HIS-Data
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Zedler: Magister HIS-Data
5028-19-317-3
Titel: Magister
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 19 Sp. 317
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd.19 S. 192
Vorheriger Artikel: Magische Zeichen
Folgender Artikel: MAGISTER, siehe Magister Officiorum
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text Quellenangaben
  Magister, ist der gemeine Name, welcher nicht nur denen, die andere in etwas unterrichten, und deswegen Magistri Studiorum, Juris, Legum, Eloquentiae, u.s.f. heissen, sondern auch so wohl in Bürgerlichen als Kriegs-Bedienungen denenjenigen Personen gegeben worden, die über andere gesetzt waren, und eine gewisse Macht bekamen, etwas zu gebieten und anzuordnen. Also hieß z.E. Magister Augustalis der Vorsteher derer Augustalium, oder der dem Kayser Augustus zu Ehren aufgerichteten Gesellschafft von Priestern etc. Siehe Augustales.  
  Kurtz, Magister ist und heißt derjenige, welcher sich dasjenige, was ihm befohlen ist und zu thun oblieget, mit mehrerm Fleisse und Eifer, als andere, auszurichten bestrebet, oder doch wenigstens bestreben soll. Als welches auch schon die eigentliche Bedeutung dieses Wortes von selbst mit sich bringet.  
  Zwar was den eigentlichen Ursprung dieses Wortes anbetrifft; so sind bis dato die Gelehrten, und insonderheit die Wort-Forscher, noch nicht durchgängig eines, wo dasselbe füglich herzuleiten. Einige halten nemlich davor, und deren sind gewiß die mehresten, es stamme von dem Lateinischen Adverbio Magis, mehr; die beygefügte Sylbe ter aber sey nichts mehr, als ein blosser Zusatz, ohne alle weitere Bedeutung. Andere halten davor, es bedeute soviel, als magis ter, dreymahl gelehrter, als andere. Wiederum andere leiten es von dem alten Lateinischen Worte magistro, are; und endlich finden sich auch noch welche, so es lieber von dem Wort Magus hergeführet  
  {Sp. 318}  
  wissen wollen, daß es nemlich in dem Verkleinerungs-Falle so viel heissen soll als Magus parvus, ein kleiner Weise, oder Gelehrte.  
  Ausser diesen sind auch noch andere auf die Gedancken kommen, dieses Wort so gar aus den Griechischen herzuleiten. Und soll bey diesen Magister so viel seyn als ho magistōr, gleichsam megas histōr; ein grosser Weiser, oder auch magias histōr, ein der Magie oder der Weisheit Beflissener, und beziehen sich zu dem Ende auf das bekannte polyhistōr, einer der viel weiß.  
  Es sey aber, wie ihm wolle, genug, daß man nur sowol dessen Bedeutung, als Nachdruck und Ansehen wisse.  
  Die Eintheilung der mit diesem Namen belegten Personen betreffend; so wurden in den allerältesten Zeiten theils diejenigen, welche andere in guten Künsten und Wissenschafften unterrichteten, theils die andern als Befehlshaber und Aufseher vorgesetzet waren, mit diesem Titul beehret. Gleichwie aber von denenjenigen, welche zur letztern Classe gehören, in unterschiedenen Artickeln mit mehrern gehandelt wird; so bleiben wir gegenwärtig bey der erstern stehen, und sind gesonnen, unseren Lesern das Vornehmste davon in dem nachfolgenden mitzutheilen.  
  Die Zeit, wenn man angefangen, den Magister-Lorbeer mitzutheilen, ist eben so unbekannt, als das Alter des Doctor-Titels in der Theologie. So viel aber können wir versichern, daß die Magistri der freyen Künste, welche sonst auch Doctores der Philosophie betittelt werden, älter, als die Doctores der Gottes-Gelehrtheit sind. Wie denn die so genannte Facultas Artium eher, als Facultas Theologiae gewesen ist.  
