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Zedler: Mittag HIS-Data
5028-21-556-9
Titel: Mittag
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 21 Sp. 556
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.21 S. 295
Vorheriger Artikel: Mittägliche Fix-Sterne
Folgender Artikel: Mittag, wird das Gebürge
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text  
  Mittag, Meridies, Midi.  
  Mittag heisset  
 
1) in der Astronomie der Punct, wo die Sonne täglich am höchsten stehet, oder den Mittags-
 
  {Sp. 557|S. 296}  
 
Circkel berührt, und fangen die Astronomi von dieser Zeit den Tag an;
 
 
2) in der Zeit-Rechnung das Mittel zwischen dem Morgen und Abend; und
 
 
3) in der Cosmographie die Gegend, wo die Sonne des Mittags um 12 Uhr stehet.
 
  Es wird der Mittag durch den Schatten gefunden, den der Sonnen-Zeiger auf die Mittags-Linie wirfft, und wird absonderlich gebrauchet, die Uhren richtig zu stellen, wie aus dem zur Gnüge wird abzunehmen seyn, was in dem Artickel: Mittags-Linie ist angeführet worden.  
  Sonst wird in der Heil. Schrifft der Mittag offt Gleichnißweise gebraucht gefunden.  
  So spricht David: der HErr wird deine Gerechtigkeit herfür bringen, wie das Licht, und dein Recht wie den Mittag, Ps. XXXVII, 6,
  da denn die Gerechtigkeit ist die gute und gerechte Sache der Unschuldigen, die von den Kindern der Welt in Winckel verstecket worden; das Recht aber ist die Rache, das Urtheil und die Straffe, die gewiß folgen wird ihren Feinden, Bes. Geiers Comment. h.l.
  jene wird GOtt herfür bringen wie das Licht, diese wie den Mittag; worüber Augustinus diese Gedancken hat, daß es GOtt wolle herfür bringen, nicht wie die Morgen-Röthe, denn dieselbige sey noch in etwas mit Dunckelheit umgeben; und würden also ihre Feinde noch einwenden können, ihre Sache, die sie so gut machen, sey etwas dunckels, ob sie gleich einen Schein des Rechts habe; sondern wie den Mittag, der gantz hell und klar sey, da keine Finsterniß und Dunckelheit mehr vorhanden, also soll auch die gute Sache so hell und klar denen Feinden unter die Augen leuchten, und vor männiglich offenbahr werden, daß jedermann bekennen werde, als sey jenen unrecht geschehen, und werden sie die Rache an ihren Feinden sehen, denn ihre Gerechtigkeit soll aufgehen wie ein Glantz, und ihr Heil entbrennen wie eine Fackel, Es. LXII, 1.
  Selneccer h.l. … sagt hier also; deine gute Sache wird nicht in finstern bleiben, sie muß herfür, und jedermann bekannt werden, daß alle zu schanden werden, die dir sind zuwider gewesen, und deine Sachen haben wollen unterdrücken. Weihenmeyers ABC Sprüche, Th. I,
  Im Prediger Salomo lesen wir Cap. XI, 3, wenn der Baum fället, er falle gegen Mittag oder Mitternacht, auf welchen Ort er fällt, da wird er liegen; der Baum ist nicht allein ein natürlicher Baum, der aus der Erden herfür wächset von sich selbst, oder daß ihnen Menschen-Hände setzen; sondern auch ein jeglicher lebendiger Mensch, der mit dem Baume gantz füglich mag verglichen werden, in Ansehung des Ursprungs aus der Erde, 1 B. Mose I, 11, Cap. II, 7,
  und der Beschaffenheit, da die Bäume gute und faule, das ist, fruchtbare und unfruchtbare, Matth. VII, 17 u.ff.
  von ieglichen Baume insgemein heisset es, der Baum fället; auch die viel hundert Jahre lebende Patriarchen haben endlich sterben müssen.  
  Denn so redet Salomo hier nicht von dem Sünden-Falle, wofür Paulus warnet: wer stehet, mag wohl zusehen, daß er nicht falle, 1 Cor. X, 12;
  auch nicht vom Unglücks-Falle im Leben, davon es sonst heist, der Gerechte fället sieben mahl Ps. XXXVII, 24,
  sondern von dem Todes-Falle; nach solchem Falle  
  {Sp. 558}  
  des Baums ist sein Zustand  
 
