HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Vermögen, Lat. Bona [2] HIS-Data
5028-47-1310-14-02
Titel: Vermögen, Lat. Bona [Teil 2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 47 Sp. 1317
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 47 S. 672
Vorheriger Artikel: Vermögen, Lat. Bona [Teil 1]
Folgender Artikel: Vermögen, heisset auch bißweilen
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Sachsen-Recht
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

Übersicht
Klugheit zu wirtschaften (Forts.)
  Erlangung und Erhaltung (Forts.)
 
  Wer noch nichts hat
  Wer schon etwas hat
  Wer noch nichts hat (Forts.)
 
  Künste und Wissenschaften
  Wer nichts hat und nichts gelernt hat
 
  Dienste der Hände und Füße
  wahre Arme
  Wer schon etwas hat
 
  was das Kapital abwirft
  Reichtum
  Arbeiten und Verdienen
  Sparsamkeit
  Regeln der Klugheit zu wirtschaften
 
  Drei Regeln
 
  frugalitas
 
  Mäßigkeit und Sparsamkeit
  Kargheit und Knickerei
  magnificentia
Recht
  Sachsen

Stichworte Text Quellenangaben
Wer noch nichts hat Wer etwas erwerben will, der hat entweder schon etwas, es sey nun durch Glück, oder durch vorhergehenden Erwerb, oder er hat noch nichts. Wer noch gar nichts hat, und nicht etwa darinnen glücklich ist, daß andere vermögende Leute ihm mit etwas zur Anlage unter die Arme greiffen, wozu das gesellige Leben denen, die nur ihr Glück ein wenig mit Fleiß suchen wollen, hin und wieder Gelegenheit an die Hand giebet; der hat ein einiges Mittel, etwas zu erwerben; nehmlich durch fleißige Arbeit und gute Dienste.  
Wer schon etwas hat Wer aber schon etwas hat, der kan auf beyderley oben gezeigte Arten etwas erwerben; nehmlich theils durch gute Dienste und fleißige Arbeit, theils durch das, was er schon hat, und nicht zu seiner Erhaltung nothdürfftig verbrauchen oder verzehren muß. Also ist kein gesunder Mensch zu finden, dem GOtt, Natur und Geselligkeit, nicht Mittel an die Hand gegeben hätte, seyn Brod zu erwerben, wenn er nur das ihm verliehene Pfund nicht in Faulheit und Fahrläßigkeit vergraben will.  
Künste und Wissenschaften Der also nichts hat, der muß mit allerhöchstem Fleisse sich auf Künste und Wissenschafften legen, weil diese der eintzige Grund seiner Nahrungs-Mittel sind; und zwar auf solche, mit denen, nach der Glücks-Beschaffenheit der Zeiten und Länder etwas erkleckliches zu verdienen ist. Er muß sich auf diejenige derer entweder edlen oder gemeinen Wissenschafften und Künste legen, in  
  {Sp. 1318}  
  welcher er nach der Beschaffenheit seiner Gemüths- oder Leibes-Kräffte sehr hoch zu bringen, und nach seinen Glücks-Umständen am leichtesten unterzukommen sich getrauen kan.  
  Er muß, weil solcher Leute sehr viele sind, es in solcher Wissenschafft oder Kunst allen, oder den meisten, oder doch sehr vielen, auf eine sehr in die Augen fallende Art zuvor zu thun trachten und bedencken, daß vor einem Menschen ohne zeitliche Mittel es viel klüger und besser sey, in einer gemeinen Kunst, z.E. in einem Handwercke vortreflich, als in einer edlen Wissenschafft auch gut, aber doch nur mittelmäßig bewandert zu seyn.  
Wer nichts hat und nichts gelernt hat Wer endlich nichts hat, auch nichts, oder doch nichts sonderliches oder nützliches gelernet, auch solches nicht etwa noch späte thun kan; mit dem stehet es freylich in Ansehung eines zu erwerbenden Vermögens, und zu stifftenden eigenen Haußwesens, mißlich aus. Er muß sich demnach unter seinen Glücks-Umständen fleißig umsehen, ob etwas darunter zu finden sey, das ihn aus der Niedrigkeit heben könne; wo nicht so erfordern die Regeln der Gerechtigkeit und Klugheit den vornehmen Herrn sich aus dem Sinne zu schlagen, und auch durch die niedrigsten ehrlichen Dienste lieber sein Brod zu verdienen, als, welches weit schimpfflicher, gefährlicher und schädlicher, einen Bettler abzugeben, oder zu einer unehrlichen Handthierung sich verleiten zu lassen.  
Dienste der Hände und Füße Denn auch ein Herrn Diener, ein Drescher, ein Botenläuffer, ein Tagelöhner, hat nach aller gesunden Vernunft noch den Rang über einen Bettler, er mag sich seinem Stande oder Herkommen nach schreiben, wovon er will. Und es ist der Ordnung GOttes, der Natur, und des geselligen Lebens gemäß, daß sich ein jeder nähre wie und so gut er kan; und also mit den Diensten seiner Hände und Füsse, wenn er keiner bessern, bequemern und ansehnlichern fähig ist.  
wahre Arme Wer auch dieses nicht kan, z.E. ein Krancker, ein Krüpel, der ist ein wahrhafftig Armer, und muß in einer wohlbestallten Policey auf öffentliche gemeine Kosten erhalten und verpfleget werden.  
Wer schon etwas hat Wer schon etwas hat, und zwar erstlich ein schon erspartes Capital, an beweglichen oder unbeweglichen Gütern, so groß oder klein es auch sey, der ist nicht klug, wenn er es ohne dringende Noth verthut: Es sey nun, daß das, was das Capital abwirfft, zu nothdürfftigen Unterhalte oder nicht: indem in letztern Fall die Klugheit erfodert, den Mangel lieber durch Verdienst der Arbeit ersetzen, als durch Angreiffung des Capitals. Denn wenn das Capital verflogen ist, so muß man sich doch durch Arbeit und Verdienst nähren: also thue man es lieber sogleich und behalte das Capital zum Hinterhalt, und das, was es etwa abwirfft, zum Zuschuß, um welchen man durch Verthuung des Capitals sich bringet, und sich also die Nahrung schwerer machet.  
was das Kapital abwirft Ferner was das schon erworbene Capital abwirfft ingleichen was man durch Arbeit und Dienste entweder darzu, oder wenn man kein Capital hat, durch solcher Arbeit und Dienste allein erwirbet, muß nicht nothwendig alles verthan werden. Denn unsere gantze Nahrung wird unstreitig ungemein erleichtert und gesichert, durch den Zuschuß, denen wir von den Ein-  
  {Sp. 1319|S. 673}  
  künfften schon erworbener Capitalien haben. Jemehr man also diese durch stetige Zurücklegung von denen, was einkommt, verstärcken kan, desto grösser wird von Zeit zu Zeit solcher Zuschuß, und desto höher kan man es also von Jahre zu Jahre, sowohl im Erwerben, als im Zurücklegen bringen.  
  Da wiedrigenfalls man immer in einerley mühseeligem mäßigen Zustande bleibet, den unversehene Unglücksfälle leicht in Armuth und Elend verkehren können. Also soll man von dem, was das Capital abwirfft, und was man durch Arbeit darzu erwirbet, noch immer zurück zu legen trachten, und damit fortfahren, so groß auch, solange man noch nicht reich ist, das Capital wird; indem je grösser das Capital nach und nach wird, desto reicherer Zuschuß zu dem, was man verdienen kan, davon jährlich zu erheben, und desto leichter sich also von Zeit zu Zeit, und zwar immer ein mehrers, zurück legen lässet.  
Reichtum Wenn das erworbene, sich jährlich mehrende Capital so starck wird, daß man auch von dessen Einkünfften allein alle Nothdurfft und Bequemligkeit des Lebens bestreiten kan, so ist es entweder Reichthum, oder die näheste Stuffe darzu. Wer reich ist, oder nur diese höheste Stuffe des Reichthums erstiegen, der kan sodann arbeiten, und ferner erwerben, wenn und wie es ihm bequem ist, ja nur zur Lust; Er kan alles haben, was sein Hertz zum Zweck der Tugend, vernünfftiger Ehre, und zuläßlicher Vergnügung begehret, und eben hierdurch wohl hundert andern ehrlichen arbeitsamen Leuten, ihnen zur Nahrung, und sich selbst zur Ehre, Bequemlichkeit und Vergnügung etwas ansehnliches zu verdienen geben.  
  Wer ist wohl, der sich diesen Zweck nicht wünschet? Aber wünschen ist nicht genung, man muß die Mittel mit rechtem, und einer so wichtigen Sache würdigem Ernste ergreiffen. Ein Wünschen des Zweckes mit Verschmähung der Mittel ist ein Wunsch der Narren. Die Mittel aber sind von unserer Seite, arbeiten, und auf die allhier gezeigte Art spahren; Von Seiten GOttes Glück und Seegen. GOtt lässet an sich nichts mangeln, wenn es nur nicht an uns mangelte. Derowegen erfordert die Klugheit, besagte Mittel sich so hoch empfohlen seyn zu lassen, als gern man glücklich leben wolte; nehmlich, daß man  
 
