Titel: |
Arme |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
2 Sp. 1528 |
Jahr: |
1732 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 2 S. 786 |
Vorheriger Artikel: |
Arme werden in denen Bergwercken |
Folgender Artikel: |
Arme, die doch viele reich machen |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Text |
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Arme,
GOtt hat sich deren Vorsorge bey Einrichtung des
Jüdischen
Policey- und
Kirchen-Wesens gar sonderbar lassen empfohlen seyn.
Muste ein
Reicher bey seiner
Reinigung zwey Lämmer und ein jährig Schaf und drey zehenden Semmel-Mehl, und ein Log
Öls stellen |
Levit. XIV, 10; |
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So durffte ein Armer, der mit seiner Hand nicht so viel erwarb, nur ein Lamm und zwo
junge Tauben und zwo Turtel-Tauben, und ein zehenden Semmel-Mehl und ein Log Öhl
bringen |
v. 21. 22; |
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Oder wenn einer seinen
Leib dem HErrn gelobet und ihn nach der sonst
gewöhnlichen
Schätzung wegen seiner
Armuth nicht lösen konte, so
mochte der Priester ihn schätzen,
nachdem die Hand dessen, der gelobet hatte, erwerben konte |
Levit. XXVII, 8. |
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ausgenommen, wenn der Seckel für die Versöhnung ihrer
Seelen gegeben wurde, da
der Arme eben so viel geben muste als der
Reiche |
Exod. XXX, 15. 16. |
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weil nemlich solches ein weit höheres Vorbild war, wie solches
Waserus und Rivetus
über angeführte Stelle dargethan. |
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In denen
Policey-Ordnungen hatte
GOtt, wie Deutr. XV, 17. zu lesen, dieses Gebot
gegeben: Wenn deiner Brüder irgendeiner arm ist, in irgend einer Stadt in deinem Lande,
das der HErr dein GOtt dir geben wird, so solt du dein Hertz nicht verhärten, noch deine
Hand zuhalten gegen deinen armen Bruder, und v. 11, es werden allezeit arme seyn im
Lande, darum gebiethe ich dir, und sage, daß du deine Hand aufthust deinem Bruder, der
bedränget und arm ist in deinem Lande; sondern er hat auch dasjenige angezeiget was ein
jeder Armer bey ihnen haben
solte. So solte man ihnen den Winckel auf ieden
Acker
ungeerndtet, die Nachlese auf dem Felde, die Nachlese auf denen Bäumen, die Sammlung
der auf die
Erde im Lesen fallende Wein-Beere, das einmahl auf dem Felde an Früchten
vergessene, der Armen-Zehend, nebst andern
Allmosen an
Geld und Geldes werth
zukommen lassen. |
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Es
fraget sich aber Hauptsächlich, wer denn ein Armer sey? und was oder wie viel
selbigen zu geben sey? wer gar im geringsten nichts hatte ist, von dem
verstand sichs ohne
dem wohl, daß er unter die Armen gehöre, und also derer
Reichen Hülffe fähig sey. Indeß
damit man
wissen
möchte, wen man als einen Armen anzusehen, und folglich zu versorgen
habe, so prüfften sie selbige nach folgenden
Regeln, nehmlich: ob er nicht 50. Seckel des
Heiligthums vermochte; ob er ein
Vermögen hätte, das zwar an sich grösser, aber doch mit
Schulden überladen, oder es seiner
Frau als Ehe-Gabe verschrieben; wenn er auch gleich
liegende Gründe und
Hausrath besaß, dieses ihm aber nicht genugsamen Unterhalt geben
konte, weil man niemanden zwange, solche
Sachen zu
Gelde zu machen, und sich darvon
zu unterhalten, es wäre denn etwa
unnöthiger und kostbarer Hausrath gewesen; wer |
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{Sp. 1529} |
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unterwegens auf seiner Reise in
Armuth
gerathen; wenn er auch gleich zu
Hause so viel
Vermögen hatte, das
mitgetheilte zu
ersetzen. |
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Weiter ist zu mercken, daß der den Armen
zur Seiten gesetzte und gleiches
Rechts
gewürdigte Fremdling ein solcher sey, der ob er schon kein
geborner
Jüde war, doch mit der
Beschneidung das Judenthum angenommen hätte
|
Seldenus de Jure Nat. et
Gent. … |
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Die also nicht Jüden sind
verstehen sie unter
solchen Armen nicht weiter, als in so ferne sie es
Friedens halber
thun
müssen. |
Maimonides de Jure Pauper.
