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Narr |
Narr, Thor, Lateinisch Stultus,
Frantzösisch Fou, wird entweder im
Moralischen
Verstande, oder in einer im gemeinen
Leben üblichen
Bedeutung genommen. |
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Im Moralischen Verstande kan man die Narrheit oder Thorheit abermals auf
zweyerley Art betrachten, nemlich, wie sie sich als ein Fehler bey einem
Menschen
befindet: hernach wie sie sich in den
Handlungen
würcklich
äussert. |
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Nach der ersten Absicht, wie sie sich als ein Fehler bey einem Menschen befindet,
ist sie diejenige Schwachheit, da man aus
Mangel der
Beurtheilungs-
Kraft und Antrieb des verderbten
Willens
etwas vornimmt, so zu seinem
eigenen
Schaden gereichet.
Gleichwie zur
Klugheit eine
Geschicklichkeit des
Verstandes so
wol, als Willens erfodert wird; Also lieget ein Thor oder Narr an beyden
Kräften der Seelen
kranck. |
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Denn auf Seiten des Verstandes fehlet es ihm an der Beurtheilungs-Krafft, daß er
nicht
unterscheiden kan,
was
gut oder
böse, klug oder
thöricht sey und ob er wol ein lebhaftes
Ingenium besitzet, und
durch diese Kraft allerley Einfälle, Anschläge, Absichten und
Mittel im
Kopf hat, so
nutzen ihm selbige
doch nichts. Es sind
mögliche
Gedancken, die
nicht ehe können
gebrauchet werden, als
bis sie das
Judicium geprüfet, gebilliget und in eine
Ordnung gebracht
hat. |
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Mit dieser Schwachheit verknüpffet sich bey einem Thoren das Verderben des
menschlichen Willens, und weil er aus Mangel der Beurtheilungs-Krafft die
Herrschafft über sich selbst nicht hat, so folget er dem Triebe
seiner herrschenden
bösen
Neigung.
Diese ist die Richtschnur seiner
Handlungen, und
weil man drey haupt-verderbte Neigungen hat, nemlich den
Ehrgeitz,
Geldgeitz und die
Wollust: so giebt dieses
Anlaß, daß man alle Narren und Thoren überhaupt in drey
Classen
eintheilen kann.
Einige sind Ehrgeitzige; andere Wollüstige und noch andere Geldgeitzige Narren. |
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Das
Object, wobey sich ihre
Thorheit äussert, sind Handlungen, die ihren eigenen
Nutzen betreffen.
Weil sie sich aber weder in die Absichten; noch in die Mittel schicken |
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{Sp. 677|S. 356} |
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können, so stürtzen sie sich selber in
Schaden, und zwar
muthwilllg, daher man ihre
Verrichtungen
thöricht
nennet. |
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Von diesem Fehler
müssen wir die andern,
die sich auch in den menschlichen Verrichtungen und Unternehmungen sehen lassen, als
Tummheit, Stupidität, Bosheit, Arglistigkeit und Unvorsichtigkeit
unterscheiden, daß
wir von denselben deutliche
Begriffe
bekommen. |
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Tummheit ist nichts anders als ein
Mangel der Beurtheilungs-
Krafft, der entweder mit einem Mangel des Witzes verknüpffet ist, welches die
Stupidität heisset; oder es befindet sich ein lebhaffter Witz dabey, welches die
Disposition zur Thorheit ist, die ihr
völliges
Wesen erlanget,
wenn die Sclaverey der
unvernünfftigen
Neigungen und Offerten hinzukömmt. |
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Die
Bosheit ist nicht so wol
ein Fehler des Verstandes, als des Willens, da man andern Leuten zu schaden geneigt
ist; und weil dieses
Laster auch bey solchen
Leuten seyn kan, denen es an Geschicklichkeit Mittel auszusinnen und anzuwenden nicht
fehlet, so entstehet daher die Arglistigkeit. |
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Auf solche Weise schadet ein Thor sich selber, und handelt wider die
Regeln der
Klugheit; ein
Boshafftiger aber sucht andere in
Schaden zu bringen; und
ein Arglistiger will sich mit anderer Leute
Verdruß und
Unglück helffen, welche
beyde von den Regeln der
Gerechtigkeit
abweichen. |
