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Zedler: Wahrscheinlich HIS-Data
5028-52-1017-2
Titel: Wahrscheinlich
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 52 Sp. 1017
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 52 S. 522
Vorheriger Artikel: Wahrsagungs-Spiegel
Folgender Artikel: Wahrscheinlichen (Vernunfft-Kunst des)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Wahrscheinlich, Lat. Verosimile, Verisimile, Probabile, ist, wenn wir von einem Satze einigen Grund, jedoch keinen zureichenden haben; Weil es nehmlich den Schein hat, als wenn er mit andern Wahrheiten zusammen hienge. Z.E. man saget, es sey wahrscheinlicher, daß einer mit zwey Würffeln 7. wirfft, als daß er 12. wirfft. Wenn man den Grund davon anzeigen soll, warum es uns wahrscheinlicher ist; so finden wir keinen an-  
  {Sp. 1018}  
  dern als diesen, daß 12. nur auf einerley Art kommen kan, wenn nehmlich bey beyden Würffeln 6. fället; hingegen 7. auf dreyerley Art, wenn nehmlich 1. und 6, 2 und 5, 3 und 4 fället. Hier haben wir einen Grund, alleine er ist nicht zureichend.  
  Besiehe anbey mit mehrern den Artickel Wahrscheinlichkeit.  
  In denen Rechten heisset Wahrscheinlich oder die Wahrscheinlichkeit überhaupt soviel, als der Wahrheit ähnlich, oder gemäß, unter dem Scheine der Wahrheit oder eine grosse und starcke Vermuthung, welche indessen und so lange die Stelle der Wahrheit vertritt, bis man von der letztern selbst auf eine bessere und hinlänglichere Art vergewissert und überzeuget worden. Wie denn daher auch die Last des Beweises nicht demjenigen, welcher irgend eine Wahrscheinlichkeit vor sich hat, sondern dessen Gegentheile, oblieget. Besold Contin.
  Sonst aber hält man auch besonders allemahl dasjenige vor wahrscheinlich, was entweder dem natürlichen, oder dem gemeinen Rechte, oder der gesunden Vernunfft gemäß ist, oder auch am öfftern zu geschehen pflegt. Scaccia de Iudic. …
  Und wird, zumahl in zweifelhafften Fällen, gemeiniglich dem richterlichen Ermessen anheim gestellet, zu beurtheilen, was und in wie fern man solches vor wahrscheinlich zu halten habe, oder nicht. Scaccia l.c. …
  Überhaupt aber wird in allen menschlichen Geschäfften die Wahrscheinlichkeit der Wahrheit gleich, und also auch, je wahrscheinlicher etwas ist, selbiges so wohl, als die sich darauf gründende und der Wahrheit am nächsten kommende Vermuthung, um so viel wahrer geachtet. Mevius P. IV. …
  Weswegen auch von einigen die Wahrscheinlichkeit sogar vor die andere Natur der Sachen und statt eines Gesetzes und der Wahrheit gleich gehalten wird. Harpprecht Vol. III.
  Dergestalt, daß wenn jemand seine Beweisthümer aus dem Grunde der Wahrscheinlichkeit herleitet, derselbigen nicht anders angesehen wird, als ob er ein würckliches Gesetze vor sich angeführet, Harpprecht Vol. I.
  oder sich auf die gesunde Vernunfft und die natürliche Billigkeit bezogen hätte. Finckelthaus Obs. …
  Wie denn unstreitig auch keine Wahrscheinlichkeit stärcker und wichtiger, als die von der letztern Art ist, oder welche von der gesunden Vernunfft und der natürlichen Billigkeit unterstützet wird. Harpprecht Vol. I.
  Sonst aber pflegt man auch die Beschaffenheit und den Grund oder Ungrund einer Wahrscheinlichkeit entweder aus Gegeneinanderhaltung derer Sachen unter sich, oder gegen ihren Werth, desgleichen aus der mehrern oder wenigern Übereinstimmung derer darzu dienlichen Briefschafften und Urkunden, ferner aus dem Stande und Würden derer Personen, oder aus der Gewohnheit des redenden, und andern gleichmäßigen Umständen, zu beurtheilen. Dynus Muxellanus in Reg. 45. …
  Weswegen auch einer Privat-Schrifft, oder dergleichen Büchern wenn sie würcklich wahrscheinliche Dinge enthalten, völliger Glaube  
  {Sp. 1019|S. 523}  
  beyzulegen, zumahl da sie noch eydlich bestärcket worden. Scaccia de Jud. …
  Wie hingegen Zeugen, welche nichts wahrscheinliches aussagen, nicht zu glauben. Scaccia l.c.
  Wie denn überhaupt alles dasjenige, was von der Wahrscheinlichkeit abweichet, vor falsch und unglaublich zu achten, mithin schlechterdings zu verwerffen, oder so lange an seinen Ort zustellen ist, bis man irgend durch andere dienliche Mittel und Wege ein besseres oder näheres Licht in der Sache erhalten kan.
  • Scaccia d.c. 11. …
  • Harpprecht Vol. I. Consil. Tub.
  • Lincker Dec. Ien.
  • Hahn ad § De indaganda.
  • Instr. Pacis
  • Speidel in Bibl. Iur. Vol. II. v. Verisimilitudo.
  Übrigens besiehe hierbey den Artickel: Vermuthung, im XLVII Bande, p. 1335 u.ff.  
     

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Stand: 28. Oktober 2011 © Hans-Walter Pries