1) etwas erkleckliches zu verdienen trachte,
 
 
2) Daß man von dem Verdienten zurücklege und spahre, was nur möglich ist,
 
 
3) daß man von dem Erspahrten nichts müßig liegen lasse, sondern das erworbene sogleich wieder als ein Erwerbungs Mittel brauche, und damit vorsichtig und klüglich werbe.
 
 
4) Daß man diesen wichtigen Zweck, welcher der eine Haupt-Zweck der Wirthschafft ist, nehmlich etwas zu verdienen, zurück zu legen, und das Zurückgelegte theils durch ferneres Verdienen, theils durch Werbung mit dem Zurückgelegten selbst, immerfort zu vermehren, allen Zwecken der nicht schlechterdings nothwendigen Ausgaben vorziehe.
 
Arbeiten und Verdienen Was insonderheit das Arbeiten und Verdienen anlanget, so ist die gemeine Regel merckwürdig, daß man einen kleinen Gewinst nicht verschmähen solle. Denn er ist leichter, und kan öffter kommen, als ein grosser, da er denn gar bald so viel ausmachet, als ein grosser. In dessen Betrachtung da-  
  {Sp. 1320}  
  vor zu halten, daß sonderlich in schweren Zeiten, es offt besser und sicherer sey, das, was man etwa verdienet, zu kleinen Theilen von ihrer vielen, als eben soviel in ansehnlichen Theilen von wenigen zu verdienen, z.E. besser, einen Thaler von ihrer Zwölffen, als eben denselben Thaler von ihrer zweyen oder dreyen. Denn in beyden Fällen hat man seinen Thaler verdienet; aber die erste Art, ihn von ihrer Zwölffen zu verdienen, ist darinnen vorteilhaffter, als die andere, ihn von ihrer Zweyen oder Dreyen zu verdienen, weil weit mehrere Leute zweene Groschen, als acht oder zwölf Groschen zu verthun haben, und also die ersten Zwölfe mehrere Kundschafft von Leuten ihres gleichen an Vermögen, wenn ihnen wohl gedienet wird, veranlassen können, als die andern zweene oder dreye; unter denen auch nur ein einziger abgehen darf, so ist die Nahrung um ein grosses gefallen.  
Sparsamkeit Was aber das Spahren anlanget, so ist schon oben erinnert worden, die schlechterdings nöthig es sey, es mit dem Erwerben zu verbinden, wenn man etwas vor sich bringen wolle. Die Mittel der Sparsamkeit sind im XXXVIII Bande unter dem Artickel: Sparsamkeit p. 1221 u.ff. abgehandelt worden.  
  Ein Vermögen lässet sich nicht durch Verthuung alles dessen, was man von Zeit zu Zeit erwirbet, sondern durch Zusammenhalten und spahren erlangen, und das Spahren ist weder unmöglich noch so gar schwer, wenn man theils die Entbehrligkeit derer annehmlichern und unbeschwerlichern unter den Mitteln menschlicher Zwecke erweget, theils bedencket, daß solche Entbehrung, und der vernünfftige Zwanck, denen man diesfalls seinen Begierden anthut, ein Mantel sey vermittelst des dadurch zu erlangenden Vermögens, zum wenigsten eines gewissen Grades solcher Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeiten beständig theilhafftig zu werden; auch daß, wenn solche Annehmlichkeit und Unbeschwerligkeit gleich nicht die gröste und kostbarste wäre, dennoch die Gewohnheit und beständige Lebens-Art sie der grösten und kostbaresten gleich mache; Wie z.E. einen wohlhabenden Bauer das Bäuerische Wohlleben, und die Bäuerische Ehre, just eben sowohl thut, als einem wohlhabenden Edelmann das Edelmännische, obwohl das eine weit kostbarer ist, als das andere.  