1) gemein: er bleibt liegen; es kommt kein Leben wieder in ihm. Und ob zwar der Zustand der verstorbenen Leiber verändert wird am jüngsten Tage,
1 Cor. XV, 54,
 
der Baum auch nicht ewig also liegen bleibet, daß er nicht sollte können wieder aufgerichtet oder der Leib wieder auferwecket werden: so bleibet doch der Seelen-Zustand ewig und unverändert, entweder an dem Ort der Freude, oder in ewiger Quaal; und also ist
 
 
2) der Zustand des Baumes nach dem Falle gedoppelt, erstlich der Mittag, darnach die Mitternacht; wobey Gregorius Magnus sagt: der Mittag bedeutet wegen der Wärme einen guten Stand; von Mitternacht aber kommt alles Unglück. Und Bernhardus: durch den Südwind, welcher warm ist, wird verstanden die Ruhe des Paradieses; durch den Nordwind hingegen, welcher kalt ist, die Straffe der Höllen.
 
  Wir können sagen: die Mittags-Seite sey die rechte Seite des Himmels: denn wenn man gegen Morgen siehet, hat man den Mittag zur rechten Hand: die Mitternacht-Seite aber stehet zur Lincken, und die Gottlosen werden flugs nach dem Todte, auch öffentlich am jüngsten Tage zur lincken gestellet werden, als stinckende Böcke; da die Schäflein Christi sollen zu seiner Rechten seyn, Matth. XXV, 33,
  gegen Mitternacht ist die äuserste Finsterniß und Kälte; und der Fürs der Finsterniß hat sein Werck in den Kindern der Finsterniß,
  • Ephes. V, 11,
  • Coloss. I, 13,
  also werden die Verdammten bey ihrem eigenen Feuer dennoch seyn in der äusersten Finsterniß und Kälte, Matth. XXII, 13;
  gegen Mittag aber ist Licht und Wärme, und da kan man die Sonne in ihrem vollen Lichte schauen: also gehet denen Auserwehlten das Licht auf in Finsterniß, Ps. CXII, 4,
  wenn ihre Augen im Tode verdunckeln; und Freude den frommen Hertzen etc. Ermisch Blumen-Lese, Th. V,
  Bey dem Propheten Amos drohet GOtt dem Volck Israel, er wolle die Sonne im Mittage untergehen lassen, Amos VIII, 9;
  welche Worte verblümter Weise zu verstehen sind wie in der Heil. Schrifft gar gebräuchlich ist, daß sie das, was dem Menschen nützlich und erfreulich ist, ein Licht zu nennen pfleget; hingegen wenn sie vom Creutz, Elend und Widerwärtigkeit redet, so pfleget sie es durch das Wort Finsterniß auszudrucken.  
  In welchem Verstande wir auch hier die Worte Amos verstehen müssen, denn wenn er saget: daß die Sonne im Mittage, da sie am höchsten stehet, und am hellesten leuchtet, soll untergehen, und das Land am hellen Tage finster werden, so wird hiermit so viel angezeiget: wenn das Jüdische Reich in dem besten Flor und Blüte seiner höchsten Herrlichkeit werde stehen, wenn iedermann werde frölich und dabey sicher seyn, wenn sie werden von keinem Unglück wissen, sondern vermeinen, sie seyen die Allerglückseligsten, da werden die Straffen Gottes plötzlich kommen, und das Gerichte Gottes so starck wider sie ergehen, daß auch der helle Mittag, der doch sonst frölich machet, ihnen betrübt seyn wird.  
  Welche figürliche Reden auch also erkläret Lutherus über diese Worte, und Jerem. XV, 9, da sie gleichergestalt gelesen werden, auch diesen Verstand haben. Ja,  
  {Sp. 559|S. 297}  
  wie bey entstehender schrecklichen Finsterniß die Menschen mit Furcht, Schrecken und Angst pflegen befallen zu werden, immassen an den Egyptiern bey der dreytägigen Finsterniß zu sehen,
  • 2 B. Mose X. 22,
  • B. der Weißh. XVII, 2;
  also will der Prophet zugleich mit diesen Worten anzeigen, daß die Israeliten bey dem hereinbrechenden Unglück solche Furcht und Angst werde überfallen, daß sie auch dafür an keinem Orte werden bleiben können, Loßii Erkl. Amos
     

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Stand: 26. November 2013 © Hans-Walter Pries