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Bewegung, (sinnliche oder thierische)
lateinisch
Motus animalis, ist eine besondere
Art
der
Bewegung, nach welcher ein lebendiger,
begliederter
Cörper, nicht nur seine
Theile und
Glieder bewegen, sondern auch von einem
Ort
zum andern rücken kan. |
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Sie wird
unterschieden in die willkührliche
(motum voluntarium) und unwillkührliche (motum
involuntarium.) |
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Die willkührliche Bewegung, so auch sonst
Motus Spontaneus heisset, ist der
Regierung der
Seele unterworffen, und geschiehet eines Theils
mit Vorwissen und Mitwürckung derselben, wie
fast an allen Gliedern, so mit Musculn versehen
sind, zu bemercken ist, als welche nach dem
Willen der Seele auf
unterschiedene Art beweget
werden, und also eben eine also
genannte
willkührliche Bewegung
vorstellen, als welche
nothwendig von einem freywilligen agirenden
Principio herkommen
muß: andern Theils
geschiehet solche ohne Vorwissen, ja offtermahls
wider den Willen der Seele, ist aber dennoch einer
willkührlichen Bewegung fast gleich, wie man
wiederum fast an allen Musculn bemercken
kan. |
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Denn wie offt beweget man nicht die Füsse
oder Arme, ohne daß die
Seele etwas davon
weiß? Ja wie offte bewegen sich nicht die Augen
oder Augen-Lieder ohne derselben Vorwissen, so
gar, vielmahls, wider derselben
Willen? anderer
dergleichen Bewegungen zu geschweigen, welche
doch, wiewohl nicht eigentlich, willkührliche
genennet werden, massen sie nicht von einem
freywillig agirenden, sondern vielmehr von einem
mechanischen
Principio, oder
Ursprunge
herkommen. |
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Die unwillkührliche Bewegung aber, (Motus
involuntarius) so auch
natürliche, (naturalis)
mechanische, (mechanicus) und
nöthige oder
gezwungene (Coactus) kan genennet werden,
entstehet von einer wechselsweisen
Gemeinschafft, Vereinigung und
Würckung, so die
festen
Theile mit denen flüssenden, und diese
wieder mit jenen, in- und untereinander haben, d.i.
von der mechanischen Disposition des
Cörpers,
dahero die
Seele dergleichen Bewegungen weder
befördern, noch verhindern und anhalten
kan. |
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Diese wird wieder
eingetheilet in eine
empfindliche (sensibilem) und unempfindliche
(insensibilem.) Jene bemercket man an dem
Hertzen, denen Pulß-Adern, der Kehle, dem
Magen, denen Gedärmen, der
Gebär-Mutter,
Harn-Blase etc. und wird also auch, nach denen
unterschiedenen
Theilen, so sie
regieret, mit
unterschiedenen
Nahmen benennet; also heisset
die Be- |
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{Sp. 1607|S. 819} |
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wegung des Hertzens und der Pulß-Adern,
Systole und Diastole, der Kehle, des Magens,
derer Gedärme und der Harn-Blase, Motus
peristalticus, Wurmartige Bewegung. |
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Die unempfindliche Bewegung, so sonst auch
Systalticus motus heisset, findet sich in denen
Blut-Adern, Wasser-Gefässen, Membranen etc.
