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Zedler: Rath-Herr HIS-Data
5028-30-953-5
Titel: Rath-Herr
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 30 Sp. 953
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 30 S. 486
Vorheriger Artikel: Rathhausen
Folgender Artikel: Rath der Hertzen
Siehe auch:
Hinweise:

  Text Quellenangaben
  Rath-Herr,  
 
  • Rathmann,
  • Raths-Herr,

    {Sp. 954}

    Raths-Glied,
  • Raths-Freund oder
  • Raths-Verwandter,
  • Senator,
  • Senateur,
  • Echevin,
 
  ist eigentlich nichts anders, als ein Beysitzer des Raths einer Stadt.  
  Den Ursprung ihrer Benennung betreffend; so heissen sie bey denen Lateinern Senatores von ihrem bereits erlangten Alter (a senio oder senectute) und der damit verbundenen reifen Überlegung: Weil man nehmlich insgemein die Aufsicht des gemeinen Bestens nur dergleichen Leuten anzuvertrauen pfleget, welche bereits zu Jahren und Verstande gekommen. l. semper ff. ...
  Der Deutsche Name aber stammet von dem Worte Rath oder Rath geben. Ihr Amt ist,  
 
  • die Gerechtigkeiten, Freyheiten, Rechte und Gewohnheiten der Stadt und Bürgerschafft zu bewahren,
  • die Stadt-Güter und Einkünffte treulich zu verwalten, und redlich zu verrechnen;
  • über gute Ordnungen im Policey- und Stadt-Wesen zu halten;
  • die guten Stadt-Gebäude, Strassen, Brücken, Mauren und Thore zu unterhalten;
  • für Prediger und Schul-Lehrer, Kirchen und Schulen auch Armen- und Krancken-Häuser sorgen;
  • Pflegen und Vormundschafften zu bestellen
  • u.d.g.
 
  wovon und wie sie dawider zu handeln pflegen Ahasv. Fritsch. in Senatore peccante ... nachzusehen, De Senatoribus haben geschrieben Johann Versmann und Johann Paul Felwinger.  
Römer Bey denen Römern waren ehemals die Raths-Herren in den Municipal-Städten zwar in besondern Ehren, l. 6. ...
  inzwischen aber dennoch so übel daran, daß sie sich nicht darnach sehneten, sondern man sie durch verschiedene Vortheile dazu locken, zuweilen auch die Leute dazu zwingen muste. l. 38. C. eod.
  Man nahm daher auch  
 
  • ausser der Ehe erzeugte,
l. 3. ...
 
  • die Söhne der Missethäter,
l. 2. ...
 
  • Ungelehrte,
l. 6. ...
 
  • und andere
 
  darzu.  
  Die Privilegien, so man ihnen ertheilte, waren, daß  
 
1. die zu des Raths-Diensten gewidmete, oder sich an einen Raths-Herrn verehlichende Person dadurch legitimiret,
§. 13. ...
 
2. sie mit der Marter nicht beleget,
l. 33. ...
 
3. sie nicht in die Metalle verdammet,
l. 9. ...
 
4. wenn sie in Abfall geriethen, sie versorget worden,
l. 8. ff. d. decur.
 
  Welche Privilegien sie auch auf ihre Kinder brachten, ob selbige schon vor der erlangten Würde erzeuget worden,
l. 2. ...
  In der Ordnung, wie einer in den Rath kam, mochte er auch votiren, l. 1. ...
  doch wurden sie entweder nach ihrer Würde oder nach der Zeit verzeichnet. l. 2. ff. eod.
  Sonst aber soll man gleichwohl bey Erwählung derselben die Reiche eher dazu nehmen, als Arme, wenn jene eben so geschickt dazu sind. l. 46. C. d. decur.
  Kinder, so vor der erlangten Würde erzeuget worden, haben doch dieselbe Würde. l. 5. ff. d. senat.
  gleichwie auch die vor des Vaters Absetzung empfangen, dieselbe behalten. l. 7. ...
Sparta Zu Lacedämon ward von einem Raths-Herrn erfordert: er muste  
  {Sp. 954[!]|S. 487}  
  60 Jahr alt seyn, und sich wohl aufgeführet haben. Und darf man nicht meynen, sie wären gar zu alt zu dergleichen Verrichtungen gewesen, wenn man lebte zu Lacedämon mäßig in Essen und Trincken, und exercirte seine Leibes-Stärcke fleißig in denen Gymnasiis, daher sie ihre Kräffte biß ins hohe Alter beysammen behielten. Wenn sie gewählet werden solten, musten sie durch die Gemeine durchgehen, und sagte daselbst jeder frey, was er an ihm auszusetzen hatte. Cragius de Rep. Lac.
neues Recht Nach denen neuern Rechten und hergebrachten Gewohnheiten derer mehresten Städte kan weder Vater und Sohn, noch zwey Brüder zugleich, zu Raths-Herren erwählet werden.
  • Stryck in Us. mod. ...
  • Mevius ad Jus Lubec. ...
  Wie wohl nach dem bürgerlichen Rechte Vater und Sohn in die Haupt- und Land-Städte gesetzte Rathgebende seyn konnten.
  • l. 1. ...
  • Stryck l.c.
  Im übrigen behalten die heutigen Raths-Herren und Magistrats-Personen eben dieselben Privilegien, den Vorzug, Rang, die Würde und andere Befreyungen, deren sie nach Gewohnheit eines jeden Ortes genüssen, nach wie vor, wenn sie sich gleich rechtmäßiger Weise ihres Amtes begeben haben. Und solches zum Gedächtniß und Andencken ihrer vorigen Würde. Hahn ad Wesenbec. ...
  Sonst pfleget man zu dem Rats-Herren-Amt nicht gerne zu wählen,  
 
