
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 59 Sp. 836
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 59 S. 431
Vorheriger Artikel: Würckstuhl
Folgender Artikel: Würckung [Operation]
Siehe auch:
Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text   Quellenangaben
  Würckung, Wirckung, Lat. Effectus, wird dasjenige genennet, was durch das Thun seine Würcklichkeit erreichet.  
  Hingegen dasjenige Ding welches durch sein Thun dem Möglichen zur Würcklichkeit verhilft, das ist, etwas hervorbringt, wird eine würckende Ursache genennet. Z.E. Wenn die Sonne das Wachs schmeltzet: So geschiehet solches durch die fortgesetzte Erwärmung. Und also ist die Erwärmung der Sonne ihr Thun, daß Schmeltzen die Würckung, und sie selbst ist die würckende Ursache, da durch sie solches verrichtet.  
  Aus der würckenden Krafft erfolgt die Würckung, so bald nur die Hindernisse gehoben werden. Aus der blossen Macht zu würcken hingegen erfolgt noch nichts, weil selbige noch nicht sattsam bestimmet ist. Da es aber bey der würckenden Krafft nicht auf die Grösse des würckenden Dinges ankommt: so erhellet hieraus, daß eine Krafft keine eigentlichen Theile sondern nur gewisse Grade ihrer Hefftigkeit und Stärcke haben kan. Z.E. Ein Bogen, der mehr oder weniger gespannt worden, hat auch mehr oder weniger Grade der Krafft dadurch erlanget. Allein er hat darum weder mehr noch weniger Theile bekommen, weil er überall gleich groß geblieben ist.  
  Andere Weltweisen haben durch Würckung, die Beziehung eines Dinges auf dasjenige, davon es seinen Ursprung hat, verstanden. Es muß demnach eine jede Würckung oder Werck an ihrer Ursache hängen, und derselben nachgesetzet seyn, wo nicht allezeit in Ansehung der Zeit, dennoch in Ansehung ihrer Natur und Eigenschafft. Daher denn offenbar ist, daß kein Ding eine Ursache sein selbst seyn, oder ihm selbst den Ursprung geben, kan, noch, daß zwey Dinge eines des andern Ursache seyn, und einander den Ursprung geben können, weil es wider einander streitet, daß ein Ding eher sey, als es ist, oder zugleich vor und nach ihm selbst sey, und daß ein Ding, welches schon sein Wesen hat, dasselbe von einem andern erst empfange.  
  Man hat auch folgende Erklärung von der Würckung gegeben, welche mit unserer obigen übereinkömmt; sie sey nemlich: Die Anwendung einer Krafft etwas würcklich zu machen. Demnach wird eine Würckung aus hinreichenden Kräfften möglich genennet, aus nicht hinreichenden Kräfften unmöglich, aus kaum hinreichenden schwehr, und aus mehr als hinreichenden leicht. Der bekannte Benedict von Spinoza behauptet in seiner Sitten-Lehre, p. 6 u.f. daß aus einer gegebenen bestimmten Ursache die Würckung nothwendig erfolge. Und auch umgekehrt; wenn keine bestimmte  
  {Sp. 837|S. 432}  
  Ursache vorhanden wäre, so sey es unmöglich, daß die Würckung erfolgen solte. Die Erkenntniß der Würckung beruhe auf der Erkenntniß der Ursache und schliesse dieselbe in sich. Ferner lehret er p. 78. diejenige Würckung sey die allervollkommenste, welche von GOtt unmittelbar hervorgebracht wird: je mehrere mitlere Ursachen aber etwas bedürffe, wenn es hervorgebracht werden solte, desto unvollkommener wäre dasselbe.  
  Wir solten hier nun mehro von den verschiedenen Würckungen der Geister und Cörper handeln. Allein wie vielerley diese Würckungen der Geister und Cörper sind, kan man aus ihren Kräfften abnehmen; daher wir uns hierbey nicht aufhalten dürffen. Man sehe den Artickel: Krafft, im XV Bande, p. 1662 u.ff.  
  Wir werden aber hier etwas von den Würckungen und Ursachen gedencken müssen, welche in der Welt eine Art des Zusammenhanges ausmachen. In der Welt verhält sich alles wie Würckungen und Ursachen. Denn die Mittel, wenn sie würcken, und etwas hervorbringen, werden zu Ursachen, und die Endzwecke, so dadurch erfüllet werden, heissen alsdenn Würckungen. Der Zusammenhang der Veränderungen und Würckungen in der Welt ist so beschaffen, daß eine wieder eine andere, diese aber eine dritte nach sich zu ziehen vermögend ist. Denn eine Veränderung und Würckung bringet einen Effect zu wege; Dieser aber kan wiederum vermöge seines Endzweckes, oder eines natürlichen Zusammenhanges eine Ursache von einem andern werden.  
  Allein man muß auch dieses wiederum unterscheiden nach den Cörpern und Geistern in der Welt, davon jene die natürliche, diese aber die moralische Welt pflegt genennet zu werden. In jener ist die Folge und der Zusammenhang der Veränderungen nothwendig, und die gegenwärtigen gründen sich in den vorhergehenden, gleichwie in den gegenwärtigen die zukünfftigen. Dieses kan aber nicht auf gleiche Weise von den Veränderungen der Geister, und von allen Begebenheiten, die von ihnen entstehen, gesagt werden. Denn obgleich vor ihren Würckungen allezeit etwas vorhergehet, nemlich ein äusserlicher Bewegungsgrund und Gelegenheit: so dependiret doch davon ein Geist eigentlich nicht, und seine Verrichtungen sind keinesweges in Dingen ausser ihm; sondern in ihm selbst und seinen Kräfften gegründet.  
  Durch Würckungen werden die Endzwecke erhalten, und zwar in der Welt vornemlich von vernünfftigen Creaturen. Sie müssen aber dieselben selbst regieren als worzu sie Verstand und Willen nebst Freyheit von GOtt bekommen haben. Es müssen aber ebenfalls die unvernünfftigen und leblosen Dinge würcken, weil sie gleichfalls zu gewissen Nutzen in der Welt dienen sollen. Solches geschiehet auf doppelte Weise. Die Kräffte dieser Dinge können nicht anders würcken, als so fern solche in ihrer Verbindung und Zusammensetzung sich gründen. Daraus entstehet also auch, daß sie Ursachen, etwas hervorzubringen, abgeben können. Den Zusammenhang und Verbindung natürlicher Dinge unter einander, vermöge welcher sie als Ursachen würcken, nennet man die Gesetze der Natur. Weil  
  {S. 838}  
  nun die natürlichen Geschöpffe denen Vernünfftigen hauptsächlich zum Vortheil dienen sollen, hierzu aber gehöret, daß diese sich zu solcher Absicht derselben bedienen mögen: so sehen wir, wie sie auch durch die Regierung vernünfftiger Geschöpffe ihre Würckungen zu vollbringen pflegen. Es ist aber hierbey dieses zu bemercken, daß sie durch ihre Würckungen und Bewegungen Veränderungen leiden, und desfalls der Destruction unterworffen sind.  
  Dieses ist alles, was wir überhaupt von denen Würckungen zu sagen, für nöthig befunden haben. Alles das übrige, welches hieher könnte gerechnet werden, muß man unter den besondern Artickeln nachschlagen, als  
 
