|
Text |
Quellenangaben und Anmerkungen
|
|
Westphälische
Friede,
Lat. Pax
Westphalica, oder Pacificatio
Osnabrugo-Monasteriensis, ist ein
Fundamental-Gesetze und die
vornehmste Grund-Feste des
Heil. Röm. Reichs, welcher im
Jahre 1648 zu
Münster mit Franckreich und zu Oßnabrück mit Schweden geschlossen worden, dadurch nicht
allein der dreyßigjährige Krieg geendiget, sondern auch die
Religions-Freyheit
auf festen Fuß gesetzet, und die zwischen dem
Kayser und den
Ständen wegen ihrer
hohen Gerechtsamen, wie auch zwischen den
Catholischen und
Protestanten wegen
der
geistlichen Güter vor gewesene Streitigkeiten zu
Deutschlands grösten
Vergüngen glücklich gehoben wurden. |
|
|
Oder es kan derselbe auch also beschrieben werden, daß er sey ein zwischen
dem Kayser und Catholischen Fürsten eines, wie auch der Königin und dem
Reiche
Schweden und denen vereinigten protestirenden
Reichs-Ständen andern Theils,
ferner zwischen dem
Kayser eines, und der mit Schweden, und vielen Deutschen
Reichs-Ständen, allirten Cron Franckreich andern Theils, zu Oßnabrüg und
Münster
im Jahr 1648 aufgerichtete
Friede und allgemeiner Vertrag, in welchem der
Profan- und Religions-Staat in
Deutschland, in vielen Puncten besser verfasset,
reguliret, formiret und theils erkläret und bestätiget, vielen Streitigkeiten
und Ansprüchen abgeholffen, und besonders denen Cronen Franckreich und Schweden
ihre geforderte Satisfaction gegeben wird. |
|
|
Oder es kan derselbe auch noch also beschrieben werden, daß er sey eine
Convention, welche theils zwischen dem
Kayser und den
Reichs-Ständen unter sich,
theils zwischen dem
Römischen Reich, dem
Könige in Franckreich, und dem Könige
in Schweden im Jahr Christi 1648 in Westphalen auf ewig getroffen worden,
darinnen der erwünschte Friede in
Deutschland wieder hergebracht, die
Religions-Sachen und andere dem Deutschen
Staat angehende Angelegenheiten, ja
auch sonst viele andere
Dinge entschieden und auf einem festen Fuß gesetzet
worden. |
|
|
Hierbei ist zu mercken, daß dieser Friedens-Schluß nicht nur eine Convention
genennet werden könnte, sondern auch eine Grundfeste und ein Fundamental-Gesetze
sey, so ferne er viele
Sachen entscheidet, welche den öffentlichen Staat
angehen; so ferne er aber die mittelbaren
Unterthanen betrifft, kan er auch wohl
ein
Gesetz in eigentlichen
Verstande genennet werden. |
|
|
Dieser Friede ist also theils, wie
gesagt, zwischen dem
Kayser und den
Reichs-Ständen, theils zwischen dem
Könige in Franckreich und dem Könige in
Schweden im Jahr 1648 in Westphalen geschlossen worden. Dieses recht zu
verstehen, so ist zu wissen, daß, obgleich bereits unter Kayser Carln V
zu Augspurg im Jahre 1555 der
Religions-Friede geschlossen worden, dennoch die
Protestirenden und Römisch-Catholischen im
Deutschen Reiche immerdar wieder
einander eine heimliche Eifersucht geheget, bis endlich selbige im Jahre 1618 in
einen
öffentlichen
Krieg ausbrach, in welchen Krieg auch der |
|
|
{Sp. 933|S. 482} |
|
|
König in Schweden und der König in Franckreich mit vermischet wurden. |
|
|
Nachdem nun das Deutsche Reich lange genung mit dieser Krieges-Unruhe
geplaget worden; so ist endlich zu
Hamburg vergliechen worden, daß mit
Franckreich zu
Münster, mit Schweden aber zu Oßnabrück, in Westphalen die
Friedens-Handlung vom
Kayser und denen
Ständen vorgenommen werden
solte, welche
auch im
Jahre 1648 durch
GOttes Gnade nach vielen und grossen Schwierigkeiten
glücklich zu Ende gebracht worden. In welchem Jahre auch zwei
Friedens-Instrumente, als eines zu Münster, so zwischen dem Kayser und den
Ständen mit Franckreich, das andere aber zu Oßnabrüg mit der Cron Schweden in
Lateinischer Sprache aufgesetzet, und den 24 October unterschrieben worden. |
|
|
Man pflog nemlich vorher schon und in währendem Kriege allerhand Tractaten,
welche aber niemahls zu
Stande kommen konnten, bis endlich durch Vermittelung
des Königs Christians des Vierdten von Dännemarck den 15 Dec. 1641 es, wie
gedacht, zu Hamburg so weit gediehe, dass die
Städte Oßnabrüg und
Münster zu den
Friedens-Tractaten solten gewidmet seyn, auch einige Präliminarien wegen der
Pässe ausgemacht worden. Die
Ursache, warum man hierzu zwey
Örter bestimmet,
war theils um die Präcedentz Irrungen zwischen den dabey intereßierten
Potentaten zu vermeiden, theils weil die Schweden mit dem Päbstlichen Nuntio
nichts zu
thun haben wolten. |
|
|
Es solte also, wie auch hernachmahls geschehen, der Friede mit Schweden und
den Protestanten zu Oßnabrüg, mit Franckreich aber und dessen Alliirten zu
Münster geschlossen werden, allwo auch die Spanischen Gesandten nebst dem
Päbstlichen Nuntio befindlich waren; jedoch wurde beliebet, daß kein
Theil ohne
den andern
schliessen solte. Solchergestalt nahmen die Frantzosen in
Münster,
und die Schweden in Oßnabrüg ihren Aufenthalt. |
|
|
Der
Kayserliche Principal-Commissarius war der
Graf von
Trautmannsdorf, hernach der Graf von Nassau, Graf von
Lamberg,
Herr Volmar und Cran.
