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Quellenangaben |
Wer noch nichts hat |
Wer etwas erwerben
will, der hat entweder schon etwas, es sey nun durch
Glück, oder durch vorhergehenden Erwerb, oder er hat noch nichts. Wer noch gar
nichts hat, und nicht etwa darinnen glücklich ist, daß andere vermögende Leute
ihm mit etwas zur Anlage unter die
Arme greiffen, wozu das
gesellige
Leben
denen, die nur ihr Glück ein wenig mit
Fleiß suchen wollen, hin und wieder
Gelegenheit an die Hand giebet; der hat ein einiges
Mittel, etwas zu erwerben;
nehmlich durch fleißige
Arbeit
und
gute
Dienste. |
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Wer schon etwas hat |
Wer aber schon etwas hat, der kan auf beyderley oben gezeigte Arten etwas
erwerben; nehmlich theils durch gute Dienste und fleißige Arbeit, theils durch
das, was er schon hat, und nicht zu seiner Erhaltung nothdürfftig verbrauchen
oder verzehren muß. Also ist kein gesunder
Mensch zu finden, dem
GOtt,
Natur und
Geselligkeit,
nicht Mittel an die Hand gegeben hätte, seyn Brod zu erwerben, wenn
er nur das ihm verliehene Pfund nicht in Faulheit und Fahrläßigkeit vergraben
will. |
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Künste und Wissenschaften |
Der also nichts hat, der muß mit allerhöchstem Fleisse sich auf
Künste und
Wissenschafften legen, weil diese der eintzige
Grund seiner Nahrungs-Mittel
sind; und zwar auf solche, mit denen, nach der Glücks-Beschaffenheit der Zeiten
und Länder etwas erkleckliches zu
verdienen ist. Er muß sich auf diejenige derer
entweder edlen oder gemeinen Wissenschafften und Künste legen, in |
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{Sp. 1318} |
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welcher er nach der Beschaffenheit seiner
Gemüths- oder
Leibes-Kräffte sehr
hoch zu bringen, und nach seinen Glücks-Umständen am leichtesten unterzukommen
sich getrauen kan. |
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Er muß, weil solcher Leute sehr viele sind, es in solcher
Wissenschafft oder
Kunst allen, oder den meisten, oder doch sehr vielen, auf eine sehr in die Augen
fallende Art zuvor zu thun trachten und bedencken, daß vor einem
Menschen ohne
zeitliche Mittel es viel klüger und besser sey, in einer gemeinen Kunst, z.E. in
einem
Handwercke vortreflich, als in einer edlen Wissenschafft auch gut, aber
doch nur mittelmäßig bewandert zu seyn. |
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Wer nichts hat und nichts gelernt hat |
Wer endlich nichts hat, auch nichts, oder doch nichts sonderliches oder
nützliches gelernet, auch solches nicht etwa noch späte thun kan; mit dem stehet
es freylich in Ansehung eines zu erwerbenden Vermögens, und zu stifftenden
eigenen Haußwesens, mißlich aus. Er muß sich demnach unter seinen
Glücks-Umständen fleißig umsehen, ob etwas darunter zu finden sey, das ihn aus
der Niedrigkeit heben könne; wo nicht so erfordern die
Regeln der Gerechtigkeit
und
Klugheit den vornehmen
Herrn sich aus dem Sinne zu schlagen, und auch durch
die niedrigsten ehrlichen
Dienste lieber sein Brod zu
verdienen, als, welches
weit schimpfflicher, gefährlicher und
schädlicher, einen Bettler abzugeben, oder
zu einer unehrlichen Handthierung sich verleiten zu lassen. |
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Dienste der Hände und Füße |
Denn auch ein
Herrn Diener, ein Drescher, ein Botenläuffer, ein
Tagelöhner,
hat nach aller
gesunden Vernunft noch den
Rang über einen Bettler, er mag sich
seinem Stande oder Herkommen nach
schreiben,
wovon er will. Und es ist der
Ordnung
GOttes, der
Natur, und des geselligen
Lebens gemäß, daß sich ein jeder
nähre wie und so gut er kan; und also mit den
Diensten seiner Hände und Füsse,
wenn er keiner bessern, bequemern und ansehnlichern fähig ist. |