1) welche die Majorennität oder das sechs und zwantzigste Jahr ihres Alters noch nicht erreichet haben.
l. 8. ...
 
2) Die unehrlichen und anrüchtigen, so gar, daß ein Raths-Herrn wegen Anrüchtigkeit (propter infamiam) aus dem Rats-Collegio gestossen werden kan.
Carpzov Lib. VI. Resp. 100.
 
3) Arme und nothdürfftige Leute soll man nicht leicht wählen.
Christinäus Vol. V. ...
 
4) Wollen auch die Statuta einiger Orten nicht leiden, daß man Vater und Sohn, oder zweene Brüder zugleich in den Rath aufnehme. Welches nicht allein von denen Eltern des ersten Grads, sondern auch von Groß- ja Schwieger-Eltern zu verstehen. So viel aber die Brüder betrifft, so wird solches Statutum zwar von Halb-Brüdern, nicht aber von denen durch die Einkindschafft zusammen gebrachten Kindern verstanden.
Mevius ad Jus ...
 
5) Diejenigen, welche in Herren- und Fürsten-Diensten mit Eyden und Pflichten sich verwandt gemacht, so lange sie in denenselben stehen, pflegen auch nicht in den Rath erwählet zu werden.
Mevius l.c. ...
  Welcher aber zu diesem Amt tüchtig ist, und ordentlicher Weise darzu erwählet wird, derselbe darff, solches auf sich zu nehmen, sich nicht weigern, wenn er auch schon geschworen hätte, keine Amts-Bedienung anzunehmen. Gestalt an etlichen Orten der Verlust des Bürger-Rechts, nebst der Freyheit allda zu wohnen, oder aber eine gewisse Geld-Straffe, auch wohl Gefängniß darauf gesetzet ist.  
  Es ist aber gleichwohl wegen der erstgedachten Emigration zu mercken, daß solche keineswegs mit der sonst so genannten Relegation oder Landes-Verweisung vermenget werden muß; massen denen ersten nicht verwehret wird, ihrer Handlung oder auch anderer  
  {Sp. 956}  
  Geschäffte wegen, in die Stadt zu kommen, und sich eine große Weile darinn aufzuhalten, welches aber denen letztern nicht vergönnet ist. Mevius l.c. ...
  Hätte aber jemand erhebliche Ursachen, wegen seines hohen Alters, Leibes-Schwachheit, und dergleichen, damit wäre er billig zu hören; widrigenfalls, und wenn solche verworffen würden, möchte er wohl davon appelliren. l. 4. C. de appell.
  Wie aber und auf was Art die Wahl zu geschehen pflege, hierinn hat man vor allen Dingen auf die Gewohnheit und das Herkommen jedes Orts zu sehen. Dieses ist zu erinnern, daß, welcher nicht durch ordentliche und rechtmässige Wahl zu diesem Ehren-Amte gelanget, dessen Amts-Verrichtungen null und nichtig seyn, und hiernächst wieder retractiret werden können. Mevius l.c. ...
    Ein mehrers hiervon siehe in Speidels Bibl. Jurid. ... voce Senatus, und andern daselbst angeführten Rechts-Lehrern
  Siehe auch den Artickel: Senatores.  
     

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Stand: 24. August 2016 © Hans-Walter Pries