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Zedler: Zuschrifft, Zueignungs-Schrift | HIS-Data 5028-64-763-1 |
Titel: | Zuschrifft, Zueignungs-Schrift |
Quelle: | Zedler Universal-Lexicon |
Band: | 64 Sp. 763 |
Jahr: | 1750 |
Originaltext: | Digitalisat BSB Bd. 64 S. 395 |
Vorheriger Artikel: | Zuschrifft … Brief |
Folgender Artikel: | Zuschrifft, (verdächtige) |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
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Text | Quellenangaben | |||
Zuschrifft, Zueignungs-Schrifft eines Buches, Lat. Dedicatio libri. | ||||
Es ist wahrscheinlich, daß die Zueignungen derer Bücher ihren Ursprung von der Gewohnheit derer Heyden, die Tempel denen Göttern zu weyhen haben, | siehe Sibers Schediasma de templorum condendorum ..., Leipzig 1715; ingleichen Samuel Pitisci Lexicon, unterm Worte: Dedicare. | |||
Wenn die Alten ein Buch zu Ende gebracht hatten, so seyen sie sich nach einem Freunde oder Patrone um, welchem sie ihre Arbeit zu beurtheilen und zu verbessern übergeben könnten. Sie übersanden demselben das Buch nebst einem Briefe. Weil nun in dergleichen Briefen gemeiniglich Umstände gemeldet waren, welche zur Historie des Buchs gar viel dieneten; so pflegte man dieselben nebst denen Büchern aufzuheben, und auch beyde mit einander abzuschreiben. Daher mögen diese allem Ansehen nach entstanden seyn. | Joh. Conr. Schwartzens Schediasma de illustrando perpoliendoque Palladio, Rei rusticae scriptore. Den Gebrauch derer Alten überhaupt erzehlet Alexander ab Alexandro Genialium dier. ... | |||
Peter Kirchbach, ehemaliger Superintendent in Zwickau, bemüht sich in seinen bittern Pommerantzen und sauren Citronen in silbernen Zuckervollen Schalen, worunter er 54 Predigten über die Klaglieder Jeremiä verstehet, aus Klaglieder V, 10 zu beweisen, daß Jeremias dieselben Gott zugeschrieben habe. Diese Schrifft ist 1657 zu Franckfurt in 4 ans Licht gekommen. Der Verfasser sagt ...: Die Dedicationen würden gemeiniglich an die mächtigsten, günstigsten und reichsten Leute gerichtet; Diese Gewohnheit habe auch Jeremias beobachtet, und die Klage-Lieder Gott, als dem mächtigsten, gewogensten und reichesten Herrn zugeeignet. | ||||
Mit bessern Rechte leitet D. Joh. Georg Walch in Diatribe de librorum apud latinos dedicationibus, so denen Briefen des seeligen Cellarii vorgesetzet ist, die Gewohnheit von denen Griechen her. Chrysippus wolte nach Laertii Zeugnisse grossen Herren nichts dediciren. | ||||
Bey denen Römern hat man diesen Gebrauch über die Punischen Kriege nicht hinaus zu setzen. | ||||
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siehe Fabricii Bibl. Lat. | |||
Ein merckwürdiges Exempel finden wir in dem Neuen Testamente, da Lucas, der Artzt, | Col. IV, 14 | |||
so wohl sein Evangelium, als auch die Apostel-Geschichte einem, mit Nahmen Theophilus, zugeschrieben hat. | Siehe Heumanns Diss. de Theophilo Lucae in Bibl. Brem. ... | |||
Von der Gewohnheit zu dediciren überhaupt, siehe |
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{Sp. 764} | ||||
Wenn die Frage ist, was von denen Dedicationen zu halten sey? so ereignen sich unterschiedene Meynungen. Janus Gruterus ließ sich nicht bewegen, etwas zu dediciren. Joh. Wower hielt auch nichts davon, dedicirte doch aber hernach Scaligern den Petronium. Bayle wurde von einem vornehmen Engelländer ersuchet, daß er ihm das Dictionnaire zuschreiben solte; er that es aber nicht. Ben. de Spinoza eignete dem Printzen von Conde kein Buch zu, ob ihm gleich derselbe Hoffnung zu einem Königlichen Stipendio machte. | ||||
Nic. Hieron. Gundling bemühet sich in der Vorrede des dritten Theils Observationum Halens. zu behaupten, es sey nichts ungereimters, närrischers und abgeschmackters, als Bücher zu dediciren, und führet zum Beweise lächerliche und abergläubische Exempel an. Wir verlangen hier nicht von satyrischen, lächerlichen oder hochtrabenden Dedicationen zu reden. Da z.E. | ||||
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Siehe Gundling loc. cit.¶ | |||
Man hat Gott Bücher dediciret, damit seine Danckbarkeit zu beweisen. Z.E. wenn einer von einer schweren Kranckheit befreyet worden. So wiedmete M. Christ. Scriver Gott des Gottholds Siech- und Sieges-Bette, dergleichen hatte auch vorher Heinrich Müller mit dem Danck-Altar gethan. Gundling hält solche Dedicationen vor ungereimt; weil wir Gott alles schuldig sind, und ihm alles zugehöret. Dennoch hätte auch David was ungeschicktes verrichtet, da er allerley Vorrath zum Tempel-Bau herbey schaffete, und Gott wiedmete. | ||||
Es ist auch nicht ungereimt, wenn man Gott demüthig darbringet, was wir durch seinen Beystand verfertiget haben. M. Joh. Christ. Koch schreibt Tom. I Obs. Miscell. ... wenn eine Dedication an Gott oder an eine göttliche Person nicht wie ein Gebet gemacht sey, so werde der Nahme Gottes auf eine subtile Weise gemisbrauchet. Durch Dedicationen suche man einen Beschützer seiner Schrifft, Gewogenheit oder ein Geschencke zu erhalten, oder man wolle seine Geschicklichkeit sehen lassen. Warum solte man denn auf solche Weise Gott denen Menschen gleich machen? Lucas würde die Apostel-Geschichte nicht Theophilo, sondern Gott zugeschrieben haben, wenn dieser Gebrauch anständig wäre. | ||||
Hierauf ist leicht zu antworten. Gott lässet nach seiner Liebe mit sich zuweilen als wie mit einem Menschen umgehen. Er vergleichet sich, Matth. XXII, 1 einem Könige. Obschon die Männer, so göttliche Offenbahrung gehabt, kein Buch Gott dediciret haben; Daraus lässet es sich doch nicht schliessen, daß solches unerlaubt sey. | ||||
Unter denen Lutheranern haben Gott Bücher dediciret, als | ||||
{Sp. 765|S. 396} | ||||
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Der höchsten Majestät, GOTT, der Dreyeinig heisset, Der alle Cronen giebt, und Thronen niederreisset, Der aller Herren HERR, der alles hat gemacht, Dem werde dieses Buch und auch mein Hertze bracht. |
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Dem Dreyeinigen GOTT haben dediciret | ||||
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Unter denen Reformirten haben | ||||
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GOtt dediciret.¶ | ||||
Unter denen Papisten haben | ||||
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der Heil. Dreyeinigkeit zugeschrieben. | ||||
Es haben auch einige Gelehrte einer Person in der Gottheit besonders ihre Arbeiten zugeeignet, wie unter andern Joh. Bapt. Bianconi seine Abhandlung von den Buchstaben der alten Hebräer und Griechen, Bononien 1748. in 4. an unsern Seeligmacher gerichtet hat. | Siehe Zuverläßige Nachr. X Band, ...¶ | |||
Man hat auch denen Engeln Bücher dediciret. | ||||
zugeschrieben.¶ | ||||
Denen verstorbenen Heiligen sind von denen Römisch-Catholischen offt Bücher gewidmet worden. | ||||
{Sp. 766} | ||||
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siehe Gundling loc. cit. | |||
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Franc. Petrarcha schrieb einen Brief an Ciceronem, und berichtete ihn, daß er nach vieler Mühe endlich seine Episteln gefunden. Die Aufschrifft des Briefes war: Apud superos ad dextram Athesis ... | Dieser Brief stehet Tom. I. opp. ... | |||
