Stichworte |
Text |
|
|
Vermögen,
Lat. Bona,
Opes, Facultates,
Frantz. Biens, heisset insgemein das Haab
und Gut, oder der
Reichthum einer Privat-Person. |
|
|
In diesem Verstande kan man
sagen, es sey das Vermögen oder, wie es
insgemein genennet wird, das zeitliche Vermögen ein Vorrath von
zeitlichen
Gütern, davon der
Mensch
leben kan, es sey nun
Geld, oder was Geldes
werth ist, oder ein Vorrath solcher
Sachen, die der
Mensch zur
Nothdurfft, zum
Vergnügen und Wohlstande seines
Lebens
gebrauchen kan; oder Vermögen ist der
Vorrath, so der Mensch von äusserlichen
Dingen
nöthig hat. |
|
Klassen |
Das Vermögen hat seine Grade, die man nicht so genau kan determiniren;
überhaupt aber lassen sich einige gemeine Classen davon machen, welche man auf
verschiedene Art abmessen muß. |
|
Maß nach Ausgaben |
Die vornehmste
Art sind die mancherley Ausgaben, welche in dem
Leben
fürfallen. Man hat Ausgaben der Nothdurfft, der
Bequemlichkeit und des
Wohlstandes, und muß nicht nur auf die gegenwärtige; sondern auch künfftige
Zeit
sehen. Wer nun mehr hat, als er zu allen diesen Fällen braucht, von dem
saget
man, er sey
reich; wer aber nur so viel besitzet, als dazu nöthig, u. nichts
drüber, der hat sein reichlich Auskommen; da hingegen derjenige nur sein
nothdürfftiges Auskommen hat, welcher so viel hat, als die gegenwärtige
Nothdurfft erforderten, und wer auch nicht einmahl so viel für sich bringen kan,
von dem
spricht man, daß er
arm sey. |
|
|
Nach |
|
|
{Sp. 1311|S. 669} |
|
|
diesem lassen sich gemeine Grade des Vermögens setzen, daß solche, mäßig und
geringe seyn. Denn
Reiche haben ein grosses; die ihr reichlich Auskommen haben,
ein mäßiges, und die nothdürfftig versorget sind, ein geringes Vermögen. |
|
Klugheit zu wirtschaften |
Da zeitliches Vermögen ein
Zweck von hoher Wichtigkeit ist, und die
Erfahrung bezeuget, wie schwer es zu erwerben, und wie fürsichtig damit
umzugehen sey, damit man es nicht unvermerckt
verlieren, oder liederlich darum
gebracht werden möge: so muß nothwendig eine
Klugheit in Ansehung unsers
zeitlichen Vermögens seyn, die die Klugheit zu wirthschafften, oder
vernünfftig
hauß zu halten genennet wird, welche nichts anders ist, als eine Klugheit, die
aus der eigentlichen
Natur eines zeitlichen Vermögens Mittel an die Hand giebet,
zeitliches Vermögen zu erlangen, zu erhalten, und zu unserer nothdürfftigen
Erhaltung, Ehren und
Bequemlichkeit vernünfftig anzuwenden. |
|
Erlangung und Erhaltung |
Was erstlich die Erlangung und Erhaltung
eines zeitlichen Vermögens betrifft, so ist zuförderst dabey diese grosse
Haupt-Regel voraus zu setzen, daß diese beyde, nehmlich die Erlangung und
Erhaltung der
Güter, niemahls von einander seyn müssen, wenn man zu einem
Vermögen gelangen will. Denn ein Vermögen ist ein Vorrath der Güter, die uns
eigenthümlich zuständig sind. Wenn man nun täglich, ja stündlich, auch noch so
viel erlanget; aber täglich ja stündlich eben so viel, oder gar ein mehreres
verthut; so gelanget man nimmermehr zu einem Vermögen. |
|
|
Also machen die Erlangung und Erhaltung der Güter, beyde zusammen, nur ein
einiges zulängliches Mittel aus, ein Vermögen vor sich zu bringen: und jedes von
beyden, wenn es von dem andern getrennet wird, ist ein unzulängliches Mittel,
das wegen seiner Unzulänglichkeit die
Wirckung des gesuchten
Zweckes zu thun
unfähig ist. |
|
Sparsamkeit |
Die
Klugheit das Erlangte zu erhalten, um zu einem Vermögen zu gelangen, u.