Frantzösisch-Bevollmächtigte waren, der von ersten
Range, der
Hertzog von
Langueville; Herr d’Avar aber Herr de
Servien und Thuillerie nebst dem Frantzösischen
Residenten Herrn de la Gour, von andern
Range. Der Päbstliche
Legatus a Latere war Fabius Chisius, der hernach unter den
Nahmen Alexander VII, Pabst worden. Von Seiten Venedig
war abgeordnet Aloysius Contarini, der zugleich das
Amt eines
Mediateurs
verwaltete. |
|
|
Des
Hertzogs von Savoyen Ambassadeur hieß, Marquis de St. Maurice,
und des Hertzog von Mantua,
Graf Francois Nerli. Der
Chur-Mayntzische Gesandte war der
Baron von Brömser. Der
Chur-Brandenburgische Premier-Abgesandte war der Graf von Witgenstein,
und nebst ihn der Baron von Loben. Die Spanischen waren, der
Graf von Pegneranda und D. Anton Bruine.
Holländischer Gesandter war Arian Paa. Die Schwedi- |
|
|
{Sp. 934} |
|
|
schen Plenipotentiarien hiessen Graf Oxenstirn, und Herr
Salvius. Von Chur-Fürstlichen
Collegio war der
Bischoff von
Oßnabrüg abgeordnet. |
|
|
Ob nun wohl die Tractaten bereits den 25 Mertz 1642 vor die Hand genommen
werden
solten; so verzog es sich doch bis in das folgende
Jahr. Die gantze
Friedens-Negation währete von 11 Julius 1643 bis den 13 Octob. 1648. Endlich
geschahe den 24 Octob. die Unterschrifft der Königl. Friedens-Exemplarien in dem
Quartier der Königl. Gesandten. Im Anfange des 1649 Jahres erfolgten die
Auswechselungen der Ratificationen. |
|
|
Den Inhalt dieses doppelten Westphälischen Friedens-Schlusses und den vom
allerseits hohen
Contrahenten darüber errichteten
Instrumente belangend; so
können hiervon die
Artickel:
Münsterische Friede, im XXII
Bande, p. 456. u.f. und
Osnabrückischer Friedens-Schluß,
im XXV Bande, p. 2126. u.ff. nachgesehen werden. |
|
|
Weil aber die Schweden nicht eher aus
Deutschland
rücken wolten, bis man zuvor alles dasjenige, was besonders in dem
Oßnabrückischen Friedens-Schlusse enthalten, zu seiner
völligen Richtigkeit
gebracht und
würcklich vollzogen; so wurde endlich den 26 Junius 1650 der
Friedens-Executions-Haupt-Receß zu Nürnberg aufgerichtet, und selbiger auch
hernach dem
Reichs-Abschiede von 1654 einverleibet. |
|
|
Sonst ist auch dieser
Friede
auf ewig geschlossen worden. Es bemühete sich zwar der Pabst Innocens X. diesen Frieden durch eine den
3 Jenner 1651
promulgirte Bulle zu vernichtigen. Und zwar dieses darum, weil der
Friede nicht allein ohne seine Einwilligung geschlossen worden, sondern auch den
Protestirenden die völlige
Religions-Freyheit und gleiche
Rechte mit den
Catholicken durch gantz
Deutschland verstattet, vornehmlich aber viele
Stiffter
eingezogen, und mithin des Pabstes sammt seiner Clerisey
prätendirte Rechte
dadurch gar in vielen Stücken geschmälert worden. |
|
|
Aus welchen auch der Päbstliche Nuntius zu
Münster, Fabius Chisius
eine
Schrifft unter verdecktem
Nahmen hierwider hatte ausgehen lassen.