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Endlich zeiget sich die Unvorsichtigkeit in einzelnen Handlungen, wenn man aus
Übereilung wider die Klugheit anstösset, welches auch sonst einem redlichen und
klugen
Mann wiederfahren
kan. |
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In der andern Absicht ist die Thorheit anzusehen, wie sie sich in den
Handlungen wicklich
äussere. Denn es sind zwey
unterschiedene
Dinge ein Narr oder
Thor seyn; und närrisch oder thöricht handeln. Es kann auch einem vernünfftigen und
klugen Menschen wiederfahren, daß er entweder aus Übereilung, oder durch Antrieb
eines
Affects worinnen
thöricht handelt. |
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Zu
klugen
Unternehmungen werden sonst vier Stücke erfodert, daß man |
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woraus man leicht sehen kan, worinnen es ein Narr
verstehet, und welches
der
Grund der
thörichten Handlungen ist. |
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Ein Narr stösset nemlich an |
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1) in Ansehung des Endzweckes, den er sich auf eine
unvernünfftige
Art vorsetzet, daß wenn die Klugheit das
gute und
nützliche ergreiffet,
so
erwählet die Thorheit das
böse und
schädliche. Darauf
kommt es nicht an, ob der Narr solches vor gut und nützlich hält; denn er hält sich
auch für keinen Narren sondern düncket sich weise und klug zu seyn. Vernünfftige
Leute, wenn sie zuweilen thöricht handeln,
erkennen
dieses wol; aber nicht ehe, als beym Ausgange. |
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Die
Arten, wie man
es beym Endzwecke versehen kan, sind mancherley. Denn einmal wird kein vernünfftiger
Mensch
zweifeln, es sey der
Klugheit gemäß, daß man die
wahrhafftigen
Güter den
Schein-Gütern vorziehe; mithin ist es eine Thorheit, wenn man sich um diese
bemühet, und jene entweder
darüber fahren lässet; oder sich doch keine sonderliche Mühe deswegen giebet. Dieses
ist eine un- |
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{Sp. 678} |
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leugbare
Wahrheit, die
auch nach der
Theorie von allen die
nur den gerinsten
Verstand
haben,
muß
erkannt und
angenommen werden. |
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Siehet man aber auf das, was in der Ausübung geschiehet: so müssen die
allermeisten Menschen vor Thoren gehalten werden; zumahl wenn man die Sache nach den
Theologischen
Grund-Sätzen
erweget und bedencket,
wie man das zeitliche dem ewigen, das irrdische dem himmlischen vorziehet. Doch weil
dieses eigentlich in die
Christliche Klugheit
gehöret, und die
philosophische ihr eigentliches Absehen nur auf die äusserliche
Glückseligkeit
in diesem
Leben richtet: so
wird von solcher weiter unten zu handeln
Gelegenheit seyn,
hier aber nur bey denjenigen
Güthern zu
bleiben seyn, die nur bloß auf die Glückseligkeit dieses Lebens abzielen, bey denen
die
Menschen
offtmals diese Art der Thorheit sehen lassen. |
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Daß das Leben und Gesundheit der Menschen der
Ehre vorgehe, ist
ausser
Streit; man
weiß aber, wie
Ehrgeitzige um eine Hand
voll eitler Ehre sich um ihre Gesundheit und Leben bringen; dergleichen Narrheit auch
ist, wenn
Geitzige aus unmäßiger
Begierde
reich zu
werden, dasjenige, was sie an ihrem
Leibe
thun
solten, hindan
setzen. |
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Ferner wird niemand
leugnen, daß man ein
grösseres Guth dem geringeren vorziehen müsse; mithin, wenn man das geringere vor das
grössere nimmt, so ist dieses eine Thorheit,
z.E. wenn jemand ein
Haus vor tausend Thaler
verkauffen
wolte, da er
doch zwölff hundert davor bekommen könte; oder wenn jemand eine Erbschaft an sich
handelte, deren
gantzer Betrag nicht
einmahl die darauf haftende
Schulden zu bezahlen
hinlänglich wäre, ingleichen, wenn ein Feld-Herr ein augenscheinliches
Ubel vor etwas
gutem
erwählete: so würde
jedermann
sagen, der
Mensch sey ein Narr, |
worin auch L. 1.
ff. ad Leg. Falcid. §.
ceterum Instit. Quod cum eo etc.
