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Europa, dieser
Name
soll von eurys,
latus, und ops, oculus, seu
facies, zusammen gesetzet seyn, welcher bey einem
Frauenzimmer auf ein paar
grosse Augen sein Absehen haben kann, so fern aber solcher Name, den einen
Theil
der Welt
bedeutet, auf die Ausbreitung des Japhets in demselben gehen soll. |
Becmann de Orig. L.L. v. Europa …
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Allein andere
wollen nach ihrer Weise lieber einen Phoenicischen
Namen daraus gemacht
wissen, der von apha, facies, chur, albus, so viel
als ein
Frauenzimmer mit einem weissen Gesichte bedeutet. |
Bochart Chan. IV. 33.
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Insgemein wird sie vor des Agenoris,
Königs in Phoenicien
Tochter angegeben, |
Varro de L.L. IV. 6.
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als welcher sie mit der Telephussa
gezeuget haben
soll; |
Apollodorus III. 1. §. 1.
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jedoch sind auch, welche sie zu des Phoenicis
Tochter machen, |
- Palaeph. de Incred. 15.
- Apollodorus l.c.
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und da ja wiederum andere ihren
Vater auch Agenorem
nennen, geben sie doch vor die
Mutter die Argiopen, des Nili
Tochter an. |
Hyginus Fab. 178.
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Weil sie von sehr schöner
Gestallt war, verliebte sich Juppiter in
sie, und
befahl daher dem Mercurio, des Agenoris Heerde
Rind-Vieh unvermerckt an das Ufer des
Meers zu treiben. Als solches geschehen,
nahm Juppiter selbst die Gestallt eines ungemein schönen Ochsens an
sich, und da die Europa mit ihrem
Frauenzimmer auch an besagtem Ufer
spatzieren gieng, und sich dem Viehe näherte, wuste dieser verstellete Ochse
ihnen insgesamt so zu schmeicheln, daß er endlich die Europam so keck
machte, sich, da er sich niedergelegt, gar auf ihn zu setzen. Allein so bald
auch solches geschehen, erhub er sich wieder, und ging mit ihr
See einwärts,
kehrete sich auch an kein Schreyen und Klagen der Europae, sondern
führete sie über die See hinweg biß in Cretam. Als er hieselbst
angelanget, nahm er seine eigentliche Gestallt wieder an sich, und wuste sich
gegen die Europam so anzustellen, daß sie dessen Caressen Gehör gab,
und nachher den |
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{Sp. 2193|S. 1128} |
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Minöem, Sarpedonem und Rhadamanthum mit ihm
zeugete. |
Herodotus I. 173.
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Auch wieß man noch zu Plinii Zeiten einen Ahorn-Baum auf der Insel
Creta in Gortia, welcher niemahls seine Blätter fallen ließ,
dessen
Ursache eben diese seyn sollte, daß Juppiter unter demselben die
Europam bedienet. |
Plinius Hist. Nat. XII. 1.
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Indessen sendete Agenor seine
Söhne, nemlich den Cadmum,
Phoenicem, Cilicem und Thasum mit zugegebener Mannschaft aus, die
Europam wieder zu suchen, und da er ihnen befohlen, selbst auch nicht
wieder zukommen, wo sie dieselbe nicht wieder mit zurück brächten, liessen sie
sich allerseits in fremden
Ländern nieder,
weil sie nirgends eine Nachricht von ihrer entführten
Schwester antreffen
konnten. |
- Apollodorus III. 1. §. 1.
- Hyginus Fab. 178.
- Ouidius Met. II. 836.
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Daß sie des
Königs in Phoenicien
Tochter gewesen, ist ausser allem
Zweifel;
allein der Ochse, so sie entführet, soll nach einigen ein See-Räuber
aus Creta gewesen seyn, so Taurus geheißen. |
Palaephat. de Incred. 15.
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Andre erzählen, daß dieser Taurus ein General des
Königs in
Creta, Asterii gewesen, welcher, als er die
Stadt Tyrus
eingenommen, und geplündert, die Europam mit sich genommen habe, die
aber bereits mit dem Joue obermeldte 3.
Söhne gezeuget; Asterius
habe hernach Europam
geheurathet, und weil er keine
Kinder von ihr
erhalten, habe er des Jouis Söhne an Kindes Stat angenommen. Andere
wollen, daß es ein
gantzer Troupp Leute gewesen, welche sie entführet,
und indem sie einen Stier in ihrer Fahne geführet, habe man daher
Gelegenheit
genommen, die Fabel von dem verwandelten Joue zu
erdichten. |
Meursius ad Lycophron 1299.