dieses, wo möglich, bis auf einen
ansehnlichen Grad des
Reichthums zu vermehren,
wird die Sparsamkeit genennet. So ist es demnach unmöglich, ein Vermögen vor
sich zu bringen, wenn man von dem, was man von
Zeit zu Zeit an zeitlichen Gütern
erlanget, nichts zurücke halten und spahren will. Aber es ist auch unmöglich,
viel zu spahren, wenn man nichts oder allzu wenig erlanget, nehmlich täglich
kaum so viel, als man, das
Leben kümmerlich hinzubringen, schlechterdings
vonnöthen hat. |
|
|
Dergleichen Zeiten, da vermöge der allgemeinen Glücks-Umstände dem grösten
Theile der
Inwohner eines
Landes, mit allem ihren sauren Schweisse ein mehreres
zu erwerben nicht leicht möglich ist, heißen eigentlich schwere Zeiten. Es ist
dahero die Frage, wie man doch zu Geld und Gut, davon man durch spahren und
zurücke legen sich nach und nach ein Vermögen sammlen möge, gelangen könne?
Darauf ist zu antworten, daß die Mittel oder Wege darzu theils in unserer
Gewalt
sind, theils auch nicht, d.i. daß die Erlangung zeitlicher Güter theils auf
unsere
Klugheit und Anstalten darzu, theils auf das Glück ankomme. |
|
Glück |
Das Glück ist zwar seiner
Existentz nach ausser unserer
Gewalt; jedoch sind
dem ungeachtet
Regeln des Glückes, wie nehmlich ein jeder sein Glück, wenn es
gleich ausser seiner Gewalt ist,
erkennen, beurtheilen, und sich in dasselbe
schicken solle. Diese Regeln also sind auch hieher zu ziehen, daß man nehmlich |
|
|
{Sp. 1312} |
|
|
bey Betrachtung der eigentlichen Glücks-Umstände, in denen man sich
befindet, auf diejenigen vor andern Achtung gebe, durch die man entweder zu
einem guten Vermögen gelangen kan, ohne daß man es
verdienen dürffe, oder die
doch, wenn man es auch verdienen müsse, uns unsere Nahrung erleichtern. |
|
|
Alle solche Glücks-Umstände soll man, da zeitliches Vermögen eine Sache von
so hoher Wichtigkeit ist, über die massen werth halten; Denn sie thun ja offt
mehr zum
Zwecke, als alle
Klugheit und
Geschicklichkeit vermag.
Kunst,
Geschicklichkeit, Klugheit vermag gemeiniglich, wenn gar kein Glück dabey ist,
nicht viel näher, als daß sie vom Hunger errettet, und man davon sein
spährliches Auskommen habe. |
|
Segen |
Soll sie ein mehreres thun, und ein sonderliches Vermögen oder
Reichthum
erwerben; so muß das Glück sie unterstützen, ja dabey das Beste thun; welches,
wenn man betrachtet, daß das Glück in
GOttes Händen sey, hauptsächlich dasjenige
ist, was man bey allem
Arbeiten und Erwerben den Göttlichen Seegen nennet;
dahero man in unserer Sprache gar recht Glück und Seegen immer zusammen setzet,
als
Dinge, die wo nicht einerley, dennoch einander sehr nahe verwand sind. |
|
|
Denn niemand wird
sagen,
daß der Seegen GOttes eben in Wunderwercken bestehen müsse; Bestehet er nicht in
Wunderwercken; so muß er durch die
Ordnung der Natur sich äussern, als welche
GOtt theils erhält, theils
regieret. Die
Ordnung aber der Natur, so weit sie ausser unserer
Gewalt ist, und dennoch in
den Fortgang unserer Unternehmungen einen Einfluß hat, heisset Glück; also kan
