Titel: |
Ursprung |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
51 Sp. 608 |
Jahr: |
1747 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 51 S. 317 |
Vorheriger Artikel: |
Ursprüngliche Kraft |
Folgender Artikel: |
Ursprung, Principium |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Ursprung,
Lat.
Origo, heisset der
Anfang eines
Dinges
durch die
Würckung
seiner
Ursache. |
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Es ist bekannt, daß, wenn eine Ursache, die mit allen
Kräfften
und
Gründen
hinreichend versehen ist,
würcket; eben daher ein solches Ding entstehe, das |
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{Sp. 609|S. 318} |
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zuvor nicht gewesen. Es giebt dannenhero
Effecte
oder gewirckte Dinge, wodurch man solche
Dinge
verstehet, die da sind durch die
Würckung ihrer
Ursach. Ein solcher Effect aber, indem er zuvor nicht gewesen,
nachmahls aber, wenn die Ursache ihn hervorgebracht hat, ist, hat einen Anfang.
Ein Anfang nehmlich ist das
Seyn eines Dinges aus oder nach seiner Abwesenheit.
Gleichwie aber ein solches Ding nicht ohne Ursach und derselben Würckung ist;
also hat es auch nicht seinen Anfang ohne Würckung seiner Ursach nehmen können.
Da nun der Anfang eines Dinges durch die Würckung seiner Ursache der Ursprung
heisset; so hat ein jedwedes gewürcktes Ding auch einen Ursprung. Man siehet
hieraus, daß Anfang und Ursprung beständig ein Nicht-Seyn und Abwesenheit in
einem Dinge voraussetzen. |
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Man theilet den Ursprung in einen moralischen und
natürlichen Ursprung, nachdem nehmlich die Ursachen entweder
moralische
oder natürliche Ursachen
sind. Nehmlich weil die
Dinge, so
Verstand und
Willen haben, sollen die
Ehre und
Verherrlichung der ersten Ursache erhalten und befördern; so müssen sie von
dieser sowohl als auch alle demjenigen, was sie sonst noch zugleich mit
hervorbringen sollen, gleichfalls Ursachen seyn. Sie müssen desfalls auch
würcken, und was von ihnen und durch ihre
Würckungen entstehet, heissen ihre
Effecte. Diese Effecte nehmen folglich von ihnen als Ursachen einen Anfang, und
zwar, indem solches geschiehet durch derselben Würckungen, wird solcher ihr
Ursprung genennet. |
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Also kömmt auch von denen
Dingen,
die schon selbst hervorgebracht sind, ein Ursprung noch anderer Dinge, welcher,
wenn er von
vernünfftigen
Ursachen
entstehet, ein moralischer
genennet wird, gleichwie jene selbst
moralische Ursachen heissen. Weiln aber
auch Dinge sind, welche nicht
Verstand und
Willen
haben, doch aber zur
Ehre der
Ursache
etwas beytragen sollen; so müssen sie ohnfehlbar Ursachen davon seyn, und zwar
natürliche, nehmlich solche, welche nicht Verstand und Willen haben, oder doch
ohne Anwendung dieser
Kräffte
würcken. Es giebt also auch
Effecte
von ihnen, die einen Ursprung durch ihre
Würckung
müssen erhalten haben, und das nennet man einen natürlichen Ursprung. |
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Beym eigenen Nachsinnen siehet man den Ursprung eines
Dinges
nicht historisch an, sondern
philosophisch, das ist, man erzehlet nicht, was man
gelesen, gesehen oder gehöret, und wie es zugegangen, daß eine
Sache
entstanden sey, sondern man nimmt gewisse
Principia an und schliesset daher, soviel man von den
Ursachen
und andern zum Ursprung gehörigen Dingen erreichen kan. Und das ist
zuweilen nöthig in solchen
Materien, wo die historische Nachrichten fehlen,
wiewohl man dabey vor Irrthümern und Erdichtungen sich hüten muß. Insgemein
lässet sich nach dieser Art nur
erkennen die
wirckende
Ursache nebst dem
Bewegungs-Grunde und
Endzweck; die Art und Weise aber ist
nicht allezeit, ja zuweilen z.E. bey der
Schöpffung, Ursprung der
Seelen
etc. gantz und gar nicht zu
ergründen. |
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Von dem Ursprunge
natürlicher Dinge urtheilet man |
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{Sp. 610} |
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am sichersten, nachdem
Effecte
selbst. z.E. Wenn man die
Welt
ansiehet, so lässet sich aus ihrer
Natur,
Zufälligkeit und Veränderlichkeit nicht allein schliessen, daß sie einen
Ursprung und
würckende
Ursache habe, sondern auch, daß diese allein
GOtt sey, aus dessen höchsten
Vollkommenheiten denn ferner erfolget, daß sein
Bewegungs-Grund die
Liebe gegen
sich selbst und die Creaturen, und die Absicht theils seine
Ehre, theils der
Menschen Wohlfahrth und Seligkeit gewesen sey. Wollte man aber die Art und Weise
nach der Mechanick erklären; so thäte mans vors erste ohne allen historischen
Grund, auch wider die
Schrifft, ja selbst wider die
Vernunfft, weil GOtt alles
aus nichts durch seine Allmacht hat schaffen müssen. |
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In moralischen Dingen hingegen muß man auf den
Nutzen
und
Nothwendigkeit
sehen, wenn man ihren
Grund
und
Ursachen
herleiten will. z.E. Der
Obrigkeitliche
Stand wäre zwar nicht nöthig gewesen,
wenn der Mensch in seiner Vollkommenheit geblieben wäre. Wegen des Verderbens
aber, das durch die Sünde in die
Welt
gekommen ist, hat er müssen eingeführet
werden, wenn man auf den Nutzen der äusserlichen Ruhe siehet, ja es ist derselbe
höchst nothwendig, weil sonst die Welt nicht fortwähren noch bestehen könte. Auf
diese Weise pfleget man im
natürlichen Recht
und Politic alle Instituta und Status zu deriviren. |
- Zimmermanns natürliche Erkenntniß GOttes …
- Ebend. Vernunfft-Lehre …
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Hier erinnern wir, was die Juristen schon vorlängst angemercket, daß
nehmlich der Historische Ursprung einer
Sache
nicht allezeit der
Grund
ihrer
Rechte
sey, immassen bekannt, daß z.E. die Codicille von den weiten Reisen, die
Erb-Zins-Güter von Erbauung derselben aus rauher Wurzel, ihren Ursprung
genommen; daher aber nicht folget, daß ihre
Rechte
sich nicht weiter, als auf den Fall ihres historischen
Ursprunges erstrecken. |
Müllers Einleitung in die philosoph.
Wissenschafft, Th. III p. 397. |
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Siehe hierbey den
Artickel:
Urhab im L
Bande,
p. 1533. |
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