|
Text |
Quellenangaben |
|
Rang, Präcedentz, Proedria,
Praecedentia, ist der äusserliche
Vorzug, da
einer dem andern in
Ordnung
vorgehet, und der entweder auf dem Wohlstande beruhet,
z.E. wenn eine
Manns-Person dem
Frauenzimmer den Rang giebet,
dergleichen auch vielfätig dem Fremden, jedoch in gewissen Umständen,
widerfähret; oder auf die Opinion der Leute, die sie vor unsere
Geschicklichkeit
haben; oder auf die
Dignitäten und Ehren Stellen oder auf die
Ehren-Stellen und
Opinion der Leute zugleich. |
|
|
Wenn jemand im Range
Ehre suchet, so muß man ihm die Eitelkeit des Ranges
vorstellen, und dabey zeigen, daß Verständige um des Ranges willen niemanden
hochachten, ja unterweilen wohl gar daher Anlaß nehmen den andern zu verachten,
absonderlich wenn sie mercken, daß er deßwegen von ihnen angesehen zu werden
begehret. Es kan aber die Eitelkeit des Ranges gar leicht gezeiget oder
erkannt
werden, in dem es ja auf der blossen
Einbildung beruhet, daß einer mehr ist, der
in dieser Stelle sitzet, als der eine andere einnimmet, oder der einige Schritte
vorhergehet, als der einige nachfolget, daher auch bald die Vornehmern voran
gehen und die Geringeren nachfolgen, bald die Geringeren vorgehen und die
Vornehmeren zuletzt folgen. |
|
|
Da |
|
|
{Sp. 803|S. 411} |
|
|
der Rang nichts im
Menschen und seinem
Zustande ändert; so ist auch für sich
keine Ehre darinnen zu suchen. Wenn man Rang durch
Verdienste erhält, das ist,
um des Guten willen, welches wir an uns haben, und solcher gestalt eine wahre
Ehre zum
Grunde leget; so gereichet er soweit zu Ehren, als er eine wahre Ehre
zum Grunde hat. Nicht der Rang, sondern die
Ursach des Ranges ist eine Ehre. |
|
|
Er vergnüget den, der ihn hat, und andere, die darauf acht geben, in so weit
man sich dadurch der Vollkommenheit oder des Guten erinnert, so ihn zu wege
gebracht, und in so weit man sich erfreuet, daß das gute
erkannt und belohnt
wird. |
|
|
Hingegen wo Rang nicht durch Verdienste, sondern durch andere krumme Wege
erlangt worden, als wenn man erkauffet, erbettelt oder zur Belohnung für
erduldete Schande bekommet, z.E. die übele Aufführung seiner
Frau übersiehet,
und was dergleichen mehr ist; so kan er einem keine
Ehre gegeben. Vielmehr
gereichet er öffters zur Schande, in dem er Anlaß giebet nachzuforschen, wie man
den Rang erhalten habe, den man keines weges verdiene, auch unterweilen mit
unseren übrigen Umständen sich gar nicht zusammen reimet. |
|
|
Und hieraus erlernet man zugleich, wie weit man den Rang begehren soll,
nehmlich in so weit er Anlaß geben kann sich des Guten, was wir an uns haben, zu
erkundigen und daher ein Mittel ist, unsere wahre
Ehre zu befördern. Denn da ein
jeder
verbunden ist das Gute bekannt zu machen, was an ihm ist, so kan er auch
den Rang annehmen, wenn er Anlaß geben kan sich desselben zu erkundigen. |
|
|
Hingegen wer darinnen vor sich
Ehre suchet, und wohl gar deßwegen besser zu
seyn düncket als andere, der handelt in der That thöricht, indem darinne keine
bestehet, und kan von Verständigen kein anderes Lob als das Lob der Thorheit
erhalten. Nichts desto weniger wird um den Rang nicht selten gar hefftig
gestritten, insonderheit bei grossen Begängnissen, wo so mancherley Leute
zusammen in eine
Ordnung gerichtet werden sollen; da zuweilen die einen mit den
andern um den Vortritt streitig sind, und keiner ihm gerne etwas vergeben, oder
einem andern weichen will. |
|
|
Welches den Ceremonien-Meistern, denen desfalls die Einrichtung obliegt,
viel zu schaffen macht, und wo es nicht endlich entschieden werden kan,
gemeiniglich durch ein Interims-Expediens, beyden Theilen unverfänglich, vor das
mahl gehoben wird. Was bei einem vorfalleden Rang-Streit nach der
Klugheit zu
beobachten,, weiset Heumann im Politischen Philosopho … |
|
|
Diejenigen, welche in einer
Dignität und
Würde stehen, sollen denen
vorgehen, die solche nicht haben, wenn sie gleich von Geburt älter seyn, |
l. 2. et 3. de alb. scribend.