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wahre Arme |
Wer auch dieses nicht kan, z.E. ein Krancker, ein Krüpel, der ist ein
wahrhafftig
Armer, und muß in einer wohlbestallten Policey auf öffentliche
gemeine Kosten erhalten und verpfleget werden. |
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Wer schon etwas hat |
Wer schon etwas hat, und zwar erstlich ein schon erspartes
Capital, an
beweglichen oder unbeweglichen Gütern, so groß oder klein es auch sey, der ist
nicht klug, wenn er es ohne dringende Noth verthut: Es sey nun, daß das, was das
Capital abwirfft, zu nothdürfftigen Unterhalte oder nicht: indem in letztern
Fall die
Klugheit erfodert, den Mangel lieber durch
Verdienst der
Arbeit
ersetzen, als durch Angreiffung des Capitals. Denn wenn das Capital verflogen
ist, so muß man sich doch durch Arbeit und Verdienst nähren: also thue man es
lieber sogleich und behalte das Capital zum Hinterhalt, und das, was es etwa
abwirfft, zum Zuschuß, um welchen man durch Verthuung des Capitals sich bringet,
und sich also die Nahrung schwerer machet. |
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was das Kapital abwirft |
Ferner was das schon erworbene
Capital abwirfft ingleichen was man durch
Arbeit
und Dienste entweder darzu, oder wenn man kein Capital hat, durch solcher
Arbeit und Dienste allein erwirbet, muß nicht nothwendig alles verthan werden.
Denn unsere gantze Nahrung wird unstreitig ungemein erleichtert und gesichert,
durch den Zuschuß, denen wir von den Ein- |
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{Sp. 1319|S. 673} |
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künfften schon erworbener Capitalien haben. Jemehr man also diese durch
stetige Zurücklegung von denen, was einkommt, verstärcken kan, desto grösser
wird von
Zeit zu Zeit solcher Zuschuß, und desto höher kan man es also von Jahre
zu Jahre, sowohl im Erwerben, als im Zurücklegen bringen. |
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Da wiedrigenfalls man immer in einerley mühseeligem mäßigen
Zustande
bleibet, den unversehene Unglücksfälle leicht in
Armuth und Elend verkehren
können. Also soll man von dem, was das Capital abwirfft, und was man durch
Arbeit
darzu erwirbet, noch immer zurück zu legen trachten, und damit
fortfahren, so groß auch, solange man noch nicht
reich ist, das Capital wird;
indem je grösser das Capital nach und nach wird, desto reicherer Zuschuß zu dem,
was man verdienen kan, davon jährlich zu erheben, und desto leichter sich also
von
Zeit zu Zeit, und zwar immer ein mehrers, zurück legen lässet. |
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Reichtum |
Wenn das erworbene, sich jährlich mehrende
Capital so starck wird, daß man
auch von dessen Einkünfften allein alle Nothdurfft und
Bequemligkeit des Lebens
bestreiten kan, so ist es entweder
Reichthum, oder die näheste Stuffe darzu. Wer reich ist,
oder nur diese höheste Stuffe des Reichthums erstiegen, der kan sodann arbeiten,
und ferner erwerben, wenn und wie es ihm
bequem ist, ja nur zur Lust; Er kan
alles haben, was sein Hertz zum
Zweck der Tugend,
vernünfftiger
Ehre, und zuläßlicher Vergnügung begehret, und eben hierdurch wohl hundert
andern ehrlichen
arbeitsamen Leuten, ihnen zur Nahrung, und sich selbst zur
Ehre,
Bequemlichkeit und Vergnügung etwas
ansehnliches zu
verdienen geben. |
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Wer ist wohl, der sich diesen
Zweck nicht wünschet? Aber wünschen ist nicht
genung, man muß die Mittel mit rechtem, und einer so wichtigen
Sache
würdigem
Ernste ergreiffen. Ein Wünschen des
Zweckes mit Verschmähung der Mittel ist ein
Wunsch der Narren. Die Mittel aber sind von unserer Seite, arbeiten, und auf die
allhier gezeigte Art spahren; Von Seiten GOttes Glück und Seegen.
