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Zedler: Verkauffen HIS-Data
5028-47-979-2
Titel: Verkauffen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 47 Sp. 979
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 47 S. 503
Vorheriger Artikel: Verkauff des Eisens
Folgender Artikel: Verkauffen, bey den Bergwercken
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text  
  Verkauffen, Lat. Vendere, ist diejenige Handlung, da man dem andern eine Sache gegen ein bewilligtes Stück Geld eigenthümlich überlässet.  
  Es gehöret hieher der Artickel: Emtio Venditio, im VIII Bande, p. 1117. u.ff. ingleichen Verkauff im vorhergehenden.  
  In einer besondern Verknüpffung wird dieses Wort in der Epistel an die Römer gebrauchet, wo Paulus von sich bekennet: Er sey fleischlich, und unter die Sünde verkaufft. Hier wird also die Sünde als ein gewaltiger und tyrannischer Herr betrachtet, und Paulus als ein Leibeigener, der unter diesen Wüterich zu seinem Dienst und Leibeigenschafft verkauffet worden. Die Weimarische Biebel giebet es: Unter die Sünde verkaufft, wegen der noch übrigen Sünde im Fleisch, welche als einen tyrannischen Herrscher ich noch fühlen muß, dieweil ich noch nicht vollkömmlich bin erneuert. Also auch andere.  
  Dabey sie denn anmercken, daß weil diese Redens-Art, Rom. VII, 14.
  auch von Unwiedergebohrnen gebrauchet werde, wie dort von dem Ahab stehet: Er sey verkaufft gewesen nur Übels zu thun für dem HErrn, ja es sey niemand so gar verkaufft gewesen, Übels zu thun, als Ahab, 1 B. der Kön. XXI, 20. 25.
  so sey ein anders die freywillige, ja muthwillige Verkauffung sein selbst unter die Sünde, wie es also mit Ahab war, als von dem der Grund-Text anweise, daß er sich selbst verkauffet habe, ein anders aber sey die Verkauffung, so wieder unsern Willen oder mit einiger Wiederstrebung geschehe, und auf solche letzte Art könne von denen Wiedergebohrnen, als auch von dem Apostel selbst gesagt werden, sie seyn unter die Sünde verkaufft, weil obwohl durch die Erb-Sünde ihre Natur verderbet und zur Sünde geneiget, sie dennoch denen bösen Lüsten des Fleisches die Herrschafft, nicht lassen, sondern ihr kräfftig durch den Geist wiederstehen.  
  Jedoch wo man die Verkauffung sein selbst zu allerhand groben, wissentlichen, würcklichen Sünden, wie Ahab that, und die Verkauffung unter die Erb-Sünde von der hier die Rede, unterscheidet, so wird die Sache desto leichter, und der sonst so vielfältig im Wege stehenden Schwierigkeit desto bequemer abgeholffen, zumahlen, welches wohl zu mercken, von dem Ahab nicht, wie hier stehet, er sey unter die Sünde verkaufft, sondern verkaufft böses zu thun, daraus klar wird, daß wenn von Ahabs Verkauffung geredet wird, viel ein anderer Zustand sey, als hier, nehmlich, daß Ahab würcklich bösen Lastern, Sünden und Standen ergeben gewesen, da im Gegentheil hier von der Erb-Sünde die Rede ist.  
  Sonst wird auch das Wort Verkauffen, gar von GOtt selbst gebraucht, wenn er die sündhafftigen Menschen andern zur Straffe übergiebet, B. der Richt. II, 14. Cap. III, 8. Cap. IV, 2.
  und wird damit angezeiget,  
 
1) daß der Höchste ein Mißfallen an den Sünden habe: Denn so gehets, daß man ein Ding, wenn es uns nicht mehr gefället, an andere verkauffet;
2) daß die Sünder solcher gestalt ihre Freyheit verlieren, denn was wir andern verkauffen, das übergeben wir ihnen
 
  {Sp. 980}  
  zugleich zu ihrem Willen, daß sie es brauchen mögen, wie sie wollen. Feßelii, Gleichniße …
  Wir wollen hierbey noch einige vor andern merckwürdige Orte H. Schrifft anführen, in denen das Wort Verkauffen vorzukommen pfleget.  
  So stehet bey dem Propheten Amos, daß die Gerechten um ein Paar Schuh verkauffet worden, Cap. II, 6. VIII, 6.
  Diese Worte geben zu verstehen, daß sich die geitzigen Richter in Israel um des schnöden Geldes willen also haben verführen und verblenden lassen, daß wenn ihnen Gaben und Geschencke sind dargebothen worden, sie sich dadurch zu aller Ungerechtigkeit haben leiten und bewegen lassen; ja weil sie dasselbe vielfältig getrieben, haben sie auch das geringste nicht verachtet, womit man sie bestechen wolte.  
