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Zedler: Frauenzimmer HIS-Data
5028-9-1782-4
Titel: Frauenzimmer
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1782
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 914
Vorheriger Artikel: Frauenzier
Folgender Artikel: Frauen-Zimmern
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Frauenzimmer heisset eigentlich derjenige Ort, wo sich die Weibes-Personen aufhalten, das wird aber auch vor das Geschlechte selbst genommen, so dem Männlichen entgegen gesetzt wird. Ihr Humeur, Geist, Eigenschafft, Inclination und Wesen scheinet nach jeder Landes-Art und Beschaffenheit von einander unterschieden zu seyn.  
  Das Portugiesische Frauenzimmer wird von denen Scribenten vor das schönste in gantz Europa, dabey aber auch vor hochmüthig, eifersüchtig und argwöhnisch ausgegeben.  
  Das Spanische soll nicht von sonderbarer Schönheit, wohl aber träge und nachläßig seyn: es schläfft gerne lange, läßt sich am Tage sehr selten sehen, gehen sie aber aus, so verdecken sie das Haupt; sie schmüncken sich sehr starck, seynd überaus verliebt, haben insgemein garstige und übelriechende Zähne, weswegen sie sich auch starck zu parfumiren pflegen; zum Kleidern lieben sie die schwartze Farbe, und führen eine besondere Tracht; als einen sehr weiten und ausgesperrten Unter-Rock, ein kurtzes Ober-Wammst mit Flügeln, einen Kragen und kleines Hütlein. Die Spendagen sind ihnen angenehm. Wenn sie ihren Courtisanen eine Affection erweisen wollen, zeigen sie selbigen ihre Füsse, womit sie gar spröde thun, weil sie hierinnen vor allen andern Nationen etwas besonders haben, indem solche nette, schmahl und sehr  
  {Sp. 1783|S. 915}  
  weiß gewachsen seyn sollen. Ohne Erlaubniß hoher Damen in Spanien Füsse zu sehen, halten sie vor capital; anbey sind sie von mittelmäßiger Taille, jedoch sehr schlanck.  
  Das Frantzösische Frauenzimmer hingegen ist lustig, beredt, neugierig, veränderlich in Moden, listig, verliebt, leichtsinnig, frey, doch ohne Verletzung der Ehrbarkeit, es liebet keine Röthe im Gesichte, sondern hält blaß seyn vor eine besondere Schönheit, daher sie fleißig zur Ader lassen; hiernächst sind sie sehr fruchtbar.  
  Das Niederländische Frauen-Volck ist meistens ramassirt und ein wenig starck, doch dabey wohl gewachsen, wachsam, fleißig, haußhältig, hält viel auf Netteté und Reinlichkeit im Hause, verdirbt keine Compagnie, und ist sehr complaisant.  
  Das Englische Frauenzimmer ist schlanck und wohl gewachsen, schön von Gesichte, charmant, und hält viel auf Frantzösische Moden, liebet die Freyheit und alle Galanterien, macht denen Männern die Herrschafft gerne disputirlich, daher auch das Sprichwort entstanden: England sey der Weiber Paradieß, in Conversation seynd sie nicht spröde, massen sie ein Fremder gar leichte sprechen kan, machen auch ein Pfeiffgen Toback mit.  
  Das Dänische Frauenzimmer ist schön von Gesichte, häußlich und fruchtbar, doch sehr mißtrauisch und eigensinnig.  
  Das Schwedische hingegen von etwas starcker wiewohl schöner Leibes-Gestalt, liberal, conversable und höfflich, absonderlich zur Haushaltung geschickt.  
  Was das Teutsche Frauenzimmer betrifft, so findet man hier und da viel schöne Gesichter, sie aestimiren neue Moden, sind politisch, und zu allen Dingen bequem, curieus, können ihre Liebe sehr verbergen, mögen auch gerne Schmeicheleyen vertragen, seynd begierig auf die Galanterie, lassen sich zur Haußhaltung wohl anführen, und bey ihrer Liebe eine nicht geringe Eifersucht mercken, sie wissen sich meisterlich zu verstellen, lassen aber ihre Wanckelmuth hier und da blicken, sie lieben die Music, können sich in jede Tracht sehr wohl finden, und sind meistens gut gewachsen.  
  Das Ungerische Frauenzimmer ist artig von Gesichte, lebet sehr eingezogen, und ist dabey schamhafftig.  
  Das Polnische ist gleichfalls ziemlich schöne, frey und conversable, und liebet die Frantzösische Tracht mehr als die ihrige.  
  Das Moscowitische aber findet man von kleiner Statur, wohl gewachsen, und feinen Angesichte; sie schmincken sich aber dennoch, und färben die Augenbraunen. Die verheyratheten Personen tragen ihr zusammen gerolltes Haar unter einer Mütze, mit Fuchs- oder Bieber-Fellen bebrähmet, die Jungfern aber lassen sie in Zöpffe geflochten, über die Schultern hängen; sie tragen Cafftars oder Ober-Röcke, so weiter als der Männer ihre sind, gehen auf Schuhen mit sehr hohen Absätzen, und kleinen subtilen Nägeln beschlagen.  
  Das Türckische Frauenzimmer soll schöne seyn, absonderlich das in Sukana, überaus annehmlich, und gehet meist verdeckt, lassen auch von ihren gantzen Gesichte mehr nichts als die Augen sehen, sonst halten sie sich sehr eingezogen, weil ihnen keine grosse Freyheit vergönnet wird, dürffen sich aus dem Hause nicht ver-  
  {Sp. 1784}  
  lauffen, darum sie aus der Liebe wenig machen.  
  Das Schweitzerische Frauenzimmer ist starck von Leibe, arbeitsam, offenhertzig, sie lieben die Frantzösische Sprache, und tragen weder Gold noch Silber auf denen Kleidern.  
  Das Welsche Frauenzimmer ist höfflich in Conversation, verliebt, beredt, schön, doch an einen Orte besser als an dem andern, und wird ihre Keuschheit zu erhalten sehr eingeschrenckt.  
  Sehen wir in die andern drey Theile der Welt, so finden wir in Asien das Japanische Frauenzimmer sehr keusch und schamhafftig, Massen sie viel lieber sterben, als ihre Keuschheit entweihen lassen. In Siam sind sie arbeitsam und häußlich, in Molta aber behertzt und streitbar. Hingegen trifft man in Africa das Frauenzimmer von wilden und aberglaubischen Humeur an, sie haben eine schwartze Haut, und halten es vor eine sonderbare Schönheit, wenn sie recht schwartz sind: Dabeneben klebt ihnen viel Unflat an. Und endlich ist in America das Frauenzimmer sehr wilde, rauch und abgöttisch, sie gehen nackend, und haben nur eine leichte Baumwollene Decke um den Schoß, oder auch bunte Federn. Die Weiber sind harter Natur, und darum in gebären sehr behertzt und glücklich.  
  In Brasilien hängen die Weiber ein von vielen Schnecken-Häusern gemachtes Kleinod in die Ohren, bemahlen ihr Gesichte mit allerhand Farben, und halten wenig von Pracht und Zierrath.  
  So unterschieden findet man das weibliche Geschlechte von einander. Ob aber selbiges dem Männlichen vorzuziehen, ist eine andere Frage, immittelst ist doch gewiß, daß man von diesen Geschlechte an allen Orten viel geschickte und herrliche Subjecta findet, welche es in denen Studiis und andern stattlichen Wissenschafften und Künsten viel berühmten Männern, wo nicht zuvor, doch gleich gethan haben.  
     

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Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries