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Zedler: Reichs-Tag in Deutschland HIS-Data
5028-31-175-1
Titel: Reichs-Tag in Deutschland
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 175
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 101
Vorheriger Artikel: Reichs-Tag (Wahl-)
Folgender Artikel: Reichs-Tag in Engelland
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Reichs-Tag in Deutschland,  
 
  • Comitia Imperialia,
  • Comitia Imperii Sacri Romano-Germanici,
 
  ist die Versammlung derer dreyen Reichs-Stände mit ihrem Oberhaupt, über die gemeine Wohlfahrt und Angelegenheiten des Reichs zu rathschlagen.  
  Der Kayser hat allein Macht, einen Reichs-Tag auszuschreiben, wenn er zuvor mit den Churfürsten über den Ort und die Zeit sich vernommen. Capit. Car. art. 13.
  Wenn der Kayser abwesend, oder abgegangen, thut solches der Römische König oder die Reichs-Vicarien. Grundfeste
  Das Ausschreiben geschahe vorzeiten durch offne Briefe, an die Stände ingemein, heut zu Tag aber durch ordentlich unter- und überschriebene versiegelte Kayserliche-Circular-Schreiben an einen jeden besonders. Sie werden gemeinglich sechs Monat vorher ausgefertiget, und darinn die Zeit und der Ort der Versammlung angezeiget.  
  Von dem Orte den Reichs-Tag zu halten, ist in den Reichs-Gesetzen nichts versehen, ausser daß ein neuerwählter Kayser seinen ersten Reichs-Tag zu Nürnberg halten sollte.
  und daß jedes mahl eine Reichs-Stadt genommen wird, geschiehet nur um besserer Bequemlichkeit willen.  
  Eben so wenig ist bestimmt, wenn und wie offt ein Reichs-Tag gehalten werden solle, und stehet solches in des Kaysers Gutbefinden; allein es ist den Churfürsten vorbehalten, wenn sie es der Nothdurfft erachten, den Kayser darum anzulangen.  
  Es werden alle und jede Stände, so wohl Geistliche, als Weltliche, darzu beruffen, die nehmlich wegen ihrer innehabenden Lande Sitz und Stimme daselbst haben, wenn gleich die erstern noch nicht vom Pabste bestätiget, Instr. Pac. Osnabr.
  und die letztern noch nicht belehnet worden.  
  Bey erledigten Bißthümern wird das Capitel und bey minderjährigen Reichs-Ständen der Vormund oder Landes-Administrator beruffen. Ibid. …
  Ob einer in  
  {Sp. 176}  
  Person oder durch seine abgeordnete Räthe, Botschafften und Gesandte erscheinen wolle, stehet bey ihm, und ist das letzte nunmehr eingeführt, nachdem die persönliche Anwesenheit wegen der langen Zeit, und anderer Umstände allzu beschwerlich und kostbar geworden. Bey unser Väter Zeiten aber ist es noch anders gehalten worden. So ist auch einem beruffenen Reichs-Stande vergönnt, von der Reichs-Versammlung gar aussen zu bleiben. Er muß sich aber so denn gefallen lassen, was die Anwesenden beschlossen. R.A. 1500 §. Nachdem auch.
  Wenn er aber durch Gesandten erscheinet; so haben sich dieselben bey dem Chur-Mayntzischen Directorio und dem Erb-Marschalle anzugeben, des Principalen Vollmacht zu übergeben und sich gehörig zu legitimiren.  
  Bey der Eröffnung sitzt der Kayser oder sein Principal-Commissarius, und zu nächst um ihn die Chur-Fürsten, etwas niedriger die Fürsten, und dann die Grafen und Herren, die Reichs-Städte aber bleiben stehend hinter ihnen, da denn die Proposition von dem Reichs-Vice-Cantzler abgelesen wird.  
  Die Stände theilen sich in drey abgesonderte Räthe oder Collegia, das Churfürstliche, das Fürstliche und das Reichs-Städtische. In das erste kommen die Churfürsten; das Directorium führet Chur-Mayntz, und thut die Umfrage, wird aber selbst zuletzt von Chur-Sachsen gefragt, und giebt mit seinem Beyfall den Ausschlag, wenn sonst die Stimmen gleich sind. Zu dem andern gehören die geist- und weltlichen Fürsten, die Prälaten, Grafen und Herren. Jene haben besondere Stimmen, und einer derer so viel, als er Länder besitzt, denen dieses Recht anklebet. Die Prälaten werden in zwey, und die Grafen in vier Bäncke vertheilet, derer jede nur eine Gesammtstimme, Votum curiatum, hat. Die Ordnung des Sitzens im Fürsten-Rath ist aus beygefügter Abbildung füglich zu ersehen:  