|
|
weil der Würden
Ordnungen zu halten seyn, wie die ausdrückliche Rubric ist
in Cod. ut dignitatum ordo servetur. |
Farinac. lib. 1. ... |
|
Bey denen, die gleiche Dignität und Würde haben, ist die Ehigkeit der Zeit
zu attendiren. |
Brunnemann ad l. 1. C. ... |
|
Immatriculirte Advocaten gehen denen Actuarien der
Ordnung nach vor, |
Wernher sel. obs. ...
Horn de jure ... |
|
Ein
Handwercker, der
Raths-Herr worden, gehet denen Advocaten, die an eben
demselben
Orte
Bürger |
|
|
{Sp. 804} |
|
|
oder Einwohner seyn, vor, wo nicht durch
Gewohnheit das Gegentheil
beygebracht werden kan, |
Berger lib. 1. R. 280. |
|
Wenn von dem Rangs-Rechte die Frage ist, muß nicht allein der Grad, in einer
in einer Obern Facultät erhalten hat, sondern auch das
Amt, das einer
verwaltet,
in Betrachtung gezogen werden |
Wernher. sel. obs. ... |
|
Ein wider einen aus der Zahl der Doctorum exercirter
possessorischer Actus des Rang-Rechts präjudicirt denen andern nicht, |
Wernher. sel. obs. ... |
|
So viel übrigens die zwischen denen
Fürsten
und
Ständen im
Heil. Röm. Reiche
entstandenen Präcedentz- oder Rang-Streitigkeiten anbetrifft; so gebühret deren
Entscheidung und die
Erkänntniß darüber dem
Kayser, als oberstem
Richter. |
|
|
Endlich ist auch aus der Jüdischen Historie bekannt, dass die
Oberstelle, Prōtoklisia, allezeit denen gelehrten und
verdienten
Männern zugeeignet worden. Daher die bekannte
Regel der Rabbinen:
Tribus ad convivium invitatis, principe, sapiente et humili, sapiens est
proximus a prinicipe. Si quaeris: cur a rege? respondent; Quia sapiens est. |
|
|
Diesen Hochmuth wirfft Christus vor denen Schrifftgelehrten und Pharisäern,
da er von ihnen
sagt, daß sie gerne oben
an sitzen über Tisch, und in den
Schulen, |
Matth. XXIII, 6. |
|
Denn weil die Grossen im
Volck
diese Leute sehr hoch schätzten und
ehrten, und nichts von Wichtigkeit ohne
ihren Rath vornahmen, so wurden sie öffters von ihnen zu Gaste geladen, da
bewiese man ihnen den Respect, daß man ihnen den ersten Platz zuerkannte, womit
ihnen auch höchstens gedienet, und solches ihnen sehr
angenehm war, |
- vergl.
Luc. XIV, 7. 8.
- Bes.
- Josephus im Jüd. Alterth. XIII B. 18. Cap.
- Cave im Leben der Apostel, p. 333,
- Lightfoot in Horis …
|
|
Sie liebten auch die Oberstelle in den Schulen, welche ihre Sammel-Plätze
waren, da man das Gesetz lase und zum öffentlichen Gebet und Predigten zusammen
kam. In diesen Gebäuden sahe man Ehren-Stühle, die vor die Aufseher der Schulen
gestifftet, und vor die Schrifftgelehrten und Pharisäer erbauet waren. Hier
verlangten sie auch den Rang und
Vorzug, wie auch die ansehnlichsten Stellen
unter denen, die Ehren- und Autoritäts-Stühle in denselben hatten. |
Bes.
- Reland Antiquit. …
- Amelii Erörterung schwerer Schrifftstellen Neues Test
II Th.
p. 342. u.f.
|
|
Von dem Range überhaupt können nachgelesen werden |
- Joh. Jac. Rhode
in Diss. Moral. de Proedria, Königsberg 1717;
- Glafey
in dem Vernunfft- und Völcker-Rechte, p. 26. u.f.
|
|
|
Auch hat der Herr von Rohr in der Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft
der Privat-Personen ... gantz ausführlich von dem Range gehandelt. |
|
Siehe ingleichen den
Artickel: Rang-Ordnungen. |
|
|
|
|