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Zedler: Lehrer HIS-Data
5028-16-1498-1
Titel: Lehrer
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 1498
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 760
Vorheriger Artikel: Lehre uns beten
Folgender Artikel: Lehrer, der verborgen ist
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Quellenangaben
  Lehrer nennet man in weitläufftigem Verstande einen jeden, der dem andern von einer ihm bisher noch unbekannten Sache Nachricht giebt.  
  So mancherley nun die Sachen in der Welt, so mancherley ist auch der Unterricht, und so mancherley Arten Lehrer giebt es auch. In gemein ist die Sache gut oder böse, in welcher Betrachtung einer ein Lehrer zum guten, der andere zum bösen ist. Die Sachen sind nöthig und nützlich oder unnöthig und unnützlich, welche Eintheilung denn auch den Lehrern zukommet.  
  Ein Lehrer hat seine Absicht auf den Leib, der andere auf die Seele, weil GOtt in beyde Theile des Menschen Kräffte geleget, die durch Anführung zur Fertigkeit zu bringen sind, nur daß ersterer im Teutschen üblicher Meister, die andern aber Lehrer oder Lehr-Meister genannt werden.  
  Wenn nun aber das einen Lehrer abgeben heisset, einem von einer ihm bisher unbekannten Sache Nachricht geben, so folget schon von selbst, daß man eine ihm selbst noch unbekannte Sache andern nicht lehren könne. Daraus ist nun klar, daß er andere lehren will, erst selbst lernen muß. Hat einer dieses mit gehörigem Fleisse gethan, wird er zu jenem desto geschickter seyn.  
  Soll nun unser Lehrling von uns lernen, muß er so beschaffen seyn, daß unsere Lehren bey ihm anschlagen. Hat er kein Geschicke, es zu fassen, und fehlet ihm der Wille, es zu erlernen, wird unser lehren vergeblich seyn, und wäre alsdenn die höchste Unbilligkeit, dem Lehrer beyzumessen, daß der Lernende in seiner Unwissenheit stecken blieben. Doch wollen wir den Lehrer nicht in allen Fällen von aller Schuld frey sprechen.  
  Sollen wir einen andern unterrichten, muß es auch so vorgetragen seyn, daß ers begreiffen kan. Das nennet man eine gute Lehr-Art. Der Unterricht endiget sich nicht in des lehrenden Person, sondern in dem Lernenden, dem es also muß beygebracht werden, daß ers lernen kan. Man ersiehet hieraus, wie solches auch die tägliche Erfahrung bestärcket, daß viele gelehret, und doch kein Lehrer seyn können.  
  Der Lehrling richtet sich nicht nach dem Lehrer, denn wenn er das könnte, wäre er schon gelehrt, sondern dieser nach jenem. Vor zarte Lämmer gehöret also Milch- und vor starcke starcke Speise. Beobachtet dieses ein Lehrer nicht genau, ist alle seine Mühe vergeblich. Es ist also freylich eine Sache, die nicht alle können, allen allerley zuwenden.  
  Gleichwohl kommts in Unterweisung darauf alles an, welches aber freylich nicht so gut angehet, wenn man einen Hauffen von verschiedener Art zu seinen Schülern hat. Das ist das, was man vorlängst an denen öffentlichen Schulen ausgesetzet. Da sietzet bald ein träger, bald ein munterer, bald ein fleißiger, bald ein fauler, bald ein wollüstiger, ehrgeitziger, geldgeitziger u.s.w. Alle auf eine Art lassen sich nicht gewinnen, und einen jeden auf ein Mahl zugleich läst sich auch nicht thun, daher freylich die Würckungen eines an sich öffentlichen Lehrers bey denen Lernenden recht sehr unterschiedlich; dahin gegen ein Priuat-Lehrer, so etwa nur einen Schüler hat, sich gäntzlich nach demselben richten, und ihn desto weiter bringen könnte, wenn nur nicht da-  
  {Sp. 1499|S. 761}  
  gegen die gemeinschafftliche Aufmunterung fehlte, und die wenigsten einen Priuat-Lehrer besolden können, zu Mahl in Erlernung höherer Wissenschafften, welches bey öffentlichen Lehrern so wohl in hohen als niedrigen Schulen wohlfeiler.  
  Das Amt eines Lehrers ist also sehr wichtig und mühsam. Werden der Obrigkeit Befehle aus Furcht der in den Gesetzen bestimmten Straffe sich theilhafftig zu machen beobachtet, so lässet sichs bey lernenden Theils nicht allezeit mit Straffen thun, Theils werden dieselben des Wegen noch nicht würcklich in der vorhabenden Sache unterrichtet. Die tägliche Erfahrung lehret dieses auch zur Gnüge. Da ist ein Lehrer, der immer seinen Schülern vom Prügel, Schilling, Carcer, Relegation, u.d. vorredet, und doch wollen seine Lehren nichts fruchten; ein anderer hingegen überzeugt die seinigen, daß er aus wahrhaffter Absicht zu ihrem besten sie lehre, welches in derer Schüler Gemüther eine Gegen-Liebe würcket, durch welche sie getrieben werden, nach möglichster Sorgfalt des Lehrers Lehren nachzukommen, und denselben ja nicht gegen sich aufzubringen.  