Denn gleichwie diese Theile aus ausdehnenden
und sich ausbreitenden Röhrgen bestehen, und
mit Lebens-Geistern versehen sind, so kan man
ihnen auch dergleichen zusammendruckende
Bewegung nicht absprechen, besonders da
selbige, wenn sie starck ist, gar augenscheinlich in
die
Sinne
fället; Überdieses auch alle weiche Fibern, so sich durch den
gantzen
Cörper
ausbreiten, gewissermassen ausgespannet sind,
welche Spannung sonst auch Tonus partium
naturalis heisset, und zu aller Bewegung, und zu
jeder Absonderung derer Säffte und Feuchtigkeiten höchst-nöthig ist. |
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Die nächste oder physicalische
Ursache jeder
thierischen Bewegung sind die Lebens-Geister,
als von welchen die Bewegung aller festen Theile
unmittelbar herrühret, wie solches aus folgenden
erhellet: denn wenn das Gehirne sehr verletzet,
zusammengedruckt und verwundet, oder wohl
gäntzlich verderbet worden; so wird nicht nur die
Absonderung der Lebens-Geister verunruhiget,
sondern die Röhrgen des Gehirnes werden auch
zusammen gedrehet, oder zerreissen wohl gar,
wodurch hernach der
natürliche,
gewöhnliche
Einfluß der Lebens-Geister
nothwendig gehemmet
und verhindert wird, daß selbige nicht zu
denenjenigen Theilen, die sie bewegen sollen,
flüssen können, und dahero die Bewegung dieser
Theile wegfallen
muß. Wenn ferner die Nerven
verstopfft, zusammengedruckt oder schlaff
worden, so leidet die Bewegung entweder nur
zum Theil Schaden, oder höret wohl gantz und gar
auf, wie man beym Schlage, Lähmung,
Verrenckung und andern dergleichen
Kranckheiten bemercken kan. |
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Weiter, wenn man die Nerven an einem
lebendigen Thiere bindet oder von einander
schneidet, so werden kurtz darauf diejenigen
Glieder, zu welchen diese Nerven gehen, ihre
Bewegung verlieren, wie solches überdieses
gantz deutlich aus folgenden Experimente
erhellet: Denn so man den Nervum phrenicum bey
einem lebendigen Thiere mit denen Fingern der
einen Hand ergreiffet und starck zusammen
drücket, mit denen Fingern der andern Hand aber
dessen untersten Theil nach dem Zwergfell zu
streichet und gleichsam melcket, so wird sich das
Zwergfell bey jeder Zusammenziehung des
Nerven bewegen, und zwar so lange, biß die
Lebens-Geister, so im untersten Theile des
Nerven gewesen, ausgepresset worden. Denn ob
man schon alsdenn fortfahren und den Nerven
weiter melcken wolte, so würde sich doch das
Zwergfell nicht mehr bewegen: Es sey denn daß
man mit den obersten Fingern den Nerven nicht
mehr zusammendruckte, und hernach das
Experiment von neuen anstellte, so wird sich das
Zwergfell wieder von neuen, bey jeder
Zusammenziehung des Nerven, bewegen, und
nicht undeutlich zu
erkennen geben, daß die
Bewegung des Zwergfelles nicht von der blossen
Vereinigung des Nervi phrenici mit dem
Zwergfelle, sondern von denen Lebens-Geistern
herkomme. |
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Endlich leidet auch die Bewegung grossen
Schaden, wenn die Lebens-Geister fehlen, dahero
diejenigen, so von grossen gefährlichen
Kranckheiten abgemattet sind, sich schwerlich
oder fast gar nicht bewegen können. |
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Ob |
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{Sp. 1608} |
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nun also schon die Lebens-Geister die
näheste und physicalische
Ursache aller
thierischen Bewegung sind, so kan man ihnen
doch nicht eine innerliche
Krafft, sich selbst zu
bewegen, zuschreiben, massen sie materiell sind;
sondern sie werden so wohl, als jeder anderer
Cörper, von einer andern Ursache getrieben, die
Bewegung in denen Theilen des
Leibes zu
vollziehen. Diese Ursachen nun sind |
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1) |
die mitwürckende
Seele; |
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2) |
der beständige Zufluß und
Antrieb des Blutes in denen Pulß-Adern: |
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3) |
die besondere Bewegung
des Gehirnes, und |
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4) |
aller übrigen Theile und
Glieder des Leibes. |
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Was nun erstlich die
Seele betrifft, so ist
diese zwar die
würckende Ursache vieler
Bewegungen, allein nicht physice, sondern nun
moraliter. Denn als ein immaterielles Wesen kan
sie sich nicht selbst wesentlich in die Organa
begeben und dieselben bewegen. So geschehen
auch ferner die willkührlichen Bewegungen, so
sonst von ihr geordnet werden, offtermahls ohne
ihre Vorwissen, ja vielmahls ohne und wider ihren
Willen. Dahero kan sie um destoweniger als
einem Ursache aller Bewegungen angesehen
