Titel: |
Capitulatio |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
5 Sp. 670 |
Jahr: |
1733 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 5 S. 350 |
Vorheriger Artikel: |
Capitularium Jus |
Folgender Artikel: |
Capitulation im Kriege |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Capitulatio,
nennet man gemeiniglich die Verfassung einiger
Artickel,
über welche man sich in einer freyen
Handlung vergleichet; in welchem
Verstande
auch bey denen Italiänern das
Wort capitulare und bey denen Frantzosen
capituler
gebraucht wird. |
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In noch weitläufftigern
Verstande aber heisset Capitulatio ein
Zusammenhang
unterschiedener
Capitel. |
- Vossius de
Vitiis Lat. Serm. III.
-
Limnaeus ad Capitul. Prolegom.
Sect. I.
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Insonderheit aber nennen wir eine Capitulation denjenigen Vertrag, vermöge
dessen ein neu
erwählter Römischer
Kayser oder
König vor der
Crönung die von
denen Churfürsten ihm vorgelegten und zur Wohlfarth des
Reichs abzielende Puncte
annimmt, und dieselben zu halten
eidlich verspricht. |
-
Conring Dissert.
de Capitul. Caesar. th. 20.
-
Schweder P. Gen.
Jntrod. ad J. Publ. II. 13.
- Marquard P. Gen. Jntrod.
Jurispr. Rom. Germ. …
-
Rhetius Jnstitut.
J.Publ. …
- Rachelius de Capitul. th. 11.
-
Hagemeier J. Publ. Europ. …
- Strauchius Diss. Exoter. …
-
Schilter Jnst.
J.Publ. …
- Brunnemann. Exam. J.Publ. …
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Die Capitulation wird auch sonst
genennet: |
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Kayserliche Wahl-Capitulation;
- Franckfurtische geschworne Pacta;
- Franckfurtische
Obligation;
- Franckfurtischer
Contract;
- Regenspurgische Obligation;
- Regenspurgischer Contract;
- Regenspurgische Pacta;
- die Capitel, so Kayserl. Majt. in ihrer Wählung zu der Römischen
Königlichen Crone gnädiglich verwilliget hat;
- Kayserliche Artickels-Brieffe;
- Kayserliche
Verpflichtung;
- Kayserliche Obligation;
- Kayserliche Zusagung;
- Kayserlicher Wahl-Brief;
- Kayserliche Wahl-Artickel.
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Wegen des
Ursprungs derer Capitulationen ist ein grosser Streit unter denen
Gelehrten. Es ist bekannt, daß |
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{Sp. 671|S. 351} |
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die
Teutschen niemahls ein despotisches
Regiment verlangt haben, sondern
ihre Regenten unter gewissen Bedingungen erwählt. |
- Tacitus de Mor. German. 7.
11.
- Cesar. de Bello Gall. …
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bey welcher
Freyheit sie sich auch zu Caroli M. Zeiten seiner
Macht
ungeachtet erhalten haben; |
-
Conring de Republ.
VI. 23.
- Boecler. Hist. Sec. …
- Vorburg
Vol. X. Hist. ad an. 188. 806.
- Rumelinus ad
A.B. … Addit.
-
Pfeffinger ad
Vitriar. …
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welches auch unter denen folgenden
Kaysern geschehn, und hat man denenselben
immer mehr und mehr vorgeschrieben, sonderlich zu derer Ottonum und
Henricorum Zeiten, und im Interregno, da die
Geistlichen
gantze
Hertzogthümer und
Grafschafften an sich zogen, und die
Weltlichen Fürsten die
Hertzogthümer,
Marggrafschafften und Grafschafften erblich machten, wie sie denn
an Statt derer Puncte,
GOtt zu
ehren, die Kirche zu beschützen die
Gerechtigkeit
zu Handhaben, die Reichs-Gesetze und
Gewohnheiten zu erhalten,
Wittben und
Waysen zu beschützen, in den
Eid derer Kayser solche
Sachen setzten, welche zu
derer
Reichs-Stände besondern
Nutzen und zur Bekräfftigung derer an sich
gezogenene
Güter gereicheten, biß endlich Carolo V. eine sehr
weitläufftige Capitulation vorgelegt wurde, wozu dieses Kaysers
mächtige ausser
Teutschland gelegene
Lande, wodurch er der
Freyheit derer
Teutschen gefährlich
schien, Anlaß gaben, von welcher Zeit man dieselbe
ordentlich beybehalten, und
sie, nachdem es die
Umstände der Zeit erfordert,
verbessert. Wenn man also von
einer
völligen
geschriebenen Capitulation
redet, so ist Caroli V.
seine allerdings die erste. |
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Daß die Capitulation Lex Regia könne genennt werden, wie |
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- Hortleder l.c.
- Mylerus ad
Rumelin. ad Aur. Bull. III. 17.
- Speidelius voc. Capitulation …
- Carpzouius de
L.Reg. …
- Limnaeus J.Publ. …
- Schützius Exerc. J.Publ. …
- Gerdesius Diss. de
Legibus …
- und andere
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wollen,
zweiffeln die meisten, weil ehemahls das
Volck
durch den legem Regiam dem
Kayser alle seine
Macht und
Gewalt gegeben,
welches aber durch die Capitulation nicht geschicht, indem sie vielmehr
die
Kayserliche Macht einschränckt, und derer
Stände
Jura auf festern Fuß
setzt. |
- Grotius de J.B. et P. …
- Conring ad Lampad. II. 9.
