Titel: |
Wehlen |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
53 Sp. 1973 |
Jahr: |
1747 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 53 S. 1000 |
Vorheriger Artikel: |
Wehle, (Christian) |
Folgender Artikel: |
Wehlen, oder Wylen |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Wehlen,
Lat.
Eligere, die
Kunst zu wehlen ist
nichts anders, als die
Klugheit selbst, und hat in
denjenigen
Gütern, die an und vor sich selbst, und
ihrer Natur nach von den
Menschen nicht
genossen, und also auch nicht an sich selbst als
Güter verlanget werden können; sondern nur als
Mittel, die zur Erlangung eines der unmittelbaren
Güter, welche in Ansehung des
Verstandes die
Wahrheit, in Ansehung des
Willens die wahre
Liebe, oder die
Tugend, und in Ansehung des
Leibes die Gesundheit sind, dienen,
anzusehen |
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{Sp. 1974} |
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sind. |
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Dergleichen Mittel, die zur Erlangung und Erhaltung eines jeden
Guts
dieses
Lebens
dienlich, sind unzählich, und nach dem vielfältigen Unterscheid theils der
Menschen selbst theils auch ihrer Gewerbe und Geschäffte dermassen veränderlich,
daß dasjenige, was einem Menschen und in einem Geschäffte nützlich ist, dem
andern hingegen, oder in einem andern Geschäffte vergeblich oder
schädlich,
zugeschweigen der unterschiedenen Grade, die unter nützlichen Dingen
anzutreffen, immassen immer das eine an Leichtigkeit,
Bequemlichkeit
und
Gewißheit,
den dadurch intendirten
Zweck
zu erhalten, das andere zu überwiegen pflegt, daher
GOtt die
Wahl
der Mittel, die zur Erlangung des Guten dienen, dem
vernünfftigen
Gutachten der Menschen überlassen. |
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Zu der Klugheit zu wehlen wird ein
gedoppelter Geschmack erfordert: |
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- ein Ethischer, da eines Menschen sinnliche
Empfindung raisonnable ist, also daß er über
wahre Güter und über
Sachen von
würcklichem
Nutzen ein Vergnügen in sich empfinde; vor
schädlichen aber einen Eckel hege;
- und ein
Politischer, wenn ein Mensch einen Geschmack
nach der Mode hat, daß ihm alles dasjenige, was
der galanten Welt gefällt, zugleich mit gefalle; das
Gegentheil aber mißfalle.
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Weil zu Beförderung unserer äusserlichen
politischen
Glückseligkeit, das ist, zu Erlangung
desjenigen vielfältigen Nutzens, den wir von
andern gewarten müssen, die
Regeln der Klugheit
erfordern, daß ein Weiser im politischen Leben
sich in die Leute, auch in Ansehung der Thorheit
schicke, so ist gar vernünftig, daß ein Weiser, in
so ferne er mit andern Leuten zu leben hat, und
etwas erwehlen soll, daß nicht so wohl ihm selbst,
als ihnen gefalle, seinen Geschmack, soviel
möglich, nach der Mode gewöhne, und also in so
weit für einen homme de bon gout auch im
politischen Verstande paßiren möge, wenn
dasjenige, was er wehlet, gleich eitel; nur aber
göttlichen und
weltlichen
Gesetzen nicht zuwider
ist, |
-
Müllers Anmerck.
über Gracians Oracul Max. 51. …
- Walchs
philosoph. Lexicon.
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Siehe auch den
Artickel:
Wahl, im LII
Bande,
p. 696. u.ff. |
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