  Dagegen ist nun auch eines rechtschaffenen Lehrers Schuldigkeit, es aufrichtig mit seinen Schülern zu meynen. Das sind keine rechtschaffene Lehrer, die, um nur desto länger einen Genieß von ihren untergebenen zu zühen, sie aufhalten, und durch unnöthige Umwege erst dahin führen, wohin sie viel eher und leichter kommen können. Solche Lehrer haben eine grosse Verantwortung auf sich, da sie denen ihrigen einen so unschätzbaren Zeit-Verlust verursachen, welchen sie bey dem so kurtzen menschlichen Leben auf alle Weise zu vermeiden, und ihren Schüler nur desto mehr zu weitern Wissenschafften beförderlich seyn sollten. Hierher gehöret, wenn Lehrer ihren Schülern die Vortheile derer zu erlernenden Künste und Wissenschafften nicht recht heraus sagen, welches einem Lehrer wohl nichts schändlichers. Ist er ein berufener Lehrer, so ist er dazu bestellt, die unwissenden zu unterrichten. Dieses nun zu erhalten, müssen alle Mittel hervor gesuchet, und also nichts weniger als selbige vorenthalten und verstecket werden.  
  Es würde dieses auch von sich selbst wegfallen wenn zwischen Lehrern und lernenden so eine genaue Liebe, als zwischen denen leiblichen Eltern und Kindern wäre. Lehrer würden sich desto mehr bemühen, auch ihr Hertze denen lernenden auszuschütten, und diese würden desto begieriger auf ihrer Lehrer Lehren seyn, weil sie zur Gnüge überzeuget, daß ihre Lehrer es wahrhafftig gut mit ihnen meynten, so wiedrig sie ihnen auch zu Weilen schienen.  
  Sollten indessen die Lehrlinge ihrer Lehrer Hirten-Stimme nicht alle Zeit hören und ihre folgen wollen, so wisse du Lehrer, ruffe laut, schone nicht. Du bist dazu beruffen, denen unwissenden, auch denen widerspänstig-unwissenden zu bedeuten, was er zu thun schuldig, wo man nicht seine Seele von deiner Hand fordern soll, welches dir unerträglich seyn dürffte. Ein Lehrer muß auch da nicht zu weich seyn. Siehet er wohl, daß Verdruß, Verfolgung, Trübsal und Bande seiner warten, nur getrost, sein Amt erfordert es.  
  Wer sollte nun wohl bey solchen Umständen noch zweifeln, daß einem rechtschaffenen Lehr-Meister ein gleichgültiger Lohn vor seine Mühe könnte gegeben werden?  
  {Sp. 1500}  
  Denn wie ist danckbarer Schüler Wiedervergeltung? Nur leiblich, das empfangene aber grösten Theils geistlich. Und wollen wir auch davon nicht ein Mahl reden, so ist so viel gewiß, daß ein Lehrling seinem Lehrer nie Mahls soviel wiedergeben wird, als er von diesem durch dessen mitgetheilten Unterricht Kräffte, Geld zu verdienen, erhalten.  
  Man setze z.E. den Fall, ein junger Mensch dänge sich bey einem Kauff-Manne auf, dem er davor, daß er bey ihm die Kauffmannschafft lernen möchte, 500. Thaler bezahlt. Nun falle man aus einem Kauff-Manne auf dessen Handlung, so geringe auch als sie immer sey, wenn er nun sein Werck recht verstehet, ob derselbe nicht in seinem gantzen Leben, wo er wohl in einem Jahre, ja Monathe mehrers, als gedachte Summe beträgt, erlange.  
  Gleichwohl ist den meisten Leuten unserer Zeit immer noch zu schwer, ein geringes dem Lehr-Meister derer ihrigen zu gönnen, und deuchtet vielen wohl keine Ausgabe unnützlicher, als die denen Lehrern, besonders derer freyen Künsten und Wissenschafften, zuflüsset, die doch gemeiniglich kaum soviel gekommen, was andere nur zum Überfluß verthun. Aber so grosse Vergeltung wir unsern treuen und rechtschaffenen Lehrern schuldig sind; so kann dagegen vor böse Lehrer keine so grosse Straffe erdacht werden, deren sie nicht würdig. Denn so gut die guten Lehrer an dem Vortheile ihrer Lehrlinge Ursache sind, so gut sind es die bösen an denen bösen, so von ihren Schülern begangen, und sie betriefft.  
  Über Haupt sind Lehrer, und zwar gute, so nöthig in einem gemeinen Wesen, als unmöglich es ist, ohne Anleitung gute Fertigkeiten zu erlangen, des Wegen man alle Zeit bemercken wird, daß löbliche Fürsten auf gute Lehrer jeder Zeit ein besonderes Auge gehabt, und geschickte Leute durch gnädige Belohnungen zu diesen sauern Verrichtungen aufzumuntern gesuchet; dagegen man aber auch bemercket, daß solche Länder desto glücklicher worden.
  • Joh. Sturm de Litterarum Ludis recte aperiendis.
  • Io. Caselius de Lude litterario recte aperiendo.
  • Scioppius Consult. de Scholarum et Studiorum Ratione deque Prudentiae et Eloquentiae parandae Medis.
  • Mechouius de recta institutione Iuuentutis scholasticae.
  • Richerius Obstetr. Animarum.
  • Gesner Instit. Rei scholasticae.
  • Gottfried Hofmann vom Schul-Wesen.
 
       

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Stand: 28. März 2013 © Hans-Walter Pries