- Rachelius l.c. I 9.
- Werlhoff l.c.
- Lyncker l.c. §. 2.
- Strauchius l.c. …
- Schweder l.c. …
- Limnaeus l.c. …
- Boecler
Instit. Polit. …
- Thomasius ad Monzamb. …
- Berndes l.c. …
-
Horn de capit. Caesar. 2.
- Pfeffinger ad
Vitriar. l.c. …
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Ob gleich die Capitulation einem
Kayser erst nach geschehener
Wahl
vorgelegt wird, so ist es doch keine schlechte sondern bedingte Wahl, und wenn
gleich
gesagt
wird, durch die Wahl werde die
Regierung transferirt, so
muß man hierdurch nicht allein die blosse
Benennung der
Person, sondern den
gantzen Wahl-Actum nebst allen Clau- |
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{Sp. 672} |
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seln, Condtionibus und Ablegung des Eides
verstehn, wenn auch gleich
die Capitulation nicht alsofort nach geschehener Wahl vorgelegt wird.
Also ist bekannt, daß Ferdinandus I. schon
an. 1531 zum
Römischen
Könige erwählet, und die Königliche
Gewalt öffters exercirt, die
Capitulation aber ihm erst an. 1558 vorgeleget und von ihm beschworen
worden. |
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Ob die Chur-Fürsten allein das
Recht haben die Capitulation zu
machen, ist auf denen Reichs-Tagen hefftig gestritten worden. Von Carolo V.
an biß auf Rudolphum II. haben sie dieses Recht ungestört exercirt,
allein zu Rudolphi II. Zeiten hat man dafür gehalten, daß die Churfürsten
in Abhandlung derer Reichs-Geschäffte etwas zu weit giengen und ihre Facultät,
die allein auf die Wahl restringirt wäre, viel zu weit extendiren
wollten. |
Lundorpius
Act. Publ. … |
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Und weil die
Stände sahen, wie viel ihnen dran gelegen wäre, daß sie bey der
Verfertigung der Capitulation mit concurrirten, haben sie an.
1646 zu Münster auf dem
Friedens-Congress dieses Grauamen mit
vorgebracht, worauf auch im
Westphäl. Fried. Schlusse
Art.
VIII. §. Habeantur mit gesetzt worden, daß ins künfftige von allen
Ständen eine
gewisse und perpetuirliche
Wahl-Capitulation
sollte
aufgesetzt werden. |
Theatr. Europ. … |
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Als nun
an. 1654 die
Stände auf dem
Reichs-Tage darauf drungen,
wollten es die Chur-Fürsten als eine Schmählerung ihrer
Jurium annehmen,
und da man
unterdessen zur
Königs-Wahl Ferdinandi IV.
schritte,
wollten die Churfürsten nichts als derer
Fürsten
monita annehmen. Da nun auch bey
Leopoldi Wahl die Abgesandten derer Reichs-Stände sahen, daß die
Churfürsten nicht einmahl alle ihre Monita mit eingerückt hatten, haben
sie einer unumgänglichen
Nothdurfft zu seyn erachtet, dawieder feyerlich zu
protestiren, und gesammter Fürsten und Stände Befugniß auf nächst-künfftigen
prorogirten Reichs-Tag dißfalls ausdrücklich vorzubehalten, und daß sie
die
Kayserliche Capitulation, in so weit dieselbe mit ermeldeten
Monitis nicht übereinstimme, oder dem Innhalt des
Instrumenti Pacis
nicht gemäß ist, pro lege publica nicht gehalten haben wollen. |
- Lundorp l.c. …
- Herden Grund-Feste des H. Röm. Reichs
III.3.
- Müldener Adpend. Capitul. …
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Endlich erklärten sich die
Stände an. 1709 die Capitulationem
perpetuam zu ratihabiren, wenn nur diese Clausel eingerückt würde:
Diesemnach hätte das Chur-Fürstliche Collegium
auf obgesetzte gewisse und beständige Käyserliche Wahl-Capitulation,
welche ohne gesammter Stände Bewilligunng, nicht zu ändern bey allen
künfftigen Wählen, sie geschehen zu Lebzeiten oder nach Absterben des Käysers,
den Eligendum zu verpflichten. |
Pfeffinger l.c. … |
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Es ist ein Streit unter denen Gelehrten, ob der
Kayser durch die
Capitulation per modum pacti oder per modum legis
obligirt werde?
allein so wohl aus denen Capitulationen als der
Natur eines
Gesetzes
sieht man, daß die Capitulation nur vim pacti habe, denn ein
Gesetze muß von einem Höhern gegeben werden, und wen es
verbindlich macht, ist
auf gewisse Masse ein
Unterthan, es muß einer auch wieder seinen
Willen die
Gesetze halten etc. welches alles bey der Capitulation nicht Statt hat. |
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{Sp. 673|S. 352} |
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