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Zedler: Vorrede, Vorbericht HIS-Data
5028-50-1073-12
Titel: Vorrede, Vorbericht
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 50 Sp. 1073
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 50 S. 552
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Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Vorrede, Vorbericht, Lat. Praefatio, Prooemium, Praeloquium, ist diejenige schrifftliche Nachricht, welche die Schrifft-Steller ihren verfertigten Wercken aus unterschiedener Absicht vorzusetzen pflegen.  
  Man beschreibt sie auch, daß sie eine Schrifft sey, so einem Buche vorgesetzet wird, und  
   
  Es ist eine Vorrede bey einem Buche eine nützliche Sache, und die Gelehrten urtheilen nicht übel, welche sagen, wenn man ein Buch lesen wolle; so müsse man vor allen Dingen die Vorrede und das Register desselben ansehen. Denn obgleich eine Vorrede nicht zu dem Wesen eines Buches gehöret, und man vor vielen derer ältesten Bücher dergleichen gar nicht findet; so hat doch der Vortheil, bey einem Buche die Absicht und andere Umstände zu wissen, gar bald gelehret, daß einige Nachricht voranzusetzen nöthig sey.  
  {Sp. 1074}  
  Wenn Vorreden an eintzelne Personen oder gantze Gesellschafften gerichtet werden, so heissen sie eigentlich Dedicationes oder Zuschrifften. Von diesen hat der berühmte Walch in der Commentatione de Dedicationibus librorum veterum Latinorum, so er den Epistolis selectioribus Cellarii vorgesetzt, gelehrt gehandelt.
  Es wird davon unter dem Titul Zuschrifft weitläufftig gehandelt.  
  Es wäre zu wünschen, daß alle Vorreden ein Perspectiv wären, dadurch man den gantzen Plan und den Werth eines Buches völlig übersehen und erkennen könnte. Denn die Gelehrten wissen gar wohl, daß viele junge Leute darum nicht zu einer gründlichen Gelehrsamkeit gelangen; weil sie nicht über die rechten Bücher gerathen sind.  
  Die Vorreden, so die Verfasser der Bücher schreiben, solten die besten seyn, weil sie vornehmlich wissen können, was sie vorgetragen haben; allein Bescheidenheit, oder auch auf der andern Seite Eigen-Liebe und andere Gemüths-Neigungen machen, daß dergleichen Vorreden uns nicht allezeit den richtigsten Begriff von ihrer Arbeit machen. Gelehrte und aufrichtige Männer können von einer Schrifft eines andern, bey dem sie weder Gunst noch Verdruß erwarten dürffen, wenn sie dieselbe bedächtig lesen, und geprüffet haben, ein wahres Urtheil fällen, Doch hat man ebenfalls die Umstände dabey wohl zuerwegen.  
  Was ist aber von den Vorreden zu halten, welche vornehme Gottes-Gelehrte oder andere berühmte Männer auf Ansuchen der Verfasser oder Übersetzer gemacht haben. Man verzeihe uns, daß wir deswegen kein Buch hoch schätzen, weil einem vornehmen Mann eine Vorrede darzu ist abgebettelt worden. Wir verwerffen dergleichen Vorreden nicht gäntzlich; immassen die Vorredner doch ihrem Ansehen nicht den Schand-Fleck anzuhängen verlangen, als wenn sie aus gewissen Absichten eine schlechte Schrifft vor ein Meister-Stück ausgeben wolten. Allein man weiß gar wohl, wie schwer es ist, einen, der Ehre oder einen Vortheil und Gewinst von seinem Buche ziehen will, in seiner Blösse vorzustellen, oder die Leute zu warnen, da man dieselben zur Verwunderung und zum Kaufe mit einer Lob-Rede zu locken gleichsam gedinget ist.  