Ein merckwürdiges Exempel erzehlet Reuter in dem mächtigen, doch umschränckten Reiche des Teufels, | P. I. ... (oder wie jetzund der Titul heisset: Neu-eröffneter Schau-Platz der Abgöttereyen und Aberglaubens der Menschen, Lemgo 1721. in 4.) | |||
Hippolitus Guorinonius Act. und der Medicin Doctor zu Ingolstadt hat 1610 ein Buch herausgegeben, und folgende Dedication darzu gemacht: | ||||
„Der allerheiligsten, großmächtigsten und unüberwindlichsten Fürstin und Frauen, Frauen Jungfrauen Marien, gecrönten Kayserinne, des Heil. Reichs, Großherrscherinn, der neuen Englischen Heerschaaren, gebohrnen Königin in Israel, Fürstin aus Juda, triumphirender Zerknirscherin der alten Schlangen, gewaltigen Überwinderin der Heyden, siegreichen Verwüsterin der Ketzer, allermächtigsten Frauen der gantzen Welt, Jungfräulichen Gespons und Mutter des Allerhöchsten etc. Meiner nach GOTT allergnädigsten Kayserin und Frauen.„ | ||||
Gegen das Ende nennete er sich; | ||||
„Ihro Jungrfäulich Kayserlichen Majestät allerunterthänigstes, allerdemüthigstes, allerverworffenstes Knechtle.„ | ||||
Der berühmte Justus Lipsius begieng doch die Einfalt, daß er der Heil. Jungfrau Maria zu Ehren nicht nur eine silberne Feder, die er gebraucht hatte, aufhieng, sondern auch derselben das beste Sonntags-Kleid, wie Aubert Miräus redet, vermachte. Er schrieb ferner ein Buch der Heiligen Hallischen Jungfrau, und ein anderes der Heil. Sichemischen Jungfrau (dieses sind zwey wunderthätige Marien-Bilder, deren Thaten er beschrieben hat) zu. | ||||
Des G. Ambiani, Cornelii a Lapide, Bonif. Mariä Grandi, Alph. Huebers, und anderer zugeschweigen, welche alle die Heil. Jungrau Maria mit herrlichen Zuschrifften beehret haben.¶ | ||||
{Sp. 767|S. 397} | ||||
Die Lutheraner verwerffen auch nicht gäntzlich die Zuschrifften an die Verstorbenen. | ||||
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Es hat Leute gegeben, die sich selber Bücher dediciret haben. | ||||
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Siehe Menckens Declam. I. de Charletaneria. ... | |||
Jedoch kan es sich zutragen, daß jemanden seine eigene Arbeit dediciret wird, da er deswegen keine nachtheilige Beschuldigung verdienet. Christian Weise, Rector des Gymnasii zu Zittau, ließ 1710 Bobulai Balbini Verisimilia humaniorum disciplinarum zu Augspurg nachdrucken, und setzte eine Dedication an den Balbinum, mit dem er in guter Freundschafft stand, dem Buche vor.¶ | ||||
Väter haben ihren Kindern Bücher zugeschrieben. | ||||
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Man findet auch Exempel, daß gelehrte Männer ihren Feinden Bücher zugeschrieben haben. | ||||
Christian Thomasius hatte mit Tentzeln einen harten Streit; die Antwort auf desselben gemachten Scrupel dedicirte er allen seinen Feinden, und vornehmlich Johann Friedrich Mayern. Es wiederfuhr ihm aber auch ein gleiches, als ihm | ||||
{Sp. 768} | ||||
Siegfr. Bentzen das Ebenbild Christ. Thomasii, darinne dessen unchristliche und leichtfertige Critique über dessen Person und Schrifften insonderheit vorgestellet ward, 1692 zuschrieb. | ||||
Aegidius Hunnius, dedicirte Pareo Calvinum judaieantem, Wittenb. 1604. in 8. | ||||
Aber diese Gewohnheit ist mehr zu tadeln, als nachzuthun; weil ein solches Vornehmen aus dem Hasse herkommt, und mehr erbittert als bessert. | ||||
Die Socinianer schrieben ihren Racovischen Catechismum ehemahls den Wittenbergischen Theologen mit grosser Kühnheit zu. | Siehe
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Der Unterschied derer alten und neuen Dedicationen bestehet darinnen, daß sie nun besonders gedruckt werden, da man sonst dieselben mit dem Wercke selbst verknüpfete. Plinius setzt seiner Hist. nat. eine lange Dedication vor, welche die Stelle einer Vorrede vertreten kan. | ||||
