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Zedler: Wort, (Kunst-) HIS-Data
5028-59-363-10
Titel: Wort, (Kunst-)
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 59 Sp. 363
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 59 S. 195
Vorheriger Artikel: Wort, (klares und deutliches)
Folgender Artikel: Wort, (kurtzes)
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text Quellenangaben
  Wort, (Kunst-),  
 
  • Kunst-Wörter,
  • Lat.
    • Termini technici,
    • Termini Artis,
    • Termini artificiales,
    • Vocabula technica,
 
  sind solche Wörter, welche nur bey dieser oder jener Wissenschafft, oder auch bey dieser oder jener Profeßion und Handwercke, gebräuchlich sind.  
  Diesen Kunst-Wörtern wer-  
  {Sp. 364}  
  den die gemeinen Wörter, Termini vulgares, entgegen gesetzt, von welchen der Artickel: Wort, (gemeines) nachzusehen ist.  
  Es giebt in jeder Wissenschafft, Profeßion, oder Handwerck, besondere Kunst-Wörter. Also haben die Gottesgelehrten, die Rechtsgelehrten, die Artzeneyverständigen, die Weltweisen ihre Kunst-Wörter.  
  (1) Theologische Kunst-Wörter, Termini Theologici,  
  sind die Nahmen, welche die Gottesgelehrten, gewisse Dinge zu unterscheiden, eingeführet haben.  
  Wider den Gebrauch dieser Theologischen Kunst-Wörter haben die Remonstranten gestritten, und gemeynt, man dürffe sich derselben nicht bedienen, sondern man müsse vielmehr bey solchen Wörtern bleiben, die in der Schrifft fürkämen. Besonders haben sie zu behaupten gesucht, es sey ungereimt, andere, die sich ein Bedencken machten, selbige zu gebrauchen, darzu anhalten. Solche Termini betraffen sonderlich den Artickel von der Dreyeinigkeit, und von Christo, dahero man leicht sehen kan, was diese vor eine Absicht dabey haben, wenn sie mit denselben nicht zufrieden sind.  
  Denn es ist ihnen nicht sowohl um diese Kunst-Wörter, als vielmehr um die Sache, die dadurch ausgedruckt wird, zu thun, und sie suchen unter dieser verlangten Freyheit, die Wahrheiten, die man damit vorträgt, niederzuschlagen, und andere zu überreden, als ob es nicht nöthig sey, viel davon zu disputiren. Dahin gehört vornehmlich, was unter ihren Lehrern Curcelläus in quatern. dissertat. theolog. ... und Limborch in theol. Christ. ... darvon angemercket haben. Walchs Religions-Streitigkeiten ausser der Lutherischen Kirche, III Th. ...  
  Als diese, von die Sabellianer und Noetus, von dem Sabellius seine Principia gefasset haben soll, die Kirche beunruhigten, führte man neue Wörter ein, da man zuvor schlecht und einfältig nach dem Fürbilde der Schrifft von GOtt und seinem Wesen gelehret hatte. Bey Gelegenheit dieser Streitigkeiten entstund der Terminus hypostasis, oder Selbstständigkeit, Person, und dergleichen, womit man den Sabellianern begegnen wolte, gleichwie man das Wort ousia wider die Arrianer aufbrachte.  
  Doch gaben eben diese Wörter vielmahls Gelegenheit zu noch grössern Unruhen und Streitigkeiten, besonders auch im XVI Jahrhunderte, da man dieselben aus der Philosophie immer anders erklärte, so, daß sehr selten zwey einerley Begriff mit dem Worte verbanden. Daher kam es, daß viele dieselben in der Theologie schlechterdings verwarfen. Ja D. Jacob Andreä ließ sich von seinem Eyfer so weit bringen, daß er in einer Disputation, im Jahr 1577, die Wörter: Abstractum und Concretum, des Teufels Erfindungen nennete, und ein andermahl das Concretum hönischer Weise mit einer Bratwurst, das Abstractum aber mit der Haut vergliche, wenn sie von jener abgezogen worden.  
  Solchergestalt machten viele Theologen ihre Sachen selbst lächerlich, und erkläreten entweder gar nicht, was sie mit ihren Wörtern haben wolten, oder erkläreten sie jeder nach seinem Gefallen, oder verwarffen sie gantz und gar, und suchten jene lächerlich zu machen, die sie annahmen.
  • Apologia der Anhalt. Theologen Bekänntniß wider
  {Sp. 365|S. 196}  
   
  die Praef. des Concil. Buchs ...
   