  • Natürliche Würckung oder Vermögen im XXIII Bande, p. 1032 u.f.
  • Naturlauf ebendas. p. 1145 u.f.
  • Natur-Lehre in eben diesem Bande, p. 1147 u.ff.
 
  In gleichen ist hier zu bemercken, daß der Freyherr von Wolf ein besonders Buch von den Würckungen der Natur ans Licht gestellet hat, welches hierbey mit grossem Nutzen kan gebraucht werden.  
 
  • Von den Würckungen der Einbildungs-Krafft kan man den Artickel: Einbildungs-Krafft im VIII Bande, p. 533 u.ff.
  • von den Würckungen der Seele, den Artickel: Seele im XXXVI Bande, p. 1051 u.ff. besonders 1061 u.ff.
  • von den Würckungen der Sonne, den Artickel: Sonne, im XXXVIII Bande, p. 742 besonders 745 u.ff.
  • von den Würckungen der Teuffel den Artickel: Teuffel, im XLII Bande, p. 1543. besonders p. 1581 u.ff.
 
  nachschlagen.  
  Was von den verschiedenen Würckungen in der Gottesgelahrheit vorkömmt, kan ebenfalls hier nicht abgehandelt werden, weil es mit bessern Grunde unter den besondern Artickeln ist ausgeführet worden. Also sehe man  
 
  • von den Würckungen des Glaubens den Artickel: Glaube, im X Bande, p. 1606 u.f.
  • Von den Würckungen der Liebe Gottes den Artickel: Liebe, im XVII Bande, p. 950 u.ff.
  • Von den Würckungen Gottes in den Seelen den Artickel: Seele, im XXXVI Bande, p. 1051 u.ff. besonders 1142 u.f.
  • von den Würckungen der Tauffe und Kinder-Tauffe die Artickel: Tauffe, im XLII Bande, p. 244 u.ff. und p. 324 u.ff.
  • Wolfens vernünfftige Gedancken von GOtt der Welt und der Seele des Menschen p. 62. §. 120.
  • Gottscheds Gründe der Weltweisheit p. 161 u.f.
  • Spinozä Sitten-Lehre p. 6. u. 74.
  • Zimmermanns natürliche Erkenntniß GOttes, p. 49 u. 317.
  In denen Rechten heisset Würckung nichts anders als eine richtige und nothwendige Folge einer vorhergehenden Handlung als ihrer eigentlichen und wahrhafftigen Ursache. Also sind z.E.  
 
  • die eingewandte Appellation oder Leuterung wider ein ausgesprochenes Urtheil,
  • die Verkümmerung oder Anlegung des Arrests,
  • die wohlbedächtig geschehene Verzicht oder Begebung derer einem sonst zuständigen rechtlichen Behelffe und Wohltaten,
  • die einer verbindlichen Handlung beygefügten besondern Clausuln und Bedingungen,
  • u.s.w.
 
  die eigentlichen und wahrhafftigen Ursachen derer darauf erfolgenden rechtlichen Würckungen, daß z.E.  
 
  • ein Urtheil, wider wel-

    {Sp. 839|S. 433}

    ches appelliret oder appelliret worden, nicht rechtskräfftig werden mag,
  • daß die verkümmerten oder verarrestirten Sachen nicht veräussert oder an einen andern Ort geschaffet werden können,
  • daß einer, den sonst diese oder jene behelffliche Ausrede oder Rechts-Wohltat gar wohl zu statten kommen mögen, welcher und so bald er sich derselben begeben, solchem nicht weiter vor sich anführen kan,
  • daß die einen Contracte oder verbindlichen Handel beygefügten Bedingungen den andern, gegen den er sich auf solche Art verpflichtet hat, ein Recht geben, ihn auch zu deren Erfüllung, wenn er sich in Güte nicht dazu verstehen will, durch den Weg Rechtens und richterliche Hülffe anhalten zu lassen;
 
  und so auch in unzähligen andern Fällen und Angelegenheiten, wovon im gegenwärtigen Lexico am gehörigen Orte und bey deren besondern Abhandlung gnugsame Nachricht ertheilet wird.  
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries