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Sterben,
Lat.
Mori, heißt insgemein und in
natürlicher Betrachtung soviel als aufhören zu
leben. |
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Von den Thieren insonderheit wird es
gesagt, wenn der Umlauff des Geblütes und der
Lebens-Säffte aufhöret: gleichwie der
Mensch alsdenn stirbt, wenn sich die
Seele vom
Leib
scheidet. |
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Daß dem Menschen gesetzet, einmahl zu sterben, |
Hebr. IX, 27. |
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kommt von der Sünde her, auf deren Begehung der
Tod gesetzet ist. |
- 1 B. Mos. II, 17.
- Röm. V, 18. 12.
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Es haben zwar schon vorlängst die alten Pelagianer und andere Ketzer sich nicht
einbilden können, daß ein eintziger Apffelbiß ein so grosses Unglück in der
Welt angerichtet
haben solte; daher haben sie dafür gehalten, es sey natürlicherweise nicht anders |
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{Sp. 1931|S. 980} |
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möglich, als daß der
Mensch einmahl sterben müsse; da er dem
Leibe nach aus einem
Erdenklosse gemacht ist, habe es nothwendig heissen müssen: Du bist
Erde und solst zu
Erden werden, |
1 B. Mos. III ,19. |
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Allein ob sich gleich
GOtt nach dem Sündenfall mit den angezogenen
Worten heraus
gelassen; so würde dieses doch dem Menschen nicht haben schaden können, daß GOtt
seinen
Cörper aus einem Erdenklosse gemacht hat, wenn nicht die Sünde darzwischen
gekommen wäre. Denn daß auch die Erde sammt dem Himmel endlich vergehen werden,
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2 Petr. III, 10. |
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das wird eine übernatürliche Würckung GOttes seyn; denn sonst heißt es: Ein
Geschlecht vergehet, daß andere kömmt, die Erde aber bleibet ewiglich. |
Pred. Sal. I, 4. |
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So folgte nun aus dem
irrdischen
Ursprunge des menschl. Cörpers nichts mehr, als daß
er nicht dergestalt unsterblich war, wie ein
Geist, der gar nicht sterben kan. Alles aber war
bey der Zusammensetzung des
Menschen in einer vollkommenen Proportion eingerichtet,
daß eines mit dem andern vollkommen übereinstimmte, und die
Seele war so mit dem
Leibe
vereiniget, daß sie denselben nimmermehr verlassen haben würde. Aber durch des Teuffels
Neid ist der Tod etc. |
Röm. VI, 23. |
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Daß sich aber einige daran stossen: Wie der gerechte GOtt wegen eines
Apfelbisses über das gantze
menschliche
Geschlecht eine so schwere
Straffe habe setzen können?
Diese wissen nicht, daß es GOtt freylich nicht um den Apffel zu thun gewesen sey, da er
dem Menschen die gantze
Erde eingegeben, |
1 B. Mos. I. 26. |
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sondern der
Ungehorsam
verdiente diese Straffe, welcher eine Zaubereysünde ist. |
1 Sam. XV, 23. |
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Es heisset aber apokeitai, es ist so gesetzt, daß der
Schluß viel fester als vormahls das
Gesetz der Meder und Perser bestehet, welches kein Mensch übertreten durffte. |
Esth. I, 19. |
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Es sind zwar Exempel von
Menschen vorhanden, welche durch den zeitlichen Tod nicht
aufgerieben worden sind, als z.E. |
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- 1 B. M. V, 24.
