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Zedler: Geistliche Chur-Fürsten HIS-Data
5028-10-667-8
Titel: Geistliche Chur-Fürsten
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 10 Sp. 667
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 10 S. 347
Vorheriger Artikel: Geistliche
Folgender Artikel: Geistliche Freyheit
Siehe auch:
  • Ersch/Gruber: Sect. 1 Th. 56 (1853) S. 316: Geistliche Kurfürsten, s. Kurfürsten
  • Wikipedia: fehlt
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Quellenangaben
  Geistliche Chur-Fürsten.  
  Es lassen sich die Publicisten sehr angelegen seyn, die eigentliche Ursache zu  
  {Sp. 668}  
  erforschen, warum die Mixtur oder Conjunction derer Geistlichen und Weltlichen introduciret worden, deren Raisons iedoch mehrentheils auf Conjecturen beruhen. Die sicherste und beste Meynung ist, daß, weil vormahls die Römischen Kayser von geistlichen und weltlichen Ständen zugleich eligiret worden, viele Praelaten in Teutschland, aber nach Erlangung der Landes-Fürstl. Hoheit, mächtig worden, sich dieselbe (als die Wahl-Gerechtigkeit nachgehends auf etliche wenige weltliche Fürsten, und insonderheit auf diejenige, welche die Ertz-Ämter verwalten, kommen,) und zwar unter denen die drey Ertz-Cantzler von der Chur-Gerechtigkeit nicht wollen ausschliessen lassen. Schweder. P. Spec. S. II. c. 3. §. 1.
  Diese Ertz-Cantzler-Dignität hat denen geistlichen Chur-Fürsten allbereit zugestanden, ehe Sie nebst einigen andern weltlichen Fürsten die Wahl-Gerechtigkeit erhalten, und weil aus der Historie bekannt, daß die Teutschen Kayser vormahls drey Königreiche besessen, so sind auch drey Ertz-Cantzler constituiret worden, deren Function vornehmlich darinnen bestanden, daß sie die Clerisey bestellet, die Policey versehen, und die Justitz administriret, wie davon Lehmann Speir. Chron. II. 7. Nachricht giebet.
  Gleichwie aber die Hertzoge und Grafen in denen ersten Zeiten nichts erbliches besassen, so waren auch die drey Ertz-Cantzler-Ämter an keinen gewissen Ort gebunden, und wird davor gehalten, daß Kayser Otto M. der erste gewesen, welcher die Ertz-Cantzley des Röm. Reichs mit dem Ertz-Stifft Mayntz verknüpffet hat. Denen Ertz-Bischöffen von Trier und Cöln ist diese Ertz-Cantzler-Charge in nachfolgenden Zeiten allererst beygeleget worden.  
  Es werden aber die geistlichen Chur-Fürsten gleich denen andern Bischöffen in Teutschland durch die Election und Postulation vom Pabste oder denen Capitular-Herren eines jeden Bißthums juxta Concordata Nationis Germanicae dazu erkohren. Und wenn sie erwählet sind, müssen sie die Confirmation vom Pabste hohlen, und das Pallium nicht mit geringen Unkosten redimiren. Wegen der Ertz-Cantzler-Würde und Electorat aber werden Sie von Kayserl. Majestät investiret. Doch ist remarquable, daß Sie zur Wahl eines Kaysers und andern weltlichen Functionen gelassen werden, ehe sie vom Pabst confirmiret seyn, und das Pallium gelöset haben. Limnaeus Jur. Pr. III. 7. n. 7.
  Ja es lehret auch die Praxis des Churfürstl. Collegii, daß ein geistlicher Churfürst zur Wahl beruffen werde, ehe Er von Kayserl. Majestät Reichs-wegen über die Churfürstl. Lande beliehen worden, wie das Exempel mit Chur-Cöln an. 1689. probiret. Wenn aber diese geistliche Chur-Stelle vacant ist, so kan das Capitel keinesweges dieses Amt eines Churfürsten verwalten. Denn ob wohl das Capitel die Jura territorialia in andern Affairen sonst exerciret; so kan es doch die Person eines Chur-Fürsten bey der Election nicht repraesentiren.  
  In der G. Bulle werden die geistlichen Chur-Fürsten im Lateinischen Venerabiles genennet. In vorigen Zeiten wurden Sie von Kays. Majestät nur Ehrwürdige genennet, wofern Sie nicht zugleich Cardinäle waren, denen das Praedicat Hochwürden beygeleget wurde. Heutiges Tages werden alle geistliche Chur-Fürsten von Ihro Kayserl. Majestät Hochwürdige genennet. Sonst wird denen geistlichen Chur-Fürsten von Kayserl. Majestät das Praedicat Liebe Neefen gegeben, hiermit anzu-  
  {Sp. 669|S. 348}  
  zeigen, daß Kayserl. Majestät diesen Fürsten, ob sie gleich derselben gemeiniglich mit Verwandt- und Bluts-Freundschafft gar nicht zugethan, dennoch als Verwandten mit sonderbahrer Affection zugethan sey: Denn das Wort Neefe bedeutet bey denen Teutschen und Holländern nicht allein der Sohn ihrer Söhne, sondern auch alle Verwandte. Thulemanus de Octouiratu 8. §. 26. seq.
  Von andern wird ihnen der Titul Durchlauchtigkeit nicht beygeleget, sondern werden nur Churfürstl. Gnaden tituliret, wenn sie nehmlich keine gebohrne Fürsten sind.  
  Siehe Churfürsten Tom. V. p. 2301. seq.  
     

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Stand: 2. Februar 2023 © Hans-Walter Pries