GOtt lässet an
sich nichts mangeln, wenn es nur nicht an uns mangelte. Derowegen erfordert die
Klugheit, besagte Mittel sich so hoch empfohlen seyn zu lassen, als gern man
glücklich leben wolte; nehmlich, daß man |
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1) |
etwas erkleckliches zu
verdienen trachte, |
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2) |
Daß man von dem Verdienten zurücklege und spahre, was nur möglich ist,
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3) |
daß man von dem Erspahrten nichts müßig liegen lasse, sondern das
erworbene sogleich wieder als ein Erwerbungs Mittel brauche, und damit
vorsichtig und klüglich werbe. |
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4) |
Daß man diesen wichtigen
Zweck, welcher der eine Haupt-Zweck der
Wirthschafft ist, nehmlich etwas zu verdienen, zurück zu legen, und das
Zurückgelegte theils durch ferneres Verdienen, theils durch Werbung mit dem
Zurückgelegten selbst, immerfort zu vermehren, allen Zwecken der nicht
schlechterdings nothwendigen Ausgaben vorziehe. |
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Arbeiten und Verdienen |
Was insonderheit das Arbeiten und
Verdienen anlanget, so ist die gemeine
Regel merckwürdig, daß man einen kleinen
Gewinst nicht verschmähen solle. Denn
er ist leichter, und kan öffter kommen, als ein grosser, da er denn gar bald so
viel ausmachet, als ein grosser. In dessen Betrachtung da- |
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{Sp. 1320} |
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vor zu halten, daß sonderlich in schweren Zeiten, es offt besser und
sicherer sey, das, was man etwa verdienet, zu kleinen Theilen von ihrer vielen,
als eben soviel in
ansehnlichen Theilen von wenigen zu verdienen, z.E. besser,
einen Thaler von ihrer Zwölffen, als eben denselben Thaler von ihrer zweyen oder
dreyen. Denn in beyden Fällen hat man seinen Thaler verdienet; aber die erste
Art, ihn von ihrer Zwölffen zu verdienen, ist darinnen vorteilhaffter, als die
andere, ihn von ihrer Zweyen oder Dreyen zu verdienen, weil weit mehrere Leute
zweene Groschen, als acht oder zwölf Groschen zu verthun haben, und also die
ersten Zwölfe mehrere Kundschafft von Leuten ihres gleichen an Vermögen, wenn
ihnen wohl gedienet wird, veranlassen können, als die andern zweene oder dreye;
unter denen auch nur ein einziger abgehen darf, so ist die Nahrung um ein
grosses gefallen. |
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Sparsamkeit |
Was aber das Spahren anlanget, so ist schon oben erinnert worden, die
schlechterdings nöthig es sey, es mit dem Erwerben zu verbinden, wenn man etwas
vor sich bringen wolle. Die Mittel der Sparsamkeit sind im XXXVIII
Bande unter dem
Artickel: Sparsamkeit p. 1221 u.ff.
abgehandelt worden. |
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Ein Vermögen lässet sich nicht durch Verthuung alles dessen, was man von
Zeit zu Zeit erwirbet, sondern durch Zusammenhalten und spahren erlangen, und
das Spahren ist weder unmöglich noch so gar schwer, wenn man theils die
Entbehrligkeit derer
annehmlichern und unbeschwerlichern unter den Mitteln
menschlicher
Zwecke erweget, theils bedencket, daß solche Entbehrung, und der
vernünfftige Zwanck, denen man diesfalls seinen
Begierden anthut, ein Mantel sey
vermittelst des dadurch zu erlangenden Vermögens, zum wenigsten eines gewissen
Grades solcher Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeiten beständig theilhafftig zu
werden; auch daß, wenn solche Annehmlichkeit und Unbeschwerligkeit gleich nicht
die gröste und kostbarste wäre, dennoch die
Gewohnheit und beständige Lebens-Art
sie der grösten und kostbaresten gleich mache; Wie z.E. einen wohlhabenden
Bauer
das Bäuerische Wohlleben, und die Bäuerische
Ehre, just eben sowohl thut, als
einem wohlhabenden
Edelmann das Edelmännische, obwohl das eine weit kostbarer
ist, als das andere. |
