|
Text |
|
|
Verkauffen,
Lat.
Vendere, ist diejenige
Handlung, da man dem andern eine
Sache gegen
ein bewilligtes Stück
Geld
eigenthümlich
überlässet. |
|
|
Es gehöret hieher der
Artickel:
Emtio
Venditio, im VIII
Bande,
p. 1117. u.ff. ingleichen
Verkauff im vorhergehenden. |
|
|
In einer besondern Verknüpffung wird dieses
Wort in der Epistel an die Römer gebrauchet, wo
Paulus von sich bekennet: Er sey fleischlich, und
unter die Sünde verkaufft. Hier wird also die
Sünde als ein gewaltiger und tyrannischer
Herr
betrachtet, und Paulus als ein
Leibeigener, der
unter diesen Wüterich zu seinem
Dienst und
Leibeigenschafft verkauffet worden. Die
Weimarische Biebel giebet es: Unter die Sünde
verkaufft, wegen der noch übrigen Sünde im
Fleisch, welche als einen tyrannischen Herrscher
ich noch fühlen muß, dieweil ich noch nicht
vollkömmlich bin erneuert. Also auch andere. |
|
|
Dabey sie denn anmercken, daß weil
diese
Redens-Art, |
Rom. VII, 14. |
|
auch von Unwiedergebohrnen gebrauchet
werde, wie dort von dem Ahab stehet: Er sey
verkaufft gewesen nur Übels zu thun für dem
HErrn, ja es sey niemand so gar verkaufft
gewesen, Übels zu thun, als Ahab, |
1 B. der Kön. XXI, 20.
25. |
|
so sey ein anders die freywillige, ja
muthwillige Verkauffung sein selbst unter die
Sünde, wie es also mit Ahab war, als von dem der
Grund-Text anweise, daß er sich selbst verkauffet
habe, ein anders aber sey die Verkauffung, so
wieder unsern
Willen oder mit einiger
Wiederstrebung geschehe, und auf solche letzte
Art könne von denen Wiedergebohrnen, als auch
von dem Apostel selbst
gesagt werden, sie seyn
unter die Sünde verkaufft, weil obwohl durch die
Erb-Sünde ihre
Natur verderbet und zur Sünde
geneiget, sie dennoch denen bösen Lüsten des
Fleisches die
Herrschafft, nicht lassen, sondern ihr
kräfftig durch den
Geist wiederstehen. |
|
|
Jedoch wo man die Verkauffung sein selbst
zu allerhand groben, wissentlichen, würcklichen
Sünden, wie Ahab that, und die Verkauffung unter
die Erb-Sünde von der hier die
Rede,
unterscheidet, so wird die Sache desto leichter,
und der sonst so vielfältig im Wege stehenden
Schwierigkeit desto
bequemer abgeholffen,
zumahlen, welches wohl zu mercken, von dem
Ahab nicht, wie hier stehet, er sey unter die Sünde
verkaufft, sondern verkaufft
böses zu thun, daraus
klar wird, daß wenn von Ahabs Verkauffung
geredet wird, viel ein anderer
Zustand sey, als
hier, nehmlich, daß Ahab würcklich bösen Lastern,
Sünden und
Standen ergeben gewesen, da im
Gegentheil hier von der Erb-Sünde die Rede
ist.¶ |
|
|
Sonst wird auch das Wort Verkauffen, gar von
GOtt selbst gebraucht, wenn er die sündhafftigen
Menschen andern zur
Straffe übergiebet, |
B. der Richt. II, 14. Cap. III, 8.
Cap. IV, 2. |
|
und wird damit angezeiget, |
|
|
1) |
daß der Höchste ein
Mißfallen an den Sünden habe: Denn so gehets,
daß man ein
Ding, wenn es uns nicht mehr
gefället, an andere verkauffet; |
2) |
daß die Sünder solcher
gestalt ihre
Freyheit
verlieren, denn was wir
andern verkauffen, das übergeben wir
ihnen |
|
|
|
{Sp. 980} |
|
|
zugleich zu ihrem
Willen, daß sie es brauchen
mögen, wie sie wollen. |
Feßelii, Gleichniße
…¶ |
|
Wir wollen hierbey noch einige vor andern
merckwürdige Orte
H. Schrifft anführen, in denen
das Wort Verkauffen vorzukommen pfleget. |
|
|
So stehet bey dem Propheten Amos, daß die
Gerechten um ein Paar Schuh verkauffet
worden, |
Cap. II, 6. VIII, 6. |
|
Diese Worte geben zu
verstehen, daß sich
die geitzigen
