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Quellenangaben |
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Wort, (Kunst-), |
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- Kunst-Wörter,
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Lat.
- Termini technici,
- Termini Artis,
- Termini artificiales,
- Vocabula technica,
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sind solche
Wörter, welche nur bey dieser oder jener
Wissenschafft, oder auch bey dieser oder jener
Profeßion und
Handwercke,
gebräuchlich
sind. |
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Diesen Kunst-Wörtern wer- |
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{Sp. 364} |
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den die gemeinen Wörter, Termini
vulgares, entgegen gesetzt,
von welchen der
Artickel:
Wort, (gemeines) nachzusehen ist. |
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Es giebt in jeder Wissenschafft, Profeßion,
oder Handwerck, besondere Kunst-Wörter. Also
haben die Gottesgelehrten, die Rechtsgelehrten,
die Artzeneyverständigen, die
Weltweisen ihre
Kunst-Wörter.¶ |
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(1) Theologische Kunst-Wörter,
Termini
Theologici,¶ |
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sind die
Nahmen, welche die
Gottesgelehrten,
gewisse
Dinge zu
unterscheiden,
eingeführet haben. |
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Wider den
Gebrauch
dieser Theologischen Kunst-Wörter haben die Remonstranten gestritten, und
gemeynt, man dürffe sich derselben nicht
bedienen, sondern man
müsse vielmehr bey
solchen Wörtern bleiben, die in der
Schrifft fürkämen. Besonders haben sie zu behaupten
gesucht, es sey
ungereimt, andere, die sich ein
Bedencken machten, selbige zu gebrauchen,
darzu anhalten. Solche Termini betraffen
sonderlich den Artickel von der Dreyeinigkeit, und
von Christo, dahero man leicht sehen kan, was
diese vor eine Absicht dabey haben, wenn sie
mit denselben nicht zufrieden sind. |
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Denn es ist ihnen nicht sowohl um diese
Kunst-Wörter, als vielmehr um die
Sache, die
dadurch ausgedruckt wird, zu
thun, und sie
suchen unter dieser verlangten
Freyheit, die
Wahrheiten, die man damit
vorträgt,
niederzuschlagen, und andere zu überreden, als
ob es nicht
nöthig sey, viel davon zu
disputiren.
Dahin gehört
vornehmlich,
was unter ihren
Lehrern
Curcelläus in quatern.
dissertat.
theolog. ... und Limborch in theol. Christ. ... darvon angemercket haben. |
Walchs Religions-Streitigkeiten
ausser der Lutherischen Kirche, III Th. ... |
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Als diese, von die Sabellianer und Noetus,
von dem Sabellius seine
Principia
gefasset haben soll, die Kirche beunruhigten,
führte man neue
Wörter ein, da man zuvor
schlecht und einfältig nach dem Fürbilde der
Schrifft von
GOtt und seinem
Wesen gelehret
hatte. Bey Gelegenheit dieser Streitigkeiten
entstund der Terminus hypostasis, oder Selbstständigkeit,
Person, und dergleichen, womit man den
Sabellianern
begegnen
wolte, gleichwie man das Wort ousia wider
die Arrianer aufbrachte. |
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Doch gaben eben diese Wörter vielmahls
Gelegenheit zu noch grössern Unruhen und
Streitigkeiten, besonders auch im XVI
Jahrhunderte, da man dieselben aus der
Philosophie immer anders
erklärte, so, daß sehr
selten zwey einerley
Begriff mit dem Worte
verbanden. Daher kam es, daß viele dieselben in
der Theologie schlechterdings verwarfen. Ja
D.
Jacob Andreä ließ sich von seinem Eyfer so
weit bringen, daß er in einer
Disputation, im
Jahr
1577, die Wörter: Abstractum und Concretum, des Teufels
Erfindungen
nennete, und ein andermahl
das Concretum hönischer Weise mit
einer Bratwurst, das Abstractum aber mit der Haut
vergliche, wenn sie von jener abgezogen
worden. |
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Solchergestalt machten viele
Theologen ihre
Sachen selbst lächerlich, und
erkläreten entweder gar nicht, was sie mit ihren
Wörtern haben wolten, oder erkläreten sie jeder
nach seinem Gefallen, oder verwarffen sie
gantz
und gar, und suchten jene lächerlich zu machen,
die sie annahmen. |
- Apologia der Anhalt.
Theologen Bekänntniß wider
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{Sp. 365|S. 196} |
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die Praef.
des Concil. Buchs ... |
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- Arnolds Kirchen- und Ketzer-Historie, II Theil
...