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Die allgemeinste
Meynung
ist, daß sie einige Cretische
Kaufleute ersehen, und weil sie mit selbiger dero
Schönheit wegen, ihrem
Könige Asterio einen
Gefallen zu erweisen gedachten, sie zu Sarapia, zwischen Tyro und Sidon
entführet, und weil ihr
Schiff einen weissen Stier zum
Zeichen gehabt, habe man
solches nach der Zeit selbst vor einen Ochsen angegeben, zumahl biß ietzo nicht
ungewöhnlich ein dergleichen Schiff selbst den Stier, wie den Löwen, Greif,
u.s.f. zu nennen, nachdem sie nemlich solche Thiere zu ihrem Wapen oder Zeichen
führen. |
- Tzetzes ad Lycophr.
l.c.
- Pollux I. 83.
- Festus V.
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Wie aber solche Entführung auch eine Revenge derer Europaeer,
wegen derer von denen Asianern geraubten Jo seyn sollen; |
Herodotus I. 2.
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Also hatte doch solche Europa die
Ehre, das von ihr unser gantzer
Welt-Theil den
Namen bekam. |
- Varro de L.L. IV. 6.
- Festus l.c.
- Seruius ad
Virgil. Aen. VI. 385.
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Es wird übrigens ihre Entführung aufs
Jahr der
Welt 2506. und also die
Zeiten Mosis, |
Eusebius apud Caluis.
ad A. M. 2506,
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nach andern in A.M. 2538, oder auch noch von andern
erst auf die Zeiten des Othoniels gesetzet. |
Vossius Epitom. H. V. p. 8.
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Wie aber bey alle dem auch einige den Cretensischen
König, dem sie
zugeführet worden, für Asterionem, |
Apollodorus III. 1. §. 2.
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oder Asterium, auch Xanthum nennen, |
Augustinus di Ciu. Dei XVIII. 12.
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und mit dem Joue so fern vermengen, als dieser ein
gemeiner Ehren-Name aller Könige ist; |
Vossius Theol. Gent. I. 14.
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also stehet daher zu ermessen, mit was vor
Gründen vorgegeben
wird, daß Juppiter zum Andencken solcher Begebenheit den Stier mit in
den Thier-Creiß am Himmel gesetzet habe. |
Eratosthenes. Cataster 14.
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An ihr soll Juppiter erwiesen haben, das eine unartige
Liebe auch
die grösten Leute zu dummen Ochsen mache, und nachdem solches auch furieuse
bestien sind, durch sie alsdenn offt
Land und Leu- |
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{Sp. 2194} |
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te ins Verderben gesetzet werden. |
Natalis Comes VIII. 23.
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Land Europa |
Es ist aber gedachtes
Land Europa eines von den vier
Theilen der
Welt, welches sich von 34. Grad Latitud. biß auf den 72. und von dem 9.
Grad Longitud. biß auf den 93. oder 94. erstrecket, woraus erscheinet,
daß es fast gantz innerhalb der Zonae Temperatae und nach keinem
Theile
in der Zona Torrida, wiewohl nach einem kleinen Stücke an und in der
Zona Frigida lieget. |
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Gegen Mittag hat es das mittelländische Meer, wodurch es von Africa
abgesondert wird. Gegen
Abend
grentzet es an das Atlantische Meer, gegen
Mitternacht an das Eiß-Meer, und gegen
Morgen wird es von Asien geschieden durch
den Archipelagum, den See Marmora, die Meer-Enge bey
Gallipoli, das schwartze Meer, die Meer-Enge von Cassa oder den
Bosporum, den See Zabaque und den Fluß Don oder
Tanais, von welchem man eine Linie biß an den Fluß Obi, und von
dar vollends an das Eiß-Meer ziehen
muß. Und darinnen sind der meiste Hauffen
derer alten Erd-Beschreiber mit denen neuern eins, daß sie den Tanais
zur Grentze zwischen Europam und Asiam setzen. |
- Strabo II.p. 182 seqq.
- Mela I.
1.
- Dionysius Perieg. 14.
- Plinius Hist. Nat. IV. 11. 12. 23. 32.
- Arrianus de Exped. Alex. II. 30.
- Herodotus IV. 45.
- Arrianus Periplo p. 11.
- Ouidius ex
Ponto IV. 10. vs. 55.
- Orosius I.
2.
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Andere haben den Phasis vor die Grentze angegeben. |
- Herodotus IV. 45.