- Ebr. XI, 5
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2 B. Kön. II, 11. |
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Allein dieses sind solche Exempel, welche
GOtt seiner
Macht vorbehalten hat; |
Apostolg. I, 7. |
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und es ist auch höchstwahrscheinlich, daß alle beyde etwas dem
Tode ähnliches
werden empfunden haben; gleichwie diejenigen
empfinden werden, welche der jüngste Tag
lebendig antreffen wird. |
1. Cor. XV, 53. |
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Weil aber diesen künfftigen
Zustand der
Menschen der Apostel selbst für ein Geheimniß
hält: so müssen wir es bey desselben
Worten bleiben lassen, wenn er sagt: Die den jüngsten
Tag erleben, die werden zwar nicht gleich andern, die schon etliche 1000 Jahr geschlaffen
haben, in das allgemeine Ruhe-Kämmerlein eingeschlossen werden; jedoch müssen sie von
der Sünde gerechtfertiget werden. Denn nichts gemeines kan in das himmlische Jerusalem
eingehen. |
Offenb. XXI, 26. |
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Nun heißt es aber: Der gestorben ist, der ist gerechtfertiget von der Sünde; |
Röm. VI, 7. |
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Darum scheint es wohl, es würden auch die Auserwehlten, welche zur Zeit der letzten
Posaune annoch leben werden, einigen obgleich kurtzen Todesschlaf empfinden, in
welchem die Verwandlung und Rechtfertigung von den Sünden vollbracht seyn wird. Bey
denen nun aber, die die Zeit der letzten Posaune nicht erleben, hat das Sterben seine
Zeit. |
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Sterbens-Stunde unveränderlich? |
Man wirfft von der Sterbens-Stunde die Frage auf: Ob sie denn schlechterdings
unveränderlich? Doch die Frage |
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{Sp. 1932} |
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muß recht eingerichtet werden, und zwar entweder also: Ob
GOtt nach einem
unbedingten und alle andere und unter ihm stehende
Ursachen ausschliessenden
Rathschluß jedweden
Menschen ein solch Lebens-Ziel gesetzet, welches er, er möge leben,
oder sich halten, wie er wolle, unmöglich zu überschreiten, zu verkürtzen oder zu verlängern
vermöge? oder auf folgende Weise: Ob GOtt bey Setzung und
Verordnung der Todes-
Stunde eines Menschen, auf den gemeinen Lauff der
Natur, auf andere
würckende
natürliche Ursachen und sonderlich auf des Menschen Temperament, Verhalten, und auf
andre Umstände gesehen, und also nach deren Beschaffenheit, so er vorher gewust,
ordentlich das Lebens-Ziel gesetzet? |
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Auf das erste antwortet man
billig mit Nein: massen dergleichen schlechterdings
unveränderliche Stunde schnur stracks läuffet wieder göttl. Drohungen und Verheissungen,
wider das von
GOtt selbst gebotene Gebet der Frommen, wider allen Gebrauch der Artzney
und anderer Mittel, und aus derselben Bejahung unzählich viel sündliche und ungereimte
Dinge folgen. |
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Die andre hingegen bejahen wir, und sagen, daß zwar auf Seiten GOttes, als dessen
Allwissenheit unbetrüglich, die Todes-Stunde auch unbetrüglich sey, allein auf Seiten des
Menschen nicht so beschaffen, daß er sein
Leben weder durch seine eigne Schuld und
übeles Verhalten verkürtzen, noch dessen Verlängerung durch ein gläubig Gebet von
GOtt
erhalten könne. GOtt hat allerdings bey dieser
Verordnung eine Absicht auf menschliche
Leibes-Constitution, und auf andre Umstände und Mittel gehabt, und daher ist es eine
ausgemachte
Sache, daß der Mensch sein Leben durch Unmäßigkeit, Uppigkeit, und auf
andre sündliche Weise verkürtzen könne. |
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Wir setzen: der allwissende
GOtt habe von Ewigkeit her gesehen, daß dieser oder jener
Mensch nach seiner Leibes-Constitution und ordentlichen Lebens-Kräfften das 80ste Jahr
erreichen könne, und ihm also dieses zu seinem
Termin angesetzet: so hat er doch auch
gesehen, wie eben dieser oder jener Mensch seine gute
Natur werde durch Fressen und
Sauffen und unordentlich
Leben u. Wesen verderben, oder wohl gar durch
schädliche
Übelthaten sich das Schwerdt über den Halß ziehen, und deswegen im 30 Jahre sterben;
und hat ihm bey solcher Bewandniß diesen Lebens-Termin verordnet. |
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So stirbet dann freylich der
Mensch, wenn
GOtt will, doch kan er zu zeitiger Beendigung
seines
Lebens viel beytragen. Es muß demnach niemand den Ausspruch Salomonis in
seinem Prediger: das Sterben hat seine Zeit, zu sündlicher Sicherheit oder verwognen
Wercken mißbrauchen; wohl aber sich seiner Sterblichkeit jederzeit gebührend erinnern.