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Wer bei allen sich darbietenden Gelegenheiten zu Ausgaben diese
Betrachtungen, in der deswegen anzustellenden Überlegung die fürnnehmsten seyn
lässet und sich übet, selbige bey sich gelten zu lassen, dem wird das Spahren
nach und nach immer weniger und weniger sauer ankommen. Was Cicero
Offic. Lib. II. von denen unnöthigen Verschenckungen
spricht: Multi
patrimonia effuderunt inconsulte largiendo; Quid autem est stultius, quam, quod
libenter facias, curare, ut id diutius facere non possis? Hat in der That
in allen Ausgaben, durch die man nimmer mehr zu einem Vermögen kommen kan statt. |
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Aus dieser
Art und Beschaffenheit einer
vernünfftigen Wirthschafft folget
von sich selbst, daß man alles, was derselben entgegen gesetzet ist,
insonderheit das Spiel, unvorsichtige
Contracte, unnöthige Processe, und
unvernünfftige Schulden, gleich als eine Pest fliehen müsse. Unvernünfftige
Schul- |
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{Sp. 1321|S. 674} |
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den sind solche, die diejenigen machen, die gar nicht nach einer
vernünfftigen Rechnung der Einnahmen und Ausgaben leben, und die an statt, daß
sie solche Rechnung also machen solten, daß immer von dem erworbenen etwas
ansehnliches übrig bleibe, vielmehr also rechnen, daß das gewonnene, den
Aufgang
zu bezahlen, immer nicht zulange, sondern, anstatt daß von dem gewonnenen etwas
übrig bleibe, das von dem künfftig zu gewinnenden erst zu bezahlen sey; welches
in die Länge keinen guten Ausgang nach sich ziehen kan. Die
Deutschen nennen den
Verdienst eines solchen Haußwirthes, als den er sodann nicht einmahl vor den
seinigen achten kan, gar wohl und nachdrücklich vorgegessenes Brod. |
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Ein anderes ist es demnach mit den
Geldern, die zuweilen auch ein guter
Wirth, und mit guter Fürsichtigkeit ein wohl überlegtes nutzbares Gewerbe damit
zu treiben, eine Zeitlang aufzunehmen sich genöthiget siehet, die er doch je
eher je besser von den Einkünfften des Gewerbes sich wieder vom Halse zu
schaffen suchen wird.¶ |
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Regeln der Klugheit zu wirtschaften |
Endlich ist noch übrig, zu erwegen: Wie ein erworbenes Vermögen zu unserer
Nothdurfft, Ehre, und Vergnügung, klüglich anzuwenden sey, als welches der
andere große Hauptzweck der
Klugheit zu wirthschafften ist. Diese Klugheit
beruhet unstreitig auf dreyen
Regeln, deren einer aus der andern folget. |
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1. Regel |
Die erste ist, daß, so lange das Vermögen noch sehr klein,
man so spärlich, als es nur möglich, mit der unentbehrlichen Nothdurfft sich
behelffe, und ein mehreres, ob man gleich könte, nicht leicht verthue; folglich
der Ausgaben zur Lust bey nahe schlechterdings, der Ausgaben aber zu
ehren, so
viel es nur der
Stand eines jeden leidet, sich enthalte. |
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Denn zu dieser
Art der Ausgaben ist es zur
Zeit, da das Vermögen noch klein
ist, noch nicht Zeit; dieweil die Mittel, sie mit
Grunde und mit Bestand zu
machen, noch nicht vorhanden sind, wohl aber vermittelst dieser ersten
Regel mit
der Zeit erlanget werden können. Also weiset die erste Regel, mit dem erworbenen
wohl umzugehen, abermal auf die Sparsamkeit, als den vornehmsten Grunde einer
klugen Haushaltung. |
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Nächst dem hat auch besagte
Regel noch diesen guten
Nutzen in Ansehung des
Gebrauchs eines Vermögens, (welcher Nutz denenjenigen, die ihre Wirthschafft
recht von fornen, und, ohne einen Vorsprung des Vermögens zu haben, kümmerlich
anfangen müssen, zum Troste dienen kan) daß man der Mäßigkeit fein zu rechter
Zeit, nehmlich in der Jugend, zu Gründung einer festen Gesundheit, gewöhne,