… |
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Das ist, in so weit sie
fürchteten, daß ihnen
nicht aus Abweisung solcher Armen Unheil
zustoßen möchte, gaben also einen
Christen oder
Heyden nicht so wohl um des
Gewissens willen,
sondern nur der Furcht halber. |
Eisenmengers entdecktes
Judenthum … |
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In Austheilung des
Allmosen selbst richteten
sie sich nach Beschaffenheit derer Armen, also
daß die herum betteln gehenden mit wenigen
musten zufrieden seyn, hingegen die andern so
viel bekommen musten, als ihr sonst gehabtes
Vermögen erforderte. |
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Ubrigens stund es in des Gebers
Willkühr,
oder man
wolte es wohl gar zu einer Schuldigkeit
machen, die
Weibs-Personen denen
Mannes-
Personen in Bekleidung, Ernehrung,
Auferziehung, Ausstattung, den Priester dem
Leviten, den Leviten dem Israeliten, den Israeliten
dem Unheiligen, den Unheiligen dem Huren-Kinde, das Huren-Kind einen Fündlinge und
unrecht erzeigten, den Fündling und unrecht
erzeigten dem Nethinaeer, den Nethinaeer einem
Jüden-Genossen, den Jüden-Genossen einem
freygelassenen
Knechte, ausser dem aber den
Verwandten einen Fremden, den Armen eigen
Hauses dem Armen selbiger
Stadt, die Armen
einer Stadt denen Armen einer andern Stadt
vorzuziehen, und beruffeten sie sich in Ansehung
dieses letztern auf Devtr. XV, 11, |
- Maimonides ...
- Prideaux ad l.c. ...
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Die Jüden waren auch um desto mehr
verbunden, vor ihre
arme Glaubens-Genossen zu
sorgen, da sie es diesen nicht gestatten wolten die
Ungläubigen um Hülffe anzuflehen, ausser in den
äussersten Nothfall |
Maimonides … |
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Sie hielten es auch bey ihrer noch stehenden
Regierung vor unerlaubt, daß ein
armer Jude in
äusserster
Noth seinen
reichen Glaubens-Genossen den unentbehrlichen Unterhalt mit
Gewalt wegnähme, zumahl, da in der Jüdischen
Republic sehr
gute Veranstaltung getroffen war,
daß einen
armen Juden, so bald er sich nur
meldete,
gewiß geholffen wurde. |
- Seldenus c.l.
- Deg.
Dekkerus de Rep. Hebr. ...
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Bey denen Römern suchte man, wenn ein
hohes Fest war, alle Arme zusammen, und gab
ihnen voll zu essen und zu trincken, weil man
glaubte, es könnte kein Fest recht begangen
werden, wenn jemand
Mangel an denselben
Tag
litte. |
Lipenius de Strenis … |
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Es hielten sich auch die Armen
fleißig in Circo
auf, damit sie gleich zugegen wären, wenn
Geld
oder andere
Sachen ausgeworffen wurden,
ingleichen daß sie das Fleisch von denen
getödteten Thieren zu sich nehmen konnten. |
Argolus in Pancinium de
Ludis Circ. ... |
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Von der
löblichen An- und Einrichtung des
Hallischen Allmosen-Amtes 1707 handelt der
zeitige
Director davon de
Ludewig in dem
Hallischen Anzeigen 1732 … |
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