HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Teutsche Provintz HIS-Data
5028-42-1917-1
Titel: Teutsche Provintz
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1917
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 972
Vorheriger Artikel: Teutscher Proceß
Folgender Artikel: Ende des 42. Bandes [Teutscher]
Siehe auch:
  • Ersch/Gruber: nicht erschienen; Deutsche Provinz fehlt
  • Wikipedia: fehlt
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Teutsche Provintz, Lat. Teutonica Provincia, läßt sich in mehr als einerley Verstande sagen.  
  Denn einmahl heist eine Teutsche Provintz diejenige, welche von einem Volcke, so die Teutsche Sprache redet, bewohnt wird, so aber mit Teutschland in keiner weitern Verbindung stehet, dergleichen jetzo das Schweitzer-Land und die vereinigten Nieder-Lande sind, so alle beyde zwar von Teutschen Zungen bewohnt werden, mit Teutschland aber weiter keinen Zusammenhang des Rechts und der Herrschafft haben. Eben dahin ist Liefland und dergleichen, zu rechnen, welches auch von einem Teutschen Volcke bewohnt wird, so zwar ehemahls unter des Teutschen Reichs-Gehorsam gestanden, nunmehr aber dem Russischen Scepter unterthänig ist.  
  So denn heist eine Teutsche Provintz ein Land, so nicht allein von einem Teutschen Volcke bewohnt wird, sondern auch unter des Reichs Gehorsam stehet, dergleichen Sachsen, Bayern, Schwaben, und andere seyn.  
  Ferner kan diese Benennung auch gebraucht werden von Landen, welche zwar nicht von Teutschen Zungen bewohnt werden, dennoch aber dem Römisch-Teutschen-Reiche mit Pflicht zugethan sind. Welches letztere wiederum auf zweyerley Art geschehen kan.  
  Einmahl, daß ein solches Volck mit dem Teutschen Reiche in gleicher Verbindung stehet, das ist, zwar kein Stand und Mitglied des Teutschen Reiches, sondern nur demselben unterworffen ist, dergleichen Gestalt es mit den überwundenen Provintzen in Italien hat, welche zwar von Teutschen Zungen nicht bewohnt werden, dennoch aber des Reichs Gehorsam, und zwar nicht als dessen mit regierende Glieder, sondern als Unterthanen, in Acht nehmen müssen, so jedoch die Italienischen Fürsten und Stände nicht  
  {Sp. 1918}  
  Wort haben wollen.  
  Das andere mahl, wenn ein Volck zwar nicht Teutsch redet, dennoch aber unter denen Teutschen das Indigenat oder das Bürger-Recht erlanget, und in einen gleichen Zusammenhange mit andern Teutschen Völckern tritt, dergestalt, daß ein solches Volck an der Mitherrschafft und allen andern denen Teutschen Völckern zustehenden Rechten einen gleichen Antheil hat, und, so zureden, dem Teutschen-Reiche mit gleicher Verwandtschafft einverleibet wird.  
  Ein Exempel hiervon giebt der Hertzog von Savoyen, welcher wegen seines Italienischen Herzogthums in Teutschland das Indigenat erlanget, auf Reichs-Tägen Sitz und Stimme erhalten, und in allen andern Stücken mit denen übrigen Teutschen Ständen von gleicher Art und Beschaffenheit geworden ist. In eben diesem Verstande kan man es auch von der Cron Böhmen sagen.  
  Es ist daher von der verschiedenen Sprache eines Volcks noch kein Schluß auf den Unterschied der Rechte zu machen, und ist gar schlecht geschlossen, die Böhmen reden nicht Teutsch, folglich sind sie nicht Teutschen, sondern Slavischen Rechtens. Eben als wenn man sagen wolte, der Hertzog von Savoyen redet nicht Teutsch, folglich ist er Italienischen, und nicht Teutschen Rechts. Denn es kommt mit dem Zusammenhange des Rechts nicht auf die Sprache an, sondern auf die Verträge, durch welche ein Volck, so nicht Teutsch redet, dennoch ein Teutsch Volck werden, das ist bei denen Teutschen naturalisiret werden kan.  
  Sonst aber haben die alten und eigentlich so genannte Teutsche Provintzen unter denen Teutschen Königen, oder wie sie von andern genennet werden, Römisch-Teutschen Kaysern, eben den Zusammenhang behalten, welchen sie unter den Carolingern gehabt; mithin sind die Teutschen Könige in so weit in die Rechte der Carolinger getreten, welches diejenigen läugnen, so nach Ausgang der Carolinger das Reich gantz und gar aus seinem Zusammenhange werffen, und die Völcker ohne einige dergleichen Zusammenverbindung in die alte Freyheit versetzen wollen; da doch solche wieder erlangte Freyheit nur in Betrachtung des Herrschenden, nicht aber in Absicht des Zusammenhanges, worinne sie mit einander gestanden, zuverstehen ist.  
  Die Sache etwas deutlicher zu machen; so hatten die Teutschen Völcker Carln den Dicken abgesetzt, und Arnulfen zu ihren Regenten erwehlt. Hierdurch war nun zwar das Reich zu einem Wahl-Reiche geworden, weil diejenigen, so ein näher Recht hatten, sich beque-  
  {Sp. 1919|S. 973}  
  men müsten, die Völcker aber waren in ihrem vorigen Zusammenhange unter sich verblieben, und hatten sich dadurch verbindlich gemacht, beysammen zu verbleiben, und sich allemahl einen König zu erwehlen. Dahero auch die Wahl-Könige Conrad und Heinrich diejenigen mit dem Schwerdte herbey brachten, welche sich vom Teutschen Reiche trennen wolten,  
  {Sp. 1920}  
  welches nicht zuverstatten gewest wäre, wenn die erlangte Freyheit nach Abgang der Carolinger alle Zusammenverbindung der Stände unter sich aus einander würffe. Glafeys Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen.
  Besiehe anbey die Artickel  
   
     

HIS-Data 5028-42-1917-1: Zedler: Teutsche Provintz HIS-Data Home
Stand: 26. April 2012 © Hans-Walter Pries