- Plato in Phaedone p. 43.
- Cellarius
Not. Orb. Ant. …
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Alles nun, was man von der lincken Hand gegen Abend antrifft, ist
Europa, alles Übrige zur rechten Hand aber Asia. |
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Die äusserliche
Gestallt betreffend, so vergleichen es einige derer
Alten
mit einem Drachen, einige aber von denen neuern Erd-Beschreibern
sagen, daß es
einer sitzenden
Jungfrau ähnlich sey, da denn dieser
Einbildung nach, die
Fontange Portugall, und Spanien der
Kopff seyn soll, durch Languedoc
und Gascogne wird der Halß, durch Franckreich aber die Brust, durch
Italien und Groß-Britannien die
Ärme, durch
Teutschland der Bauch, durch Böhmen
der Nabel, das übrige Theil aber des
Leibes durch die übrigen Königreiche und
Provintzien
vorgestellet. |
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Die Länge von Europa wird von dem Vorgebürge S. Vincentii
in Spanien bis an den Fluß Obi gerechnet, und begreifft 900. Teutsche
Meilen in sich. Die Breite von Mittag gegen Mitternacht wird von dem Gebürge
Taenarae in Morea an biß an Rurubas in Scritofinnia,
so in der heutigen Land-Charten Noortkin
genennet wird, gerechnet, und
begreifft 550. Teutsche Meilen in sich. |
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Man
zählet heute zu
Tage darinnen ungefehr 31. grosse
Provintzien, als: |
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1) |
Spanien mit denen daran stossenden Inseln; |
2) |
Franckreich; |
3) |
Groß-Britannien mit einer grossen Menge
verschiedener kleiner angrentzenden Inseln; |
4) |
Irrland mit denen gleichfalls dabey gelegenen
kleinen Inseln; |
5) |
Ober- und Nieder-Teutschland; |
6) |
Böhmen; |
7) |
Dänemarck mit denen Inseln Seeland und Fühnen; |
8) |
Norwegen mit denen Inseln Ißland und Frießland; |
9) |
Schweden mit Lapp- und Finnland; |
10) |
Liefland; |
11) |
Preussen mit Cassuben; |
12) |
Lithauen; |
13) |
Klein- und Groß-Polen mit denen dazu gehörigen
Provintzien, als |
|
- Podolien,
- Volhynien,
- Podlachien,
- Masovien,
- Samogitien etc.
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14) |
Ungern; |
15) |
Sclavonien; |
16) |
Boßnien; |
17) |
Croatien; |
18) |
Dalmatien; |
19) |
Italien; |
20) |
Sicilien; |
21) |
Sardinien; |
22) |
die Insel Corsica; |
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{Sp. 2195|S. 1129} |
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23) |
Candia, |
24) |
Griechenland, mit kleinen Inseln, |
25) |
Servien, |
26) |
die Wallachey, |
27) |
Bulgarien, |
28) |
Siebenbürgen, |
29) |
die Moldau, |
30) |
die kleine Tatarey, und endlich |
31) |
Moscau oder Rußland. |
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Unter die Beherrscher dieser
Lande werden gerechnet |
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- 3. Kayser, als der
- 8.
Könige, als der in
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wiewohl
verschiedene andere Königreiche sind, die aber die bereits
angeführten Potentaten beherrschen, als da sind |
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- Ungern,
- Böhmen,
- Neapolis,
- Dalmatien,
- Croatien und
- Sclavonien,
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welche der Römische
Kayser, und so fort besitzet. |
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Ausser denen
Königen ist zu bemercken, |
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- der
Ertz-Herzog in Österreich und Groß-Herzog von Florentz,
- die
Herzoge, sonderlich durch
Teutschland und Italien:
- desgleichen unter denen
Geistlichen
- Ferner verschiedene Republiquen, als da sind
- Venedig,
- die vereinigten Niederlande,
- Genua,
- Lucca,
- das
Schweitzer-Land,
- die Graubünder,
- das Walliser-Land,
- Genf,
- denen noch andere Ragusa und St. Marino hinzufügen.
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Die Inseln, Flüsse und Berge in Europa sind folgende: |
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- Unter denen Inseln sind
- erstlich auf dem Oceano
- die Britannische Inseln, als
- England,
- Schottland und
- Irrland,
- die Insulae Arcades,
- Hebrides,
- und einige andere mehr:
- die grösten auf dem Mittelmeer sind
- Sicilien,
- Sardinien,
- Corsica,
- Candia,
- Cyprus,
- Rhodus, etc.