Dieses scheinen diejenigen insonderheit zu beobachten, die den Tag ihres
Todes
vorhergesaget haben. Denn daß man Exempel von solchen
Personen habe, ist ausser allen
Streit, so soll der heil. Franciscus seinen Sterbe-Tag vorher verkündiget haben: Wie davon in
den Unsch. Nachr. auf das Jahr 1718 … nachzusehen ist; was aber hiervon zu halten sey,
wenn solches auch eingetroffen, ist eine andere Frage. |
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Joh. Praetorius, Professor zu Altdorff, verwirfft in einem
Lateinischen Brief billigt die
Vorherverkündigung desselben, und führt die zwey Exempel von D. Dudi- |
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{Sp. 1933|S. 981} |
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tio und D.
Wolffen. |
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Die alten Christen nenneten den Sterbe-Tag der Frommen, Natalem Martyrum,
ihren
Geburts-Tag, weil sie an demselben der
Seelen nach würcklich zum ewigen Leben
eingegangen. Ein mehrers hiervon und was überhaupt von dem Sterben gesagt werden kan,
siehe in dem
Artickel:
Tod. |
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Bibel |
Hier müssen wir doch noch einiger
Redens-Arten Meldung thun, die in der
heiligen Schrifft vorkommen. Dergleichen sind |
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solches ist, wenn es im geistlichen
Verstande genommen wird,
dreyfach. |
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- Das erste mögen wir nennen ein Sterben, in Ansehung der
Erwerbung;
- Das andere ein Sterben, in Ansehung der Zueignung;
- und das dritte ein Sterben,
in Ansehung der Gleichförmigkeit.
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Das Sterben mit Christo in Ansehung der Erwerbung findet sich bey
allen Menschen. Denn weil Christus für alle Menschen gestorben ist, und ihnen durch seinen
Tod das Heyl erworben hat; so ist seyn Tod in dem Gerichte GOttes dergestalt
angenommen, als ob alle Menschen selbst gestorben wären. Dahin gehören die güldenen
Worte des heiligen Paulus in der 2 Ep. Cor. V, 14. |
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Wir halten, daß, so einer für alle gestorben ist, und ihnen durch
seinen
Tod das Heyl erworben hat, so sind sie alle gestorben. Dieses Sterben nun mit
Christo in Ansehung der Erwerbung ist zwar der
Grund des Übrigen, und wo dieser Grund
fehlete, so könnten wir sonst auf keine Art mehr mit Christo sterben. |
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Allein wir müssen es hierbey nicht bewenden lassen, daß wir mit
Christo gestorben sind, da er für uns alle gestorben ist; sondern es auch das Sterben mit
Christo nach der Zueignung und Gleichförmigkeit hinzukommen. |
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Was das Sterben mit Christo in Ansehung der Zueignung anlanget,
so geschiehet solches durch den Glauben, und man wird dessen in der Rechtfertigung
versichert. Denn durch den Glauben eignet sich der
Mensch den Tod Christi zu; und wenn er
denn durch den Glauben von
GOtt gerechtfertiget wird, so wird ihm der Tod Christi also von
GOtt zugerechnet, und zu eigen geschencket, als wäre er selbst gestorben, und als hätte er
ihm selber alle Gnade GOttes und alle Seeligkeit verdienet und erworben. Und das heißt
denn: der gläubige und gerechtfertigte Mensch ist mit Christo gestorben. |
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Darzu muß aber auch kommen das Sterben mit Christo in Ansehung
der Gleichförmigkeit. Und dieses muß sich in der täglichen Erneuerung zeigen, wo der
Mensch im Glauben an Jesum und in der
Krafft des Todes JEsu täglich der Sünde sterben,
und der Sünde
absterben muß. Und wie Christus den Creutzestod erlitten hat; also muß der
alte Mensch oder die sündliche Unart in uns sammt Christo gekreutziget, und dermassen
geschwächet und entkräfftet werden, daß sie nicht mehr in uns herrsche, sondern gleichsam
tod in uns sey. |
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Offenbar. Joh. XIV, 13. |
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Das
Griechische
Wort wird so wohl vom natürlichen, als
gewaltsamen
Tode gebrauchet, ja auch wohl gar von der Verwandelung oder Verwesung
des Weitzenkorns in der
Erden, |
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Joh. XII, 24. |
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als auch, wenn sich die unvernünfftigen Säue ins Meer stürtzeten,
und darinnen ersoffen, |
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Matth. VIII, 32. |
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- c. IX, 24. von des Obersten
Tochter,
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{Sp. 1934} |
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Marc. XV, 44. … |