der ordentliche Seegen GOttes bey unserer
Arbeit nichts anders seyn, als ein von
GOtt beschehrtes, auch wohl zuweilen besonderes regiertes Glück. Demnach lässet sich hieraus auch nach der
Vernunfft begreiffen, was das sey:
Der Seegen des HErrn machet reich ohne Mühe: Seinen Freunden giebt ers
schlaffend. |
|
|
Man muß endlich nicht meynen, daß die wahre zulängliche
Grund-Ursache eines guten zeitlichen Vermögens nur unser Arbeiten und bemühen
sey. Ohne Glück, und also ohne GOttes Seegen, bringen wir mit aller unserer
Arbeit nichts sonderliches vor uns: und wer etwas vor sich bringet, der hat es
nicht so wohl seiner Arbeit selbst zu dancken, als vielmehr dem Einflusse, den
das durch GOttes Weisheit und Güte
regierte Glück, den der Göttliche Seegen, in
seiner Arbeit hat. |
|
|
Durch guten
Göttlichen Glücks-Seegen auch nur allein, kan ein
Mensch
reich
werden; niemahls aber durch Arbeit allein, ohne Glück und Seegen. Und wenn wir
also auch bey unserer Arbeit reich werden, so werden wir reich durch den
Göttlichen Glücks-Seegen, welchen so dann unserer Arbeit nur veranlasset. |
|
|
Es ist dahero ein gefährlicher Irrthum, einen
Effect, den man hauptsächlich
dem Glücke und Göttlichen Seegen zuzuschreiben hat, seiner
Klugheit und Bemühung
allein zuzuschreiben. Einigen zeiget das Glück Gelegenheit zu einem Vermögen zu
gelangen, ohne daß sie es verdienen dürffen, z.E. denen, die reiche
Eltern oder
Anverwandten haben, deren Erben sie werden; oder die von reichen guten Freunden
beschencket, oder zum Erben eingesetzet werden, oder denen eine besondere
Verbindung ihrer Glücks-Umstände Mittel und Wege zeiget, reiche
Heyrathen zu
thun. |
|
|
Einige hingegen müssen ihr Vermögen ver- |
|
|
{Sp. 1313|S. 670} |
|
|
dienen, sie werden aber in ihrer Nahrung durch das Glück unterstützet, daß
sie es darinnen sonderlich hoch bringen. Die letztern haben sich zu hüten, das
Glück, das auf ihrer Seite ist, z.E. die gute Kundschafft in der Nahrung, durch
Nachläßigkeit, Sicherheit, Übermuth, Trotz auf ihre
Geschicklichkeit, nicht zu
verschertzen. Die erstern aber haben, aus dem
Grunde der
Klugheit das Glück zu
erkennen, und sich in dasselbe zu schicken, wohl zu erwegen, daß, gleichwie
solche Glücks-Umstände ohne ihr Verschulden sich eräugnen, also sie auch eben so
leicht, ohne ihr Verschulden ihnen wieder gleichsam vor den Augen verschwinden
können; ja daß, zwar nicht die Erlangung solcher Glücks-Umstände, wohl aber,
gleichwie der
vernünfftige Gebrauch, also auch die Verschertzung derselben, ja
die Gereichung derselben zu ihrem Verderben, in ihrer
Gewalt sey. |
|
Vernunft und Klugheit |
Aus der ersten Betrachtung, wie bald nehmlich gutes Glück verschwinden
könne, folget, daß diejenigen, denen das Glück auf gedachte Art günstig ist,
sich darauf nicht eben als zu trotziglich zu verlassen, sondern wohl zu erwegen
haben, daß das Glück nur die eine, u. wenn es alleine ist, und zulängliche
Grund-Ursache unsers Wohlergehens sey, daß also dem ungeachtet
Vernunft u.
