Titel: |
Rechtsgelehrter |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
30 Sp. 1484 |
Jahr: |
1741 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 30 S. 751 |
Vorheriger Artikel: |
Rechtsgelehrten (Secten oder Schulen derer) |
Folgender Artikel: |
Rechtsgelehrtheit |
Siehe auch: |
|
Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
|
|
Text |
Quellenangaben |
|
Rechtsgelehrter, |
|
|
- Rechtsgelahrter,
- Rechts-Consulent,
- Rechtskluger,
- Rechtskundiger,
- Rechts-Erfahrner,
- Rechts-Verständiger,
- oder Juriste,
- Jurisconsultus, Prudens, Prudens Juris
oder Juris Peritus,
- Frantzösisch
Jurisconsulte, Juriste,
|
|
|
heist überhaupt ein jedweder, der in denen
Rechten
erfahren,
dieselbe wohl gelernet, wohl
verstehet,
und auf alle vorbringende Fälle wohl anzubringen
weiß. |
|
|
Zu dessen
Beweis und öffentlichem
Zeugniß, ihnen auf
Universitäten die
Licentiaten- und
Doctor-Würde
(Gradus
Licentiae und Doctoratus)
verliehen werden. |
|
|
Die Rechtsgelehrten werden in dem
Römisch-bürgerlichen Rechte
(Jure Civili) mit dem Lobspruche
beleget, daß sie Sacerdotes Justitiae, die Priester der
Gerechtigkeit,
heissen. Zu Rom waren sie in grossen
Ehren; so,
daß die
Richter an ihr Gutachten gebunden
waren. Und das gröste
Theil des
alten
Römischen Rechts bestehet aus Sprüchen, so aus ihren
Schrifften zusammen gelesen worden. |
|
|
Noch heut zu
Tage werden sie zu den
höchsten
Regierungs-Ämtern, wo es um die
Angelegenheiten des
Staats, um die Erhaltung
guter
Policey, und um die
Verwaltung der Justitz
zu thun, gezogen, woselbst sie, wegen der
Mannigfaltigkeit der vorfallenden
Geschäffte, und
derer vielen
Gesetze,
Ordnungen und
Handlungen, nach welchen dieselben eingerichtet
werden
sollen, unentbehrlich sind. |
|
|
Nicht ohne ist es, daß manche ihrer
vortrefl.
Wissenschafft und
Geschicklichkeit
mißbrauchen, dieselbe zu ihrem
eigenen
Nutzen, oder zum
Schaden des Nächsten
widerrechtlich anwenden, und |
|
|
{Sp. 1485|S. 752} |
|
|
mit einem scheinbaren Vorwand des Rechten
zu bedecken
wissen. Daher das Sprichwort:
Juristen,
böse
Christen, welches man dem grossen
Rechtsgelehrten Cujacius beymisset, erwachsen. Es kan
aber der Fehler der
Person der
Sache selbst nicht
nachtheilig seyn, noch der Mißbrauch den rechten
Gebrauch aufheben. |
|
|
Zudem so sind nicht alle artige Fündlein,
wodurch ein Rechtsgelehrter durch
geschickte
und wohlersonnene Anwendung eines
rechtlichen Behelffs, der nicht eben einem jeden beygefallen wäre, seiner
Sache aufhilfflt, als unzuläßig
zu verwerffen: massen schon die
Alten viel darauf
gehalten, indem einer nicht der Geringsten aus
ihnen, Modestinus, ein
eigen
Buch unter dem
Titel
eurēmatēkōn, die auf
Deutsch in einem
guten
Verstande Advocaten-
Streiche
möchten
genennet werden, davon
zusammengetragen; sondern nur die, wo Betrug,
Lügen, Verfälschungen, Verführungen, boshaffte
Verzögerungen, Einstreuung dahin nicht
gehöriger Händel, u.d.g. unterlauffen, denen aber solcher
Name
fälschlich beygeleget wird, und dafür ein
jeder rechtschaffener Rechtsgelehrter einen
Abscheu hat. |
|
|
Ein Rechtsgelehrter
soll ohne Beyfall und
Zustimmung der
Rechte nichts
sprechen, und den
Worten des
Gesetzes, oder doch dem
wahren
Sinn und
Meynung desselben genau nachgehen,
noch sich weiser düncken lassen, als die
vorgeschriebenen Rechte. |
|
|
Einem Rechtsgelehrten ist mehr zu trauen,
wenn er die Rechte
erkläret,
als wenn er auf
vorher gegangene Rechts-Frage aus den
Rechten belehret, weil in diesem letztern Fall er
entweder nicht wohl berichtet, oder aus Neben-Absichten dem Anfragenden nach seinem
Verlangen zu sprechen geneiget seyn kan. Wie
denn zu allen
Zeiten sich solche gefunden, die
nicht die
Sachen nach den
Rechten, sondern die
Rechte nach den Sachen gerichtet, über welche Wesenbecius, Cisnerus,
Vasquius,
und andere
ansehnliche
Männer grosse Klagen
führen. Einer, der sich in eine Rechtfertigung
eingelassen, indem er eine beyfällige Belehrung
von einer Juristen-Facultät oder nur einen
namhafften Rechtsgelehrten vor sich hat, mag, ob
er gleich sachfällig geworden, in die Unkosten nicht
vertheilet werden. |
|
|
Ein mehrers hiervon ist zu finden bey |
|
|
- Max. Sanden in JCto Christiano,
- Jo. Pe. Ala in Advocato Christiano,
- Stryck de Conscientia Advocatorum,
- Placcius de Jcto perfecto.
|
|
|
Der bekannte Spate hat den Deutschen Advocaten
herausgegeben.
Zu Marpurg ist vor wenig
Jahren
eine
Disp.
de Nequitia Advocatorum, und kurtz darauff eine andere unter dem
Titel:
der verkehrte Jurist, seu JCtus sine lege monstrosus,
herauskommen. |
|
|
Sonst ist noch hierbey zu gedencken, daß
man ehemahls, als die sonst bey denen Römern
gewöhnlichen
solennen
Gerichte aufgehoben worden, auch
die Rechtsgelehrten, welche so wohl in denen
öffentlichen, als Privat-Gerichten, in denen Colonien und
Städten, so wohl in Rom, als auch in denen
Provintzien, von denen, so daselbst Gerichte
hielten, um
Rath,
und was bey denen vorkommenden Fällen Rechtens sey, befragt wurden, auch davor
eine
öffentliche
Besoldung
genossen, deren Räthe oder Beysitzer
(Adsessores)
genennet, weil sie nemlich nicht
selbst
Richter, sondern nur derer Richter ihre
Rathgeber, waren. |
|
|
{Sp. 1486} |
|
|
|
- Pollet in For. Rom. ...
- Brissonius in Select. Antiqu. ...
|
|
|
|