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Endlich haben sich auch Gottesgelehrten
gefunden, welche auch den Aposteln gewisse
Kunst-Wörter beygelegt haben, deren sie sich
im Neuen Testamente bedient hätten. Dergleichen
sind das Wort logos, pneuma, welche schon vor der Apostel
Zeit
gebräuchlich gewesen, davon das erstere Kunst-Wort nicht von dem Platonickern, wie man
insgemein davor hält, sondern aus dem Alten
Testamente genommen seyn soll. |
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Einige haben die Apostel nur im Gebrauch
gehabt, als apokalypsis, skandalon, u.s.w. wie sie denn auch alten
Griechischen
Wörtern neue
Bedeutungen gegeben haben
sollen. Ob aber gleich etliche Kunst-Wörter schon
vor der Apostel Zeiten
gebräuchlich gewesen, so
würde es doch nicht wohl
gethan seyn, wenn man
dieselben aus der Griechischen Philosophie
erklären
wolte, weil unter andern die Moralischen
Wörter, einen viel bessern
Verstand durch den
Gebrauch der
Christen bekommen haben. |
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Sonst hat es ebenfalls in der Theologie nicht
an Feinden der Kunst-Wörter, wie in der
Philosophie gefehlet. Herr D. Pfaff in Tübingen, ein
grosser Feind derselben, hat 1720 in einer
Dissertation
de vitiis eorum, qui, sacris operantur, ausdrücklich behauptet: man solle im
Vortrage der Theologie keine
scholastische oder
metaphysische Wörter gebrauchen, welches aber
D. Wernsdorf ehemahls
gründlich widerlegt und
gezeigt hat, welche Vorgänger D. Pfaff in dieser
Meynung gehabt habe. |
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Der
Bischoff Codberg hat ebenfalls darthun wollen, es
liege nichts daran, ob man die eingeführten
Wörter beybehielte, oder nicht; Herr D. Weidner aber
hat sehr wohl
erinnert, man solle dieselben in
Glaubens-Sachen weder in einem allzuengen,
noch allzu weitläufftigen Verstande nehmen.¶ |
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(2) Juristische Kunst-Wörter,
Termini juridici.¶ |
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Die Rechtsgelehrten halten sehr über ihre aus
der
Lateinischen Sprache angenommene Kunst-Wörter. Also
sagen sie noch jetzo lieber
Testament als
letzter Wille; lieber
Curator als Gerhabe;
lieber
Servitut aufm
Hause, als
Beschwerung; lieber
Hypotheck, als Pfand-Recht.¶ |
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(3) Medizinische Kunst-Wörter,
Termini Medici,¶ |
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sind die
Nahmen, welche die Artzney-Verständigen den
Dingen, mit denen sie
besonders zu
thun haben, gegeben haben. |
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Es giebet in dieser Wissenschafft eben so
wohl als in andern, solche
Sachen, worauf andere
keine Betrachtung wenden, und dahero kömmt
es, daß viele Nahmen fehlen, welche die Medici
haben erfinden
müssen. Ob es aber jetzo rathsam
sey, in einer
Wissenschafft noch mehr neue und
überflüßige Kunst-Wörter hinzu zu setzen, welcher
ohnedem
reich genug an denselben ist, dieses
haben viele Artzney-Verständige in
Zweiffel
gezogen. Deswegen haben sie den Johann Doläus Hessen-Cassel.
Rath und Leib-Medicum,
übel
angesehen, daß er neue Kunst-Wörter in der
Medicin habe einführen
wollen; wider welche er
sich aber in der
Vorrede seiner
Wercken, welche
1703 sind wieder aufgelegt worden, vertheidiget
hat.¶ |
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{Sp. 366} |
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4) Philosophische Kunst-Wörter,
Termini
philosophici,¶ |
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sind solche
Wörter, welche allein in denen
Philosophischen
Wissenschafften
vorkommen. |
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Man kan demnach auch die Philosophischen
Kunst-Wörter
erklären, daß sie seynd
Nahmen der
Dinge, welche von den
Philosophen sind
unterschieden worden, deren
Unterschied man
sonst gemeiniglich nicht bemerckt. Diejenigen
Dinge, deren Unterschied man nicht
erkennet,
haben keine besondern Nahmen: denn die
Arten
und
Geschlechter der Dinge bleiben so lange
verborgen, so lange wir sie nicht unterscheiden
können. |
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Indem ihnen nun der Philosoph Nahmen
beylegt, so braucht er in der Philosophie Kunst-
Wörter, das ist, solche Wörter, die ausser
derselben nicht
gebraucht werden. Folglich hat
die Philosophie ihre
eigene Wörter, so wohl als die
Mathematick, die Gottesgelahrheit, die
Rechtsgelehrsamkeit, die Artzney-Wissenschafft,
und überhaupt eine jede
Kunst und
Wissenschafft.
Indessen fehlet es an solchen Leuten heut zu
Tage nicht, welche so wohl die Kunst-Wörter in
der Philosophie, als die in der Gottesgelahrheit,
obschon ohne zureichenden Grund,
verwerffen.¶ |
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5) Politische Kunst-Wörter,
Termini
politici.¶ |
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Man findet auch
politische Kunst-Wörter,
welches diejenigen Kunst-Wörter sind, die in der
Politick oder in der Lehre, die da zeigt, wie man
einen
Staat
klug
regieren
soll, vorkommen.¶ |
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Überhaupt ist noch zu mercken, daß bey
Übersetzung dergleichen Wayd-Sprüche, wie einige
die Kunst-Wörter aus Verachtung
nennen, auch
der beste Übersetzer öffters
unglücklich ist, und
entweder kein Wort findet, oder auf langweilige
Umschweife und Beschreibungen fällt, die man
nicht ohne Verdruß lesen und doch kaum
verstehen kan. Eben wie die Römer anfangs keine
Lateinische Philosophie gehabt, weil solche von
den Griechen erfunden und
Griechisch abgefasset
gewesen; die Griechische Kunst-Wörter aber sich
nicht
Lateinisch machen lassen: bis man neue
Wörter: ens,
essentia u.s.w. erfunden. |
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Siehe von den Kunst-Wörtern auch den
Artickel:
Wort, in dem I Haupt-Abschnitte, der
Abtheilung (a) Nummer 2, und der Abtheilung (b)
Nummer 1; wie auch
Wort-Erklärung. |
-
Unschuldige Nachrichten des Jahrs 1716 ....
- Tobias Eckardt in technica sacra ...
- Ludwigs Gelehrte
Anzeigen ...
- Stollens Historie der Medicinischen
Gelahrheit ...
-
Wolffs Philosophia Rationalis ...
- Weisens Politische
Fragen ...
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