Klugheit erfodere, etwas rechtes zu lernen, ingleichen sich Freunde zu machen;
damit man entweder bey wanckenden Glücke eine Zuflucht haben, oder das
fortdaurenden Glück nicht müßig mißbrauchen, sondern sich dadurch nach
Würden in
der
Welt heben mögen. In Erwegung, daß der
Müßiggang allein, wenn auch gleich
kein anderes Unglück darzu kommt, leicht das gröste Vermögen, in sehr wenigen
Jahren zu ruiniren, und dessen gewesenen Besitzer weit unglücklicher, als alle
die vom Anfange
arm gewesen, zu machen fähig ist. |
|
nicht verscherzen |
Durch die andere Betrachtung aber, daß man sich nehmlich bey dergleichen
Glücke wohl hüten müsse, es nicht energisch zu verschertzen, wird theils eben
dieses bekräfftiget, theils folget auch daraus, daß es z.E. und besonderen sey,
sparsamer und wohlhabende
Eltern durch liederliche Aufführung und
Ungehorsam in
ihrer guten
Meynung stutzig zu machen, oder vermögende Verwandten und Freunde
durch widerwärtige Aufführung vor den
Kopf zu stossen; als wodurch mancher sich
um sein Glücke gebracht, oder doch darinnen sich viel geschadet. |
|
Heirat |
Was das Glück einer wo nicht reichen, doch
vortheilhafften
Heyrath betrifft,
so erfodert der
Zweck der
Ehe, und, in Absicht auf denselben Vernunfft und
Klugheit allerdings, daß Personen von nicht sonderlichen Vermögen im Heyrathen
auch auf das Vermögen dencken, als welches doch unstreitig erfordert wird, wenn
Eheleute wohl mit einander leben sollen. |
|
fleißiger Erwerber und gute Wirtin |
Das Vermögen aber einer
Person, die dißfals in Vorschlag kommen kan, ist
entweder ein schon erworbenes; oder es kan doch eine Person, ob sie gleich kein
Vermögen besitzet, von besonderer wohlbekannter Fähigkeit seyn, ein zum
wenigsten genügliches Vermögen erwerben, oder durch Sparsamkeit und
Haushältigkeit erhalten zu helffen: Und offtmahls werden das die geseegnetesten
Ehen, wenn
Liebe,
Verstand u. Glück einen fleißigen und glücklichen Erwerber,
und eine gute Wirthin zusammen führet, ob sie gleich offt nicht hundert Thaler
an würcklichem Vermögen zueinander bringen. |
|
|
Cicero Offic. Lib. II. erzehlet: Themistocles cum consuleretur,
utrum bono vi- |
|
|
{Sp. 1314} |
|
|
ro pauperi, aut minus probato diviti, filiam collocaret: ego vero
inquit, malo virum qui pecunia egeat, quam pecuniam quae viro. |
|
|
Die meisten, die, wie
billig, in ihren Freyers-Gedancken und Anschlägen auf
Vermögen sehen, pflegen nur die erste
Art, nehmlich das schon erworbene
Vermögen, vor Augen zu haben, und, wo sich dergleichen findet, ohne ferneres
Bedencken ihre Glück zu versuchen. Denn was man als etwas schon gegenwärtiges
sehen kan, und nur einstreichen zu dürffen vermeynet, fällt freylich leichter
und mehr in die Augen, als was man erst urtheilen soll; Man meynet die nur jetzt
angeführte andere Art, auf das Vermögen im
Heyrathen seine Absicht zu errichten,
da nehmlich Leute von
Verstande, die auch wohl wenig oder nichts haben, dennoch
mit gar reiffen Rathe in Absicht auf das Vermögen einander heyrathen können. |
|
|
Nichts destoweniger ist in
reichen, und nicht reichen, ja
armen
Heyrathen,
so gar einerley Unterschied u.