Richter in Israel um des schnöden
Geldes willen also haben verführen und
verblenden lassen, daß wenn ihnen Gaben und Geschencke sind dargebothen worden,
sie sich dadurch zu aller Ungerechtigkeit haben leiten
und bewegen lassen; ja weil sie dasselbe vielfältig
getrieben, haben sie auch das geringste nicht
verachtet, womit man sie bestechen wolte. |
|
|
Darum saget Amos, daß sie offte den
Gerechten um ein Paar Schuhe d.i. um etwas sehr
weniges verkauffet. Denn der Geitz hatte sie so
eingenommen, daß sie auch das, was etwan ein
paar Schuhe noch mochte werth seyn, ihnen
belieben lassen, und um solches willen immittelst
das
Recht und ihre Gewissen hintan gesetzet
haben. |
|
|
Etliche wollen diese Worte auf die
Gewohnheit der Hebräer deuten, welche unter
ihnen bey Verkauffung und Übergebung der
Güter
im Gebrauch gewesen, daß sie darüber einen
Schuh ausziehen und dem geben musten,
welcher die Posseß solches Stück Gutes haben
solte, davon zulesen Ruth IV, 1. welches sich
denn auf den unersättlichen Geitz der Richter im
Lande Israel ziehen lässet. Denn wenn der
Arme
sich da seines Erb-Stücks, so er annoch hatte,
nicht gerne verzeihen wolte, plagten sie ihn so
lange, biß er des Zanckens und Streitens
überdrüßig war, dem
Reichen das Erb-Stück
verkauffte, und zum Zeugniß dessen die Schuhe
auszog, und damit seine Posseß demselben
übergabe, und das heißt den Armen um ein Paar
Schuhe verkauffen. |
Loßii Erkl. Amos … |
|
So stehet auch dieses Wort Verkauffen dort
im 1 B. Mos. XXV, 31. 33. wo Jacob zu dem Esau
spricht: Verkauffe mir heute deine Erstgeburt. |
|
|
Dadurch
verstehet Jacob nicht das
erstgebohrne
Kind Esaus, wie etwa dergleichen
erstgebohrne Kinder gar offt in Heil. Schrifft die
Erstgeburt genennet werden, |
1. B. Mos. XII, 12.
29. |
|
sondern er verlangete das Recht, das Esau,
als der Erstgebohrne vor ihm hatte, die
Dignität
und
Würde, darinnen er vorgieng. Diese will er
haben, und begehret also, daß sich Esau
derselben begeben soll. |
|
|
Kaum hatte Jacob sein Wort an ihn
angebracht, und den Kauff vorgeschlagen; so
antwortet Esau sofort darauf: Siehe ich muß doch
sterben, was soll mir denn die Erstgeburt? |
|
|
Er will gleichsam wie ein gottseeliger Lehrer
unserer Kirche es ausdrückt, so viel sagen: Je,
was Erstgeburt, was Erstgeburt? Davon kan ich
doch nicht leben? Erstgeburt hin, Erstgeburt her,
ich kan weder davon essen noch trincken, ich
muß doch sterben sie wird fürm Tod nicht helffen,
oder werde etwan davon länger leben, nimm sie
nur immer hin, was soll sie mir? |
|
|
Weil Esau nach dem Ebr. saget: Ecce ego
vado mori: Siehe ich gehe dahin zu
sterben; so
meynen etliche, er sehe damit auf seinen
Stand,
weil er ein Jäger wäre, und legen es |
|
|
{Sp. 981|S. 504} |
|
|
daher also aus: Siehe, ich begebe mich
täglich in Todes-Gefahr, wenn ich dem Wilde
nachjage, da ich alle Tage gewärtig seyn muß,
daß mich ein grimmiges Thier umbringe. Was wird
mir hernach das Recht der Erstgeburt nützen?
Was wird mir es helffen, das ich der Erstgebohrne
gewesen? Wer wird mir alsdenn was davor
geben? Darum muß ich mein
Leben lassen, das
mir doch viel lieber ist, so kan ich die Erstgeburt
noch eher lassen. Ich will lieber was, als gar nichts
davor nehmen, nimm sie nur hin, und gib mir das
Essen. |
|
|
Andere
sagen, er sehe hiermit auf seinen
Appetit und wolte mit diesen Worten so viel zu
verstehen geben: Ich bin so hungrig, daß ich
umfallen und sterben muß vor Hunger, wo ich
durch diß Gerichte nicht wieder erquicket werde.
