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Zedler: Abt HIS-Data
5028-1-207-1
Titel: Abt
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 1 Sp. 207
Jahr: 1732
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 1 S. 144
Vorheriger Artikel: Absyrtus
Folgender Artikel: Abtackeln
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Anmerkungen
  Abt, von dessen Ursprunge siehe oben Ab; von der Sache selbst ist zwar schon oben v. Abbas schon was gesaget worden, doch ist ausser diesem hier noch folgendes ausführlicher zu gedencken.  
  Heutiges Tages werden diejenigen mit solchem Titel beleget, welche über ein zu einer Prälatur erhobenes Closter, und die darinnen befindliche Mönche gesetzet sind. Es hat diese Würde mit denen Mönchen gleiches Alterthum, indem nicht wohl zu leugnen, daß jede Brüderschafft iemanden aus ihrem Mittel zu ihrem Aufseher werde gehabt haben, dem sie keine grössere Ehre als durch den Titel eines Vaters oder Abts erweisen können.  
  Ob nun aber gleich die Mönche denen Bischöffen unterworffen waren, und keine Sacra vor sich selber üben konten, sondern allemal in das nächste Kirchspiel gehöreten, so stunden doch auch die Äbte unter der geistlichen Gewalt derer Bischöfe, worunter sie bis ietzo noch ordentlicher Weise zu stehen pflegen, im Fall sie nicht von denen Bißthümern durch ein besonderes privilegium[1] ausgezogen, und dem Römischen Stuhl unmittelbar untergeben seyn, davon der Abt zu Kempten und zu Cluni nebst vielen andern an statt eines Exempel dienen. [1] HIS-Data: korrigiert aus: prilegium
  Anfänglich beruhete die Erneuerung der Äbte auf die Wahl derer Mönche, nachgehends aber haben meistentheils die Landes-Herren das Recht, solche zu denominiren, und zur Ausfertigung der diesfalls darzu nöthigen Bulle in dem Päbstl. Consistorio vortragen zu lassen, an sich gezogen; wiewohl in denen unmittelbaren Reichs-Abteyen noch zu unsrer Zeit die freye Wahl geblieben ist.  
  Die Einweihungs-Ceremonie wird Benedictio genennet. Jedweder Abt ist schuldig, den gewöhnlichen Habit seines Ordens zu tragen, ausser die infulati oder mitrati, die nur dem Namen nach von denen Bischöffen unterschieden, und des bischöfflichen Ornats sich völlig zu bedienen berechtiget sind.  
  Die Gewalt derer Äbte über ihre Mönche ist nicht einerley, denn an einigen Orten können sie ihnen die Tonsur geben, an andern aber die so genannten Geistl. geringern Orden conferiren.  
  Die unmittelbahren oder regulairen Äbte in Teutschland besitzen nicht nur in- sondern auch ausserhalb ihres Klosters, so weit sich dessen Territorium erstrecket, in Geist- und weltl. Dingen die hohe Landes Obrigkeitliche Gewalt; denen aber die Abbates commendatorii entgegen gesetzet werden, als welche, ohngeachtet sie keinem Geistl. Orden zugethan, auch insgemein weiter nicht, als durch die blosse Tonsur dem Geistl. Stand gewiedmet sind, nichts  
  {Sp. 208}  
  desto weniger vom Pabst die Fruchtniessung einer Abtey nebst der dazu gehörigen geistl. Gewalt auf ihre Lebens-Zeit zu geniessen haben.  
  Ordentlich wird solchen Abten in denen Päbstl. Bullen auferlegt, daß sie sich nach Erreichung ihres 25sten Jahres zu Priestern weyhen lassen, damit sie nachgehends auch die Geistl. Gewalt exerciren mögen. Weilen aber solche Priesterweyhe gemeiniglich unterbleibet, so führet der Prior des Closters die Geistl. Gewalt über die Mönche, welche er auch sodann behält, wenn der Abbas commendatarius, ob er sich schon zum Priester weihen lassen, ihrem Orden nicht zugethan ist; doch praetendiren die Cardinäle, wenn sie auf solche Art Abteyen besitzen, gleich denen regulairen Abten, alle Gewalt, die ihnen aber, wenn die Päpstl. Bullen nicht ausdrücklich darauf eingerichtet, nicht eingeräumet wird.  
  Zu Carl des Grossen und dessen nächsten Nachfolgern Zeiten wurde auch denen Kriegs-Officierern und andern weltlichen Herren die Aussicht und Beschützung derer Abteyen samt der Gerichtsbarkeit im Lande aufgetragen, weswegen man sie Abba-Comites zu nennen pflegte, weilen sie beyderley Chargen zugleich besassen. Wie der Autor vitae Ludovici Pii bezeuget, so hat der Kayser Carl der Grosse durch gantz Aquitanien Grafen und Äbte zu Beschützern solches Reiches eingesetzet, und ein gleiches ist auch von Ludovico Pio aus des Aimoini Gestis Francorum … gantz deutlich abzunehmen.  
  Es haben sich aber hierwider die Geistlichen, als deren Interesse solches gar sehr zuwider war, mit aller Macht gesetzet, und schon vorhero den Carolum Martellum, welcher nach des du Fresne Meynung die geistl. Clöster und Abteyen am ersten an Weltliche gegeben haben soll, in Grund der Höllen verdammt. Einen Brief hiervon, und wie der Ertz-Bischoff Hincmar dieserwegen mit Graf Balduinen von Flandern scharff wortwechselt, führet Flodoardus Hist. Remens. … an. Dem ohngeachtet haben sie nicht verhindern können, daß nicht die Hertzoge und Grafen in Franckreich einige Abteyen an sich gezogen, und solche gar auf ihre Erben transferiret, sonderlich zu der Zeit, da das Ansehen derer Könige so weit gefallen war, daß sie alles eingehen musten, was ihnen die Vornehmsten des Reichs immer vorschreiben mochten. Wann also die Hertzoge von Aquitanien sich Abbates S. Hilarii Pictaviensis und die Grafen von Anjou sich Äbte von S. Albini und S. Titinii geschrieben, so ist aus obigem unschwer abzunehmen, wie es verstanden werden müsse.  
  Mit denen Äbten in Teutschland hingegen siehet es weit besser aus, immassen unter selbigen 10 gezehlet werden, welche Fürstenmäßig sind, und auf Reichs-Tägen ein besonderes votum in dem Fürsten-Rathe haben, als nemlich:  
 