  Caesar Egarsius Bulaeus oder du Boulai in Historia Universitatis Parisiensis meynet, es wären auf der Parisischen Academie, von derselben Stifftung an, in Facultate Artium, oder in den Disciplinis Liberalibus allezeit einige Gradus gewesen, es möchten auch dieselben geheissen haben, wie sie wollen, auf daß die Wissenschafft derer Studenten hätte können geprüfet werden, damit sich nicht iemand ohne Geschicklichkeit zum Lehren aufwürffe. Doch will Buläus … behaupten, daß der Magister-Titel in den Künsten im 8 Jahrhunderte nach CHristi Geburt, und zwar dem ersten Jahre der Parisischen Universität schon sey Mode geworden. Den Beweis nimmt er aus dem Buche de Disciplina Scholarium, welches Thomas Aquinas, Wilhelm Werley, Niclas Trivetus Boethio zugeschrieben; Buläus aber Joh. Scoto Eriginä, welcher vor dem 12 Jahrhunderte gelebet, zueignet. Aber Jacob Thomasius hat schon gezeiget, daß der Verfertiger des Buches de Disciplina Scholarium Thomas Brabantinus oder de Cantimprato sey. Programm. XXV. Bes. Fabricius in Bibl. Lat. …
  Dieser Thomas war ein Dominicaner-Münch um die Mitte des 13 Jahrhunderts. Was derselbe von der Magister-Würde, als einem Gebrauch, so zu seiner Zeit üblich gewesen, erzehlet, muß also nicht zum 8, sondern zum 12, und insonderheit zum 13 Jahrhunderte gerechnet werden.  
  Doch ist hieraus nicht zu erweisen, daß der Magister-Titel auf der Parisischen Academie erst im 13 Jahrhundert aufgekommen sey; immassen derselbe schon im 12 Jahrhunderte daselbst in grossem Ansehen gewesen. Buläus schreibt … daß die gelehrten Studien im 12 Jahrhunderte unter den Königen, Ludwig dem Dicken, Ludwig dem Jüngern,  
  {Sp. 319|S. 193}  
  Philipp Augusten und Heinrich dem II. einem Könige in Engeland; unter den gelehrten Päbsten Eugen II. Adrian II. Alexander III. Urban III. Clemens III. und Innocentius III. in groß Aufnehmen gekommen, und man sich es vor eine solche Ehre geachtet, etwas zu wissen, daß niemand ein Ansehen erlanget hätte, welcher nicht Schulen vorgestanden, oder in die Gesellschafft der Parisischen Magister wäre aufgenommen gewesen. Grosse Herren hätten sich nicht geschämet, den Magister-Titel anzunehmen, und allen ihren Titeln vorzusetzen; wie man denn beym Stephano Tornacensi Briefe lieset, an M. Meliorem den Cardinal, M. Peter Tusculanum, Bischoff und Cardinal etc.  
  Daß Buläus von den Magistris der Künste, und nicht von den Magistris der Theologie rede, ist offenbar. Denn jene waren Schulen vorgesetzet; diese aber hatten damals nur eine Gesellschafft, oder ein Consortium. Ja aus Buläo p. 682. siehet man, daß die Professores der Theologie vor Alters nicht den Namen eines Magistri, sondern nur eines Doctoris angenommen haben. Eben dieses beweiset Buläus aus dem 4. Capitel des Gespräches de Hierarchia subcoelesti, dessen Verfasser schreibt: Ein Magister wäre, welcher seine eigene Wissenschafft verstehe, und in derselben den Gradum Magisterii verdienet und erlanget hätte; ein Doctor aber sey ein ieder, welcher eine fremde, nemlich die Göttliche Wissenschafft, die er nicht anders, als aus dem Glauben erlernet, lehre.  
  Daß in dem 13. Jahr-hunderte der Magister-Titel hoch gehalten worden, beweisen wir aus dem Buche de Disciplina Scholarium, worinne der Verfasser c. 5. den Gradum Magisterii, Magistratus excellentiam, den vortrefflichen Magister-Stand nennet. Anderswo heisset er denselben  
 
  • Perfectionis gradum,
  • Magisterii elationem,
  • summam promotionem,
  • Magistralis nominis dignitatem,
  • venerabilem Magistrorum majestatem,
  • pulchrae denominationis imperium,
 
  das ist, wie es St. Thomas erkläret, gradum atque titulum Magistralem.  