welche
Gewohnheit sodann in den
Zustand, da man zu bessern Vermögen gelanget,
einen grossen Einfluß hat. Dahero diejenigen, die einen dürfftigen Anfang ihrer
Nahrung haben, andern, die einen guten Vorsprung haben, ihr Glück zu beneiden
eben nicht
Ursache haben; indem diese, wenn sie nicht in kurtzen weit elender
werden wollen als jene, in ihrer Jugend, mit eben so vieler an sich Haltung, der
Sparsamkeit und Mäßigkeit sich befleißige, und ihren Vorsprung also an Vermögen
beynahe betrachten müssen, als hätten sie ihn nicht. |
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2. Regel |
Die andere
Regel ist, daß, wenn |
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{Sp. 1322} |
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nun vermittelst der
Arbeit
und Sparsamkeit, mit Beywürckung des Glücks und göttlichen Seegens, ein
genügliches Vermögen erworben ist, dieses auch wohl durch eben dieselben Mittel,
als welche mit dem Anwachs des Vermögens immer leichter und fruchtbarer werden,
von Grad zu Grad bis auf ein
ansehnliches
Reichthum zunimmet; nunmehro es allerdings
Zeit sey, seine saure Arbeit und
Sparsamkeit zwar nicht gäntzlich bey Seite zu setzen, aber doch die erstere um
ein merckliches nach Proportion des Vermögens sich zu erleichtern, und der
Früchte der letztern mit
Ehre und Vergnügen zu geniessen. |
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Alsdenn soll man sich, den seinigen, und andern
Menschen, in allen Stücken
der Nothdurfft, der
vernünfftigen und seinem
Stande gemäßen
Ehre, der
Bequemlichkeit und unschuldigen
Leibes und
Gemüths-Ergötzlichkeiten, gütlich
thun, und erwegen, daß dieses das eintzige sey, was an dieser
Art zeitlicher
Güter die kurtze
Zeit über, da unsere
Verwaltung derselben währet, vor so viele
Arbeit und Sorge, die wir damit haben, uns endlich zu
Nutze kommen könne. |
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Wenn allhier
gesaget wird, daß von einem erworbenen
ansehnlichen Vermögen
man sowohl sich, als seinem Nächsten gütlich thun solle, so ist zu mercken, daß
solches beydes ordentlicher Weise zu gleicher
Zeit geschehe. Denn indem man sich
selbst, und den seinigen gütlich thut, so thut man auch seinem Nächsten gütlich,
da man solchergestalt mehr aufwendet und verthut, als ein
Armer kan, folglich
vielen wackern arbeitsamen Leuten und Künstlern durch seinen Aufwand
Arbeit und
guten Abgang schaffet, wornach sie in ihrer Dürfftigkeit sehnlich Verlangen
tragen; wodurch sie denn ebenfalls zu ihrer Nothdurfft, zu ihren
Ehren und
Vergnügungs-Ausgaben etwas
ansehnliches verdienen können. |
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Woraus erhellet, daß nicht aller grosser Aufwand an Kleidern, Wohnung,
Hausrath, Gärten,
Bedienten, u.s.w. Verschwendung, Üppigkeit, und wieder die
Regeln guter Wirthschafft sey. Es kommet nur darauf an, wer den Aufwand mache,
und in was vor einer Absicht er ihn mache. Ein
Reicher, der die Absicht hat,
ehrlichen und fleißigen
Arbeitern etwas zu verdienen zu geben, und die
Bequemlichkeit, die seltene Artigkeit u. Nettigkeit ihrer Waaren, zu seinem
Vergnügen immer mitzunehmen, kan jährlich grossen Aufwand machen, ohne den
Vorwurff der Üppigkeit und Verschwendung zu verdienen. |
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Wenn
reiche und wohlvermögende Leute so kärglich leben wollen, als die
armen; so fällt die Nahrung dieser letztern und aller derer, die noch gern etwas
verdienen und vor sich bringen wollen. Denn wovon wollen diese leben, und etwas
erwerben, wenn die Reichen nichts verthun, und die saure
Arbeit so vieler
tausend Künstler, die etwas sauberes, zum
Dienst derer, die es bezahlen können,
hervor zu bringen, sich um die Wette bemühen, aus Kargheit oder Aberglauben
verschmähen, und dargegen ihren Überfluß faulen Bettlern, die nichts haben
lernen wollen, zuwenden wollten? |