  Darum saget Amos, daß sie offte den Gerechten um ein Paar Schuhe d.i. um etwas sehr weniges verkauffet. Denn der Geitz hatte sie so eingenommen, daß sie auch das, was etwan ein paar Schuhe noch mochte werth seyn, ihnen belieben lassen, und um solches willen immittelst das Recht und ihre Gewissen hintan gesetzet haben.  
  Etliche wollen diese Worte auf die Gewohnheit der Hebräer deuten, welche unter ihnen bey Verkauffung und Übergebung der Güter im Gebrauch gewesen, daß sie darüber einen Schuh ausziehen und dem geben musten, welcher die Posseß solches Stück Gutes haben solte, davon zulesen Ruth IV, 1. welches sich denn auf den unersättlichen Geitz der Richter im Lande Israel ziehen lässet. Denn wenn der Arme sich da seines Erb-Stücks, so er annoch hatte, nicht gerne verzeihen wolte, plagten sie ihn so lange, biß er des Zanckens und Streitens überdrüßig war, dem Reichen das Erb-Stück verkauffte, und zum Zeugniß dessen die Schuhe auszog, und damit seine Posseß demselben übergabe, und das heißt den Armen um ein Paar Schuhe verkauffen. Loßii Erkl. Amos …
  So stehet auch dieses Wort Verkauffen dort im 1 B. Mos. XXV, 31. 33. wo Jacob zu dem Esau spricht: Verkauffe mir heute deine Erstgeburt.  
  Dadurch verstehet Jacob nicht das erstgebohrne Kind Esaus, wie etwa dergleichen erstgebohrne Kinder gar offt in Heil. Schrifft die Erstgeburt genennet werden, 1. B. Mos. XII, 12. 29.
  sondern er verlangete das Recht, das Esau, als der Erstgebohrne vor ihm hatte, die Dignität und Würde, darinnen er vorgieng. Diese will er haben, und begehret also, daß sich Esau derselben begeben soll.  
  Kaum hatte Jacob sein Wort an ihn angebracht, und den Kauff vorgeschlagen; so antwortet Esau sofort darauf: Siehe ich muß doch sterben, was soll mir denn die Erstgeburt?  
  Er will gleichsam wie ein gottseeliger Lehrer unserer Kirche es ausdrückt, so viel sagen: Je, was Erstgeburt, was Erstgeburt? Davon kan ich doch nicht leben? Erstgeburt hin, Erstgeburt her, ich kan weder davon essen noch trincken, ich muß doch sterben sie wird fürm Tod nicht helffen, oder werde etwan davon länger leben, nimm sie nur immer hin, was soll sie mir?  
  Weil Esau nach dem Ebr. saget: Ecce ego vado mori: Siehe ich gehe dahin zu sterben; so meynen etliche, er sehe damit auf seinen Stand, weil er ein Jäger wäre, und legen es  
  {Sp. 981|S. 504}  
  daher also aus: Siehe, ich begebe mich täglich in Todes-Gefahr, wenn ich dem Wilde nachjage, da ich alle Tage gewärtig seyn muß, daß mich ein grimmiges Thier umbringe. Was wird mir hernach das Recht der Erstgeburt nützen? Was wird mir es helffen, das ich der Erstgebohrne gewesen? Wer wird mir alsdenn was davor geben? Darum muß ich mein Leben lassen, das mir doch viel lieber ist, so kan ich die Erstgeburt noch eher lassen. Ich will lieber was, als gar nichts davor nehmen, nimm sie nur hin, und gib mir das Essen.  
  Andere sagen, er sehe hiermit auf seinen Appetit und wolte mit diesen Worten so viel zu verstehen geben: Ich bin so hungrig, daß ich umfallen und sterben muß vor Hunger, wo ich durch diß Gerichte nicht wieder erquicket werde. Was soll mir denn also die Erstgeburt, wenn ich doch sterben muß.  
  Noch andere halten davor, er sehe hiermit auf die würckliche Besitzung des Landes, zu welcher noch etliche hundert Jahre hin waren, wie dem Abraham vorher verkündiget worden. 1 B. Mos. XV, 13 u.ff.
  Und wolte also sagen: Das werde ich doch nicht erleben, es mag die Erstgeburt immer hin fahren.  
  Wieder andere stehen in den Gedancken: Er sehe auf seine Vorfahren, die Alt-Väter, den Noah, Sem, Abraham, und wolte sprechen: Diese sind auch die Erstgebohrnen gewesen, und haben dieses Recht gehabt, aber was hat es Ihnen doch geholffen? Sie haben eben so wohl sterben müssen, wie andere Menschen, und so wird mir es auch gehen, es währe so lange es wolle, was soll mir denn die Erstgeburt?  
