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Quellenangaben |
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Keuschheit, ist eine Mäßigung derer
Liebes-Leidenschafften. |
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GOtt hat den
Menschen nicht als einen Klotz
geschaffen, welcher gegen das andere
Geschlecht
unempfindlich sey: Denn so würde das menschliche
Geschlechts bald untergehen, wo alle
Lust zum
Beyschlaffen aufhörte. Bleibt nun die
Begierde
darnach im gehörigen
Schrancken in Absicht auf
den Göttlichen
Endzweck, so ist der Mensch
keusch. Sollte demnach wohl derjenige mit
Recht
diesen
Namen führen, der kein
Vermögen hat,
denen Lüsten des Fleisches Gnüge zuthun. |
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Alte verlebte
Personen, welche ihr
Cörper in
Ausübung derer Fleisches-Lüste verläst, sind
deswegen noch nicht keusch zu
nennen, weil keine
sinnliche Zeugen einiger Unkeuschheit können
aufgestellet werden. Wollte ihr Cörper so mit fort,
als ihr Wunsch und Gedencken auch die Fleisches-Lüste gerichtet sind, so |
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{Sp. 548} |
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besorge ich, daß viele unter ihnen es jüngern in
einen
schändlichen
Leben zuvor
thun würden. Kan
ein Tiberius Alters und Schwachheits halber nicht
mehr so munter in den Liebes-Kriege streiten,
vergnügt er sich desto mehr daran, wenn
dergleichen in seiner
Gegenwart geschiehet, und
die in seinem Palaste häuffig aufgestellten
geilen
Bildnüße sind offenbare Merckmahle seiner
unkeuschen Begierden. |
Suetonius Tib. … |
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Oder sollte man wohl eine alte ausgediente
Vettel unter die keuschen
Frauen
zehlen, weil sie
niemand mehr verlanget: Es darff also vor Rechts
wegen niemand den schönen
Titel keusch führen,
der nicht
würcklich seine Liebes-Leidenschafften
mäßiget. Dabey bestehet nun nicht, in
Gedancken
denen Lüsten nachzuhängen, und sich nur in Acht
zu nehmen, daß keine
öffentliche Zeugen der
Unkeuschheit auftreten können. |
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Keuschheit ist die
Eigenschafft eines
vernünfftigen
Wesens; denn denen
unvernünfftigen
Thieren eignet man weder Keuschheit noch
Unkeuschheit zu, weil sie lediglich nach dem Trieb
ihrer Natur ohne den geringsten
freyen Willen thun.
Wer sich also vor keusch ausgeben
will,
muß ohne
den geringsten Zwang eintzig aus
Vorstellung
vernünfftiger
Gründe seine Liebes-Leidenschafften
in Zaum zu halten
wissen. |
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Dies bestehet vor allen
Dingen im
Gemüthe,
ohne welches diese
Tugend nur ein verstelltes
Wesen seyn würde, so daß eine äusserliche
gute
Aufführung uns nur betrügen würde; wie es denn
nicht selten geschiehet, daß man endlich an Leuten,
die äusserlich einen keuschen Wandel von sich
weisen, die abscheuligste Fleisches-Wercke
entdecket. |
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Ist nun aber das Gemüth
wahrhafftig wohl
eingerichtet, kan es nicht anders seyn, es muß sich
in äusserlichen Bezeigen ein sittsames Wesen
äussern. Es mögen also die zusehen, die geile
Stellungen, unflätige Zoten oder doch
unbedachtsame
Reden von
Liebes-Sachen
vorbringen, und doch noch dabey vor keusch wollen
angesehen seyn, oder doch wenigstens nicht
erlauben wollen, daß man auf ein dahinter
steckendes unkeusches Gemüthe
schliessen
solle. |
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Unser
gantzes Wesen ist so eingerichtet, daß
in das äusserliche uns bringt, was innenwendig
verborgen. Äussert sich nun was unkeusches, muß
nothwendig innerlich der Grund dazu seyn. Bessere
also nur dein Hertz, mäßige in denselben deine
Neigungen
zur Fleisches-Lust, wird sich bald mehr
Keuschheit in deinen
Thaten blicken lassen. |
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Durch Beraubung derer Gliedmassen, die etwa
zu Ausübung der Lust-Seuche am meisten dienen,
ist die
Begierde zu sündigen noch nicht gehoben.