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Man hält dahero dieses vielmehr vor die erste, ordentliche und fürnehmste |
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{Sp. 1323|S. 675} |
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Art, wie reiche und wohlbegüterte Leute von ihren
Reichthum andern
Menschen
wohl und gütlich thun können, und sollen; In welcher Absicht sie diejenigen, die
ihnen arbeiten und dienen, wohl, richtig und bald bezahlen, und sonderlich
nothdürfftigen Leuten nicht durch allzuknickisches handeln gleichsam das Hertz
aus dem
Leibe abdringen sollen. |
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Es nehmen es auch, wie die
Erfahrung lehret, alle ehrliche und
nothdürfftigen Arbeiter, die nicht betteln, sondern ihr eigen Brod bessern
wollen, vor eine gute Wohlthat
reicher und wohlvermögender Leute, und vor einen
Seegen
Gottes durch sie, auf, wenn sie durch ihren Aufwand ihnen etwas zu
verdienen geben, und dadurch veranlassen, daß sie das
Werck ihrer Hände mit
Nutzen, gutem Auskommen, und mit Freuden treiben können. |
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Sehr viele geitzige
Reiche in einem
Lande, sind mit eine große
Ursache
schwerer Zeiten. Doch kan und soll man freylich auch ausserordentlicher Weise,
nehmlich umsonst, den
Armen durch
Allmosen gutes thun, und den Nothdürfftigen,
die sich nähren können und wollen, durch Darlehne und Vorschüsse, auch wohl ohne
Zinsen, in ihrer Nahrung aufhelffen. |
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3. Regel |
Hieraus folget endlich die dritte
Regel, daß also unser
gantzer öconomischer Wandel ohne Geitz seyn müsse, d.i. daß wir nicht vor
allzugrosser oder vielmehr verkehrter Haußhältigkeit, in die Eitelkeit verfallen
müssen, zeitliches Vermögen oder
Reichthum, seiner selbst wegen, etwa gar als
das höchste Gut dieses
Lebens zu suchen, als welche Art der Leute nimmermehr
genung bekommen kan, sondern an statt, daß gutes Vermögen ein Mittel eines mit
Ehren vergnügten Lebens, seiner selbst und vieler anderer seyn sollte, es
vielmehr zu einer
Materie machet, den
Leib und das
Gemüth destomehr mit
Arbeit
auszumergeln, und das Hertz mit Unmuth, Sorgen und Neid, sich destomehr
abzufressen, ja andere destomehr zu schinden und zu drücken, jemehr nur das
Vermögen wächset. Woraus deutlich erhellet, daß einer der grösten Hauptnarren
der
Welt ein Geitziger sey. |
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frugalitas |
In diesen dreyen
Grund-Regeln eines vergnüglichen Wohllebens, und des darzu
erforderten
vernünfftigen
Aufwandes wohlbegüterter Leute stecket allen Erachten nach derjenige Inbegriff
der Tugenden, welchen die
Lateiner frugalitatem
nenneten. Zwar nahmen sie dieses
Wort zuweilen in so weiten
Verstande, daß sie
darunter ein tugendhafftes
Leben überhaupt verstunden; inmassen sie hominem
frugi einen rechtschaffenen braven
Mann überhaupt, der in allen Stücken
recht und klüglich zu handeln wisse, nenneten, wie Cicero
Tuscul. Lib. IV. bezeuget: Ex quo ... [folgen 8 Zeilen
lateinischer Text]. Und L. III. Tres ... [folgen zwei Zeilen
lateinischer Text] |
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{Sp. 1324} |
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|
[fünf Zeilen lateinischer Text] |
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Doch scheinet es, daß man eben durch diesen natürlichen Zusammenhang aller
Tugenden, durch welchen eine jede zu einer jeden das ihrige beyträgt,
veranlasset worden, diejenige Tugend und
Klugheit
wohlbegüterter Leute, die zu einem vergnüglichen Wohlleben, und in dem dahin
gehörigen Aufwande, erfodert wird, welche Tugend und Klugheit in eigentlichen
Verstande frugalitas
heisset, auf so viele andere Tugenden auszudehnen, die sie zugleich mit in sich
begreiffen soll. |
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Nehmlich so viel ist gewiß, daß, nach den
Regeln der Tugend und
Klugheit,
