Stichworte |
Text |
Quellenangaben | Anmerkungen
|
|
Churfürsten, sind die
vornehmsten
Glieder des
H. R. Reichs,
welche desselben
Ertz-Ämter
verwalten, und wenn dessen Ober-Haupt, der
Kayser,
gestorben, einen andern
erwählen. |
|
|
Sie sind entweder
geistlich oder
weltlich, und haben jene die
Cantzeley,
diese die Hof-Ämter zu
verwalten. |
|
Anzahl |
Ihrer sind von Anfange 7 gewesen, 3.
geistliche und 4. weltliche, welche
Anzahl auch in der
göldenen Bulla benennet wor- |
|
|
{Sp. 2302} |
|
|
den. |
|
geistliche |
Was die erstern anlanget, so haben 3.
Reiche zu dem
Römischen Reiche
Teutscher Nation gehöret,
Teutschland, Italien und Arelat, daher auch so
viel Ertz-Cantzler, bestellet worden, welche
Würde
anfangs
unterschiedene
Bischöffe besessen bis sie endlich nach und nach bey etlichen
gewissen
geblieben. Also ist |
|
|
- der
Ertz-Bischoff von Mayntz von des
Kaysers Ottonis I. Zeiten an
Ertz-Cantzler in Teutschland;
- der Ertz-Bischoff von
Cöln nach denen Zeiten des Kaysers Henrici IV.
Ertz-Cantzler in Italien und Sicilien, und
- der Ertz-Bischoff von Trier nach dem Interregno Ertz-Cantzler
durch Gallien und das
Königreich Arelat.
|
|
weltliche |
Derer weltlichen Reichs-Ertz-Ämter
sind von denen
ältesten Zeiten an 4.
gewesen, ein |
|
|
- Truchseß,
- Marschall,
- Schenck und
- Cämmerer,
|
|
|
worzu noch das Ober-Hofmeister-Amt gekommen, welches aber manchmal zugleich
von dem Truchseß oder Schencken
verwaltet worden. |
|
|
Nach Ausgange des Carolingischen
Stammes sind diese 4.
Ertz-Reichs-Ämter von denen 4.
Hertzogen derer 4.
Teutschen
Lande allemal verwaltet worden. Denn wie
Coccejus
behaupten
will, so sind in
Teutschland 5.
vornehme
Provintzen gewesen,
Rhein-Land, Francken, Bayern,
Schwaben und
Sachsen, davon iegliche durch einen
eigenen Hertzog
regieret worden, welche die
mächtigsten in Teutschland gewesen,
und nach Abgang des Carolingischen Hauses hat man iederzeit einen aus
ihnen zum
Könige oder
Kayser
erwählet, bey welchem hernach die 4. übrigen die
vornehmsten Ämter
verwaltet haben. |
|
|
Als aber hernach mit Henrico V.
Anno 1125. das
Geschlecht derer
Hertzoge
von Francken ausgestorben, und dieses Hertzogthum an die
Schwaben
gekommen, Bayern auch unter Lothario mit
Sachsen vereiniget, und beyde
Provintzen dem Hertzoge Henrico Leoni gegeben worden, so sind nur 3.