Regel der
Klugheit zu beobachten, daß sich durch
weniges Nachsinnen sehr leicht begreiffen lässet, man könne sich in reichen
Heyrathen so leicht und so sehr vergehen, und habe sich also damit so
vernünfftig und behutsamlich in Acht zu nehmen, als mit einer mäßigen oder gar
armen; und hingegen könne man durch eine nicht gar reiche, oder auch durch eine
arme Heyrath, je so schier sein Glück machen, als durch eine reiche. |
|
|
Es ist wahr, wenn in einer reichen
Heyrath man zugleich eine
vernünfftige
und haushältige
Person findet, so ist es in so weit vor einen ungemeines Glück
zu achten. Denn hingegen die Person, und vielleicht ihre gantze Freundschafft,
an Geschwistern, Herrn Vettern,
Frau Muhmen, Schwägern, nur der Üppigkeit und
Pracht ergeben sind so siehet man in der gleichen reichen Heyrath, da das reiche
Heyrath-Gut leicht zu verprassen ist, ein schlechtes Glück. Denn der andere
Ehegatte ist entweder gleiches
Sinnes, so werden sie bald mit Freuden
arm; oder
nicht, so wird die vornehme Freundschafft dem elenden Bettelhunde, der nicht zu
leben weiß, auch es von der galanten Frau gar nicht lernen will, die Hölle
beynahe in recht eigentlichem
Verstande heiß genung machen. |
|
|
Aber gleichergestalt, wenn auch zwar nicht gar
reiche, ja gar dürfftige
Personen, einander
heyrathen, jedoch nur zum wenigsten von der einen Seite
Arbeitsamkeit,
Glück und
Verdienst, von der andern gute Wirthschafft, gleichsam
als ein Heyraths-Gut zusammen bringen, so ist an einer gar glücklichen und
gesegneten
Ehe eben so wenig zu zweiffeln; wohl aber wenn faules und
verschwenderisches, wollüstiges und hoffärtiges Bettel-Volck sich zusammen
verbindet. |
|
eine gute Wirtin |
Es ist demnach wohl vor die allgemeine Haupt
Regel der
Klugheit zu
heyrathen
in Absicht auf das zeitliche Vermögen, zu halten; man bemühe sich, eine gute
Wirthin zu bekommen. Zeigen nun die Umstände Mittel und Wege, eine gute Wirthin
mit einem schon ersparten guten Vorrathe zu finden, und ihrer theilhafftig zu
werden, so ist es desto besser; wo nicht, so halte man auch die blosse Tugend
der Haushältigkeit vor eine nicht allzu geringe Mitgabe. Denn ist gleich kein
würckliches Vermögen da, so kan doch auch nur diese grosse Haupt-Tugend eines
Frauenzimmers, wenn sie sich mit dem Fleisse eines
geschickten, unermüdeten und |
|
|
{Sp. 1315|S. 671} |
|
|
glücklichen Arbeiters gleichsam zugleich mit verehliget, einen gar
genüglichen
Ehe-Seegen eines zeitlichen Vermögens erzeugen und hervor bringen. |
|
arbeiten und sparen |
Zum wenigsten ist dieses, nehmlich arbeiten und sparen, der von
GOtt
geordnete ordentliche Haupt-Weg, auf welchem, weil uns GOtt darauf gewiesen, man
die Fußstapffen des göttlichen Seegens unstreitig finden wird. Schon erworbenes
Geld und Gut
erheyrathen, ist ein feiner
bequemer Neben-Weg, auf welchem man
aber von jenem nur etwas mühsamern Haupt-Wege sich gleich wohl nicht allzu weit
entfernen muß, wenn man sich nicht unglücklich verirren, und in Versuchung und
Stricke fallen will. |
|
|
Im übrigen sind, bey der
Klugheit zu
heyrathen, jungen Leuten die
Regeln,
sein Glück zu erwarten, und sich in die
Zeit zu schicken, aber auch denenjenigen
die nun zu ihrer Reiffe gediehen, die
Regel, nicht aus dem Warten ein Zaudern zu
machen, um nicht vor allzu grosser Klugheit zu warten, unter die Hagestoltzen,
und in das alte Register zu gerathen, fleißig einzuschärffen. |
|
Mittel der Erlangung |
Die Mittel der Erlangung eines Vermögens oder zeitlicher Güter, die in
unserer
Gewalt und also in so weit völlig unserer
Klugheit überlassen sind,
heißen die Mittel zu erwerben, d.i. durch
unverdrossene wohl angewendete