  Es ist bekannt, wie sich viele gelehrte Männer darüber beschweret haben, daß man von ihnen Vorreden vor eine Arbeit, von der doch jedermann weiß, daß es ein elend jämmerlich Ding, abzufordern sich unterstehet. Doch gantz anders ist die Sache bewand, wenn geschickte Leute, die aber entweder wegen ihrer Tugend, oder wegen der Misgunst des Glückes sich noch in keinen Ruhm bey der gelehrten Welt gesetzt, eine Materie mit Fleiß ausgearbeitet haben, und sich eine Vorrede von einem berühmten Manne ihrem Wercke vorsetzen lassen. Alsdenn gilt das Urtheil des Herrn Buddei [sieben Zeilen Lateinischer Text] Praefatio ad T. I. Miscellan. Lips.
  Doch er-  
  {Sp. 1075|S. 553}  
  innert auch Buddeus in der Vorrede über seine Institutiones hermeneuticas.  
  "Wenn anderer Leute Bücher von ihm solten recommendiret werden; schreibt er daselbst, so recommendire er dieselben am liebsten, welche seine Recommendation nicht bedürffen."  
  Vorredner und Leser können in einem Buche nicht alles loben, auch nicht alles verwerffen. Owenus schreibt Epigramat. ... an den Leser gar recht:  
  [zwei Zeilen Lateinische Verse]  
  Was die Vorreden, so die Buchführer zuweilen vorsetzen, betrifft; so findet man selten darinnen etwas gründliches und das Urtheil stehet mehrentheils auf einem schwachen Fusse. Die Würckung derselben ist insgemein nicht groß; daher erscheinen dieselben nicht öffters als die sichtbaren Mond-Finsternisse.  
  Wenn uns jemand fragte, was man von den Sammlungen der Vorreden hielte; so würden wir sagen, wie ein grosser Theologus in Gewohnheit zusagen gehabt: Blut wing. Der schlechte Abgang solcher Sammlungen hat auch verhindert, daß dergleichen nicht gar viel ans Licht getreten sind. Wenn man die Vorreden bereits vor den Büchern, die nicht rar sind, findet, oder wenn sie auch von keiner Wichtigkeit sind; so wird nicht viel Nutzen daraus zu erwarten seyn. Sind aber wichtige Materien abgehandelt; so ist der besondere Abdruck derselben zu loben.  
  Allzulange Vorreden sind gemeiniglich beschwerlich, wo sie nicht gantz besondere Sachen vortragen. Wir wollen Crenii langen Vorreden kein kürtzer Lob beylegen, als ihnen gebühret; es ist aber nicht unbekannt, daß manchen Leuten bey Durchlesung derselben die Zeit hat lang werden wollen.  
  Die Kürtze ist also bey den Vorreden eine Tugend. Sie sind wie ein Vorgemach; wenn man in demselben allzulange aufgehalten wird; so wird uns die Zeit und die Lust benommen, daß wir uns in den innern Zimmer wenig umsehen können, oder auch desto weniger Vergnügung finden. In den Vorreden werden uns gleichsam die Speisen vorgesetzet, und gewiesen, was wir geniessen sollen. Der Aufsatz selbst muß einen Hunger in uns erwecken.  
  Wir halten aber diese vor eine gute Vorrede, wenn das Absehen bey einer nützlichen Schrifft, und der Innhalt kürtzlich und deutlich vorgestellet wird, und wenn man also daraus erkennen kan, was man darinnen suchen, und was vor einen Nutzen man aus der Lesung schöpffen könne.  
  Vor die besten Vorreden werden insgemein gehalten.  
 
1. Calvini Vorrede über die Institutiones Religionis.
2. Casauboni über den Polybium und
3. Thuani, so er seinen Historischen Büchern vorgesetzt hat.
 
  Schlechte Vorreden mögen diejenigen mit Recht genennet werden, in welchen man nichts thut als auf den Momum und Zoilum loßzihet, und wieder die Verächter und Tadler Legionen ins Feld zustellen drohet. Wenn man sich beschweret, daß man von gelehrten Männern, guten Freunden, Buchhändlern u.s.w. wäre ermahnet, ge-  
  {Sp. 1076}  
  nöthiget, ja wohl gar gezwungen worden seine Arbeit an das Licht zu geben.  