  • 1) der Abt zu Fulda;
  • 2) der Abt zu Kempten;
  • 3) der Probst zu Elwangen;
  • 4) der Abt von Murbach;
  • 5) der Abt von Lüders;
  • 6) der Propst von Berchtolsgaden;
  • 7) der Probst von Weissenburg;
  • 8) der Abt von Prüm;
  • 9) der Abt von Stablo;
  • 10) und der Abt von Corvey.
 
  Was von einem iedweden insonderheit zu mercken, ist in denen davon handelnden Artickeln nachzuschlagen; überhaupt aber ist alhier so viel zu gedencken:  
   
  {Sp. 209|S. 145}  
 
  •     gleich nach denen Bischöfen ihren Sitz haben, und jedweder von ihnen ein absonderliches Votum abzulegen befugt,
  • 5) daß sie, ausser Berchtolsgaden, so der Regul S. Augustini folgt, insgesammt Benedictiner-Ordens,
  • 6) daß die Succeßion derer Äbte und Pröbste von einer ordentlichen und freyen Wahl derer Coenobiten und Canonicorum dependire; jedoch sind Murbach und Lüders schon vor langer Zeit mit einander verknüpft, und alle mal nur einem Administratori unterworffen, Weissenburg aber ist dem Ertz-Stift Trier, gleichwie hingegen Prüm dem Stift Speyer einverleibet worden,
  • 7) daß diese gefürstete Äbte in geistlichen Sachen eine Bischöfliche Gewalt, in weltlichen aber an allen denenjenigen hohen Vorrechten mit Theil haben, welche denen teutschen Reichs-Ständen theils in Ansehung des Kaysers und derer übrigen Mit-Stände, theils in Ansehung ihrer Unterthanen, theils auch in Ansehung auswärtiger Potentzen zukommen.
  •     Sie haben im übrigen solche ihre weltliche Hoheit durch eben diejenige Staffeln erlanget, wodurch die übrigen teutschen Reichs-Stände die Landes-Fürstl. Oberbothmäßigkeit erworben, worinnen sie der Westphälische Friedens-Schluß vollends confirmiret hat.
 
  Sonsten war bey denen Genuesern ehedessen ein vornehmer weltlicher magistrat, welchen man einen Abt des volcks betitelte. Heut zu Tage nennet man die Vorsteher von denen Kauffmanns- und Handwercks-Zünfften oder Innungen zu Mayland ebener massen Äbte; in Franckreich aber legen die Barbier-Gesellen diesem Titel Abt demjenigen unter sich bey, welchen sie auf eine Zeit lang gleichsam zu ihrem Oberhaupt annehmen. In Ungarn führet der Abt von St. Martini den Titul eines Ertz-Abts, und den Abt von Oluni hat man ehedessen einen Abbatem Abbatum oder einen Abt derer Äbte, imgleichen auch den Abt von Monte Cassino also zu nennen pflegen.  
  Es giebet in denen Ländern einiger protestirenden Fürsten in Teutschland gewisse Clöster, welche diesen Namen unter der Direction so genannter Äbte auch nach der Religions-Änderung behalten haben, und meistentheils zu Seminariis für Studiosos Theologiae gemachet worden, dergleichen nemlich  
 
  • das Kloster Bergen bey Magdeburg,
  • das Kloster Riddagshausen bey Wolffenbüttel,
  • das Kloster Marienthal bey Helmstädt,
  • einige Würtembergische
  • und andere mehr sind.
  • Becmann. Synt. Dignit. …
  • Spelmann. Glossar.
  • Cujac. …
  • Dictionaire de Trevoux,
  • Menage,
  • Fauchet,
  • Auctor vitae Ludovici Pii …
  • Pfeffinger. ad Vitriar. …
  • Baronius ad ann. 778.
  • du Fresne glossar. voc. Abbas.
   

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Stand: 10. Oktober 2017 © Hans-Walter Pries