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Wenn nun hier von
Todten die
Rede ist, so sind das nicht insgemein
Sterbende, da sich
Leib und
Seele, entweder auf
dem Siechbette, oder wegen gewaltsamer Mittel
und
Ursachen anderswo trennen müssen, wie
dergleichen hin und wieder alle Stunden abfahren;
sondern im Herrn Sterbende. Sonsten
saget die
Schrifft: |
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Joh. VIII, 21. 24. |
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1 Cor. XV. |
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Röm. XIV, 8. |
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Hier aber stehet: in dem
Herrn, da denn etliche meynen, es heisse von
wegen; die um des Herrn willen als Blutszeugen
oder Märtyrer, sterben; wie Matth. V, 11. um
meinetwillen schmähen etc. oder wie, nach
etlicher
Meynung Röm. XVI, 2. nehmet die
Phöben auf in dem Herrn, so viel seyn soll, als um
Christi willen, dem sie dienet und angehöret. Allein
wir dürffen solcher Umschweiffe nicht, sondern
verstehen durch diß im Herrn sterben, daß man
an seinem letzten Abdrücken standhafft verbleibe
in der
Erkänntnis, Glaube, Anruffung und
Bekänntnis JEsu, der allein der Weg etc. |
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Joh. XVI, 6. |
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daß man auch nebst dem
Vater auch den
erkenne, welchen er gesandt
hat |
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Joh. XVII, 4. |
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als den eintzigen Mittler
etc. |
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1 Tim II, 5. |
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3) |
Sterben wie ein Reicher,
solches stehet von Christo, |
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Jes. LIII, 9. |
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Gerhard, Weller, Glaßius,
Walther u.a. berühmte Theologi mehr, erklären es
also: Christus sey gestorben wie ein
Reicher; nicht in leiblichen und
irrdischen
Reichthum, sondern in
geistlichen, den er uns in seinem
Tod
hinterlassen. Denn wenn einer stirbet als ein
Reicher, so haben es seine Erben wohl zu
geniessen, sie haben alle Theil an seinem
Reichthum, ein jedes trägt etwas davon nach
Hause; so hat Christus uns durch seinen Tod
grossen geistl. Reichthum hinterlassen, daran alle
Gläubigen sollen Theil haben, reiche
Gnade
GOttes, Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit
und Seeligkeit des ewigen Lebens. |
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Aus seinem Reichthum
und Fülle sollen wir nehmen Gnade um
Gnade. |
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Joh. I. |
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Die Erlösung durch sein
Blut, nehmlich die Vergebung der Sünden, nach
dem Reichthum seiner Gnade. |
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Eph. I, 7. |
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den Reichthum seines
herrl. Erbes, |
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v. 18. |
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Joh. VIII, 21. |
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Das ist, ihr werdet in
Gottes
Ungnade und
Zorn, ausser der
Gemeinschafft JEsu, ohne einigen Trost des
h.
Geistes, ohne einige Hofnung der Erlösung dahin
gehen, u. von der Höllen verschlungen werden.
Was ist wohl schrecklicher als das? und ist alles
zu schlecht, daß man beybringet, diß schreckliche
Wort zu erklären, weil dessen Innhalt keine
menschl. Zunge oder Feder recht ausdrücken
kan. |
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In Sünden fallen, in
Sünden leben, in Sünden sicher seyn, in Sünden
Lust suchen und finden, in Sünden zu Bette gehen
und einschlaffen, sind erschreckliche
Dinge, dafür
eine gottesfürchtige Seele
billig erschrickt; aber in
Sünden sterben, ist über alles, bald hernach
nichts mehr zu hoffen, als ewig das Feuer leiden,
daß nimmer verlöschen, und den Wurm, der
nimmer sterben wird. |
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Recht |
Endlich so bemercken wir noch, daß nach der
gemeinen
Meynung der Rechtsgelehrten so wohl
ein
Bischoff, als auch überhaupt ein jedweder
anderer, der in einer öffentlichen
Bedienung steht,
und schon bey Lebzeiten seinen gewissen
Nachfolger hat, nicht stirbt, weil alsdenn nur die
Personen, so ein solches
Amt bekleiden, nur
verändert werden, das Amt aber, nebst
denen |
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{Sp. 1935|S. 982} |
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davon abhängenden Verrichtungen, nach wie
vor
verwaltet wird. |
Wehner
in Obs. Pract. v. Bischoff. |
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