  Wie diese Facultas Artium zu Paris älter ist, als die Facultäten; also hat sie auch ihr voriges Ansehen bis auf gegenwärtige Zeit behalten. Hierzu dienet das Zeugniß eines berühmten Schweden, George Wallins, welcher in dem feinen Büchlein: Lutetia Parisiorum erudita … Norimbergae 1722 … schreibt: Die Facultas Artium wäre die vornehmste und älteste, und begriffe die Philosophie, Rhetoric, Poesie und die Rudimenta der Lateinischen und Griechischen Sprache. Sie würde wiederum in 4 Nationen, in die Frantzösische, Piccardische, Normannische und Deutsche getheilet. Diese Eintheilung der Nationen sey 1250 aufgekommen. Die Engeländische sey Anfangs die vierdte gewesen; nach denen beständigen Kriegen aber dieser Nachbarn wären die Deutschen in ihre Stelle und Privilegia getreten.  
  Die Philosophi hätten vor den Theologis, Rechts-Gelehrten und Ärtzten einen grossen Vorzug. Ihre Facultät würde nicht nur allezeit zuerst genennet; sondern es würde auch bloß aus dieser Facultät ein Magister zum Rector der Universität erwählet, und könte sonst niemand auf diesen Gipffel der Ehre gelangen. Die Cardinäle, ob sie schon Königen gleich geachtet würden, liessen einem solchen Rectori den Rang; wie er denn selbst  
  {Sp. 320}  
  gesehen, daß der Ertz-Bischoff zu Paris und Cardinal de Noailles als ein alter Herr dem Rectori aus dem Wege gegangen, und ihm den Ober-Sitz eingeräumet habe; der Rector der Universität ist damals 1721 und 1722 Balzer Gibert gewesen.  
  Nach der Zeit hat man diesen Titel nebst der Doctor-Würde in den Rechten und in der Artzney-Kunst, auf den Universitäten, welche man auch Academien im 16 Jahrhunderte zu nennen, angefangen, doch kan nicht geläugnet werden, daß sich indeß Leute gefunden, welche von den Academischen Titeln schimpfflich gesprochen haben. Vornemlich hat sich der Wittenbergische Magister, Gottfried Arnold, als einen abgesagten Feind der Magister-Würde erwiesen, und die Promotionen ohne Unterscheid einen Kauff-Handel mit den Doctor- und Magister-Mützen genennet, in der Kirchen- und Ketzer-Historie …
  Nun wäre wohl zu wünschen, daß die Verschwendung dieser Ehren-Titel, welche zuweilen unwürdigen Leuten ohne einige Prüfung ertheilet werden, zu dergleichen Schmähungen nicht Gelegenheit gegeben hätte. Indessen muß man doch insonderheit der Philosophischen Facultät auf der hohen Schule zu Leipzig zu einem immerwährenden Ruhm nachsagen, daß sich dieselbe noch bis dato nach der ehemaligen Parisischen Verordnung verhält, nach welcher hat müssen versprochen werden, die Magistros treulich zu examiniren, keine, als würdige, anzunehmen, und die unwürdigen abzuweisen. Siehe Conring Antiquit. Acad.
  Sie folget den Churfürstlichen Befehlen, so Moritz 1542 und Augustus 1550 derselben ertheilet. Sie hat sich fleißig gehütet, und hütet sich noch, daß sie nicht zu ihrer Verachtung ungelehrten und unwürdigen Leuten Belohnungen geben möchte. Ja man hat in öffentlichen Schrifften gewarnet, und thut es auch noch durch wiederholte öffentliche Anschläge, daß sich niemand unterstehen möchte, in das Heiligthum der Weisheit einzudringen, und sich in Gefahr zu begeben, abgewiesen zu werden. Wie man denn noch gar neuerliche Beyspiele hat, das dieses letztere unterschiedenen begegnet, die es dennoch gewaget, um Mittheilung dieser Würde bey derselben anzuhalten, und in der mit ihnen angestellten Untersuchung ihrer Kräffte und vorgeschützten Gelehrsamkeit, wie billig, nicht bestanden. Bes. Jo. Erhard Kappens Programma de origine Doctum Theologiae et Magistrorum artium, horumque dignitate, Lepzig, 1735.