wohlbegüterter Leute, ihr
ansehnliches Vermögen zuförderst zu ihrer, und der
ihrigen Nothdurfft, hierneben aber auch zu aller vernünfftigen
Bequemlichkeit des Lebens
anwenden und gebrauchen sollen, zu welcher letztern fürnehmlich die
Ehre, die einem jeden nach seinem
Stande gebühret, und alle unschadliche Lust
und Ergötzlichkeit gehöret. |
|
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Doch ist der letzte dieser beyden
Zwecke nehmlich der Zweck der
Bequemlichkeit, der standesmäßigen
Ehre und Ergötzlichkeit, nicht
schlechterdings, und an sich selbst, den
Regeln der Tugend und
Klugheit gemäß,
sondern nur unter die Bedingung, so weit die Ehre und sich selbst zuläßliche
Lust, auf die man etwas mögte wenden wollen, der Gesundheit, und der Aufwand
selbst den
Regeln guter Wirthschafft nicht zuwieder ist. |
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Mäßigkeit und Sparsamkeit |
Sollte demnach ein auf Lust oder
Ehre angesehener Aufwand der Gesundheit zum
Nachtheil gereichen, so erfordern die
Regeln der Tugend und
Klugheit, sich
dessen zu enthalten; welche Tugend die Mäßigkeit heisset. Sollte er nach der
Proportion des Vermögens dessen, der den Aufwand machen will, den Regeln guter
Wirthschafft zuwieder seyn; so erfordern die Regeln der Tugend und Klugheit
gleichfalls, den Aufwand zu unterlassen; welche Tugend die Sparsamkeit heisset. |
|
Kargheit und Knickerei |
Sollte hingegen einen Aufwand entweder die Nothdurfft erfordern, oder eine
vernünfftige
Bequemlichkeit, in Absicht auf
Stand u.
Ehre, oder Lust; dabey weder
die Gesundheit leide, noch den bishero ausgeführten
Regeln guter Wirthschafft
zuwieder gehandelt werde; so wäre es weder Mäßigkeit noch Sparsamkeit, sondern
Kargheit u. Knickerey, bey gnugsamen Vermögen oder
Reichthum, sich u. den
seinigen in obgedachten Stücken über die Gebühren etwas abzubrechen. |
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Die Tugend demnach wohl vermögender Leute, den Aufwand, den sie neben der
unentbehrlichen Nothdurfft, auf standesmäßige
Ehre, und
Ergötzlichkeit zu verwenden haben, mit Vermeidung der Kargheit und Knickerey,
nach den
Regeln aller Tugenden, in Sonderheit der Mäßigkeit, Sparsamkeit oder
guter Wirthschafft, zu mäßigen ist die diejenigen, die die
Lateiner in
eigentlichen Verstande frugalitatem nenneten. |
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Der höchste Grad derselben, dessen nur
Standespersonen von großen
Einkünfften, oder doch in sehr hohen Grade reiche |
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{Sp. 1325|S. 676} |
|
magnificentia |
Leute fähig sind, heisset megaloprépeia,
magnificentia. Diese ist ein mehr als gemeiner
ansehnliche Aufwand
vornehmer und
reicher Leute, die nach ihrem
Stande und Vermögen zu leben wissen,
sonderlich in öffentlichen Ehren Ausgaben; da sie ihren Überfluß theils zum
gemeinen Besten, z.E. an öffentliche Gebäude, zu
ansehnlicher Belohnung grosser
Verdienste, theils auch zwar in Privat-Geschäfften, jedoch aber zu
gemeinen Nutzen, und mit öffentliche Milde und Gutthätigkeit, wohl anzuwenden wissen,
z.E. in Gebäuden, in Kleidung, Haußrath,
Bedienung und andern
Bequemlichkeiten,
insonderheit in feyerlichen Begebenheiten. |
|
|
Denn daß vornehme und
reiche Leute nicht, wie niedrige und
arme, oder die
von mittlern Vermögen sind, sondern ihrem
Stande und Vermögen gemäß, zu leben
und ihren Aufwand einzurichten
verbunden sind, ist oben erwiesen worden. Dahero
nicht zu zweifeln, daß, da dergleichen ansehnliche und kostbare Lebens-Art
sowohl vernünfftig und, wohlanständig geführet werden kan, also eine Tugend in
Ansehung derselben seyn müsse, die gewiß nicht von geringer Wichtigkeit ist, und
deren nur vornehme
Personen, die ein grosses Vermögen zu Erhaltung der
Würde
ihres
Standes, und zu Beförderung des
gemeinen Nutzens, wohl anzuwenden haben,
fähig seyn können. |
|
|
Aristoteles hat von dieser Tugend Nicom. L. IV. c.
