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Zedler: Kauffleute HIS-Data
5028-15-260-1
Titel: Kauffleute
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 15 Sp. 260
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 15 S. 141
Vorheriger Artikel: Kauff-Lehn
Folgender Artikel: Kauff-Loß
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text  Quellenangaben 
  Kauffleute werden zwar insgemein diejenigen genennet, die das Recht zu kauffen und zu verkauffen besitzen; doch aber sind sie nicht so überhaupt zu beschreiben, sondern man muß auch hiebey auf eines jeden Orts Herkommen und Gewohnheit Achtung geben. Denn in großen und vornehmen Handels-Städten werden die Kramer-, Marckt-Höcker und andere geringe Handthierer nicht mit vor Kauffleute gerechnet. In kleinen Städten aber wird es so genau nicht genommen.  
  Will nun einer ein Kauffmann seyn und heißen, so wird nicht allein erfordert, daß er der Matricel derer Kauffleuthe einverleibet sey, sondern auch, daß er würcklich Handlung treibe, und Vermögen und Geschicklichkeit besitze dieselbige unter Göttlichen Seegen fortzuführen. Deswegen muß ein Kauffmann in seinem Beruffe gottsfürchtig, fleißig und vorsichtig seyn, weil es offt, wenn das erste fehlet, aller Sorgfalt ungeachtet, nicht recht mit der Handlung von statten gehet.  
  Damit er aber auch Geschicklichkeit genug zu seinem Vorhaben besitze, wird erfordert,  
 
  • daß er die Waaren wohl kenne, wie sie überhaupt entweder in natürlichen rohen und unverarbeiteten, oder in gekünstelten und fabricirten bestehen,
  • daß er wisse ihren eigentlichen Preiß nach ihrer Beschaffenheit und Sortimente anzugeben,
    • ob sie frisch oder verlegen,
    • ob sie von der besten, mittelmässigen oder geringsten Sorte seyen;
    • ob sie rechte Länge, Breite, Geruch, Farbe und Gewichte haben;
    • ob sie an dem rechten Orte gewachsen von denen besten Meistern verfertiget, aufrichtig oder nachgemacht seyen.
 