  Es ist gar eine alte Gewohnheit Schrifften gelehrten Männern zuzuschicken, von denselben ein Urtheil, ja was noch mehr ist, eine Ausbesserung sich auszubitten. Allein insgemein will man sich nicht leicht etwas aussetzen lassen; sondern verlanget nichts als Lob und bildet sich ein, ein höfliches Compliment in einem Hand-Briefgen eines gelehrten Mannes sey ein Urtheil, daß man bald der gantzen Welt vor Augen legen müsse.  
Wie es eine Verwegenheit ist, wenn sich ein Schrifft-Verfasser einbildet, er könne allen Gelehrten ihre Fehler aufdecken und alle Wissenschafften reformiren; so klingt es abentheuerlich, wenn einer meynt, er werde mit seinen Künsten die halbe Welt in den Harnisch bringen. Henr. Conr. Agrippa von Nettesheim seuffzet in der Vorrede seines Buches de Incertitudine et vanitate omnium scientiarum also: [sechs Zeilen Lateinischer Text]
  Es ist eine Eitelkeit, wenn in den Vorredenalzuviel versprochen wird; besonders scheinet es unnöthig zu seyn, die Leser von dem Nutzen eines Buches eydlich zu versichern, wie Gottschalck thut, wenn er in der Vorrede über die Observationes Lat. Sermonis also schreibt: [drei Zeilen Lateinischer Text].  
  Noch ungereimter ist es, wenn man die Leute gar einer Sünde beschuldigen will, wenn sie ein Buch, das doch noch nicht canonisiret ist, zu lesen unterlassen würden; wie Samuel Hartlibius in der Vorrede vor Comenii Pansophiae Prodromo dergleichen Gefahr vorstellet, und warnet.  
  Manchmal will man in einer Vorrede die Fehler eines Buches anzeigen, und hält sich bey Kleinigkeiten auf, da man doch wichtigerer anzuführen unterlässet. Vorreden sollen auch darzu gut seyn, wenn man etwan in dem Buche etwas anstößiges vorgetragen, daß man sich darinnen vor die Folgen die daher entstehen möchten, verwahre. Doch urtheilet De Praux davon, daß es nicht viel heisse:  
  [zwei Zeilen Französische Verse]  
  Man mercket über dieses noch von Vorreden an, daß sie jederzeit die Jahr-Zahl beygesetzt haben sollen. Baylens Worte davon sind sehr artig, ärgert sich nehmlich darüber, daß Sturmius in seinen Vorreden für die Wercker des Ciceronis das Jahr dabey nicht beniehmt habe.  
  "Ich habe es mehr als einmahl gesagt, spricht er, daß es ein Fehler sey, wenn man unter die Zuschrifften und Vorreden keine Jahr-Zahl setzet; und ich befestige mich in diesen Gedancken, da ich diese Stelle des Sturmius abschreibe. = = = Ich habe also, um mich vor diesen Irrthümern zuverwahren die wahre Jahr-Zahl der ersten Ausgabe von Ciceronis Reden, die von Sturmius besorgt worden, suchen müssen, und ich habe gefunden daß sie  
  {Sp. 1077|S. 554}  
  von 1540. ist. Ist es nicht ärgerlich, daß man wegen fremder Nachläßigkeit so viel Zeit verderben muß? Ist es wohl billig, daß die Auslassung einer Sache, die nur einen Zug mit der Feder gekostet hätte (nehmlich die Jahr-Zahl eines Briefs) vielen Lesern eine so verdrießliche Beschwerung machen.„  
  Im Jahr 1716 wurde in den Unschuldigen Nachrichten bekannt gemacht, daß sich jemand finde, der fast alle Vorreden der Biblischen Editionen, so von einiger Wichtigkeit sind, gesammlet, und also gesonnen sey, solche in etlichen Theilen herauszugeben. Doch wolte er dabey diese Ordnung beobachten, daß was in einer enthalten, er in denen folgenden nebst einigen unnöthigen Ausschweiffungen weglasse. Es sollen auch die Lateinischen und Deutschen allein; die Frantzösischen, Englischen, Welschen und Spanischen aber übersetzt darzu kommen, und die gantze Sammlung mit einem guten Real- und Verbal-Indice beschlossen werden.
     

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Stand: 6. Februar 2013 © Hans-Walter Pries