Arbeit,
und Klugheit, an zeitlichen Gütern so vieles in unser
Eigenthum zu bringen, daß
wir davon nicht allein leben, sondern auch, so viel möglich, zu einem
beständigen Vermögen nach und nach etwas zurück legen können. |
|
|
Da nun solcher Mittel, bey so vielerley
Ständen und Gewerben der
Menschen,
beynahe unzehlige sind, so, daß ein gesunder Mensch, der sich in der
Welt nicht
zum wenigsten nothdürfftig nähren kan, ordentlicher Weise am meisten selber
daran Schuld seyn muß; so soll ein kluger und ehrliebender Mensch, von was vor
Stande er auch sey, ein
Gelehrter oder Ungelehrter, ein
Geistlicher oder
Weltlicher, sich zuförderst
schämen zu betteln, ingleichen auf eine unehrliche
und unerlaubte, oder ohne dringende Noth auf eine unanständige Handthierung sich
zu legen; oder auch nur dann und wann bey Gelegenheit den aus dergleichen
Handlungen zu ziehenden
schändlichen Gewinnst sich belieben zu lassen. |
|
unehrliche Hantierungen |
Die unehrlichen, und in göttlichen und
weltlichen Rechten verbotenen
Handthierungen, sind nicht allein den
Regeln der Gerechtigkeit zuwider, sondern
auch, wenn man gleich die Regeln der Gerechtigkeit nicht in Betrachtung ziehet,
den Regeln der
Klugheit; wenn man nehmlich auch nur den
Schaden erweget, denen
man dadurch an seiner
Ehre, und an tausend von derselben abhangenden grossen
Vortheilen leidet, da man doch bey der so unzehlbaren Menge ehrlicher und
anständiger Gewerbe keine
Ursache hat, (als seine eigene Niederträchtigkeit) zu
unehrlichen und unanständigen seine Zuflucht zu nehmen. |
|
|
Zu den unehrlichen und in
gött- und menschlichen
Rechten nicht erlaubten
Handthierungen gehören nicht allein grobe Diebereyen, sondern auch alle
verbotene
Arten
Geld an sich zu bringen, als da sind, |
|
|
- der ungerechte Wucher,
- Geschencke und Gaben, durch welche
Richter und Patronen, die etwa
Ämter
zu vergeben haben, sich bestechen lassen;
- die Rabulisterey;
- allerhand verdächtige Accidentien in öffentlichen
Ämtern oder
anvertraueten Geld Einnahmen;
- das grobe und subtile Kuppeln;
- die
Künste li-
{Sp. 1316}
stiger
Frauens-Personen, die Buhler in ihre Netze zu ziehen, und sie um das
Ihrige zu berücken, wenn sie ihnen auch gleich keine allzu grobe
Ausschweiffungen erlauben;
- das Spielen, wenn man es zu seinem ordentlichen Nahrungs-Gewerbe machet.
|
|
Unanständige Erwerbungs-Mittel |
Unanständige Erwerbungs-Mittel sind diejenigen, die zwar an sich selbst
nicht unzuläßig, aber in Ansehung dessen, der sich ihrer, in der
Meynung, daß
der Gewinst in einer jedweden
Sache
angenehm und erlaubet sey, z.E. wenn ein
Geistlicher wolte Bier schencken, eine
Obrigkeitliche Person den
Nachtwächter-Dienst mit vertreten, u.s.w. |
|
anständige Erwerbungs-Mittel |
In Ansehung der zuläßlichen und anständigen Erwerbungs-Mittel erfodern die
Regeln der
Klugheit zuförderst eine zuverläßliche
Wahrhafftigkeit derselben.
Diese aber kan entweder Gewißheit, oder ein gnugsamer Grad der
Wahrscheinlichkeit seyn. Denn was die letzte betrifft, so ist die bekannte
Regel
zu mercken: Wer nichts waget, z.E. im Kauf-Handel der gewinnet nichts. |
|
|
Aus diesem
Grunde ist ein Geldgeitziger in vielen Fällen unfähig, viel zu
gewinnen, dieweil er in Ansehung der wahrscheinlichen Erwerbungs-Mittel allzu
furchtsam ist, und ehe er einen Thaler wagen und anlegen soll, vorher gesichert
seyn will, daß er ihn unmöglich einbüssen könne. In welchen Mitteln aber weder
Gewißheit noch ein genungsamer Grad der Wahrscheinlichkeit ist, deren sich mit
ziemlichen Aufwande zu bedienen, ist keine
Klugheit vor einen
Menschen, der erst
was erwerben soll; dahin gehören die Alchymistereyen, die Bergwercke, die
