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Zedler: Würde HIS-Data
5028-59-857-5
Titel: Würde
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 59 Sp. 857
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 59 S. 442
Vorheriger Artikel: Würckungs-Raum des Magnets
Folgender Artikel: Würde, (Academische)
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Würde, Lat. Dignitas, Frantz. Dignite, heist der Stand, das Amt, die Bedienung, oder der Vorzug, wodurch einer Person, die damit gezieret ist, eine besondere Ehre, Macht, oder Ansehen zuwächst.  
  Siehe Dignität, im VII Bande. p. 910.  
  Und kommet das Wort: Würde, eigentlich von Werth oder Würdig her; daß also sowohl diejenigen, welche die Würden zu ertheilen befugt und berechtiget sind, solche niemanden ausser nur denen Würdigen angedeyen zu lassen, als auch die, so sie erhalten, sich dieser erlangten Würde gemäß und würdig aufzuführen und zu verhalten gedencken solten. Paul Hönn de Dignit. th. 1. lit. b.
  Hohe Ämter pflegen ein Zeichen ihrer Würde entweder im Wappen oder auch in der Hand zu führen. Ein Weib geneust der Würde ihres Ehemannes, und die Kinder der Würde ihres Vaters, ob sie schon gebohren wären, ehe er dieselbe erlanget.  
  Ehre und Würde sind aber doch in gewisser maasse unterschieden, weil die Ehre auch ohne Würde, diese aber  
  {Sp. 858}  
  ohne jene nicht wohl bestehen kan. Besold Contin.
  Die Achtbarkeit oder Würde, in welcher ein Mensch in der menschlichen Gesellschafft stehet, theilet Pufendorf in J.N. ... da er von dieser Sache ausführlich handelt, in die gemeine und höhere (in simplicem et intensivam), ein, welche Eintheilung in den Graden des Lobes und Tadels, dessen ein Mensch sich würdig machet, ihren Grund hat.  
  Die gemeinen, die man insgemein einen ehrlichen Nahmen nennet, und die, so ihn haben, ehrliche oder unbescholtene Leute nennet, ist ein gemeines Urtheil derer, die einen Menschen kennen, daß er eine Person sey, die die gemeinen Befugnisse und Pflichten, die allen Menschen, ohne Absicht auf eine besondere Geschicklichkeit, zu kommen, möglich beobachte, und deren Thun und Lassen also überhaupt, so viel möglich, gut oder gerecht, und nicht zu schelten sey.  
  Die höhere Würde oder Achtbarkeit hingegen, in welcher ein Mensch stehet, oder mit einem Worte die Ehre, ist ein gemeines Urtheil von der mehr als gemeinen Geschicklichkeit einer Person, Krafft deren sie durch mehr als gemeine Dienste um das Wohlseyn der Menschen sich verdient mache. Müllers Einleitungen in die Philosophischen Wissenschafften, Th. III, p. 173.
  Insbesondere aber wird nach denen Rechten unter dem Worte Dignität oder Würde ein solcher Ehren-Stand angezeiget, welcher jemanden wegen seiner ausnehmenden Verdienste durch besondere Begnadigung des Landes-Fürsten, oder durch ausdrückliche Verordnung der Rechte zugetheilet worden. Bartolus L.I.C. ...
  wie davon bey dem Worte: Stand, im XXXIX Bande, p. 1093 u.ff. bereits ausführlich gehandelt worden.  