Ertz-Reichs-Beamten, Pfaltz, Schwaben und
Sachsen übrig, das Ertz-Cämmerer-Amt
aber vacant geblieben, wiewol solches denen
Marggrafen von
Brandenburg
von
Rechts wegen zukam, weil Otto von Ascanien das Hertzogthum der Vandalischen
Provintzen von dem
Kayser Henrico V. bekommen hatte, welche vorhero
Slavischen und nunmehro
Teutschen Rechts waren. |
|
|
Als aber die
Hertzoge
von
Schwaben das Kayserthum erhalten, ist wiederum ein
Ertz-Reichs-Amt
erlediget worden, welches bey der
Wahl des
Kaysers Friderici
I. der Hertzog und hierauf
König von Böhmen
verwaltet; wobey es auch nach
dem Interregno verblieben, und ist diese Anzahl in der
göldenen Bulla
von Carolo IV. bestätiget worden, daß nemlich |
|
|
|
|
|
seyn
sollten. |
|
|
Als aber in dem 30jährigen Kriege der Kayser Ferdinandus II. den
Pfaltz-Grafen Fridericum V. der sich zum Könige in Böhmen wählen lassen,
der Chur-Würde entsetzet, und selbige dem
Hertzoge
von Bayern, Maximiliano
gegeben, so wurde endlich auf dem
Oßnabrüggischen Friedens-Schluß
Anno
1648. und hernach A. 1651 es dahin verglichen, daß zwar Bayern |
|
|
{Sp. 2303|S. 1077} |
|
|
das Churfürsten- und Ertz-Truchsessen-Amt behalten, Chur-Pfaltz aber eine
neue und die achte Chur-Stelle nebst dem Ert-Schatz-Meister-Amt bekommen sollte. |
|
|
Nachgehends ist auch dem
Hertzoge
von Braunschweig-Lüneburg, Ernesto
Augusto, A. 1692. wieder eine neue, und zwar die 9. Chur-Würde zugeeignet
worden; da denn das Haus Braunschweig nicht gleich vom Anfang ein
Ertz-Amt
bekommen, hernach aber, als der Churfürst Maximilianus Emanuel in Bayern
in die Acht erkläret worden, das Ertz-Schatz-Meister-Amt erhalten, welches ihm
nach der Chur-Bayerischen Restitution von dem Churfürsten zu Pfaltz
streitig gemacht worden. |
|
Hauptprivileg |
Der gröste
Vorzug, den die Churfürsten vor andern
Fürsten
haben, ist, daß
sie einen Römischen
Kayser und
König
erwählen, daher ihnen auch der
Name
Churfürst oder Köhr-Fürst beygeleget worden, weil sie die Fürsten sind, die
einen Kayser köhren oder wählen. |
|
Ursprung |
Vor diesem haben die gesammten
Fürsten
und
Stände einen
Römischen König
ernennet, welchen hernach die Churfürsten erwählet, wie solches
Welbertus, Conradi III. Capellan, in Beschreibung
der Wahl Lotharii II. angemercket, womit auch der
Sachsen-Spiegel
übereinstimmet lib. III. art. 57. bis endlich nach und nach die andern
Fürsten auch nichts mehr mit der Ernennung zu thun gehabt, sondern selbige nebst
der Wahl von denen Ertz-Reichs-Beamten allein
verrichtet worden; daher man keine
gewisse Zeit von dem
Ursprunge derer Churfürsten setzen kan. |
|
|
Es haben zwar viele
Scribenten
behaupten
wollen, daß sie von dem
Kayser Ottone III. eingesetzet worden; allein diese finden nunmehr bey
niemanden mehr Beyfall, indem noch etliche 100.
Jahr nach Ottonis III.
Zeiten alle
Fürsten des Reichs bey der Wahl concurriret; zu geschweigen,
daß auch die rechte
constitutio Ottonis III. hierüber nicht kan
aufgewiesen werden. |
- Nicol. Burgundus Hist. Bavar. I.
p. 2.
- Andreas Presb. Ratisb. Chron. Bav. p.
19.
- Gobelinus Persona Cosmodr. …
-
Freherus ad Chalcocond.
Rer. Turc. …
-
Gryphiander de
Weichb. …
-
Reincking.
de Reg. sec. et Eccl. …
|
|
Andere schreiben den
Ursprung derer Churfürsten Ottoni IV. zu. |
|
|
Andere, als Trithemius in Chron.
meynen,
sie wären zu Friderici II. Zeiten aus freywilligem Consens derer
Fürsten
und auf Veranlassung Innocentii IV. entstanden; |
- Joannes Vito Turanus Chron. apud
Leibnitz. Script. Brunsv. Tom. I.