  Wer bei allen sich darbietenden Gelegenheiten zu Ausgaben diese Betrachtungen, in der deswegen anzustellenden Überlegung die fürnnehmsten seyn lässet und sich übet, selbige bey sich gelten zu lassen, dem wird das Spahren nach und nach immer weniger und weniger sauer ankommen. Was Cicero Offic. Lib. II. von denen unnöthigen Verschenckungen spricht: Multi patrimonia effuderunt inconsulte largiendo; Quid autem est stultius, quam, quod libenter facias, curare, ut id diutius facere non possis? Hat in der That in allen Ausgaben, durch die man nimmer mehr zu einem Vermögen kommen kan statt.  
  Aus dieser Art und Beschaffenheit einer vernünfftigen Wirthschafft folget von sich selbst, daß man alles, was derselben entgegen gesetzet ist, insonderheit das Spiel, unvorsichtige Contracte, unnöthige Processe, und unvernünfftige Schulden, gleich als eine Pest fliehen müsse. Unvernünfftige Schul-  
  {Sp. 1321|S. 674}  
  den sind solche, die diejenigen machen, die gar nicht nach einer vernünfftigen Rechnung der Einnahmen und Ausgaben leben, und die an statt, daß sie solche Rechnung also machen solten, daß immer von dem erworbenen etwas ansehnliches übrig bleibe, vielmehr also rechnen, daß das gewonnene, den Aufgang zu bezahlen, immer nicht zulange, sondern, anstatt daß von dem gewonnenen etwas übrig bleibe, das von dem künfftig zu gewinnenden erst zu bezahlen sey; welches in die Länge keinen guten Ausgang nach sich ziehen kan. Die Deutschen nennen den Verdienst eines solchen Haußwirthes, als den er sodann nicht einmahl vor den seinigen achten kan, gar wohl und nachdrücklich vorgegessenes Brod.  
  Ein anderes ist es demnach mit den Geldern, die zuweilen auch ein guter Wirth, und mit guter Fürsichtigkeit ein wohl überlegtes nutzbares Gewerbe damit zu treiben, eine Zeitlang aufzunehmen sich genöthiget siehet, die er doch je eher je besser von den Einkünfften des Gewerbes sich wieder vom Halse zu schaffen suchen wird.  
Regeln der Klugheit zu wirtschaften Endlich ist noch übrig, zu erwegen: Wie ein erworbenes Vermögen zu unserer Nothdurfft, Ehre, und Vergnügung, klüglich anzuwenden sey, als welches der andere große Hauptzweck der Klugheit zu wirthschafften ist. Diese Klugheit beruhet unstreitig auf dreyen Regeln, deren einer aus der andern folget.  
1. Regel Die erste ist, daß, so lange das Vermögen noch sehr klein, man so spärlich, als es nur möglich, mit der unentbehrlichen Nothdurfft sich behelffe, und ein mehreres, ob man gleich könte, nicht leicht verthue; folglich der Ausgaben zur Lust bey nahe schlechterdings, der Ausgaben aber zu ehren, so viel es nur der Stand eines jeden leidet, sich enthalte.  
  Denn zu dieser Art der Ausgaben ist es zur Zeit, da das Vermögen noch klein ist, noch nicht Zeit; dieweil die Mittel, sie mit Grunde und mit Bestand zu machen, noch nicht vorhanden sind, wohl aber vermittelst dieser ersten Regel mit der Zeit erlanget werden können. Also weiset die erste Regel, mit dem erworbenen wohl umzugehen, abermal auf die Sparsamkeit, als den vornehmsten Grunde einer klugen Haushaltung.  