Was soll mir denn also die Erstgeburt, wenn ich
doch sterben muß. |
|
|
Noch andere halten davor, er sehe hiermit auf
die würckliche Besitzung des Landes, zu welcher
noch etliche hundert Jahre hin waren, wie dem
Abraham vorher verkündiget worden. |
1 B. Mos. XV, 13
u.ff. |
|
Und wolte also sagen: Das werde ich doch
nicht erleben, es mag die Erstgeburt immer hin
fahren. |
|
|
Wieder andere stehen in den
Gedancken: Er
sehe auf seine Vorfahren, die Alt-Väter, den Noah,
Sem, Abraham, und wolte
sprechen: Diese sind
auch die Erstgebohrnen gewesen, und haben
dieses Recht gehabt, aber was hat es Ihnen doch
geholffen? Sie haben eben so wohl sterben
müssen, wie andere Menschen, und so wird mir
es auch gehen, es währe so lange es wolle, was
soll mir denn die Erstgeburt? |
|
|
Endlich meynen auch einige, er sehe auf
Isaac, seines
Vaters
Tod, und wolle sagen: Unser
Vater ist noch lange nicht tod, ich kan wohl zehen
mahl unter dessen sterben. Wer weiß, wer am
längsten lebet, darum mag die Erstgeburt immer
hin fahren. |
|
|
Doch dem sey wie ihm wolle: Esau mag auf
sich, oder auf etwas anders in diesen Worten
gesehen haben; Gnug, daß man daraus erkennet,
wie er die Erstgeburt wenig geachtet, und
gemeynet; Sie könne ihm nicht viel nützen, auch
deßwegen kein Bedencken getragen, die selber
zu verkauffen. |
|
|
Damit aber Jacob nicht etwa von seinem
Bruder betrogen werde, so fordert er Caution und
Versicherung, und spricht: So schwöre mir heut.
Jacob ist sehr vorsichtig. Denn er kannte das wilde
Gemüthe seines Bruders gar wohl, und wie leicht
es geschehen könnte, daß er den
Contract
wiederruffte, und ihm nichts mehr gestünde.
Darum verlanget er Bestätigung darüber, und weil
sie damahls von Verschreibungen und Kauff-
Briefen, wie heut zu Tage nichts wusten, sondern
an statt dessen alles mit
Eyd-Schwüren
bekräfftigten, so will er sich auch damit
verwahren. |
|
|
Esau war hierzu gleich parat: Er schwur ihm,
und verkauffte also Jacob seine Erstgeburt. Wie
hoch sie Esau verkaufft, und was ihm Jacob davor
geben müssen, wird nicht gedacht. Zwar meynen
wohl die Ausleger, Jacob habe ihm nicht mehr, als
das Linsen-Gerichte davor gegeben, weil im Texte
gleich darauf folge: Da gab ihm Jacob Brodt und
das Linsen-Gerichte. |
|
|
Es scheinet auch die Epistel an die Ebräer
dahin zu gehen, als ob diese Speise das pretium
gewesen, um welches Esau die Erst- |
|
|
{Sp. 982} |
|
|
geburt verkauffet hätte, |
Cap. XII, 16. |
|
Allein es ist glaublicher, daß er sich ein
Stücke Geld dafür geben lassen. Denn da er den
Jacob das rothe Gerichte abforderte, so
antwortete ja Jacob nicht: Gib mir deine
Erstgeburt dafür, sondern, welches wohl zu
bedencken: Verkauffe mir heute deine Erst-Geburt. Aus welchen Worten zugleich einiger
Massen zu schliessen: Esau müsse schon vorher
seine Erst-Geburt geringe geachtet, und sie dem
Bruder zu verkauffen sich in Worten heraus
gelassen haben, weil Jacob hier nicht
schlechterdings saget: Verkauffe mir deine
Erstgeburt, sondern: Verkauffe mir heut deine
Erstgeburt, gleich als wolte er sagen: Wessen du
dich bißher unterschiedliche mahl vernehmen
lassen, mir die Erstgeburt zu verkauffen, das thue
nun heute, ich will dir das verlangte Geld davor
geben. Diese Speise aber sollst du alsdenn auch
bekommen. |
|
|
Was aber die Worte aus der Epistel an die
Ebräer betrifft, so sind sie etwas genauer
anzusehen, immassen er daselbst nicht saget,
daß die Speise das pretium gewesen, um welcher
Esau die Erstgeburt dem Jacob verkauffet hätte,
sondern daß sie nur die
Ursache gewesen,
wodurch Esau, sie zu verkauffen, bewogen
worden, darum heisset es: Er verkauffte sie um
einer Speise willen, d.i. die Speise bewog ihn, als
zu welcher er anitzt einen so grossen Appetit
empfand, daß er bey dieser Gelegenheit, um
selbige Speise zu überkommen, die Erstgeburt
verkauffte. |
|
|
Zwar Esau wäre leichtsinnig genug gewesen,
auch wohl um der blossen Speise die Erstgeburt
zu verkauffen, denn seine
Begierde darzu war gar
zu hefftig. Allein es ist leicht zu urtheilen, daß
Jacob diese
Würde höher ästimiret, und sie um so
etwas geringes zu kauffen nicht begehret haben
wird, als welches ihm nachgehends ein steter
Vorwurff seyn können. Jedoch hierinnen habe ein
jeder seine Gedancken, gnug der Kauff ist
geschlossen; ein jeder erhält was er gesucht.
Jacob bekommt die Erstgeburt, und Esau kriegt
das Linsen-Gerichte. Darum stehet der Schluß
darbey: Und er aß und tranck, und stand auf und
gieng davon. |
Acerra Bibl. … |
|
Siehe übrigens die
Artickel:
Vendere, im XLVI
Bande,
p. 1161 u.f. ingleichen
Verkauff, wie auch
Vergeben. |
|
|
|
|