Lotterien. Ein anderes ist zu sagen von Leuten, die schon ziemliches Vermögen
haben, und auf solche
Dinge zu ihrer Lust aus Curiosität oder aus Freygebigkeit
so viel wenden, als den
Regeln einer
vernünfftigen, und nicht verschwenderischen
Lust, Curiosität, oder Freygebigkeit gemäß ist. |
|
zuverläßliche Erwerbungs-Mittel |
Die zuverläßlichen Erwerbungs-Mittel bestehen entweder in
Diensten, die man
der menschlichen
Gesellschafft erweiset, die nehmlich in blossen
Thaten beruhen;
oder in Gütern, die in dem
Eigenthume
sind. Die Dienste, dadurch etwas zu erwerben ist, sind entweder edele, die in
einem durch die
weltlichen
Gesetze
erhabenen Ehrenstande geleistet werden, z.E. die Dienste der
Obrigkeitlichen
Personen, der Gelehrten, oder gemeine Dienste, die in den niedrigen und
unterworffenen Ständen gethan werden, z.E. die Dienste des
Gesindes, der
Tagelöhner. |
|
Eigentum |
Die in dem
Eigenthume befindliche
Güter sind entweder
Geld, als der
nervus rerum gerendarum selbst, in so ferne nehmlich Geld mit Gelde zu
verdienen ist; oder Geldes werth, nehmlich alle andere sowohl unbewegliche als
bewegliche Güter, durch welche man Geld verdienen, und welche man vor Geld
erlangen kan: Die unbeweglichen, wenn sie gehörig angebauet, und haußwirthlich
genutzet werden; die beweglichen aber, wenn sie durch mancherley
Künste
ausgearbeitet, und zu menschlichem Gebrauche auf tausenderley Art zubereitet,
und andern entweder vor Geld eigenthümlich überlassen werden, oder nur der
Gebrauch derselben ihnen vor Geld gegönnet wird. |
|
Dienste |
Unter den
Diensten, dadurch etwas zu erwerben ist, erfodern die meisten
besondere
Wissenschafften,
Geschicklichkeiten und
Künste, die man muß erlernet,
und es darinnen so viel möglich hoch ge- |
|
|
{Sp. 1317.|S. 672} |
|
Ökonomie |
bracht haben. Diese
Wissenschafft und
Künste haben zwar in der Öconomie, als
wichtige Erwerbungs-Mittel einen starcken Einfluß; sie gehören aber selbst nicht
in die Öconomie, als aus deren
Gründen ihre
Regeln nicht fliessen; sie sind also
daß man so
reden mag, fremde Mittel der Haußhaltungs-Kunst. Eben dieses ist auch
von den Künsten zu
sagen, dadurch die in dem menschlichen
Eigenthume befindliche
Sachen ausgearbeitet werden. |
|
Geld mit Geld verdienen |
Hingegen
Geld mit Gelde zu
verdienen, ist ein der
Haußhaltungs-Klugheit eigenes
Mittel. |
|
|
Und kan solches auf zweyerley Art geschehen, entweder durch vorsichtiges
Ausleyhen auf gewöhnliche Zinsen, oder durch die Handlung, entweder
unmittelbar
mit dem Gelde selbst, oder mit Waaren, die man einkauffet, um sie mit
Vortheil
wieder zu
verkauffen: Dahero die Handlungs-Kunst oder Wissenschafft allerdings
eine besondere Öconomische Wissenschafft ist. |
|
Stadt- und Landwirtschaft |
Eben dieses ist auch in Ansehung der unbeweglichen Güter, von der mit
besagten Gütern beschäfftigten Stadt- u. Land-Wirthschafft zum wenigsten in
Ansehung des grösten Theiles ihrer Verrichtungen, zu urtheilen. Zum wenigsten
hat der Gebrauch eingeführet, daß besagte
Wirthschafft als eine der wichtigsten
Special-Theile der
Öconomie betrachtet wird; obgleich vieles davon, die in
andern
Künsten, damit man sich nähret, der Öconomie nicht eigen ist. |
|
|
Also kan man
sagen, daß die Öconomie, was die Erwerbungs-Mittel betrifft,
theils ihrer eigenen Mittel sich bediene, die aus ihren eigenen
Gründen,
nehmlich aus der
Natur des
Eigenthums fliessen, theils fremder Mittel, nehmlich
auch aller anderen
Künste und
Wissenschafften, als die wir mit höhestem
Rechte
auch mit zum
Zwecke unserer Erhaltung treiben, und also in der Absicht etwas
damit zu erwerben. |
|
|
|
|