  Doch können wir nicht umhin, allhier noch zu gedencken, daß absonderlich zu denen Zeiten der letzten Römischen und Constantinopolitanischen Kayser vornemlich viererley Arten solcher ausnehmenden Dignitäten oder Würden bekannt gewesen. Nemlich die so genannten Perfectissimi, Clarissimi, Spectabiles, und Illustres, von denen auch bereits am gehörigen Orte unter diesen ihren eigenen Benennungen das nöthigste beygebracht worden, allehier aber nur noch so viel zu erinnern nöthig seyn will, als theils die Ordnung und den Vorzug, theils auch den Unterschied dieser Würden von und unter einander anbetrifft.  
  Der Perfectissimatus war also die erste oder unterste Würde, worzu auch gar leicht ein jeder gelangen konnte, wenn ihm nur nicht eine allzu niederträchtige und unanständige Lebens-Art den Zugang darzu verwehrte, wie aus dem Cod. Lib. XII. tit. 33. zu ersehen.  
  Nach diesen folgte der Clarissimatus, welche Würde aber wiederum etwas geringer, als die Spectabilitas war, wie aus dem l. 5. ... erhellet.  
  Die dritte Classe dieser Würden machten die Spectabiles aus, dergleichen z.E. die Proconsules, Augustales, Comites Orientis, u.s.w. die aber dennoch um einen Grad niedriger, als die Illustres, waren, besage des l. 32. und l. 36. C. de appell. und der Nov. 7. und 10. Wie denn besonders in denen angezogenen l. 32. und 36. die Anordnung geschiehet, daß von denen Aussprüchen derer Spectabilium bedürffenden Falls an die Illustres appelliret werden solle.  
  Über die letztern aber,  
  {Sp. 859|S. 443}  
  oder über die Illustres, war keine grössere und höhere Würde. Denn obgleich die Bürgermeister und Patricii würcklich noch höher und angesehener, als die Illustres waren; so hatten sie doch keinen besondern Ehren-Titel, wodurch sie eigentlich von diesen wären unterschieden worden. Dahero zeiget sie der Kayser Justinianus gemeiniglich auf folgende Art an: Qui supra Illustres sunt, die noch über oder höher, als die Illustres sind, wie unter andern aus dem l. 26. ... und §. 9. Init. de injur. erhellet.  
  Daß aber diese vier Grade oder Classen derer Würden und Ehren-Stellen vor denen Zeiten der letzten Kayser nicht bekannt gewesen, läst sich gar leicht nur daraus abnehmen, weil Ulpianus in l. 8. ff. de Senat. saget: Foeminam tantisper dici clarissimam, dum Senatori vel Clarissimo nupta est.  
  Hieher gehöret auch, was Lampridius in Severo von diesem Kayser meldet: Praefectis Praetorio suis senatoriam addidit dignitatem, ut viri clarissimi et essent, et dicerentur: Quod antea vel raro fuerat, vel omnino non fuerat. Eben so saget auch Ulpianus in l. 100 de verb. sign. Speciosas personas accipere debemnus clarissimas personas utriusque sexus, item eorum, quae ornamentis senatoriis utuntur. Aus welchen Worten gantz deutlich zu erkennen, daß zu denen Zeiten Ulpians die so genannten Clarissimi, und Speciosi oder Spectabiles einerley Personen gewesen.
  • Gothofredus ad l. 100. ... und ad Nov. 20. c. 3.
  • Cujacius ad tit. de dignit.
  • Hotomann und Calvinus in Lex. Jur. v. Dignitatum genere.
  Ob und in wie fern übrigens jemanden, der in einer besondern Würde und Ehren-Stellen stehet, wenn er etwas straffbares verbricht, zumahl nach denen neuern Rechten diese seine Würde entweder von der ordentlichen Straffe, oder auch nur von der nach Gelegenheit vorzunehmenden Tortur befreyen könne oder möge, davon ist besonders schon in denen Artickeln:  
 