  Nächst dem hat auch besagte Regel noch diesen guten Nutzen in Ansehung des Gebrauchs eines Vermögens, (welcher Nutz denenjenigen, die ihre Wirthschafft recht von fornen, und, ohne einen Vorsprung des Vermögens zu haben, kümmerlich anfangen müssen, zum Troste dienen kan) daß man der Mäßigkeit fein zu rechter Zeit, nehmlich in der Jugend, zu Gründung einer festen Gesundheit, gewöhne, welche Gewohnheit sodann in den Zustand, da man zu bessern Vermögen gelanget, einen grossen Einfluß hat. Dahero diejenigen, die einen dürfftigen Anfang ihrer Nahrung haben, andern, die einen guten Vorsprung haben, ihr Glück zu beneiden eben nicht Ursache haben; indem diese, wenn sie nicht in kurtzen weit elender werden wollen als jene, in ihrer Jugend, mit eben so vieler an sich Haltung, der Sparsamkeit und Mäßigkeit sich befleißige, und ihren Vorsprung also an Vermögen beynahe betrachten müssen, als hätten sie ihn nicht.  
2. Regel Die andere Regel ist, daß, wenn  
  {Sp. 1322}  
  nun vermittelst der Arbeit und Sparsamkeit, mit Beywürckung des Glücks und göttlichen Seegens, ein genügliches Vermögen erworben ist, dieses auch wohl durch eben dieselben Mittel, als welche mit dem Anwachs des Vermögens immer leichter und fruchtbarer werden, von Grad zu Grad bis auf ein ansehnliches Reichthum zunimmet; nunmehro es allerdings Zeit sey, seine saure Arbeit und Sparsamkeit zwar nicht gäntzlich bey Seite zu setzen, aber doch die erstere um ein merckliches nach Proportion des Vermögens sich zu erleichtern, und der Früchte der letztern mit Ehre und Vergnügen zu geniessen.  
  Alsdenn soll man sich, den seinigen, und andern Menschen, in allen Stücken der Nothdurfft, der vernünfftigen und seinem Stande gemäßen Ehre, der Bequemlichkeit und unschuldigen Leibes und Gemüths-Ergötzlichkeiten, gütlich thun, und erwegen, daß dieses das eintzige sey, was an dieser Art zeitlicher Güter die kurtze Zeit über, da unsere Verwaltung derselben währet, vor so viele Arbeit und Sorge, die wir damit haben, uns endlich zu Nutze kommen könne.  
  Wenn allhier gesaget wird, daß von einem erworbenen ansehnlichen Vermögen man sowohl sich, als seinem Nächsten gütlich thun solle, so ist zu mercken, daß solches beydes ordentlicher Weise zu gleicher Zeit geschehe. Denn indem man sich selbst, und den seinigen gütlich thut, so thut man auch seinem Nächsten gütlich, da man solchergestalt mehr aufwendet und verthut, als ein Armer kan, folglich vielen wackern arbeitsamen Leuten und Künstlern durch seinen Aufwand Arbeit und guten Abgang schaffet, wornach sie in ihrer Dürfftigkeit sehnlich Verlangen tragen; wodurch sie denn ebenfalls zu ihrer Nothdurfft, zu ihren Ehren und Vergnügungs-Ausgaben etwas ansehnliches verdienen können.  
  Woraus erhellet, daß nicht aller grosser Aufwand an Kleidern, Wohnung, Hausrath, Gärten, Bedienten, u.s.w. Verschwendung, Üppigkeit, und wieder die Regeln guter Wirthschafft sey. Es kommet nur darauf an, wer den Aufwand mache, und in was vor einer Absicht er ihn mache. Ein Reicher, der die Absicht hat, ehrlichen und fleißigen Arbeitern etwas zu verdienen zu geben, und die Bequemlichkeit, die seltene Artigkeit u. Nettigkeit ihrer Waaren, zu seinem Vergnügen immer mitzunehmen, kan jährlich grossen Aufwand machen, ohne den Vorwurff der Üppigkeit und Verschwendung zu verdienen.  
  Wenn reiche und wohlvermögende Leute so kärglich leben wollen, als die armen; so fällt die Nahrung dieser letztern und aller derer, die noch gern etwas verdienen und vor sich bringen wollen. Denn wovon wollen diese leben, und etwas erwerben, wenn die Reichen nichts verthun, und die saure Arbeit so vieler tausend Künstler, die etwas sauberes, zum Dienst derer, die es bezahlen können, hervor zu bringen, sich um die Wette bemühen, aus Kargheit oder Aberglauben verschmähen, und dargegen ihren Überfluß faulen Bettlern, die nichts haben lernen wollen, zuwenden wollten?  