Es wurde aber diese Protestation wenig oder nichts geachtet, und deren
ohngeachtet der einmahl geschlossene
Friede auf ewig bestätiget. Wie denn
derselbe auch in denen darauf erfolgten Niemägischen, Ryßwyckischen und
Baadischen Friedens-Schlüssen auf das neue confirmiret worden. |
|
|
Nur wäre zu wünschen, dass durch den IV
Artickel des
Ryßwyckischen Friedens, bey den
Worten:
Doch soll Römisch-Catholische Religion in dem
Stande bleiben,
wie sie jetzo ist etc. dem Oßnabrückischen Friedens-Schlusse kein Eintrag
geschehen, und man desfals Protestantischer Seite nicht
Ursache sich zu beklagen
bekommen hätte. |
|
|
Dannenhero auch davon im XII Präliminar-Artickel, so zum
Grunde
des Friedens zwischen denen hohen Alliirten und der Cron Frankreich hatte sollen
geleget werden, erwehnet wird, daß der vierte Artickel des Ryßwyckischen Friedens, die
Religion betreffend, bis zu |
|
|
{Sp. 935|S. 483} |
|
|
denen Haupt-Tractaten ausgesetzt verbleiben solte. |
Siehe die Electa Jur. Publ. p.
505. |
|
Im übrigen können hierbey auch |
- Burgold in Disc.
- Forstner in Epistola
- Buckesch in Observ. ...
- Ludwig de Monte Sperato in Vindiciis
- Isaac Vollmar in Protocoll. ...
- Memoires Poltiqu. ...
- Memoires et Negotiations ...;
- Georg Heinrich Ludolphs Opusculum ... so in
Fellers Monument. ... befindlich.
- Pfanner in Hist. ...
- Adami in Relat. ...
- u.a.m.
|
|
nachgelesen werden. |
|
|
Wer aber von dem Westphälischen Friedens-Schlusse eine recht accurate und
zuverläßige Nachricht zu haben
begehret, der besehe absonderlich das so kostbar-
als wichtige
Werck des berühmten Hrn. Johann Gottfried von Meiern,
welches er unter dem
Tittel: Acta pacis Westphalicae
herausgegeben. |
|
|
Ferner kan man des Geheimbden Raths Hofmanns Biblioth.
Jur. Publ. p. 179. auffschlagen, woselbst er eine ausführliche und sehr
ordentliche Nachricht davon giebt, indem er |
|
|
1) |
die
Schrifften erzehlet, welche von denen Reichs-Staats-Sachen handeln,
die sich von Zeit des
Religions-Friedens an bis an die Böhmische Unruhe
zugetragen haben, und einigermassen in die Westphälische Friedens-Sachen
einschlagen: |
2) |
die Schrifften, welche besonders von denen wegen
Chur-Fürstens
enstandenen Unruhen handeln. |
3) |
Die Schrifften, welche die Straßburgischen Unruhen, wegen Ausschliessung
der
Evangelischen Dom-Herren und zwiespaltigen
Bischoffs-Wahl, angehen; |
4) |
Die Schrifften, welche die öffentlichen Uneinigkeiten zwischen denen
Evangelischen und Catholischen betreffen; |
5) |
Die Schrifften von verschiedenen Catholischen Rathschlägen wider die
Evangelischen; |
6) |
Die Schrifften, so die
Ursachen des 30Jährigen Krieges berühren; |
7) |
Die Schrifften von denen Böhmischen und Pfältzischen Unruhen; |
8) |
Die
Historien des Böhmischen Krieges; |
9) |
Noch andere Schrifften von denen Unruhen in Böhmen, Schlesien, und andern
Österreichischen Erblanden; |
10) |
Die Schrifften von Vertreib- und in die
Acht-Erklärung des Chur-Fürsten
zu Pfaltz; |
11) |
Die Historien des 30 jährigen Krieges überhaupt, und |
12) |
eintzeler Stücke desselben; |
13) |
Die Schrifften wieder den Pragischen Frieden, und |
14) |
die Schrifften für den Pragischen Frieden; |
15) |
Die Schrifften von der Historie des Westphälischen Friedens; |
16) |
Die Schrifften, so das Deutsche Friedens-Werck, besonders die
Westphälischen Friedens-Tractaten betreffen; |
17) |
Die verschiedenen Auflagen und Übersetzungen des Westphälischen
Friedens; |
18) |
Die, so über eine oder etliche
Artickel, und endlich |
19) |
die, so über den
gantzen Westphälischen Frieden geschrieben haben. |
|
|
|
Welche, bisher erzehlte Schrifften alle |
|
|
{Sp. 936} |
|
|
zu einer völligen Verständniß des Westphälischen Friedens
dienen. |
Siehe auch
Mosers Deutsches Staats-Recht ... |
|
In wie fern übrigens dieses Westphälische Friedens-Instrument zu
Beurtheilung des
Fürsten-Rechts in
geistlichen Sachen diene, und in wie fern
solches auch nunmehr als der vornehmste Theil derer Kirchen-Gesetze bey den
Protestanten im
Deutschen Reiche zu betrachten, und was dem weiter anhängig,
davon siehe in denen
Artickeln: |
|
|
|
|
|
|
|