übereinstimmen. |
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Drittens, weil manches Guth
gewiß; manches hingegen
ungewiß ist, so ist das
eine offenbahre Thorheit und Narrheit, wenn man das letzte dem erstern vorziehet,
welches gleichwohl vielmals geschiehet, z.E. wenn man sein
Geld Leuten,
da es ungewiß stehet, leihet; das seinige in Bergwercke stecket;
Assecurations-
Contracte machet; oder
es kommt einem die
Lust Gold zu machen an,
womit mancher seine Thorheit an den
Tag geleget, eben
dadurch, daß er das gewisse vor das ungewisse hingegeben, oder das Geld, so er in
Händen gehabt, vor einen ungewissen Gewinst, Gold zu bekommen in die
Lufft fliegen lassen. |
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Viertens hat man vor eine Thorheit anzusehen, wenn man dasjenige, was mehr
Mühe kostet, dem leichten
vorziehet, da doch eins so gut ist, als das andere, z.E. wenn jemand von Paris ein
Buch verschreiben
wolte, welches er an dem
Orte
seines Auffenthalts um eben den Preis haben könte; so wäre solches eine grosse
Narrheit; weil er nicht nur einen Brief schreiben; sondern auch Post-Geld geben muß,
so er aber nicht brauchet, wenn er es an dem Ort
kauffet, wo er
wohnet. |
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Ein Narr versiehet es auch |
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2) in Ansehung sein selbst, daß er Dinge unternimmt, ohne sich vorher zu prüfen,
ob er auch
geschickt dazu ist. Eine solche Prüfung, die nach der
Klugheit
anzustellen, gehet so wol auf |
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{Sp. 679|S. 357} |
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die innerliche, als äusserliche
Umstände eines Menschen.
Jene betreffen den
Zustand der
Seelen auf
Seiten des
Verstandes
und
Willens;
daher ist es z.E. eine Narrheit, wenn Leute
studiren
wollen, die
doch kein
Naturell dazu haben;
oder wenn ein
Lehrmeister einen,
der kein sonderliches
Ingenium besässe, zur
Poesie anhalten wolte: so würde er thöricht
thun; oder ein
wollüstiger Mensch
entschlösse sich, in
Krieg zu gehen. |
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Die äusserlichen Umstände betreffen unser Exterieur,
Leibes-
Constitution,
Vermögen,
Geschlecht,
Ehrenstand, u.d.gl. welche nach Beschaffenheit des Vorhabens in
Erwegung zu ziehen
sind, wenn man dabey klüglich und vorsichtig verfahren will; mithin handelt man
thöricht, wenn man sie aus den Augen setzet, und hiedurch bey seinem Unternehmen
unglücklich
wird. |
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3) Äussert sich die Thorheit bey den
Mitteln, deren man sich
bedienen muß, wenn man eine Absicht
glücklich erreichen will.
Denn braucht man vor
bequeme und
hinlängliche, unbequeme und unhinlängliche; vor leichte, schwere; vor
gewisse und sichere,
ungewisse und
unsichere, daß man seinen
Zweck entweder gar
nicht erhält; oder doch mehr Mühe anwenden muß, als die Beschaffenheit des
Geschäfftes
erfodert, so wird jedermann sagen, man sey nicht klug. |
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Wenn man eine Sache glücklich ausführen will, muß man auf alle Umstände,
vornehmlich der
Zeit und des
Orts
sehen, welches die Narren oder Thoren verabsäumen, und manche
Gelegenheit, was
gutes auszurichten, aus den Händen gehen lassen. |
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Und wenn |
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4) Hindernisse sich in den Weg legen: so wissen sie selbige nicht weg zu räumen;
denn bald
erkennen
sie den Zustand solcher Hindernisse nicht, ob sie zu überwinden stehen oder nicht,
und wollen wol
unmögliche Dinge
übernehmen; bald wissen sie ihren
Ursprung nicht,
daß wenn sie von ihnen selbst herrühren: so bilden sie sich dieses nicht ein, und
stehen sich damit selbst im
Lichte. |
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In der
heiligen
Schrifft werden alle
Sünden vor Thorheiten
gescholten, und die, so solche begehen, Narren
genennet, dieweil sie mit
der
Pflicht und dem
Zweck der Menschen
nicht übereinkommen; nach dem Ausspruch der Weisen aber derjenige allezeit närisch
handelt, der etwas thut, ohne einigen
vernünfftigen Zweck und Absicht. Denn so werden in dem Göttlichen
Worte diejenigen ausdrücklich Thoren und Narren genennet, |
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a) die in ihrem Hertzen
sprechen,
es ist kein
Gott, |
Ps. XIV, 1. |
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b) der mit einem
Weibe die
Ehe bricht, |
Sprüchw. VI, 32. |
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c) die
bösen Seelen-
Hirten und Heuchler, |
Es. XXXII, 6. |
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d) die
zornigen und
unversöhnlichen, Pred. Salom. VII, 10. |
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e) die neidischen, welche Predig. IV, 5. unter dem Gleichniß eines,
der die Finger in einander schläget und sein Fleisch frisset,
vorgestellet
werden; |
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f) die
Geitzigen, |
- Luc. XII, 20.