- Die Inseln von Griechenland
- und einige andere an denen Küsten von Italien und Provence.
- Die Inseln auf der Ost-See sind
- Seeland,
- Fünen,
- Rügen,
- Bornholm,
- Gothland,
- Ösel etc.
- Die
vornehmsten Flüsse sind,
- der
Rhein, die
Donau, Mayn, Weser, Elbe, und Oder in
Teutschland:
- Die Loire, Seine, Rohne, Saone und Garonne in
Franckreich;
- der Po und die Tyber in Italien;
- der Tagus, Duero, Guadiano, Ebro, Guadalquivir in Spanien:
- Die Weixel und Dnieper in Polen;
- die Volga und Don in Moscau:
- die Thames in England;
- die Tay in Schottland;
- die Schannon in Irrland;
- die Schelde und Maas in denen Niederlanden.
- Die
berühmtesten Gebürge in Europa sind
- die Riphäischen Gebürge in Moscau:
- die Carpathischen zwischen Polen und Ungern,
- die Pyrenäischen zwischen Spanien und Franckreich;
- die Alpen und
- das Apenninische Gebürge in Italien, und an denen
Grentzen
desselben.
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Obwohl Europa das kleinste unter allen 4.
Theilen der Welt
ist, so ist es doch um
verschiedener
Ursachen willen allen übrigen vorzuziehen. Die
Lufft ist
darinnen gemäßiget, und die
Landschafften
sind sehr fruchtbar, ausgenommen diejenige, welche sehr weit gegen Norden zu
liegen. Es hat an allen
nothwendigen
Lebens-Mitteln einen Überfluß. Die
Einwohner sind von sehr guten
Sitten, höflich
und sinnreich in
Wissenschafften und
Handwercken. |
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Von denen Frantzosen
urtheilet man, daß sie von guten Manieren,
erfahren,
tapffer, aber etwas zu hitzig und unbeständig sind. Die
Teutschen sind
verständig, aufrichtig, tapffer und
arbeitsam, wurden aber vorzeiten insgemein der
Trunckenheit beschuldiget, während sie doch mehr aus einer
Gewohnheit als Trieb
ihrer Natur ergeben gewesen. Die Italiäner sind höflich und nette, aber darneben
eifersüchtig und untreu. Die Spanier sind bedacht- |
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{Sp. 2196} |
|
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sam und
klug, aber daneben hochmüthig. Die
Einwohner in Britannien sind
behertzt, und dabey etwas verwegen, zugleich aber auch von einem hohen
Geiste. |
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Die Europäer haben auch durch ihre
Geschicklichkeit und Tapfferkeit die
vortrefflichsten
Theile der Welt unter sich gebracht. Ihr Witz erhellet aus
ihren
Wercken: Ihre
Klugheit aus ihrer
Regierung: ihre Stärcke und
Macht aus
ihren Armeen: Ihre gute Conduite aus ihrem
Handel und Wandel:
und endlich ihre Pracht und Herrlichkeit aus ihren
Städten und
Gebäuden. |
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Es sind 3. Haupt-Sprachen in Europa, als die
Lateinische,
Teutsche und
Sclavonische. |
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- Die Lateinische wird
geredet in Italien, Franckreich und Spanien,
wiewohl mit
unterschiedenen Mund-Arten;
- die Teutsche mit solchen, die von ihr herstammen, in
Teutschland, in
denen Britannischen Inseln, in Dänemarck und in Schweden,
- die Sclavonische aber in Polen, Moscau, Böhmen und einem grossen
Theile
der Europäischen Türckey.
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Die 3. Haupt-Religionen sind die
catholische, Protestantische und
Griechische. |
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Literatur |
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- Strabo.
- Ptolemaeus.
- Plinius.
- Pomponius Mela.
- Solinus.
- Merula.
- Magin.
- Ortel.
- Mercator.
- Clavius.
- Capella.
- Belleforet.
- Dauity.
- Cluuerius.
- Sanson.
- du Val.
- La Mothe.
- La Vayer.
- Briet.
- Bertius.
- Golniz.
- Ferrar.
- Baudrand. et
Martiniere
in Lex. Geogr.
- Scaliger Diatr. de Ling.
Europ.
- Brerevvood. de Ling. et Rel.
Europ.
- Becmann. Histor. Orb. Ferrar.
- Bosius Diss. de Statu
Europae.
- Weigelius im
Erd-Spiegel. etc.
- Cellarius Not. Orb. Ant.
11.
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