Die kurtzen Dedicationen haben meist nur in einer Benennung desjenigen, an den sie gemacht worden, bestanden. Auf solche Weise dediciret Virgilius Lib. I. Georgic. und Horatius Lib. II. Sermonum dem Mäcenati. | ||||
Öffters haben die Römer auch bey dem Ende ihrer Schrifften denjenigen, an den sie ihre Zuschrifft gemacht, erwehnet, und die Dedication gleichsam wiederhohlet. Virgilius gedencket Ecloga X, so wohl bey dem Anfange, als dem Ende des Galli. | ||||
Die Gelehrten haben bey denen Dedicationen offt unrichtige Absichten. Manche bilden sich ein, sie könnten dadurch die Nahmen derer, welche sie beehren, verewigen. Phil. Melanchthon schreibet Lib. III. Ep. ad Joh. Hessum ...: Er hätte demselben eine Oration bestimmet gehabt; er habe sie aber einem Kayserlichen Gesandten, dadurch gefällig zu werden, dediciren müssen. Denn es schiene, als müsten nun auch die Theologen zur Beförderung der gemeinen Wohlfahrt sich also auführen. | Siehe Observ. Hal. Tom. III. Praefat. | |||
Jedoch können wir den Melanchthon von einer allzuhohen Einbildung frey sprechen. Hat dieser Kayserliche Gesandte eine Ehre in einer Dedication gesuchet, und Melanchthon hat hiermit Gelegenheit gefunden, etwas zu Beruhigung der Universität und der Kirche zu sprechen; so scheinet seine Absicht wohl nicht straffbar zu seyn. | ||||
Hingegen hat diese nicht rühmliche Absicht D. Polycarp Leiser, Ober-Hof-Prediger in Dreßden, welcher sonst Ruhm verdienet, da er seine Predigten über den 51 Psalm 1605, der Churfürstin zu Sachsen, Hedwig, und der Würtenbergischen Hertzogin, Elisabeth, dedicirte, und unter andern schrieb: | ||||
„Vor Zeiten sind so wohl die Dedicationes an grossen Herren-Höfen sehr angenehm gewesen, und reichlich vergolten worden, und hat mancher Herr selbsten angehalten, daß man ihm etwas in offenem Druck zuschicken soll: Denn sie den Studiis günstig, und der Meynung gewesen sind, (wie auch in Wahrheit offt geschiehet) daß sie dadurch einen unsterblichen Nahmen bey der Posterität, von welcher solche Bücher gelesen werden, bekommen. Aber nunmehro ist er sehr davon kommen: Fürwahr, welcher heutiges Tages der Meynung Bücher schreibet, und sie hernach dediciret auf Hoffnung, viel dadurch zu erlangen, der irret weit, und kan sich selbst heßlich betrügen.„ | ||||
{Sp. 769|S. 398} | ||||
Justus Siber gab 1658 zu Dreßden die Poetisirende Jugend, oder allerhand geist- und weltliche Gedichte heraus, und davon dedicirte er den ersten Theil Curt Reinbecken, Baronen von Kallenberg. In dieser Dedication brauchte er unter andern folgende Worte: | ||||
Ich suche dich, o Held, noch ferner zu
bedienen, Und zwar so siehest du mein danckbarlich Erkühnen, In Zuschrifft dieses Buchs, Held, nimm es gnädig an, Weil Krafft desselben nicht dein Tod nicht tödten kan. |
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Endlich haben auch einige ihre Zuschrifften reichlich belohnet bekommen. | Wer aber mehr davon zu wissen verlanget, der kan M. Dan. Friedr. Jani Dissertation de fatis dedicationum, oder von den Zuschrifften der Gelehrten, Wittenberg 1718, und Friedr. Peter Tacks Commentationem historicam et litterariam de Dedicationibus librorum, Wolffenbüttel 1733, 8 Bogen, aufschlagen. Man lese auch die Gründlichen Auszüge aus denen neuesten Theologisch-Philosophisch- und Philologischen Disputationen, II Band, wo die zuletzt angeführte Schrifft von dem gelehrten Hrn. Verfasser dieser beliebten Monats-Schrifft, Hrn. M. Abraham Krigel, recensiret und mit einigen Anmerckungen erläutert worden. | |||
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Stand: 4. April 2013 | © Hans-Walter Pries |