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Zedler: Sprache (Frantzösische) HIS-Data
5028-39-423-1
Titel: Sprache (Frantzösische)
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 39 Sp. 423
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 39 S. 225
Vorheriger Artikel: Sprache (Finnländische)
Folgender Artikel: Sprache (Gothische)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Sprache (Frantzösische) Lingua Gallica, ist hauptsächlich aus der Lateinischen, Deutschen und Alt-Gothischen Sprache zusammengesetzt und in den letzten Jahren von der Königlichen Academie zu Paris zu einer solchen Vollkommenheit gebracht worden, daß ein jeglicher derselben Zierlichkeit, Annehmlichkeit, Reinigkeit und Reichthum bewundern muß, wie sich denn auch in kurtzer Zeit überall in der Welt ausgebreitet, und nunmehro bey nahe eine allgemeine Sprache sowohl unter den Gelehrten als absonderlich an den meisten Europäischen Höfen geworden ist. Heintzelmanns Geogr. p. 148.
  Wegen der nur gedachten Eigenschafften und Vortheile der Frantzösischen Sprache sind viele Streitigkeiten unter den berühmtesten Frantzosen entstanden, wenn sie ihre Sprache gegen andre gehalten haben. Insonderheit ist der Streit zwischen de la Motte und der Mad. Dacier bekannt, deren der erste der Frantzösischen, die andere aber der Griechischen den Vorzug einräumete.  
  De la Motte hält dafür, man könne im Frantzösischen eine Sache so schön als im Griechischen ausdrucken; denn die Frantzosen hätten Wörter genug sich zu erklären, und wenn sie bisweilen etwas umschreiben müßten, was die Griechen mit einem Worte geben könnten; so hätten sie vielleicht in andern Exempeln eben diesen Vortheil über die Griechen. So zähle auch ein verständiger Leser niemahls die Worte, sondern sey zufrieden, wenn nur nichts überflüßiges gesetzt worden. Die Zierlichkeit der Frantzösischen Sprache sey also beschaffen, daß sie sich überall nach dem Unterschiede und Erforderung der Materie klar und kräfftig brauchen lasse.  
  Wenn man den Wohlklang betrachte; so sey theils der Inhalt der Worte gleichgültig, und rühre das, was uns dabey verdrüßlich oder angenehm vorkomme, blos von der Bedeutung her, so man denselben beygelegt: theils habe auch jede Sprache, zum wenigsten vor diejenigen, die sie brauchen, was wohlklingendes in sich, obgleich diejenigen, denen sie nicht natürlich ist, solches nicht verstünden. Daß nach der genauen Ausarbeitung der Frantzösischen Sprache ein Scribent, der gut schreiben wolle, sich weniger Freyheit nehmen dürffe, und an den eingeführten Gebrauch mehr gebunden sey, als in andern Sprachen, die nicht so mit Regeln versehen wären, dürffte man nicht als einen Fehler sondern vielmehr als einen Vorzug auslegen.  
  Wenn also gleich ein Frantzose so wohlklingende Beywörter nicht brauchte wie Homer, wenn er gleich die niedrigsten Worte nicht durch andre prächtige zu erheben suche, oder die  
  {Sp. 424}  
  hartklingenden mit andern angenehmen verwechsle; so geschehe solches nicht aus Mangel, sondern weil er nach den Grundsätzen der Sprache kein Wort um des Wohlklanges willen brauche, das an sich selbst überflüßig sey, und mehr auf eine durchgehends gleiche als gemengte Harmonie halte.  
  Allein der Herr de la Motte ist in dieser Sache vielleicht kein so glaubwürdiger Richter als die Dacier. Sie versteht ungleich mehr Griechisch. Hernach sind auch seine Regeln, die er in Vergleichung zweyer Sprachen anwendet, nicht genugsam gegründet. Denn wenn gleich eine Sprache alles sagen kan, was sie sagen will; so kan die andere wohl besser seyn, die es kürtzer und nachdrücklicher und mit einer bessern Art sagt; welche Gewalt die Griechische Sprache insonderheit so wohl in gantzen Redens-Arten, als in ihren zusammengesetzten und Beywörtern besitzet.  
  Daß er aber über den Schall und Wohlklang streitet, ist etwas wunderliches. Denn er kan der Dacier doch nicht wehren, daß ihr das Griechische besser klingt als das Frantzösische; und vielleicht solte noch jeder Ursachen genung finden, das Urtheil ihrer Ohren zu behaupten, wenn man den Wohlklang aus dem Grunde untersuchen wolte.  
  Endlich rühret die Regelmäsigkeit der Frantzösischen Sprache, die er so sehr herausstreicht, keinesweges von der Sprache, zu welcher nichts als Worte gehören, sondern von der gesunden Vernunfft her, welche die Begriffe in Ordnung bringen lehret, und deren Regeln in allen Sprachen können angewendet werden. Deutsche Acta Erudit. Tom. III. p. 375 u.ff.
     

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Stand: 25. Februar 2013 © Hans-Walter Pries