  • Arnolds Kirchen- und Ketzer-Historie, II Theil ...
  Endlich haben sich auch Gottesgelehrten gefunden, welche auch den Aposteln gewisse Kunst-Wörter beygelegt haben, deren sie sich im Neuen Testamente bedient hätten. Dergleichen sind das Wort logos, pneuma, welche schon vor der Apostel Zeit gebräuchlich gewesen, davon das erstere Kunst-Wort nicht von dem Platonickern, wie man insgemein davor hält, sondern aus dem Alten Testamente genommen seyn soll.  
  Einige haben die Apostel nur im Gebrauch gehabt, als apokalypsis, skandalon, u.s.w. wie sie denn auch alten Griechischen Wörtern neue Bedeutungen gegeben haben sollen. Ob aber gleich etliche Kunst-Wörter schon vor der Apostel Zeiten gebräuchlich gewesen, so würde es doch nicht wohl gethan seyn, wenn man dieselben aus der Griechischen Philosophie erklären wolte, weil unter andern die Moralischen Wörter, einen viel bessern Verstand durch den Gebrauch der Christen bekommen haben.  
  Sonst hat es ebenfalls in der Theologie nicht an Feinden der Kunst-Wörter, wie in der Philosophie gefehlet. Herr D. Pfaff in Tübingen, ein grosser Feind derselben, hat 1720 in einer Dissertation de vitiis eorum, qui, sacris operantur, ausdrücklich behauptet: man solle im Vortrage der Theologie keine scholastische oder metaphysische Wörter gebrauchen, welches aber D. Wernsdorf ehemahls gründlich widerlegt und gezeigt hat, welche Vorgänger D. Pfaff in dieser Meynung gehabt habe.  
  Der Bischoff Codberg hat ebenfalls darthun wollen, es liege nichts daran, ob man die eingeführten Wörter beybehielte, oder nicht; Herr D. Weidner aber hat sehr wohl erinnert, man solle dieselben in Glaubens-Sachen weder in einem allzuengen, noch allzu weitläufftigen Verstande nehmen.  
     
  (2) Juristische Kunst-Wörter, Termini juridici.  
  Die Rechtsgelehrten halten sehr über ihre aus der Lateinischen Sprache angenommene Kunst-Wörter. Also sagen sie noch jetzo lieber Testament als letzter Wille; lieber Curator als Gerhabe; lieber Servitut aufm Hause, als Beschwerung; lieber Hypotheck, als Pfand-Recht.  
     
  (3) Medizinische Kunst-Wörter, Termini Medici,  
  sind die Nahmen, welche die Artzney-Verständigen den Dingen, mit denen sie besonders zu thun haben, gegeben haben.  
  Es giebet in dieser Wissenschafft eben so wohl als in andern, solche Sachen, worauf andere keine Betrachtung wenden, und dahero kömmt es, daß viele Nahmen fehlen, welche die Medici haben erfinden müssen. Ob es aber jetzo rathsam sey, in einer Wissenschafft noch mehr neue und überflüßige Kunst-Wörter hinzu zu setzen, welcher ohnedem reich genug an denselben ist, dieses haben viele Artzney-Verständige in Zweiffel gezogen. Deswegen haben sie den Johann Doläus Hessen-Cassel. Rath und Leib-Medicum, übel angesehen, daß er neue Kunst-Wörter in der Medicin habe einführen wollen; wider welche er sich aber in der Vorrede seiner Wercken, welche 1703 sind wieder aufgelegt worden, vertheidiget hat.  
  {Sp. 366}  
  4) Philosophische Kunst-Wörter, Termini philosophici,  
  sind solche Wörter, welche allein in denen Philosophischen Wissenschafften vorkommen.  
  Man kan demnach auch die Philosophischen Kunst-Wörter erklären, daß sie seynd Nahmen der Dinge, welche von den Philosophen sind unterschieden worden, deren Unterschied man sonst gemeiniglich nicht bemerckt. Diejenigen Dinge, deren Unterschied man nicht erkennet, haben keine besondern Nahmen: denn die Arten und Geschlechter der Dinge bleiben so lange verborgen, so lange wir sie nicht unterscheiden können.  
  Indem ihnen nun der Philosoph Nahmen beylegt, so braucht er in der Philosophie Kunst- Wörter, das ist, solche Wörter, die ausser derselben nicht gebraucht werden. Folglich hat die Philosophie ihre eigene Wörter, so wohl als die Mathematick, die Gottesgelahrheit, die Rechtsgelehrsamkeit, die Artzney-Wissenschafft, und überhaupt eine jede Kunst und Wissenschafft. Indessen fehlet es an solchen Leuten heut zu Tage nicht, welche so wohl die Kunst-Wörter in der Philosophie, als die in der Gottesgelahrheit, obschon ohne zureichenden Grund, verwerffen.  
     
  5) Politische Kunst-Wörter, Termini politici  
  Man findet auch politische Kunst-Wörter, welches diejenigen Kunst-Wörter sind, die in der Politick oder in der Lehre, die da zeigt, wie man einen Staat klug regieren soll, vorkommen.  
  Überhaupt ist noch zu mercken, daß bey Übersetzung dergleichen Wayd-Sprüche, wie einige die Kunst-Wörter aus Verachtung nennen, auch der beste Übersetzer öffters unglücklich ist, und entweder kein Wort findet, oder auf langweilige Umschweife und Beschreibungen fällt, die man nicht ohne Verdruß lesen und doch kaum verstehen kan. Eben wie die Römer anfangs keine Lateinische Philosophie gehabt, weil solche von den Griechen erfunden und Griechisch abgefasset gewesen; die Griechische Kunst-Wörter aber sich nicht Lateinisch machen lassen: bis man neue Wörter: ens, essentia u.s.w. erfunden.  
  Siehe von den Kunst-Wörtern auch den Artickel: Wort, in dem I Haupt-Abschnitte, der Abtheilung (a) Nummer 2, und der Abtheilung (b) Nummer 1; wie auch Wort-Erklärung.
  • Unschuldige Nachrichten des Jahrs 1716 ....
  • Tobias Eckardt in technica sacra ...
  • Ludwigs Gelehrte Anzeigen ...
  • Stollens Historie der Medicinischen Gelahrheit ...
  • Wolffs Philosophia Rationalis ...
  • Weisens Politische Fragen ...
     

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Stand: 8. April 2013 © Hans-Walter Pries