  • Straffe (Milderung der) im XL Bande, p. 579 u.f.
  • Wissenschafft, im LVII Bande, p. 1346 u.ff. und
  • Tortur, (Befreyung von der) im XLIV Bande, p. 1528 u. ff.
 
  gehandelt worden.  
  Sonst ist hierbey nur noch mit wenigen Worten zu gedencken, daß unter denen Politischen Ständen unstreitig Kayser, Könige, Chur- und Fürsten, im geistlichen Stande aber der Pabst, die Cardinäle, Patriarchen, Ertz- und Bischöffe, Prälaten, Äbte, u.s.w. die höchsten Würden und Ehren-Stellen bekleiden, von deren besondern Rechten und Vorzügen unter eines jeden besonderer Benennung ebenfals das nöthigste und merckwürdigste zu befinden.  
  Nur ist hierbey noch mit wenigen zu gedencken, daß sonst auch der Titel: Kayserliche Würde, oder Kayserliche Gnaden und Würde, sich in unterschiedlichen Reichs-Satzungen, z.E. in der Handhabung des Land-Friedens vom Jahr 1495, wie auch im Reichs-Abschiede von 1500 tit. 84. §. 3. an statt des Wortes: Majestät, zu befinden, bis Kayser Carl V in dem Reichs-Abschiede zu Augspurg von 1548 den Titel: Majestät, am ersten gebrauchet und eingeführet.  
  Immassen man in denen vormahligen Zeiten mehr  
  {Sp. 860}  
  auf die Wercke, als Worte, gesehen. Wie denn auch die Herren Churfürsten vor dem Westphälischen Frieden keinen auswärtigen König anders, als die Königliche Würde etc. tituliret haben. Siehe  
 
  • C.R. kurtzen Begriff der Reichs-Abschiede, p. 69 u. 133. und im Register bey denen Worten: Gnaden, und Würde;
  • wie auch im gegenwärtigen Lexico den Artickel: Wir, im LVII Bande, p. 1069 u.ff.
 
  Sonst ist zwar auch, eigentlich von der Sache zu reden, eine Würde eine Art der Ehre; im Grunde aber sind dennoch die Würde und Ehre, an und vor sich betrachtet, von einander unterschieden. Besold. Contin.
  Siehe auch den Artickel: Ehre, im VIII Bande, p. 415. u.f.  
  Und wenn unter zwey Personen von gleicher Würde ein Rang-Streit entstehet; so gebühret demjenigen der Vorzug, welcher von einem höhern und geehrtern Geschlechte entsprossen ist. Carpzov in Jurispr. ...
  Wie denn auch die Mehrheit der Würden oder Bedienungen einem grössern Rang oder Vorzug giebt, wenn solcher nicht mit denen Würden, die er bekleidet, an sich selbst schon verknüpffet ist, oder besondere trifftige und erhebliche der Beweg-Ursachen darzu vorhanden sind. Carpzov P. I. ...
  Auch ist hier nicht mit Stillschweigen zu übergehen, daß Würden, die in einem Lande erworben worden, selbigem also eigen seyn, (mithin billig ein Character indelebilis genennet werden), daß, wenn gleich das Hauß austirbet, welches sothane Lande besessen, deßwegen die Würde nicht aufhöret, daher, wenn auch z.E. die meisten der jetzo lebenden Königlichen Häuser verblühen solten, die Königreiche, die sie besitzen, deßwegen nicht aufhören, solche zu seyn, sondern es erlanget derjenige eine solche Würde wieder, den die Völcker ihres Staates selbige zu geben beschlössen.  
  Dieser Satz ist aus der Praxi des Völcker-Rechts so vollkommen richtig, daß selbigen mit vielen Beweißthümern oder Zeugnissen dieser oder jener Schriftsteller bestärcken wollen, eine vergebene Bemühung seyn würde. Weßwegen auch das Hauß Brandenburg vollkommen wohl befugt gewesen, die ehemahlige auf denen Preußischen Landen gehafftete Königliche Würde wieder herfür zu suchen, welches große Recht gantz Europa zugleich von daher justificiret, weil kein eintziger Staat in selbigem gewesen, der den Churfürsten von Brandenburg vor einen rechtmäßigen König in Preussen zu erkennen, einige Schwürigkeit gemachet haben solte. Zschackwitzens Rechts-Ansprüche der hohen Häupter und Staaten von Europa, Th. II, p. 216.
  Ob einem die Würde, die er in seinem Lande hat, auch in anderen Landen zugestanden werden müsse, davon sehe man Müllers Einleitung in die Philosophische Wissenschafften, Th. III, p. 594.  
     

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Stand: 20. Februar 2013 © Hans-Walter Pries