  Man hält dahero dieses vielmehr vor die erste, ordentliche und fürnehmste  
  {Sp. 1323|S. 675}  
  Art, wie reiche und wohlbegüterte Leute von ihren Reichthum andern Menschen wohl und gütlich thun können, und sollen; In welcher Absicht sie diejenigen, die ihnen arbeiten und dienen, wohl, richtig und bald bezahlen, und sonderlich nothdürfftigen Leuten nicht durch allzuknickisches handeln gleichsam das Hertz aus dem Leibe abdringen sollen.  
  Es nehmen es auch, wie die Erfahrung lehret, alle ehrliche und nothdürfftigen Arbeiter, die nicht betteln, sondern ihr eigen Brod bessern wollen, vor eine gute Wohlthat reicher und wohlvermögender Leute, und vor einen Seegen Gottes durch sie, auf, wenn sie durch ihren Aufwand ihnen etwas zu verdienen geben, und dadurch veranlassen, daß sie das Werck ihrer Hände mit Nutzen, gutem Auskommen, und mit Freuden treiben können.  
  Sehr viele geitzige Reiche in einem Lande, sind mit eine große Ursache schwerer Zeiten. Doch kan und soll man freylich auch ausserordentlicher Weise, nehmlich umsonst, den Armen durch Allmosen gutes thun, und den Nothdürfftigen, die sich nähren können und wollen, durch Darlehne und Vorschüsse, auch wohl ohne Zinsen, in ihrer Nahrung aufhelffen.  
3. Regel Hieraus folget endlich die dritte Regel, daß also unser gantzer öconomischer Wandel ohne Geitz seyn müsse, d.i. daß wir nicht vor allzugrosser oder vielmehr verkehrter Haußhältigkeit, in die Eitelkeit verfallen müssen, zeitliches Vermögen oder Reichthum, seiner selbst wegen, etwa gar als das höchste Gut dieses Lebens zu suchen, als welche Art der Leute nimmermehr genung bekommen kan, sondern an statt, daß gutes Vermögen ein Mittel eines mit Ehren vergnügten Lebens, seiner selbst und vieler anderer seyn sollte, es vielmehr zu einer Materie machet, den Leib und das Gemüth destomehr mit Arbeit auszumergeln, und das Hertz mit Unmuth, Sorgen und Neid, sich destomehr abzufressen, ja andere destomehr zu schinden und zu drücken, jemehr nur das Vermögen wächset. Woraus deutlich erhellet, daß einer der grösten Hauptnarren der Welt ein Geitziger sey.  
frugalitas In diesen dreyen Grund-Regeln eines vergnüglichen Wohllebens, und des darzu erforderten vernünfftigen Aufwandes wohlbegüterter Leute stecket allen Erachten nach derjenige Inbegriff der Tugenden, welchen die Lateiner frugalitatem nenneten. Zwar nahmen sie dieses Wort zuweilen in so weiten Verstande, daß sie darunter ein tugendhafftes Leben überhaupt verstunden; inmassen sie hominem frugi einen rechtschaffenen braven Mann überhaupt, der in allen Stücken recht und klüglich zu handeln wisse, nenneten, wie Cicero Tuscul. Lib. IV. bezeuget: Ex quo ... [folgen 8 Zeilen lateinischer Text]. Und L. III. Tres ... [folgen zwei Zeilen lateinischer Text]  
  {Sp. 1324}  
  [fünf Zeilen lateinischer Text]  
  Doch scheinet es, daß man eben durch diesen natürlichen Zusammenhang aller Tugenden, durch welchen eine jede zu einer jeden das ihrige beyträgt, veranlasset worden, diejenige Tugend und Klugheit wohlbegüterter Leute, die zu einem vergnüglichen Wohlleben, und in dem dahin gehörigen Aufwande, erfodert wird, welche Tugend und Klugheit in eigentlichen Verstande frugalitas heisset, auf so viele andere Tugenden auszudehnen, die sie zugleich mit in sich begreiffen soll.  