  Welches auch sonderlich bey denen schon etablirten Handlungen, die mancher käufflich an sich bringet, in Acht zu nehmen, dabey er sein Vermögen, Capital und Credit nebst denen Bedingungen, die ihm bey dem Ubertrage, Cession und Verkauffe dergleichen Handlungen in Betrachtung zu ziehen.  
  Wenn die Waaren frisch sind, so darff er dem ungeachtet nicht so hoch als Marckt-Preiß gehen, weil es nur über-  
  {Sp. 261|S. 142}  
  nommene Waaren sind, bey deren Verkauffung er nicht versichert ist, wie sie ausfallen werden. Sind sie aber alt, so muß er, weil sie täglich schlechter werden, und die Abnehmer schwerlich daran gehen möchten, einen hohen Abschlag von 10, 20. und mehr pro Cent unter den ordentlichen Preiß bedingen, sich auch nicht gleich durch Auszahlung baares Geldes entblössen, ob ihm schon solche Waaren noch so wohlfeil gelassen würden; indem es einem Kauffmanne, dem es an Geld mangelt, begegnen kan, daß er auch in gewissen Fällen an denen wohlfeilen Waaren verlieret, und selbige noch geringer als er sie gekaufft hat, hingeben muß.  
  Daneben muß er solche Waaren, ohne ein ander dergleichen Sortiment dabey anzuschaffen, nicht alleine auf dem Halse behalten, sondern solche wieder aufzubutzen, zu arbeiten und zu verstechen wissen. Uberdiß muß er sich hüten, daß er die Termine, in denen er die übernommene Handlung zu bezahlen gedenckt, nicht zu kurtz setze, oder allzugrosse Summen auf einmal willige, die schlechten Debitores nicht vor gut annehme, oder sich selbst zu Abstattung des Verkäuffers Passiv-Schulden verpflichte, sondern zuvor einen richtigen Bilanze und Inuentarium fordere und alsdenn erst mit gutem Vorbedacht und Zuziehung guter Rathgeber zur Handlung schreite.  
  Es wird also erfordert, daß er im Rechnen und Schreiben geübt sey, die unter denen Kauffleuten übliche Kunst-Wörter und Redens-Arten wohl inne habe und verstehe, in denen nöthigsten ausländischen Sprachen erfahren sey, die unterschiedlichen einheimischen und ausländischen Müntzen, wie nicht weniger die unterschiedliche Beschaffenheit des Maßes und Gewichtes wohl unterscheideund sich eine gute Wissenschafft im Buchhalten erworben habe. Wie es aber um dasselbige beschaffen sey, siehe die Abhandlung Kauffmanns-Buch.  
  Ferner muß er auf seine Bedienten wohl Achtung geben, zu Zeiten die Rechnungs-Bücher selbst durchsehen, die Activ- und Passiv- Schulden gegeneinander halten, dem Gewinst oder Schaden erwegen, und keine Gelegenheit einen nutzbaren Handel zu treffen vorbey lassen.  
  Weiter muß er weder zu kühn noch zu furchtsam seyn, indem niemand mehr zweifelhaffte Fälle vor sich findet als ein Kauffmann. So muß er auch verstehen durch guten Einkauff und Verlag die Handlung zu erhalten, viele Käuffer an sich zu ziehen, und nicht durch allzu wohlfeiles Verkauffen, oder allzu vieles Borgen sich selbst in Schaden zu bringen.
  • Buddeus Elem. Philos. pract.
  • Reinhard Theatr. Prudent. elegant.
  • Rohr Haußhalt. Biblioth. …
  • Winckelmann Christl. Kauffmans Sp.
  • Thurmann Biblioth. Marit. …
  • Vero Disc. von verdorbenen Kauffleuten
  • Fritzsch Merc. pecc.
  • Anselmus de Anhaltis de Commerciis et Mercatura.
  • Savary vollk. Kauff- u. Handelsm.
 
  Wer dieses in Acht nimmt, fährt gemeiniglich glücklich; sonderlich wenn er von Jugend auf bey der Handlung hergekommen, und auf seiner Eltern oder Gönner Beutel, Nutzen oder Schaden wohl erkennen gelernet und erkannt hat, wem zu trauen sey. Es fängt zwar auch mancher mit  
  {Sp. 262}  
  wenigen Thalern seine Handlung an, und hört nach Verlauff etlicher Jahre durch Göttlichen Seegen mit grossem Capitale wieder auf; da hingegen einige, ob sie gleich vieles ererben, erheurathen oder käufflich an sich bringen, nichts davon haben, nachdem entweder die Aufführung und der Verstand oder vornemlich der Göttliche Seegen oder Fluch solches mit sich bringet.  
  Wenn Streitigkeiten unter denen Kauffleuthen entstehen, so hat man in grossen Handels-Städten ein besonder Handels-Gericht, darinnen die Sachen nicht nach der Kunst und Umschweiffe des gemeinen Rechts, sondern nach der Billigkeit geschlichtet zu werden pflegen.  
  Im Türckischen Reiche sind die Armenier und Juden, und in Indien die Benjanen die grösten Kauff-Leuthe. Wem es aber in Europa unanständig zu seyn scheinet, oder gewehret ist, siehe unter Kauffmannschafft.  
  In Rom waren ehemahls die Kauff-Leute in schlechter Hochachtung, weil sie nicht einmahl in Censu waren, und also auch nicht unter die Bürger, sondern unter die schlechtesten und geringsten Leute gezehlt wurden. Pitiscus Lex. Antiq.
  Daß sie auch bey denen alten Teutschen in schlechtem Ansehen gestanden, bezeugen
  • Caesar Bell. Gall. …
  • Tacitus de Mor. Germ.
  • von Bünau Deutsche Kayser und Reichs-Hist. Th. II. B. I. …
     

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Stand: 28. März 2013 © Hans-Walter Pries