- Baronius Annal. …
- Mallinckroth de Alanc.
3.
|
|
Die
Meynung ist die
wahrscheinlichste, daß die Churfürsten, gleichwie sie
vorher schon bey der
Kayser-Wahl in Ansehung derer
Ertz-Ämter allmählig das
meiste zu
sprechen bekommen, also währendem grossen Interregno nach Friderici
II. Zeiten, als die
Sachen in
Teutschland in einen verwirrten
Zustand
gerathen waren, und die übrige sich wenig über die Reichs-Affairen
bekümmert, so hätten sie sich endlich die Wahl-Gerechtigkeit allein zugeeignet,
und wäre
Graf Wilhelm von Holland der erste gewesen, welcher nur von 7. Fürsten,
so man nachgehends Churfürsten genennet, erwählet, auch solches
Recht hernach
denen Churfürsten durch die
göldene Bulla festgestellet worden, darinnen
auch ihre
Privilegia enthalten. |
|
|
{Sp. 2304} |
|
|
|
|
triarius Inst. J.
Publ. ...
|
|
|
|
|
Privilegien |
Unter denen
Privilegien, so Carolus IV. in der
göldenen Bulle
denen Churfürsten ertheilet hat, beziehen sich viel auf ihr
gantzes
Collegium,
und bestehen
vornemlich in nachfolgenden: |
|
|
|
|
|
2) |
Sie haben die importantesten und so genannten
Ertz-Ämter, welche zum
Gouvernement des
Reichs gehören. |
|
|
|
3) |
Sie machen ein a partes Collegium, oder einen besondern Churfürsten-Rath aus,
von welchem die übrigen
Reichs-Stände
unterschieden sind. |
|
Art. 35.
Capitul. Joseph. |
|
|
R.A. de A. 1954.[1] §. 192. |
[1] |
HIS-Data: wohl richtig: 1594 |
|
|
|
|
|
|
6) |
Mögen sie, wenn es ihnen beliebet, nach Inhalt des A. 6. Cap. Leopold. et Joseph. sich zusammen
verschreiben, und einen so genannten
Churfürsten-Tag halten. Und auf dergleichen
Convent
stehet ihnen
frey, von des
Reichs Wohlfarth zu deliberiren. |
|
A.B.
C. 12. §. 1. |
|
7) |
Können die Churfürsten unter sich Bündnisse aufrichten, als
z.E. die bekandte Vereinigung derer
Churfürsten. |
|
Cap. Leopold. et Joseph. Art. 6. |
|
|
Hieher gehöret auch die Vereinigung derer 4. Rheinischen Churfürsten
Anno
1519. zur Zeit des Interregni nach
Maximiliani I.
Tod zu
Wesel geschlossen, welche die sonderbare Rheinische Verein
genennet wird, und in den
Capit. Leopold. et Joseph. Art. 6. confirmiret worden. |
|
Wildvogel Disp. de Union. Electoral. §. 5. |
|
8) |
Kann wider die Churfürsten das
Crimen laesae Majestatis begangen werden, und zwar solches
nicht allein in Regard des gesammten Churfürstlichen Collegii, sondern auch wieder einen
ieden a part.
|
|
Horn. J.P. ... |
|
|
J.P.O.A. 5. §. 20. |
|
10) |
Gebühret nach Inhalt sowol der
göldenen Bulle, als auch anderer Special-Privilegien,
Blum. Proc. Cam. T. 47. allen Churfürsten das
Jus de non appellando, oder das
Recht,
daß ihre
Unterthanen von ihnen weder an das Cammer-Gerichte in Wetzlar, noch an den Reichs-Hof-Rath
appelliren
können: Wiewohl Chur-Trier in
Sachen, welche über 1000. Gold-Gülden sich erstrecken, die
Appellation an den
Kayser verstattet.
|
|
§. 6. |
|
11) |
Sie haben
Macht, Reichs-Lehen ohne Consens des
Kaysers zu kauffen,
|
|
Cap. 10.