  Nehmlich so viel ist gewiß, daß, nach den Regeln der Tugend und Klugheit, wohlbegüterter Leute, ihr ansehnliches Vermögen zuförderst zu ihrer, und der ihrigen Nothdurfft, hierneben aber auch zu aller vernünfftigen Bequemlichkeit des Lebens anwenden und gebrauchen sollen, zu welcher letztern fürnehmlich die Ehre, die einem jeden nach seinem Stande gebühret, und alle unschadliche Lust und Ergötzlichkeit gehöret.  
  Doch ist der letzte dieser beyden Zwecke nehmlich der Zweck der Bequemlichkeit, der standesmäßigen Ehre und Ergötzlichkeit, nicht schlechterdings, und an sich selbst, den Regeln der Tugend und Klugheit gemäß, sondern nur unter die Bedingung, so weit die Ehre und sich selbst zuläßliche Lust, auf die man etwas mögte wenden wollen, der Gesundheit, und der Aufwand selbst den Regeln guter Wirthschafft nicht zuwieder ist.  
Mäßigkeit und Sparsamkeit Sollte demnach ein auf Lust oder Ehre angesehener Aufwand der Gesundheit zum Nachtheil gereichen, so erfordern die Regeln der Tugend und Klugheit, sich dessen zu enthalten; welche Tugend die Mäßigkeit heisset. Sollte er nach der Proportion des Vermögens dessen, der den Aufwand machen will, den Regeln guter Wirthschafft zuwieder seyn; so erfordern die Regeln der Tugend und Klugheit gleichfalls, den Aufwand zu unterlassen; welche Tugend die Sparsamkeit heisset.  
Kargheit und Knickerei Sollte hingegen einen Aufwand entweder die Nothdurfft erfordern, oder eine vernünfftige Bequemlichkeit, in Absicht auf Stand u. Ehre, oder Lust; dabey weder die Gesundheit leide, noch den bishero ausgeführten Regeln guter Wirthschafft zuwieder gehandelt werde; so wäre es weder Mäßigkeit noch Sparsamkeit, sondern Kargheit u. Knickerey, bey gnugsamen Vermögen oder Reichthum, sich u. den seinigen in obgedachten Stücken über die Gebühren etwas abzubrechen.  
  Die Tugend demnach wohl vermögender Leute, den Aufwand, den sie neben der unentbehrlichen Nothdurfft, auf standesmäßige Ehre, und Ergötzlichkeit zu verwenden haben, mit Vermeidung der Kargheit und Knickerey, nach den Regeln aller Tugenden, in Sonderheit der Mäßigkeit, Sparsamkeit oder guter Wirthschafft, zu mäßigen ist die diejenigen, die die Lateiner in eigentlichen Verstande frugalitatem nenneten.  
  Der höchste Grad derselben, dessen nur Standespersonen von großen Einkünfften, oder doch in sehr hohen Grade reiche  
  {Sp. 1325|S. 676}  
magnificentia Leute fähig sind, heisset megaloprépeia, magnificentia. Diese ist ein mehr als gemeiner ansehnliche Aufwand vornehmer und reicher Leute, die nach ihrem Stande und Vermögen zu leben wissen, sonderlich in öffentlichen Ehren Ausgaben; da sie ihren Überfluß theils zum gemeinen Besten, z.E. an öffentliche Gebäude, zu ansehnlicher Belohnung grosser Verdienste, theils auch zwar in Privat-Geschäfften, jedoch aber zu gemeinen Nutzen, und mit öffentliche Milde und Gutthätigkeit, wohl anzuwenden wissen, z.E. in Gebäuden, in Kleidung, Haußrath, Bedienung und andern Bequemlichkeiten, insonderheit in feyerlichen Begebenheiten.  
