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Zedler: Frage HIS-Data
5028-9-1599-7
Titel: Frage
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1599
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 823
Vorheriger Artikel: Fragaria vulgaris
Folgender Artikel: Frage, (peinliche)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Frage, ist eine Rede, die also eingerichtet ist, daß man eines andern Anwort darauf erwartet.  
  Was das Obiectum, oder dasjenige, wovon man fragt, betrifft, könnte man alle Fragen eintheilen in Fragen von Wörtern und Redens-Arten, und in Fragen von Sachen.  
  Die Fragen von Wörtern und Redens-Arten gehören in die Grammatic, und sind meistens also beschaffen, daß man wissen will,  
 
  • wie diese oder jene Sache benennet werde?
  • was dieses oder jenes vor eine Bedeutung habe?
  • oder ob eine Redens-Art nach denen Grammaticalischen Grund-Sätzen richtig sey oder nicht?
 
  Die Sachen können wir wieder eintheilen in göttliche oder menschliche, jene gehören bald zum Reiche der Natur, bald zum Reiche der Gnaden. Betrachten wir aber die Sachen nach unserer menschlichen Erkenntniß, so sind es Theils gemeine, Theils gelehrte, und können Theils ausgemachet, Theils nicht ausgemachet werden.  
  Bey dem Modo oder Art und Weise, wie die Sache vorgetragen wird, müssen wir erstlich sehen auf den Umstand, auf welchen die Frage gerichtet ist, und zum andern auf die Frage selbst.  
  Die Umstände, auf welche die Frage gerichtet, betreffen bey denen Worten und Redens-Art entweder die Benennung einer Sache, oder die Richtigkeit der Benennung; bey der Sache aber entweder derselben Existentz oder derselben Essentz. Dieses letztere kann auf verschiedene Art geschehen, nemlich durch Quaestionem  
 
  • Definitionis,
  • Diuisionis
  • und Propositionis.
 
  Quaestio Definitionis fordert eine solche Beschreibung einer Sache, darinnen nicht nur dasjenige benennet wird, was die Sache mit andern gemein habe, sondern auch, was sie vor andern besonders, und was sie vor einen Endzweck habe: oder da dieses nicht bekannt, welches offt, und sonderlich in physicis zu geschehen pfleget, so muß zum wenigsten eine genaue Description oder Abschilderung erfolgen.  
  Eine Quaestio Diuisionis ist also eingerichtet, daß sie eine Antwort erwartet, darinnen gesagt wird, wie viel Special-Ideen eine General-Idee in sich begreiffe, da denn die Frage offt weiter geführet, und gefragt werden kann, wieviel eine von denen in der Antwort benannten Special-Ideen wieder besondere Begriffe habe, welches man Quaestionem Subdiuisionis nennen mögte.  
  Quaestio Propositionis ist, da ich eine Sache vortrage, und des andern Urtheil darü-  
  {Sp. 1600}  
  ber verlange, bey welcher Frage alle Zeit zu beobachten ist, daß die Quantität dabey muß benennet werden, ausser dem kann nicht genau darauf geantwortet werden, welches dennoch bey denen Propositionibus comparatiuis seine Ausnahme leidet.  
  Hingegen giebt es auch Fragen, darauf mit ja und nein kann geantwortet, und die von beyden Seiten können vertheidiget werden, siehe Problema.  
  Die Einrichtung der Frage selbst muß also beschaffen seyn, daß sie dessen Einsicht gemäß sey, von dem man eine Antwort erwartet.  
  Es haben aber die Fragen einen dreyfachen Nutzen, erstlich im gemeinen Leben, da man eine Sache erfahren kann, die man zuvor nicht wuste, und die auch niemand von freyen Stücken uns würde gemeldet haben: Zum andern in Unterrichtung der Jugend, bey welcher man die Fragen entweder brauchet, sie zu prüfen, oder sie zu unterrichten. Dieses letztere hat Johann Hübner sonderlich glücklich practiciret, der nicht allein die Geographie, Genealogie und Historie, sondern auch die Biblischen Geschichte auf eine leichte und deutliche Art, in Frag und Antwort vorgetragen, worinnen ihm einige mit glücklichem Fortgang gefolget.  
  Und drittens im Disputiren: denn obwohl heute zu Tage nicht mehr im Gebrauch, durch Frage und Antwort zu disputiren, so finden wir doch, daß die alten mehren Theils durch Frage und Antwort disputiret, welches insgemein Methodus Socratica genennet wird, siehe Disputir-Kunst, Tom. VII. p. 1068.  
     

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Stand: 9. Januar 2013 © Hans-Walter Pries