  Endlich meynen auch einige, er sehe auf Isaac, seines Vaters Tod, und wolle sagen: Unser Vater ist noch lange nicht tod, ich kan wohl zehen mahl unter dessen sterben. Wer weiß, wer am längsten lebet, darum mag die Erstgeburt immer hin fahren.  
  Doch dem sey wie ihm wolle: Esau mag auf sich, oder auf etwas anders in diesen Worten gesehen haben; Gnug, daß man daraus erkennet, wie er die Erstgeburt wenig geachtet, und gemeynet; Sie könne ihm nicht viel nützen, auch deßwegen kein Bedencken getragen, die selber zu verkauffen.  
  Damit aber Jacob nicht etwa von seinem Bruder betrogen werde, so fordert er Caution und Versicherung, und spricht: So schwöre mir heut. Jacob ist sehr vorsichtig. Denn er kannte das wilde Gemüthe seines Bruders gar wohl, und wie leicht es geschehen könnte, daß er den Contract wiederruffte, und ihm nichts mehr gestünde. Darum verlanget er Bestätigung darüber, und weil sie damahls von Verschreibungen und Kauff- Briefen, wie heut zu Tage nichts wusten, sondern an statt dessen alles mit Eyd-Schwüren bekräfftigten, so will er sich auch damit verwahren.  
  Esau war hierzu gleich parat: Er schwur ihm, und verkauffte also Jacob seine Erstgeburt. Wie hoch sie Esau verkaufft, und was ihm Jacob davor geben müssen, wird nicht gedacht. Zwar meynen wohl die Ausleger, Jacob habe ihm nicht mehr, als das Linsen-Gerichte davor gegeben, weil im Texte gleich darauf folge: Da gab ihm Jacob Brodt und das Linsen-Gerichte.  
  Es scheinet auch die Epistel an die Ebräer dahin zu gehen, als ob diese Speise das pretium gewesen, um welches Esau die Erst-  
  {Sp. 982}  
  geburt verkauffet hätte, Cap. XII, 16.
  Allein es ist glaublicher, daß er sich ein Stücke Geld dafür geben lassen. Denn da er den Jacob das rothe Gerichte abforderte, so antwortete ja Jacob nicht: Gib mir deine Erstgeburt dafür, sondern, welches wohl zu bedencken: Verkauffe mir heute deine Erst-Geburt. Aus welchen Worten zugleich einiger Massen zu schliessen: Esau müsse schon vorher seine Erst-Geburt geringe geachtet, und sie dem Bruder zu verkauffen sich in Worten heraus gelassen haben, weil Jacob hier nicht schlechterdings saget: Verkauffe mir deine Erstgeburt, sondern: Verkauffe mir heut deine Erstgeburt, gleich als wolte er sagen: Wessen du dich bißher unterschiedliche mahl vernehmen lassen, mir die Erstgeburt zu verkauffen, das thue nun heute, ich will dir das verlangte Geld davor geben. Diese Speise aber sollst du alsdenn auch bekommen.  
  Was aber die Worte aus der Epistel an die Ebräer betrifft, so sind sie etwas genauer anzusehen, immassen er daselbst nicht saget, daß die Speise das pretium gewesen, um welcher Esau die Erstgeburt dem Jacob verkauffet hätte, sondern daß sie nur die Ursache gewesen, wodurch Esau, sie zu verkauffen, bewogen worden, darum heisset es: Er verkauffte sie um einer Speise willen, d.i. die Speise bewog ihn, als zu welcher er anitzt einen so grossen Appetit empfand, daß er bey dieser Gelegenheit, um selbige Speise zu überkommen, die Erstgeburt verkauffte.  
  Zwar Esau wäre leichtsinnig genug gewesen, auch wohl um der blossen Speise die Erstgeburt zu verkauffen, denn seine Begierde darzu war gar zu hefftig. Allein es ist leicht zu urtheilen, daß Jacob diese Würde höher ästimiret, und sie um so etwas geringes zu kauffen nicht begehret haben wird, als welches ihm nachgehends ein steter Vorwurff seyn können. Jedoch hierinnen habe ein jeder seine Gedancken, gnug der Kauff ist geschlossen; ein jeder erhält was er gesucht. Jacob bekommt die Erstgeburt, und Esau kriegt das Linsen-Gerichte. Darum stehet der Schluß darbey: Und er aß und tranck, und stand auf und gieng davon. Acerra Bibl. …
  Siehe übrigens die Artickel: Vendere, im XLVI Bande, p. 1161 u.f. ingleichen Verkauff, wie auch Vergeben.  
     

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Stand: 20. Februar 2013 © Hans-Walter Pries