A.B. ubi limn. |
|
|
A.B. Cap. 29. §. 1. |
|
13) |
Geniessen die Churfürstl.
Unterthanen das Jus de non evocando, oder die
Freyheit, daß sie
nicht können vor die Reichs-Cammer oder ein ander ausser
Landes befindliches
Gericht gezogen
werden.
|
|
A.B. C.
11. §. 1.
|
|
|
iedoch werden hievon einige
Casus excipiret, als das Verbre- |
|
|
|
{Sp. 2305|S. 1078} |
|
|
|
chen wider den
Land-Frieden, oder wenn sie in anderer
Herren
Lande Lehn- oder Erb-Güter haben, und
actione reali belanget werden. |
|
|
|
|
Cap. 9. §. 12. |
|
|
|
|
15) |
Sie werden den
Königen gleich gehalten, haben auch, wie die Könige,
Baldachinen, und lassen sich bey öffentlichen Processionen Schwerdter
vortragen. |
|
§. 7. |
|
|
Grund-Fest
p. 1.
c. 6. |
|
17) |
Wenn bey einer
Kayserlichen Crönung das herrliche Banquet gehalten
wird, hat ein jeder Chur-Fürst seine
eigene Tafel, und sitzet an derselben mit
bedeckten Haupte
gantz allein, da hingegen die andere anwesende
Reichs-Fürsten
alle zusammen an einer Tafel, so eine Stuffe niedriger, als derer Chur-Fürsten
ist, mit entblößten Häuptern sitzen.
|
|
|
|
18) |
Ihro
Kayserliche Majestät muß die importanteste Reichs-Affairen
mit ihnen überlegen, auch in
Sachen, welche keinen Verzug leiden, zum wenigsten
ihr Consilium einholen, und viel andere herrliche
Privilegia mehr.
|
|
|
Schlussbemerkungen |
Zum Beschluß ist noch zu mercken, daß die
geistlichen Chur-Fürsten vom
Kayser
Neven und die weltlichen Oheims
genennet werden; jene werden von ihren
Dom-Capiteln erwählt, diese haben ihre
Würde erblich. |
|
Literatur |
|
- Constitutio Caroli Crassi cum
nobis Freheri apud
Goldast.
T. I. Const. ad An. 881. §. 6.
- Welbertus apud
Geraldum de Septem-viratu c. 6. Aurea bulla tit. 12-29. etc.
- Martin. Polon. in Chron. in Otton. III.
- Albert. Stadens. in Chron An. 1240.
- Arnold. Lubecens. Chron. Slav. III. 9.
- Gewoldus de Septemviratu.
- Thulemarius de octoviratu.
- Mallinkrot de S. R.
I. Cancell. et Archi-Canc.
- Schardius de Elect. orig.
-
Limnaeus.
- Schiferer de Orig. et Potest.
Elect.
-
Conring.
de
Septemv.
- Freinshemius de Elect. et Cardinal. Praeced.
- Mauritius diss. de Orig. Elect. et Comit. Elector.
- Kieffer de Orig. et Potest. Elect.
- Urbanus Diss. de S. R. I. Elect.
- Cruger de Jur. Novemvir.
- Pachelbl a Gehag
Diss. de Orig. Elect.
- Miscell. Jur. Publ. Curiosa de
Novemvir.
- Windeck de Elect. Imp.
- Kestner Diss. de summis in Imp. Pers.
- de Walpod. Diss. de Elect. Jur. Praero.
-
Schutzius
Exerc. J. Publ. …
-
Reincking
l.c.
-
Schilter
J. Publ. …
- Europ. Herold
..
-
Schweder.
J. Publ. …
- Horn
J. Publ. 25.
-
Struvius
Synt Jur. Publ. …
- Janus de Orig. Elect.
-
Pfeffinger
ad Vitriar. …
|
|
|
|