- 1 Samuel. XXV, 25.
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g) wer mit der
Sünde sein Gespötte
treibet, |
Sprüchw. XIV, 9. |
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h) die Ehren-Schänder und Verläumder, |
Sprüchw. X, 18. XI, 12. |
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i) die Verächter der Göttlichen Wercke, |
Ps. XCII, 7. |
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k) die sich selbst für weise halten, |
Röm. I, 22. |
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l) welcher nicht
Lust hat am
Verstande,
sondern was in seinem Hertzen steckt, |
Sprüchw. XVIII, 2. |
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m) welche ungestrafft seyn
wollen, |
Sprüchw. XII, 1. |
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n) die |
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{Sp. 680} |
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Gottlosen, welche der Frommen einfältiges
Leben
verlachen, |
B. der Weish. V, 4. |
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Aus der Narrheit folget, daß ein Narr ihm selbst gefällt, sich und sein
Thun oder
Meynungen allen
andern vorziehet, und ausser ihm alles verachtet; alle seine
Gedancken über
die Zunge ausschüttet,
zänckisch, übermüthig und
jedermann beschwerlich ist. |
Becmannn. Meditat. Polit. |
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Es ist zwar die menschliche Schwachheit so groß, daß sich schwerlich einer
rühmen kan, daß er nicht
jemahls an dem Narren-Seil gezogen, oder ein paar Narren-Schuhe vertreten und nach
dem Sprüchwort, ist ein jedermann der Welt eine Thorheit
schuldig: aber der ist
der klügste, der seine Thorheit am besten verbergen kan, noch mehr aber der bald
davon umkehret, weil nach dem Sprüchwort die kürtzesten Hasen und Thorheiten die
besten sind, auch der kein Narr oder Thor ist, der etwas närrisches thut, sondern der
es nicht bessern will. |
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Es sagt zwar ein Weiser, Narren haben das beste Leben; aber dieses ist nur so
weit
wahr, weil sie
ihr
eigen
Unglück nicht
erkennen,
noch
empfinden. |
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Einen Narren an einem Dinge fressen, heisset etwas unmäßig und
unvernünfftig
lieben; es
soll aber nach dem
Sprüchwort, ein Narr besser seyn, denn ein Narrenfresser. |
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Narren über die Eyer setzen, heisset einem Unverständigen ein
Geschäft
befehlen. Und von
den
Deutschen hat
man den Reim: |
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Es wär Deutschland ohne Schad, Wenn da wär ein Narren-Bad. |
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Nach der im gemeinem Leben üblichen
Bedeutung wird das
Wort Narr
gleichfalls im gedoppelten
Verstande genommen. Denn einmal werden darunter diejenigen Leute
verstanden, welche den
Gebrauch ihrer
Vernunft
verlohren und
wahnwitzig oder unsinnig sind, und diese werden bey den
Lateinischen
Scribenten so
wohl, als in den
Rechten, zum
Unterschiede derer,
so unbedachtsamer und unüberlegter Massen (imprudenter) etwas
thun, und
eigentlich stulti heissen, |
- L. 9.
ff. de Juris et facti
ignorant.
- L. 4. ff. quod vi aut clam,
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eigentlich fatui genennet, |
§. ceterum
Inst. quod cum
eo, |
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worunter aber insonderheit so unwissende und wahnwitzige Menschen
verstanden werden, die nicht einmal ihren
Namen zu
nennen
wissen,
wovon aber unter dem Artickel Raserey, nachzusehen ist. |
Besiehe - Barbos. in Lib. XVII. c. 53. axiom. 1. u.f.
