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Zedler: Wille HIS-Data
5028-57-9-4
Titel: Wille
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 9
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 18
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Folgender Artikel: Wille, mehr Personen dieses Nahmens
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text Quellenangaben
  Wille, Lat. Voluntas, Frantz. Volonté, ist das Vermögen eines vernünfftigen Wesens, durch welches dasselbige erwählet, was von dem Verstande als gut und annehmlich, hingegen verwirfft, was von demselben als bös und verwerfflich, erkannt wird, auch in dem erlangten Guten zu acquiesciren, und desselben zu geniessen geneigt ist.  
  Wolff beschreibet in seinen Gedancken von GOtt, der Welt, und der Seele, ... den Willen also:  
  "Indem wir uns eine Sache als gut vorstellen, so wird unser Gemüthe gegen sie geneiget. Diese Neigung des Gemüthes gegen eine Sache, um des Gutem willen, das wir bey ihr wahrzunehmen vermeynen, ist es, was wir den Willen zu nennen pflegen. Z.E. Es siehet einer ein Buch im Buchladen liegen, blättert es ein wenig durch, und vermeynet Sachen darinnen zu finden, die ihm zu wissen nützlich sind, das ist, er stellet sich das Buch als gut vor. Indem dieses geschiehet, bekommet er Lust, das Buch zu kauffen. Diese Neigung, die er alsdenn gegen das Buch bekömmt, weil er es für gut hält, wird der Wille genennet. Und man saget alsdenn: Er wolle das Buch kauffen."  
  In dem II Theile ... machet er folgende Anmerckung:  
  "Der Wille wird entweder in einem weitläufftigen Verstande genommen, daß er die sinnliche Begierde zugleich mit darunter begreiffet; Oder in einem engeren, da er ihr entgegen gesetzet wird, und man ihn Appetitum rationalem, vernünfftige Begierde, nennet. In dem letzteren Falle muß die Vorstellung eine Deutlichkeit haben, da sie bey der sinnlichen gar keine hat. Wir brauchen eigentlich das Wort in einem engeren Verstande, und sprechen daher auch den unvernünfftigen Thieren einen Willen ab."  
  Die Lenckung, oder Bewegung des Willens zu etwas, wird Voluntatis determinatio genennet; Da nemlich der Wille, durch die Vorstellungen des Verstandes, oder durch Bewegungs-Gründe, etwas zu wollen, oder nicht zu wollen, bewogen wird. Es wird hievon unter dem Artickel: Willens, (Freyheit des) ausführlich gehandelt. Siehe auch Wolffs Philos. pract. univ. ...
  Die Immerfortwährung des Willens, (Voluntatis perpetuitas) hat alsdenn statt, wenn wir in allen Zufällen,  
  {Sp. 10}  
  und bey allen Handlungen, in unserm Willen verharren.  
  Hiervon ist die Beständigkeit des Willens (Voluntatis constantia) darinnen unterschieden, daß alsdenn der Wille nur in einem gewissen Zufalle, oder in einer eintzigen Handlung unveränderlich ist. Wenn wir z.E. setzen, daß wir in einer gewissen Angelegenheit dasjenige wollen, was recht und billig ist, so wird unser Wille beständig zu nennen seyn; Dieweil wir uns durch keine Bewegungs-Gründe verleiten lassen, das Gegentheil zu wollen. Hingegen wird eben derselbe Wille immerfortwährend zu nennen seyn, wenn wir in keiner Angelegenheit etwas anders wollen, als was billig ist, also, daß wir uns allezeit billig gegen andere beweisen. Wolffs Theol. Natural. ...
  Der Wille bekommt, nachdem er verschiedentlich betrachtet wird, auch unterschiedene Benennungen. So pfleget z.E. derjenige Wille, welcher beständig und immerwährend ist, ein ernstlicher Wille, (Voluntas seria) ingleichen ein fester Vorsatz, genennet zu werden. Wolffs Philos. Pract. Univ. ...
  Desgleichen heisset dasjenige ein verkehrter Wille, wenn das Gemüth und der Sinn eines Menschen, auch eines Unwiedergebohrnen eine Sache zwar gut einsiehet und verstehet, der Wille aber nachmahls, nach gethaner Vorstellung, nicht folget, und das Vorgestellte nicht zu Wercke bringet. Es geschiehet sehr offte, daß der böse Wille, mit seinen verderbten Neigungen, sich den Regeln des Gewissens schnurstracks entgegen setzet, und sich verkehrt vernehmen lässet: Ich weiß wohl, was gut ist, und halte es auch vor gut; Thue aber dennoch, was ich will, und was dem Guten entgegen streitet.  
  -   -   -   Video meliora, proboque;
Deteriora sequor.
 