Doch damit kanst du etwas beytragen, wenn du
deinem Fleische entziehest, was es nur
geil machet.
Umgang mit dem andern Geschlecht, besonders mit
geilen Personen, essen und trincken, so überflüßig
Feuer in dein Geblüte bringe, zu viele Ruhe und
Müßiggang flammen die geile Gedancken des
Hertzens nur mehrer an; welches wenn du es ihm
enziehest, die
Nahrung ihm also entgehet, und du
dich also leichte in den Schrancken halten
kanst. |
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Man bilde sich aber nicht etwa dabey ein, als
ob Keuschheit und Unkeuschheit nun vom ledigen
Stande sich sagen lies- |
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{Sp. 549|S. 286} |
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sen. Der gröste Hauffe ist zwar freylich dieser
Meynung, und bildet sich ein, der
Ehestand
bedecke und rechtfertige auch die gröbsten
Ausübungen derer Liebes-Leidenschafften, wenn
sie nur von
ordentlichen zusammen gegebenen
Mann und
Weib verübet würden, gleich als ob
dieselben mit den Eintritt in den Ehestand aller
Beherrschung ihrer Leidenschafften entbunden
würden. Wir unsers
Orts halten davor, daß die
Verbindlichkeit dazu nur desto stärcker werde, ie
weniger die Obrigkeit die Ubertreter dieser
Tugend
bestraffen kan. |
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Wo es aber an dem, daß jeder
Stand seine
Gesetze hat,
muß
nothwendig der Ehestand davon
nicht ausgeschlossen seyn. Sollte
GOtt als der
Stiffter desselben wohl gewollt haben, daß in
demselben allen Fleisches-Lüsten ein
unumschräncktes Feld geöffnet würde? das sey
ferne. Wir können also nicht umhin, denenjenigen
Eheleuten eine Unkeuschheit beyzumessen, die
über und ausser ja wider den
Zweck ihres Standes
derer Liebes-Freyheiten sich bedienen; denn alles,
was nicht auf den Zweck einer
Sache zielt, ist
unrecht und
Sünde. |
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Zu geschweigen, daß ein allgemeines
Vorurtheil ist, denen Leuten werden, sobald sie nur
das Ehe-Bette betreten, alle
Schrancken der
Ehrbarkeit geöffnet, und wären sie nun berechtiget,
öffentlich darwider zu handeln. Daher sie sich nichts
daraus machen, die Heimlichkeiten des Ehe-Bettes
öffentlich kund zu machen, nicht bedenckende, daß
sie in anderen
Gemüthern die Funcken zur Liebes-Lust aufblasen, dabey sie wenigsten auch die
häuffigen Ungelegenheiten des Ehe-Standes nicht
verschweigen
sollten, wodurch hingegen manche
auch von ihrer unbedachtsamen Liebes-Lust
würden abgehalten werden. Daher der Eifer jenes
ernsthafften Römischen Censoris nicht zu
mißbilligen, der einen seiner Mitbürger deswegen
mit Schimpff aus dem
Raths-Stande stieß, weil er
seine
Frau, welches ihm zu
Hause nicht immer
verwehrt gewesen, öffentlich gekiesset. |
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Dabey fällt noch die
Frage zu erörtern vor, ob
es erlaubet sey, seine Keuschheit wider den, der ihn
Tort
thun
will, mit Ermordung desselben zu
vertheidigen. Wir
wissen wohl, wie viel fast bey allen
Völckern darauf gehalten worden, daß ihrer
Töchter
und Weiber Keuschheit unverletzt behalten werde,
so daß wider die Verletzer dererselben die gröste
Schärffe erlaubet gewesen. Wir sind auch nicht in
Abrede, daß nach einmahl verlornen Keuschheit die
Person selbst, in der sie verletzet worden, den
grösten
Bewegungs-Grund verloren, weiter keusch
zu
leben. Ja wenn wir endlich ein Auge auf die
menschliche
Gesellschafft haben, müssen wir
bekennen, daß ihr Werth um ein grosses verringert,
und die verlorne Hochachtung sie ausser
Stand
setzet, ein ihrem
Stande anständige
Heurath zu
thun. |
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Weil aber durch die geraubte Keuschheit nur
der Werth, ob zwar ein sehr grosser, der verletzten
Person genommen wird, so, daß sie doch noch
beym Leben bleibt, und sich also als auch andern
noch
nützlich seyn kan, als können wir solche
Heldinnen nicht vor
gerecht
erkennen, welche
wegen Verlust ihrer Keuschheit mit jener Lucretia
sich selbst ein Leid |
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{Sp. 550} |
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anthun, oder doch den Rauber derselben mit