  Und so solte es freylich wohl von Rechtswegen auf allen Academien gehalten werden. Daß nemlich ein ieglicher Magistrandus, oder welcher gerne zu dieser Würde gelangen möchte, anders nicht, als nach vorhergegangener Prüfung und ausgestandenen, wie man es auf hohen Schulen zu nennen pflegt, Examine Rigoroso, wie auch andern abgelegten Proben seiner Geschicklichkeit, entweder durch öffentliche Actus Oratorios oder Disputatorios, sodenn erst von dem Decano Philosophiae auf eine feyerliche Weise zu einem Magister erkläret, und mit solcher Würde bekleidet würde.  
  Indessen läßt man an seinen Ort gestellt seyn, in wie fern auf einer oder der andern Academie heutiges Tages von denen Herren Professoren dieser ihrer Obliegenheit nachgelebet werde, oder nicht. An vielen Orten wird niemand zu den höhern Facultäten zugelassen, ehe und bevor er nicht Gradum Magisterii in Philosophia erlanget, und die  
  {Sp. 321|S. 194}  
  also zu einer höhern Facultät aufsteigen, werden den andern Doctoren vorgezogen. Ein langes Register hoher Standes-Personen, so die Magister-Würde angenommen, führet Besoldus an, welcher auch eine Diss. de Magistris, Baccalaureis etc. heraus gegeben.
  Vormals wurden die Doctores Theologiae Magistri nostri genennet. Und auf der Leipziger Universität führen bloß diejenigen diesen Namen, welche sowol bey der dasigen Philosophischen Facultät promoviret, als auch durch eine nachgehende öffentliche Disputation, welche sie aber nothwendig selbst als Vorsitzende vertheidigen müssen, gehörig habilitiret. Von deren besondern Rechten und Vorzügen der ehemahlige Herr Hof- Rath, Johann Burckhard Mencke, in einem besondern Programmate de Dignitate Magistri Lipsiensis, so dessen Reden de Charlataneria Eruditorum beygefüget ist, gehandelt.
  Und in Engeland geniessen sie noch heutiges Tages gleichen Rang mit den Edelleuten. Ja sogar, wie Johann Löwenclau in Historia Musulmanna Turcorum … berichtet, so soll auch der Name eines Magistri nostri bey dieser Barbarischen Nation eingeführet seyn, und schon damals, als dieselben 1335 die Stadt Nicäa erobert, und nach deren Eroberung ein angesehenes Gymnasium daselbst angeleget, der demselben vorgesetzte Rechts-Gelehrte, Dominus oder Magister noster, und wie es die gemeinen Türcken nach ihrer Mund-Art auszusprechen pflegen, David Caisarius genennet worden seyn.  
  Ausser dem kommen auch schon  
 
  • bey dem Cicero de Senectute die Magistri bonarum artium,
  • bey dem Petronius Arbiter in Satyrico Magister eloquentiae,
  • in dem Codice Justinianeo Magistri litterarum, ingleichen Magistri studiorum;
  • bey dem Ammianus Marcellinus Rerum Gestarum Magistri disciplinarum,
 
  und bey andern noch andere dergleichen Ehren-Titel von Magistris vor.  
  Zu Rom heissen die sonst sogenannten Auditores rotae auch bisweilen Magistri.  
  Wobey noch zu gedencken, das insonderheit bey der Philosophischen Facultät zu Wittenberg sich von Zeit zu Zeit so eine grosse Menge von gelehrten Leuten um diese Würde beworben, daß sie solche nur seit der Reformation schon mehr als zehen tausenden ertheilet.  
  Und die hohe Schule zu Königsberg in Preussen hat so was besonders vor sich, daß so gar ein gewisser Blinder daselbst in Magistrum promoviret, und da er zumal ein überaus scharffsinniger Philosophe gewesen, nicht allein daselbst Professor geworden, sondern seiner Profeßion auch gar wohl vorgestanden. Er hat auch einen ieden Studenten, der nur einmal bey ihm gewesen, an seinem Gange erkannt, so bald er nur in sein Gemach getreten. Er hat Bücher von dem Repositorio gelangt, das Blat aufgeschlagen, und sich lesen lassen. Die Farbe des Tuches hat er durch Fühlen erkannt, er hat ein wohlklingendes Positiv gemacht, so noch zu Königsberg zu sehen. Siehe auch Berneggers Orationes, deren erstere de variis Magistrorum generibus ex antiquitate handelt.
     

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Stand: 12. Februar 2013 © Hans-Walter Pries