  Paulus belegt dahero diese Art der bösen Lust mit dem Titel der Betrügerey, tēs apatēs, Ephes. IV, 22.
  Denn die Begierden und Neigungen des Hertzens sind von Natur blind, und wenn ein Blinder den andern führet, fallen sie beyde in die Grube, und kan nichts anders erfolgen, als daß der Mensch in schädliche Irrthümer dadurch verleitet werde. Denn ob wohl der Verstand erbärmlich verderbet und verfinstert ist: So sind dennoch, wenn man eines gegen das andere hält, die Affecten am allermeisten verunreiniget worden.
  • Robert Rolloci Comment. in Epist. ad Ephesios. ...
  • Löders Histor. Theol. Syst. Th. II ...
  Die übrigen verschiedenen Benennungen und Eintheilungen des Willens, werden sich füglicher unter den Artickeln: Wille Gottes , und Wille des Menschen, anbringen und erklären lassen.  
Recht In den Rechten hat dieses Wort, nemlich Wille, gar mancherley Bedeutungen. Denn  
 
1) verstehet man es, wie in den Schulen der Welt-Weisen, von der Krafft oder Fähigkeit der vernünfftigen Seele, dasjenige, was der Verstand oder die Urtheilungs-Krafft vor gut oder böse erkannt hat, zu wollen, oder nicht zu wollen, das ist, jenes zu verlangen und zu begehren, dieses aber zu verabscheuen und zu verwerffen.
 
 
2) Bezeichnete es eine durch lange und öfftere Übung erlangte Fähigkeit des Willens[1], oder Nicht-
[1] HIS-Data: wohl zu lesen: Wollens
  {Sp. 11|S. 19}  
 
  Wollens;
 
 
3) Nimmt man es vor die würckliche That des Wollens, nicht zwar in so fern es eine blosse Krafft und Fähigkeit der vernünfftigen Seelen, sondern eine von derselben entspringende thätige Würckung ist.
 
 
4) Wird auch öffters der Gegenstand des Willens, das ist, die Sache, die man will, oder worauf der Wille des Menschen eigentlich gerichtet ist, unter dem Worte Wille oder Wollen begriffen.
 
 
5) Bezeichnet dieses Wort nur eine sinnliche Neigung, und
 
 
6) den natürlichen Appetit oder Trieb, nach etwas zu trachten, und sich darum zu bemühen, oder nicht, welches letztere die Menschen auch mit dem Viehe gemein haben.
  • Johann George Schmid in Tract. de Nutu ...
  • Mantica de Conject. ult. ...
  Überhaupt aber ist der Wille eines Menschen  
   
  Auch nennet man zumahl in den Rechten den Willen gar öffters  
 
  • den Consens,
  • die Einwilligung,
  • die Zustimmung,
  • Intention,
  • Meynung,
  • Willens-Meynung,
  • einen Entschluß,
  • Anschlag,
  • Vorsatz u.d.g.m.
 
  Wovon unter besondern Artickeln ein mehrers zu befinden.  
Siehe auch Übrigens besiehe hierbey die Artickel:  
 
  • Wohlbedacht, und
  • Wollen, und
  • Vorsatz, desgleichen
  • Wir Wollen; wie auch
  • Vorsatz, im L Bande, p. 1187. u.ff.
 
     

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Stand: 25. Februar 2013 © Hans-Walter Pries