Verlust seines Lebens belegen, weil
Ehre und
Leben nicht gleichgültige
Güter sind. Zudem
Augustinus de Libero Arbitr. … de Ciu. Dei … schon
nicht unrecht davon gehalten, die Keuschheit
bestehe
vornehmlich in Gemüthe, ohne dessen
Beystimmung sie niemanden genommen werden
könne. |
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Hiernächst, so sind ja in der
bürgerlichen
Gesellschafft noch andere
Mittel, wodurch der
Verlust der Ehre wieder zu ersetzen, als z.E. Ehren-Erklärung, ein Ersatz am
Gelde, womit die
Geschwächte ihre
Schande bedecken könne, u.d.
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-
Thomasius Jurisprud.
diuin. …
- Henneberg
Disp.
an mulier violent.
pudicitiae inuasorem salua conscientia occidere
possit,
Leipzig. 1704.
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Ubrigens giebt uns die
heil. Schrifft von letzt
beschriebenen Tugend der Keuschheit
folgendes. |
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Sie
nennet sie ein
Wort, welches nicht
iedermann fasset, sondern denen es gegeben
ist, |
Matth. 19, 11. |
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wie Paulus solches donum continentiae als
eine heroische Keuschheit empfangen, und wegen
der
Nothdurfft seiner
Zeiten wünschte, daß alle
Menschen wären wie er, |
1. Cor. 7, 7. |
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oder, da ein Mensch gleich von den
bösen
Lüsten seine Anfechtung hat, daß er doch in
solchem Kampffe sich tapffer erweiset, und ein
lediger Mensch sein Fleisch samt den Lüsten und
Begierden creutziget. |
Gal. 5, 24. |
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Enthält sich von fleischlichen Lüsten, welche
wider die
Seele streiten. |
1. Petr. 2, 11. |
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Solche Keuschheit nun ist eine feine
Christen-Tugend, der sich iedermann befleißigen soll, |
1. Theß. 4, 3. 4. 5. |
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auch
eheliche Personen, |
- 1. B. Mos. 2, 18.
- Ebr.
13, 4.
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und
Jungfrauen, |
1. Cor. 7, 34. |
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Solche zu überkommen ist
nöthig |
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Sirach 23, 4. 5. 6. |
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- 1. B. Mos. 39, 9.
- Sir.
28, 27. 28.
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- c. 9, 7-14.
- Matth. 5,
29.
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Keuschheit hat ein schönes
Lob und Belohnung
bey GOtt und den Menschen, |
- B. der Weish. 3, 13.
- Sir. 26, 19.
- Gal. 5, 21.
- Off. Joh. 14,
8.
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Exempel der Keuschheit findet man an |
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1. B. Mos. 26, 10. |
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- denen Söhnen Jacobs, Ruben
ausgenommen,
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c. 34. 7. 25. |
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c. 39, 8. 9. |
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4. B. Mos. 31, 17. 18. |
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Ruth 3, 7. 8. |
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- an den Priester Abimelech,
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1. Sam. 21, 4. |
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Job. 31, 1. |
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Tob. 3, 16. |
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Hist. Sus. v. 23. |
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8, 4. |
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- Joseph, der Jungfrauen Marien vertrauten
Mann,
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Matth. 1, 19. |
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- an der Jungfrauen Marien, des Herrn Christi
Mutter,
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Luc. 1, 34. |
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c. 2, 36. |
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