5. 6. nicht übel gehandelt, da er
sagt, daß sie sey [acht Wörter griechisch],
virtus quae circa faciendas impensas versetur, decentem in magnis sumtum
faciens, daß sie also bestehe, [neun Wörter griechisch], ut soite et
prudenter judices, quid decori ratio postulat, magnaque expendas digne et
concinne. |
|
|
Er setzet ihr zweene Fehler entgegen, deren der eine mikroprépeia
heisset, d.i. eine geringe, niederträchtige, knickische und karge Lebensart,
vornehmer und reicher Leute; der andere [drei Wörter griechisch] ineptidudo
operaria et magnificentia male affectata, d.i. ein nach Art gemeiner Leute
närrische geführter Staat- und Baurenstoltz dererjenigen, die sich in die
Vortheile ihres
Standes und Vermögens nicht zu finden wissen. |
Müllers Einleitung in die Philosophisch.
Wissensch. II Th. p. 959 u.ff.
|
|
Siehe übrigens hierbey den
Artickel: Mammon, im XIX
Bande, p. 839 u.ff.¶ |
|
Recht |
Anlangende das, was die
Rechte
wegen des Vermögens versehen, so finden wir unter andern, daß ein Schuldner, wenn er bonis cediret, seinen
Gläubigern überhaupt alles abtreten müsse, was er an Haußgeräthe, an
Gelde,
Kostbarkeiten, Waaren, Renthen, an unbeweglichen Gütern und
liegenden Gründen
besitzet. Siehe Bonorum Cessio im IV
Bande, p. 655.¶ |
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Sachsen |
Nach denen Chur-Sächsischen Rechten
können junge Leute unter 25 Jahren keine
Wechsel ausstellen, ob sie gleich, wenn sie noch unter
väterlicher Gewalt sind,
ein eigenes zu ihrer freyen Disposition stehendes Vermögen haben. |
Mandat 1724 §. 1. |
|
Doch kan der Gläubiger wieder sie klagen, wenn durch dessen Vorschuß ihr
Vermögen würcklich verbessert worden. |
Ibid. §. 5. |
|
In welchem Falle auch wieder ein
Eheweib wegen der ohne des
Mannes Vorwissen
ausgestelten Ver- |
|
|
{Sp. 1326} |
|
|
schreibung geklaget werden mag. |
Erläut. 1723. |
|
In der
Weiber und
Kinder eigene
Güter und Vermögen kan die Execution des
Ehemannes oder
Vaters Schulden halber nicht, |
Erläut. Proceß-Ordn. ad 39 §. 21 |
|
auch in die Nutzungen so derselbe vermöge des Nießbrauchs daraus zu erheben
hat, anderer gestalt nicht, als wenn dem
Eheweibe und den Kindern zuförderst der
Alimenten halber prospiciret ist, vollstrecket werden. |
Ibid. |
|
Ein Schuldner, so Nachsicht erlangen will, soll eine richtige Specification
sowohl seines Vermögens und habenden Forderungen, als auch seiner Schulden,
übergeben. |
Banqueroutier-Mandat §. 3. |
|
Wenn
Arme zu besserm Vermögen gekommen, müssen Sie den gethanen Verlag und
die schuldige Gebühren bezahlen. |
Erläut. Proceß-Ordnung ad 1 §. 14. |
|
Übrigens kan auch das Vermögen, so eines Wechsel-Schuldners Erben zuständig
ist, wenn nehmlich der letztere solches von dem erstern durch Erbgangs-Recht
erlanget hat, mit der Hülffe beleget werden. |
Siegels Corp. Jur. Camb. I Theil
p. 7 und 9. |
|
|
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