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  Das Directorium führen Saltzburg und Österreich, wechselsweise von einer Materie zur andern. Nach geschehener Umfrage und eingenommenen Votis wird ein Conclusum, nach den meisten Stimmen, wo dieselbe statt haben, entworffen, vorgelesen, und eingerichtet.  
  Den Städte-Rath, oder das Reichsstädtische-Collegium machen die Frey- und Reichs-Städte aus. Dieselben sind in zwey Bäncke, die Rheinische und Schwäbische, getheilet. Das Directorium führt der Magistrat der Stadt, wo der Reichs-Tag gehalten wird; wenn es aber keine Reichs-Stadt wäre, vertritt es die vorsitzende Stadt, der alsdenn auch vorsitzenden Banck. Die Städte von beyden Bäncken, werden eine um die andere von dem Directorio aufgeruffen. Ob der Städte Gutachten bloß zum einrathen oder auch zum beschlüssen gelte, ist vormahls gestritten, durch den Westphälischen-Friedens-Schluß aber ausgemacht worden, daß ihnen gleich andern Ständen ein Votum decisivum zustehen solle.  
  Die Art und Weise solches zu führen, ist durch besondere Handlungen unter den Collegiis verglichen worden. Mit Anstellung der Reichs-Deliberationen wird es folgender gestalt gehalten. Die Versammlungen werden jedes mahl von dem Chur-Mäyntzischen Reichs-Directorio angesetzet, durch das Erb-Marschall-Amt angesaget, und die Materie, darüber gerathschlaget werden soll, in dem Ansage-Zettel, angezeiget.  
  Ein jedes Collegium kommt in seinem besondern Gemach zusammen. Welches unter den beyden höheren Collegiis mit seinem Schluß am ersten fertig worden, zeiget es dem andern an, damit sie zur Re- und Correlation unter einander treten, und im Fall ihre Meynungen nicht einstimmig, sich so lange mit einander unterreden, bis sie sich eines gleichförmigen Gutachtens verglichen. Dasselbe wird sodann dem Reichs-Städtischen eröffnet, und, sich mit ihrem Concluso gleichfalls vernehmen zu lassen, begehret. Wenn nun auch desselben Beyfall erfolgt, wird von dem Chur-Mäyntzischen-Directorio, alles in ein Reichsbedencken gebracht, oder wenn man sich nicht hätte vereinigen können, die discrepirenden Collegial-Meynung mit angeführet, ins reine geschrieben, besiegelt, und dem Kayser oder dessen Principal-Commissario überreichet.  
  Auf den Fall unterschiedener Meynungen, wird von Kayserlicher Seiten, entweder durch Vermittelung eine Vereinigung versucht, oder auf der Stände Heimstellen, der Ausschlag gegeben, und die Ratification ertheilet. Dieses heisset alsdenn, wenn nemlich die beyden höhern, das Chur- und Fürstliche Collegium, mit einander einig sind, und der Städte Rath um sein Gutbefinden ersuchet worden, dieser aber noch etwas dabey zu erinnern hat, ein Reichs-Bedencken oder Reichs-Gutachten, wenn sie aber alle drey einstimmig sind, und ihnen so denn der Kayser selbst, oder dessen Principal-Commissarius beytritt, ein Reichs-Schluß, woraus endlich ein Reichs-Schluß verfertiget und gewöhnlicher massen publiciret wird. Grundfeste
  Von diesen allgemeinen Reichs-Tägen sind  
   
   unterschieden. Von dem Reichs-Tage hat Eitelfr. von Herden, ein eigen Buch unter dem Titel: Grundfeste des Heil. Röm. Reichs, geschrieben. Besiehe hierbey mit mehrerm
  • Arumäus de Comit.
  • Pfanners Hist. …
  • eines Ungenannten Discurs von dem gegenwärtigen Reichs-Tage zu Regenspurg.
  • Noch eines Ungenannten compendieuse Beschreibung eines Reichs-Tags, wie er im Heil. Römischen Reich gehalten wird. Halle 1720 in 8.
  • Königs Abhandlung von Deutschen Reichs-Tägen, Nürnberg 1739.
  • Schmausens Corp. Jur. Publ. Acad.
  • und vieler anderer Publicisten Schrifften.
     

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Stand: 28. Dezember 2012 © Hans-Walter Pries