- Limnäus Jur. Publ. Lib.
VII. c. 1. n. 64.
- Menoch de Præsumt. VI. 45. n. 8. u.f.
- Neander Hist. Bacchanal. p.
256.
- Spiegel.
- Pratejus.
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Hiernächst aber werden auch im
bürgerlichen Leben
solche Leute unter dem Worte Narren angedeutet, die sich einer verstellten Narrheit
anmaßen, da sie
klug sind. Diese
heissen eigentlich Schalcks- oder Stock-Narren, und werden ausser dem Theater
sonderlich an grosser
Herren
Höfen gerne gelitten,
weil sie Kurtzweil anzurichten und ein Gelächter zu erwecken
geschickt sind, und heissen so dann mit einem besondern Namen Hof-
Narren. |
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Sie sind aber zweyerley. Einige lassen sich hudeln, und leiden alles, was andere
zur
Lust mit ihnen vornehmen
wollen, |
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{Sp. 681|S. 358} |
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nur damit sie ein gutes
Leben ohne
Arbeit erlangen,
und diese wären zu beklagen, wenn sie nicht freywillig in ihrem unseligen
Stande
beharren wolten. |
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Die von der zweyten Gattung hudeln andere, und
wissen
durch sinnreiche Schertz-Worte und lustige Einfälle ihre
Meynung also zu
geben, daß sie die Zuhörer ergötzen, auch wenn sie die schärfsten Pfeile
verschiessen. Hiezu aber gehöret ein ausbändiger lebhafter
Verstand, und
werden wenige gefunden, die einen solchen Narren vorzustellen geschickt seyn. Ein
solcher kan viel
Gutes und
Böses ausrichten,
nachdem er fromm und boßhaftig ist, und darf heraus
sagen, was
andere wol
müssen bleiben lassen.
Daher das Sprüchwort, Narren sind der Fürsten Prediger. |
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Und eben um deswillen, weil sie alles sagen dürffen, was sie nur
wollen: so muß
man nach den
Regeln der
Klugheit sich mit
ihnen nicht gemein machen, vielweniger sie beleidigen, sondern sich
bemühen, in ihrer
Gunst zu stehen, so werden
sie einem auch den ihm zukommenden Respect erweisen. |
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Ingemein sind am Hofe beyde Gattungen von Narren, sowol die, so sich hudeln
lassen, als auch die, so andere hudeln, beysammen; wiewol gewissenhafte
Lehrer es nicht
gestatten, weil solche Leute sich vorsetzlich des Gebrauchs ihrer Vernunft, des
edelsten Kleinods eines
Menschen,
entsetzen, weil sie ungestraft viel Muthwillen und ärgerliches Wesen treiben, und
wenn sie es böse
meynen, viel
Unglück anrichten. |
Becmann l.c. |
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An einem
gewissen
vornehmen
Orte
sollen in einem Saale
neun und neuntzig Narren abgemahlet, und vor den Hunderten, wenn der sich finden
möchte, noch ein ledig
Feld gelassen seyn. |
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Doctor J. Geiler von Kaysersberg, Prediger am Dom zu Straßburg in dem XV
Jahrhundert, hat unter
dem
Titel Navis
Narragonia Predigten
herausgegeben, in welchen
er 110 Gattungen der Narren
vorstellet und
bestraffet. Sie sind nachgehends auch
Deutsch unter
dem
Namen des
Narren-Schiffs ausgegangen. Nach der
Zeit hat Christian
Weise die drey Ertz-Narren herausgegeben, denen er die drey klügsten Leute nachfolgen
lassen, in welchen beyden Büchlein er die heilsame Lehre, seinen Wandel klug und
tugendhaft anzustellen, auf eine
angenehme Weise
aufgeführet hat. Zu unseren Zeiten hat Salomon Jacob Morgenstern vernünftige
Gedancken von der Narrheit und Narren aufgesetzet. |
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Hof-Narr |
Narr (Hof-) siehe Morio, im XXI Bande p. 1683, ingleichen Narr. |
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Schalcks-Narr |
Narr (Schalcks-) siehe Narr. |
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Stock-Narr |
Narr (Stock-) siehe Narr. |
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