  Denn daß vornehme und reiche Leute nicht, wie niedrige und arme, oder die von mittlern Vermögen sind, sondern ihrem Stande und Vermögen gemäß, zu leben und ihren Aufwand einzurichten verbunden sind, ist oben erwiesen worden. Dahero nicht zu zweifeln, daß, da dergleichen ansehnliche und kostbare Lebens-Art sowohl vernünfftig und, wohlanständig geführet werden kan, also eine Tugend in Ansehung derselben seyn müsse, die gewiß nicht von geringer Wichtigkeit ist, und deren nur vornehme Personen, die ein grosses Vermögen zu Erhaltung der Würde ihres Standes, und zu Beförderung des gemeinen Nutzens, wohl anzuwenden haben, fähig seyn können.  
  Aristoteles hat von dieser Tugend Nicom. L. IV. c. 5. 6. nicht übel gehandelt, da er sagt, daß sie sey [acht Wörter griechisch], virtus quae circa faciendas impensas versetur, decentem in magnis sumtum faciens, daß sie also bestehe, [neun Wörter griechisch], ut soite et prudenter judices, quid decori ratio postulat, magnaque expendas digne et concinne.  
  Er setzet ihr zweene Fehler entgegen, deren der eine mikroprépeia heisset, d.i. eine geringe, niederträchtige, knickische und karge Lebensart, vornehmer und reicher Leute; der andere [drei Wörter griechisch] ineptidudo operaria et magnificentia male affectata, d.i. ein nach Art gemeiner Leute närrische geführter Staat- und Baurenstoltz dererjenigen, die sich in die Vortheile ihres Standes und Vermögens nicht zu finden wissen. Müllers Einleitung in die Philosophisch. Wissensch. II Th. p. 959 u.ff.
  Siehe übrigens hierbey den Artickel: Mammon, im XIX Bande, p. 839 u.ff.  
Recht Anlangende das, was die Rechte wegen des Vermögens versehen, so finden wir unter andern, daß ein Schuldner, wenn er bonis cediret, seinen Gläubigern überhaupt alles abtreten müsse, was er an Haußgeräthe, an Gelde, Kostbarkeiten, Waaren, Renthen, an unbeweglichen Gütern und liegenden Gründen besitzet. Siehe Bonorum Cessio im IV Bande, p. 655.  
Sachsen Nach denen Chur-Sächsischen Rechten können junge Leute unter 25 Jahren keine Wechsel ausstellen, ob sie gleich, wenn sie noch unter väterlicher Gewalt sind, ein eigenes zu ihrer freyen Disposition stehendes Vermögen haben. Mandat 1724 §. 1.
  Doch kan der Gläubiger wieder sie klagen, wenn durch dessen Vorschuß ihr Vermögen würcklich verbessert worden. Ibid. §. 5.
  In welchem Falle auch wieder ein Eheweib wegen der ohne des Mannes Vorwissen ausgestelten Ver-  
  {Sp. 1326}  
  schreibung geklaget werden mag. Erläut. 1723.
  In der Weiber und Kinder eigene Güter und Vermögen kan die Execution des Ehemannes oder Vaters Schulden halber nicht, Erläut. Proceß-Ordn. ad 39 §. 21
  auch in die Nutzungen so derselbe vermöge des Nießbrauchs daraus zu erheben hat, anderer gestalt nicht, als wenn dem Eheweibe und den Kindern zuförderst der Alimenten halber prospiciret ist, vollstrecket werden. Ibid.
  Ein Schuldner, so Nachsicht erlangen will, soll eine richtige Specification sowohl seines Vermögens und habenden Forderungen, als auch seiner Schulden, übergeben. Banqueroutier-Mandat §. 3.
  Wenn Arme zu besserm Vermögen gekommen, müssen Sie den gethanen Verlag und die schuldige Gebühren bezahlen. Erläut. Proceß-Ordnung ad 1 §. 14.
  Übrigens kan auch das Vermögen, so eines Wechsel-Schuldners Erben zuständig ist, wenn nehmlich der letztere solches von dem erstern durch Erbgangs-Recht erlanget hat, mit der Hülffe beleget werden. Siegels Corp. Jur. Camb. I Theil p. 7 und 9.
     

vorhergehender Text  Teil 1 Artikelübersicht  

HIS-Data 5028-47-1310-14-02: Zedler: Vermögen, Lat. Bona [2] HIS-Data Home
Stand: 23. September 2013 © Hans-Walter Pries