Titel: |
Sprache (Griechische) |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
39 Sp. 424 |
Jahr: |
1744 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 39 S. 225 |
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Sprache (Gothische) |
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Sprache (Hebräische) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
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Text |
Quellenangaben |
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Sprache (Griechische)
Lingua Graeca,
ist unter die
reichsten,
zierlichsten und
ältesten
Sprachen zu
zählen. |
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Einige haben vorgegeben, die Griechische Sprache sey so alt, daß auch die
Hebräische davon ihren
Ursprung habe. Andere
meynen, sie sey von den Runis
der alten Gothen entsprungen; Sie
verdienen aber wohl so wenig Beyfall, als
Becanus, welcher Hebräische
Worte aus der Bayrischen Mundart
herleiten, und vorgeben
will, [ein Wort hebräisch] heisse so viel, als
Nimms-Brod. |
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Daß die Griechischen
Buchstaben aus der
Hebräischen
oder Phönicischen Sprache angenommen worden, haben viele
gelehrte
Männer deutlich erwiesen.
Hingegen halten auch viele davor, daß sie von der
Deutschen abstamme, unter
welchen sich sonderlich Jac. Friedr. Reimman in dem Versuche
einer Einleitung in die Hist. Lit. I. p. 170. es zu erweisen bemühet
hat. |
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Übrigens ist die die Griechische unter allen alten und todten
Sprachen,
wegen der Menge ihrer
Wörter, der Zierlichkeit ihrer Ausdrücke, des Nachdruckes
ihrer zusammengesetzten Wörter und wegen des Wohlklanges in der Verbindung ihrer
Wörter am höhesten zu schätzen. So bald Griechenland anfieng, gesitteter zu
werden und die schönen
Künste zu treiben; sobald wurde auch ihre Sprache
bereichert und verbessert. Und hat es wohl niemals eine Nation denen Griechen in
dem ersten Stücke zuvor gethan; so hat auch ohne
Zweifel kein
Volck
seine Sprache zu einem solchen Gipfel der
Hoheit |
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{Sp. 425|S. 226} |
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bringen können. |
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Die Griechische Sprache
theilte sich in viererley Mundarten nehmlich die
Attische, Jonische, Dorische, und Äolische.
Dieses waren eben so viel
Sprachen, deren jede in ihrer
Art vollkommen war,
deren sich unterschiedene
Völcker bedieneten, die aber doch alle zusammen eine
eintzige Sprache zum
Grunde hatten. Diese Verschiedenheit der Sprachen darf
einen nicht wunderbar scheinen, da sie in einem
Lande wohneten, dessen
Einwohner
einander nicht unterwürffig waren, sondern eine besondere
Herrschafft für sich
hatten. |
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Die Attische Sprachart ist diejenige, deren man sich zu
Athen und in den benachbarten Lande bediente. Sie ist besonders von dem
Thucydides, Aristophanes, Plato, Isocrates, und Demosthenes gebraucht worden. |
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Die Ionische Sprachart war mit der Attischen fast einerley.
Aber da sie hernachmahls in einige Städte in klein Asien und in die dabey
liegenden Inseln eingeführet ward, welche letztere Pflantz-Städte der
Athenienser und Achajer waren, so bekam sie darinnen gleichsam ein neues
Ansehen, und folgte nicht aller Zärtlichkeit nach, dazu hernachmahls die
Athenienser gelangten. In dieser
Sprache haben Hippocrates und Herodotus
geschrieben. |
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Die Dorische Sprachart war zuerst bey den Lacedämoniern und
Argiern gebräuchlich. Hernach kam sie nach Epirus, nach Libyien, nach Sicilien,
Rhodus, und Creta. Archimedes und Theocritus,
beyde von Syracus, und Pindar haben darinnen geschrieben. |
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Die Äolische Sprachart war im Anfange unter den Böotiern
und ihren Nachbarn und alsdenn in Äolien, einer Landschafft in klein Asien
zwischen Ionien und Mysien gebräuchlich, welche Gegend zehn oder zwölf Städte
begriff, die mit Griechen besetzt waren. Die Sappho und der Alceus haben sich
derselben bedienet, von deren
Schrifften wenig übrig geblieben ist. Man findet
sie auch in dem Theocritus, Pindar, Homer und verschiedenen andern mit
eingemischet. |
Rollin. Histor. alter Zeiten und Völcker T.
