Titel: |
Unrath [Unrecht] |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
49 Sp. 1920 |
Jahr: |
1746 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 49 S. 975 |
Vorheriger Artikel: |
Unrath der Wunden |
Folgender Artikel: |
Unrecht, (übermäßiges) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Text |
Quellenangaben |
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Unrecht[1], oder
Ungerechtigkeit,
Lat.
Injuria,
Injustitia, heisset alles dasjenige, was nicht mit
dem
Gesetze
übereinstimmet, sondern von
demselben abweichet. |
[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: Unrath; wegen der
Überschrift von Sp. 1921 und des Wortlauts des Artikels, insbesondere
Satz 2 |
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Es begreiffet also Unrecht überhaupt zwar
alle Verbrechen unter sich: |
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{Sp. 1921|S. 976} |
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allein es ist auch ein Unrecht, das kein
Verbrechen ist, wenn nehmlich auf die
Übertretung des Gesetzes keine
Straffe gesetzet,
sondern nur die
richterliche Hülffe, oder die
Nichtigkeit der unternommenen
Handlung daher
zu erwarten ist; Denn man kan nicht
sagen, daß
der
Landes-Fürst alles Unrecht, das nur je wider
die göttlichen und
menschlichen Gesetze verübet
wird, zu bestraffen schuldig, sondern nur
dasjenige, das wider die menschlichen Straf-Gesetze begangen wird. |
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Es sind allhier sowohl die unterschiedenen
Grade der Zurechnung des Unrechts, als auch die
Befugnisse des Beleidigten und des Beleidigers
zu
unterscheiden. |
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Man
theilet das Unrecht ein in das Unrecht
der Boßheit und der Schwachheit und Versehens;
Beyde nun sind wiederum den Graden nach
unterschieden, indem man eine Bosheit oder
Schwachheit entweder bey geruhigen oder zu
reiffer Überlegung
geschicktem
Gemüthe, da man
seiner selbst
vollkommen mächtig, begangen
haben kan, oder in der Hitze eines gereitzten
Affects, in welcher man seiner selbst nicht oder
wenig, mächtig gewesen. |
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Da denn die erstere
Art der Bosheit oder
Schwachheit allerdings eine Boßheit oder
Schwachheit in höhern Grade ist, als die andere,
wie Cicero Offic. Lib. I. sehr wohl anmercket: [5
Zeilen lateinischer Text]. Denn ein Unrecht, das
aus der Hitze eines Affects verübet worden, ziehet
entweder so fort, oder doch bald darauf, wenn die
Hitze des Affects verflogen, eine Reue und
Begierde der Ersetzung und Besserung nach sich;
das aber bey geruhigen Gemüthe verübet worden,
nicht. Dahero auch jenes ein eben nicht so gar
böses und in seinen Absichten unvernünfftiges
Gemüth anzeiget, dieses aber allerdings. |
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Die Juristen pflegen zwar insgemein ebenfalls
einen
Unterscheid des Versehens, den Graden
nach, zu machen, indem sie es in culpam latam,
levem, et levissimam eintheilen; allein es fehlet
dieser
Eintheilung an Deutlichkeit, Richtigkeit und
wahrhafftigen
Nutzen. |
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Was nun aber die Befugnisse des Beleidigten
u. die
Pflichten des
Beleidigers in Ansehung des
Unrechts betrifft, so lehret Aristoteles Rhetor. …
gar wohl, wenn er
spricht: [10 Zeilen lateinischer
Text]. |
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Mit einem Versehen demnach, daß ein
Mensch einmahl ohngefehr aus Schwachheit, und
wider
Willen begehet, soll man es nach Befinden
der Umstände so genau nicht nehmen, als mit
dem, was er wissentlich gethan; und mit diesem,
wenn es aus Hitze eines Affects geschehen, auf
welchen bald die Reue erfolget, nicht so genau,
als mit dem, was aus überlegten Betrug und
Bosheit geschehen. |
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Dieses ist der
Grund, warum die
weltlichen
Rechte billig nicht alle Hand- |
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{Sp. 1922} |
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lungen, die wider die
Gesetze verübet
werden, mit
Straffe, noch auch mit gleicher Straffe
zu billigen pflegen, indem in einigen Fällen die
widerrechtlich verführte
Handlung nur null und
nichtig ist; in andern
z.E. in den
Contracten, dem
Beleidiger nur die Ersetzung des durch Betrug
oder Versehen verursachten
Schadens oblieget,
in noch andern endlich, die man in engern
Verstande Verbrechen
nennet, scharffe Straffen
verordnet sind, welche letztere auch wiederum,
insonderheit, wenn sie
Leib und Leben betreffen,
nach den unterschiedenen Graden der
Zurechnung geschärffet oder gemildert werden;
immassen z.E. ein Mord der aus frey überlegter
Bosheit, z.E. von einem Räuber, begangen wird,
mit der Straffe des Rades, |
Land-R. … |
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der aus Übereilung des
Zornes begangen
wird, mit der Straffe des Schwerdes; der aus
Versehen, ohne tödtliche Waffen, begangen wird,
mit gelinderer willkührlicher Straffe angesehen
wird, |
l. 1. § 3.
ff. l. 5.
C.
ad
L. Cornel. de sicar. |
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siehe anbey den
Artickel:
Beleidigung, im III
Bande,
p. 1013 u.f. |
Müllers Philosophie,
III Th.
... |
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Kurtz: das Unrecht ist nichts anders, als der
Gegensatz von dem
Rechte und der
Gerechtigkeit. Wovon unter diesen
Worten ein
mehrers nachgesehen werden kan. |
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Insbesondere aber
verstehet man dadurch
die sonst so genannten Injurien und ehrenrührige
Anzüglichkeiten und Beschimpffungen, |
de l. 1. ff. de injur. l. 1 und l.
5. ff. ad L. Aquil. |
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Siehe Schmach-Sachen, im XXXV Bande, p.
267 u.ff. wie auch die unter dem Worte: Injuria, im
XIV Bande, p. 707 u.f. befindlichen Artickel. |
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Wer auf beschehene Beleidigung den andern
heraus fordert, hat in denen
Chur-Sächsischen
Landen vor das ihm angethane Unrecht keinen
Abtrag zu erwarten. |
Duell-Mandat … |
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Nach geleistetem
Eyde ist Klägern nicht
vergönnet, zu
beweisen, daß der Beklagte unrecht
geschworen. |
C. 15. p. 1. |
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Im Appellation-Gerichte werden zwar keine
peinlichen Sachen angenommen, |
Appellation-Gerichts-Ordn. t.
wer vor unser Appellation-Gericht etc. |
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wohl aber, wenn einer hernach, daß ihm
unrecht geschehen, rechtlich ausführen
wolle. |
Ibid. |
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Wie denn überhaupt in keinen
Rechten
vergönnet ist, sich wegen des von einem andern
erlittenen Unrechts selbst zu helffen, oder zu
rächen; sondern wer da
meynet, daß ihm von
einem andern zu viel geschehen, muß deshalber
durch den Weg Rechtens und mittelst einer
ordentlich angestellten Klage die ihm gebührende
Satisfaction suchen. Siehe |
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- Selbst-Rache, im XXXVI
Bande,
p. 1614 u.ff.
- desgleichen die unter dem
Worte:
Actio, im I
Bande, p. 395 u.ff. befindlichen Artickel.
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