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Zedler: Vorzug HIS-Data
5028-50-1344-1
Titel: Vorzug, Lat. Praerogativa
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 50 Sp. 1344
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 50 S. 687
Vorheriger Artikel: Vorzeigung der Urkunden
Folgender Artikel: Vorzug, oder Vortrupp
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Vorzug, Lat. Praerogativa, ist das Recht, das einer in Ansehung der Güter, die er in grösserer Masse besitzet, vor den andern erlangt.  
  In Betrachtung der Güter kan der Vorzug in zweyerley Stücken beruhen: nehmlich er ist entweder ein innerlicher; oder ein äusserlicher.  
  Der innerliche beruhet in denen würcklichen Fähigkeiten und Geschicklichkeiten in der Seelen, wenn ein Mensch an wahrer Weisheit und an wahrer Tugend andern weit vorgehet.  
  Der äusserliche bestehet in den äusserlichen Glücks-Gütern, in Reichthum, in Ansehen und Macht, in der Opinion der Leute, welche letztere Art Hochachtung, Respect, oder Ehre genennet wird.  
  Es wird verhoffentlich Niemand in Abrede seyn, daß nicht nur unter unvernünfftigen Creaturen, sondern auch so gar unter leblosen Dingen, eines dem andern vorgezogen zu werden pfleget. Denn ein Pferd wird höher, als ein Esel oder Ochse, ein Diamant werther, als ein Kieselstein geachtet; Unter den vernünfftigen Menschen aber insbesondere, wird der Mann der Frauen, der Vater den Kindern, der Alte dem Jungen, der Herrschende dem Gehorchenden, so gar auf Göttlichen Befehl vorgesetzt, so, daß man sagen könnte, daß eines unter denen hier genannten Correlatis, von Natur und nach der von GOtt gesetzten Ordnung, (natura et ordine a Deo instituto) mehr gelten müsse, als das andere, und der weniger geltende nothwendig dem mehr geltenden den Vorzug (Vorrang, Vorgang, Vortritt, Prärogativ, Präferentz u.s.w.) lassen müsse, so daß es allerdings der Natur und Vernunfft noch einen Vorzug giebt, Krafft dessen eines dem andern vorzuziehen ist.  
  Aber unter denen Souverains, deren sich einer so hoch und würdig, als der andere, düncket, weil sie alle von GOtt, und keiner von dem andern dependiren, giebt es einen alten, langen und unaufhörlichen Streit, welcher unter ihnen für den Grössesten gehalten werden solle; Gleichwohl aber mit dem Unterscheide, daß mancher so gut, mancher aber mehr seyn will, als der andere, wovon der Artickel: Vorzugs-Streit, mit mehrern nachzulesen.  
  Ein Jeder dieser Gewaltigen auf Erden führet seine Ursachen an; Der Streit ist in diesem Rang-Processe in hundert und mehrern Rencontres contestiret worden; Weil sie aber keinen Obern oder Richter über sich erkennen, so hat noch kein dergleichen dauernder Entscheid gegeben werden können, der die streitenden Partheyen aus ein anderer gesetzet und in Ordnung gebracht hätte.  
  Man hat zwar, um allen Hindernissen, und Melirungen, welche in Zusammenkünfften, so wohl hoher Potentaten selbst, als auch derer Gesandten, zu entstehen pflegen, vorzubeugen ziemlich geschickte Mittel ersonnen, einem Jeden eine Stelle und Rang anzuweisen, mit welchem er zu frieden seyn könnte, und dadurch keinen einiges Nachtheil zugezogen würde; Aber auch dieses ist bisher noch von gar keinem Souverainen, sondern nur von einigen sogenannten alternirenden Fürsten in Deutschland angenommen worden.  
  De-  
  {Sp. 1345|S. 688}  
  rerjenigen Vorzüge, welche Potentaten auf denen höchsten Gipffel der Ehre und des Ruhms erheben, sind vornehmlich dreye, nehmlich  
 
  • die Geburt, welche ihnen das Recht zu herrschen giebet;
  • Die Tugend, welche sie dazu würdig macht;
  • und das Glück, oder, mehr christlich davon zu reden, eine absonderliche Göttliche Vorsehung auf die Person und derselben Reiche welche ihre Anschläge zu einem guten Ende ausschlagen lässet.
  • Neuestes von Staats- und Kriegs-Affairen, II Band, p. 386.
  • Stievens Europ. Hof-Ceremoniel, p. 3. u.ff.
  Siehe auch  
 
  • Rang, im XXX Bande, p. 802 u.ff.
  • und Rang-Ordnungen, ebend. p. 811 u.ff.
 
     

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Stand: 24. Januar 2013 © Hans-Walter Pries