II. p. 599 u.f. |
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Die Griechische Sprache überhaupt ist jederzeit in dem größten Ansehen und
zur Zeit der Geburt Christi bey nahe eine allgemeine Sprache gewesen. Sie hat
sich auch nach diesen lange Zeit in ihrem Flore erhalten und es haben einige
gelehrte
Männer die
Meynung behaupten wollen, daß für und um die Zeiten Carl des
Grossen man in Deutschland
die Acta publica guten Theils noch in Griechischer Sprache abgefasset
habe, und daß selbige damahls die
Sprache der Gelehrten gewesen, nachgehends
aber die
Lateinische der Griechischen vorgezogen, und von dieser der Ausspruch
erfüllet worden: Graeca sunt, neque legi neque intelligi debent. |
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Allein was das Schicksaal der Griechischen Sprache in Deutschland
anbetrifft: So haben andere gelehrte
Männer im Gegentheile angemercket, daß
Deutschland vor Carl des grossen Zeiten keine Urkunden aufzuweisen habe. Wie
könne man also
sagen, daß vor dem alles Griechisch verfaßt worden sey? die
Griechische
Schule zu Marseille, von der einige
reden, wenn es auch noch so wohl
gegründet wäre, hat wohl nicht viel deutsche
Studenten gesehen. Die Italiäner
hatten sie näher, |
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{Sp. 426} |
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und konnten doch nicht viel Griechisch. Man mußte es als etwas seltsames
betrachten, wenn sich bisweilen ein Pabst in seinen Siegeln einer Griechischen
Umschrifft bediente. |
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Woferne es auch mit
Kayser Carls Urkunden, die man aufweiset seine
Richtigkeit hat; so siehet man doch darunter nichts Griechisches. Ja in dem
Oßnabrügischen Stifftungs-Briefe, den der
Bischof von Paderborn so sehr
vertheidiget, wurden ja von ihm erst Griechische
Schulen in Deutschland
eingeführet, daß also diese
Sprache erst nach der Zeit bey uns recht Mode müste
geworden seyn, wiewohl man doch sieht, daß die
Deutschen sie eben nicht
allzueifrig getrieben; indem es die
Scribenten der folgenden Zeiten als etwas
sonderbares bemercken, wenn einmahl jemand Griechisch gekonnt. |
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Was die heutige Griechische Sprache anbelanget; so ist sie in der Aussprache
sehr von der alten unterschieden, wie solches George Wheler in
seiner Griechischen Reise Beschreibung nach allen Buchstaben des Alphabeths
beybringt. Was diese heutige Griechische Sprache aber überhaupt anbetrifft, die
man insgemein Graeco-Barbaram nennet; so kan man des P.
Thomae Parisini nouvelle Methode ..., so zu
Paris 1709 herausgekommen, nachlesen. |
Deutsche
Actais Erud.
T. I. ... |
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Die anjetzo in Griechenland gebräuchliche Sprache ist die Türckische und
Vulgar-Griechische, welche letztere nicht allein in Ansehung der Vermischung mit
den Türckischen
Worten, sondern auch wegen der würcklichen Pronunciation in den
noch unveränderten Worten von der Alt-Griechischen sehr differiret. Die so
genannten Griechischen Gelehrten haben von der Reinigkeit ihrer alten
Mutter-Sprache eine sehr schlechte
Erkänntnis und verwundern sich aufs Höchste,
falls sie Ausländer darin mehr, als sich selbst beschlagen sehen. Und zu Athen,
wo Vorzeiten alle
Arten der
Geschicklichkeit und Beredsamkeit ihren Sammel-Platz
hatten, führet man jetzo den elendesten und verdorbensten Dialect in gantz
Griechenland. |
Heintzelmanns Geogr. p. 389 u.f. |
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