Titel: |
Artzt |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
2 Sp. 1746 |
Jahr: |
1732 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 2 S. 895 |
Vorheriger Artikel: |
Artzeney-Verständiger |
Folgender Artikel: |
Artzt, Exod. XV. 26 |
Siehe auch: |
|
Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
|
|
Text |
|
|
Artzt, Artzeney-Verständiger,
Lateinisch
Medicus,
Frantzösisch
Medecin, ist, der die
Beschaffenheit des
menschlichen
Leibes, in
Ansehung der Gesundheit und der Gebrechen,
denen er unterworffen, erforschet, und die
Kunst
gelernet denselben abzuhelffen, und ihm die
Gesundheit zu erhalten oder wieder zu bringen.
Kurtz, der für einen
Meister in der Artzeney-Kunst
bestehet, und der
Natur als ein Diener die Hand
zu bieten
weiß. |
|
|
Anfänglich war derer Ärtzte
Verrichtung, nicht
nur die Artzeney-Mittel zu verordnen, sondern
auch zu bereiten und denen Krancken
beyzubringen, so, |
|
|
{Sp. 1747} |
|
|
daß sie auch zu Aderlassen und Clystiren die
Hand selbst anlegten, derer äusserlichen
Verbindungen nicht zu gedencken. Heut zu
Tage
werden die Apothecker- und Heil-Kunst unter die
Handlanger und Diener der Artzeney gezehlet.
|
|
|
Paracelsus
unterscheidet die Medicos |
|
|
- in Naturales, die alles nach der
Natur und
deren ersten
Eigenschafften erfordern;
- in
Specificos, die nur mit ein und andern
Geheimnissen curiren;
- in Characterales, welche
mit
Worten und Charactern helffen
wollen;
- In
Spirituales, die über die
Geister derer Kräuter zu
herrschen vermögen;
- und in Fidales, die durch
den
Glauben heilen können.
|
|
|
Ein rechtschaffener Medicus muß nicht nur in
nöthigen
Sprachen wohl
geübet seyn, sondern besonders |
|
|
- seine
Profeßion, welche er
treiben will, aus dem
Grunde gelernet,
- gute Bücher darüber gelesen,
- berühmter Practicorum
Collegia und Discurse, auch mündliche und reelle Anweisungen
darüber gehöret und gesehen,
- vielen Collegiis Anatomicis und Sectionibus
beygewohnet,
- allerhand ordinaire Chirurgische Operationes mit Augen angesehen, und die über
sonderbahre darbey vorkommende Zufälle
geführten rationes wohl observiret und gemercket
haben.
|
|
|
Er muß ferner |
|
|
- das
Wahre von dem
Falschen, das
Wahrscheinliche von dem
Muthmaßlichen
wohl zu
unterscheiden,
- die
Ursachen der
Kranckheiten wohl zu ergründen,
- die Mathesin in
gar vielen Stücken mit der Gesundheit-Lehre zu
vereinigen,
- die Temperamenta und Constitutiones
der vor sich habenden Patienten, sammt dem
Ursprung ihrer Kranckheit, und die darbey
besorgenden Zufälle, wohl zu
beurtheilen und zu
verhüten,
- und endlich alle die dargegen dienliche Artzeney und andere
Hülffs-Mittel wohl zu verordnen
|
|
|
wissen, auch
müssen ihm alle Haupt-Theile, so wohl der Medicin als
Philosophie aus
dem
Grunde bekannt seyn. |
|
|
Hippocrates
saget Tr. de decenti ornatu …
Medicus Philosophus est Deo aequalis, neque
enim multa est inter ipsos differentia. Und diesen
Satz erläutert er mit bald folgenden
Worten: Nam
omnia [sieben Zeilen lateinischer Text]. |
|
|
Wenn man einen solchen Artzt isotheon nach
unserer Christlichen Religion eigentlich
beschreiben
sollte, so müste selbiger als ein
frommer, weiser und verständiger
Mann herum
ziehen, auch aus hertzlicher
Liebe und Erbarmen
dem, so wohl
reichen als
armen, krancken
Nächsten die verlohrne Gesundheit umsonst, und
ohne alle andere
weltliche Absichten, auch bey
dem grösten Undancke, auf das bereitwilligste,
vorsichtigste und kräfftigste, (so viel er vermag)
offenhertzig herzustellen, bemühet und
geschickt
seyn. Allein wo wird man heute zu
Tage einen
solchen finden? Gewiß nirgends als in der
Republica Platonica, ja selbst Hippocrates ist
davon nicht ausgenommen. |
|
|
Genug ist es, wenn ein Medicus |
|
|
- wahre
Gottesfurcht,
- gründliche
Gelehrsamkeit,
- Hurtigkeit
in der Auffwartung bey Patienten,
-
Fleiß,
- Freund-
und Leutseeligkeit,
- Gedult,
- Hertzhafftigkeit,
vornehmlich bey ansteckenden und graßirenden
Kranckheiten,
|
|
|
{Sp. 1748|S. 896} |
|
|
|
|
|
Wie wohl die meisten Medici gemeiniglich
wenn sie zu practiciren anfangen, auf den
bekannten Vers sehen: |
|
|
Dat Galenus opes, dat Justinianus
honores. |
|
|
Und lassen die Geld-Begierde, Ehr-Sucht und
Wolleben ihre Haupt-Absicht seyn, welche zu
erhalten, sie vornehmlich Poliatriam, oder viele und
reiche
Praxin ambiren, und solcher insgemein
mit tausend Künsten, mit Betrug und List, ja mit
heimlichen Würgen und Umbringen, ohne
Gewisse eifrig nachjagen, und wer hierinne nur
zum
Meister worden, der darff an zeitiger viel
Patienterey und hieraus entspringenden übrigen
Vortheilen nicht
zweiffeln. |
|
|
Aber kan alsdenn wohl so ein Artzt Deo
aequalis seyn, wie Hippocrates saget? Gewiß es
wird dieses kein
Vernünfftiger bejahen, und doch
ist die gemeinste Praxis so beschaffen, und es ist
auch kaum zu hoffen, daß sie dermahleinst
anders werden dürffte, wenn auch noch so viele
Vorstellungen und Reformationes
vorgekehret würden, |
dergleichen zu finden in denen Breßlauer
Sammlungen … Besiehe auch
- Jo. Bohn. Tr. de officio Medici.
- Jul. Caes.
Claudinus de Ingressu ad Infirmos.
- Hier. Ludolffs
Dissert. sist. requisita Medici conscientiosi Erford.
1724.
- Mich. Albert. Diss. de Conscientia Medica
Halae 1724.
|
|
|
|