werden, sintemahl die unwillkührlichen
Bewegungen fast gantz und gar nicht von ihr
herkommen, als welche sie weder zu befördern
noch zu hemmen vermögend ist. Sondern sie ist,
und zwar nur moraliter, die einige würckende
Ursache derer eigentlich so genannten
willkührlichen Bewegungen, massen auf ihren
Winck und nach ihren Willen eine eingeschränckte
Bewegung derer Lebens-Geister erfolget, wovon
hernach die Bewegung derer Organorum
unmittelbar herrühret. |
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Indessen kan man ohnmöglich erklähren, wie
die
Seele als ein
immaterielles Wesen die Lebens-
Geister, als ein materielles Wesen, antreibet,
sondern man muß eintzig und allein hier bey dem
Willen des Schöpffers beruhen, als welchen es
also gefallen hat, daß die Seele nach ihren Winck
und
Willen die Bewegung der Lebens-Geister
anstellen, erregen und anordnen soll. |
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Die andere
antreibende Ursache ist der
beständige Antrieb des Blutes in denen Pulß-
Adern. Denn, indem das Blut beständig zum
Gehirne flüsset, und allezeit daselbst die geistigen
Theilgen absondert, so muß nothwendig, wenn
diese Absonderung gehörigermassen und
ordentlich vor sich gehet, auch eine gleiche und
ordentliche Vertheilung derer Lebens Geister
geschehen: denn gleichwie ein Tropffen den
andern treibet, also treibet auch ein Spiritus den
andern, welchem Satze nicht wenig dererjenigen
ihre
Meynung zu statten kommt, welche
behaupten, daß die Nerven unmittelbar von denen
zarten Enden derer Pulß-Adern abstammen, und
sich hernach in den
Leib und desselben Theile
ausbreiten und vertheilen. Ist aber das Blut sehr
dicke und von flüchtigen und geistigen Theilgen
entblösset, so ist auch der Einfluß derer Lebens-
Geister sehr schwach und die Glieder matt. Und
so bald man eine Pulß-Ader, so zum Gehirne
gehet, bindet, sobald wird der Einfluß derer
Lebens-Geister in Unordnung gebracht oder gantz
und gar gehemmet werden, und die Bewegung
und Sinnlichkeit aufhören. Von diesem Einfluß
derer Lebens-Geister nun, der von einem
beständigen Antriebe des Blutes herrühret, lässet
sich die Spannung der festen Theile oder der
Tonus partium solidarum, gar füglich herleiten.
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Nicht unbillig wird zu denen
antreibenden Ursache derer Lebens-Geister drittens gerechnet
die Bewegung des Gehirns, wie solches aus
folgenden Be- |
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{Sp. 1609|S. 820} |
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weißthümern klärlich erhellet. |
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1) |
Weil das Gehirne zum
Antriebe der Lebens-Geister gar sehr
geschickt
ist, sintemahl dieselben darinne nicht nur
abgesondert und ausgearbeitet werden, sondern
auch in demselben alle Nerven entspringen, als
durch deren Vermittlung selbiges mit allen andern
festen Theilen des
Leibes genaue Gemeinschafft
hat. |
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2) |
Weil es eine zwiefache
Bewegung hat, deren die eine von dem
zuflüssenden Blute derer Pulß-Adern, die andere
aber von denen
Ursachen, so dasselbige
antreiben, und in demselben eine gehörige
Bewegung anordnen, herrühret. |
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Die erste Bewegung des Gehirns, so Diastole
und Systole genennet wird, und keines
Beweises
benöthiget ist, sondern in die
Sinne fället,
befördert gar sehr den ordentlichen Einfluß derer
Lebens-Geister. Die andere Bewegung des
Gehirns, so von denenjenigen
Ursachen, welche
in demselben eine gehörige Bewegung anordnen,
herkommt, ist etwas dunckeler, dahero man, um
sie recht zu
verstehen, die
antreibenden Ursachen
etwas genauer erwegen muß: Diese aber sind
wiederum zweyerley, einige bringen die
unwillkührlichen, andere aber die improprie
sogenannten willkührlichen Bewegungen
hervor. |
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Bey denenjenigen antreibenden Ursachen, so
die unwillkührlichen Bewegungen verursachen,
hat man theils auf die Ursachen selbst zu sehen,
was vor welche es sind? theils auf die Art und
Weise, wie sie dergleichen unwillkührliche
Bewegungen erregen? Was die Ursachen selbst
anlanget, so findet man in denenjenigen Theilen
des
Leibes, so sich unwillkührlich bewegen,
unterschiedene. Denn in dem Hertze und denen
Blut-Gefässen, ist das Blut, in der Kehle, dem
Magen und denen Gedärmen, Speise und Tranck,
der Nahrungs-Safft und der Unrath, in der Harn-
Blase der Urin, in der Gebär-Mutter, bey einer
schwangeren Frau, die Frucht, in denen Lungen,
die Lufft, in andern Theilen andere dergleichen
Reitzungen, welche alle vermögend sind, die
Theile und ihr thätiges
Principium
anzutreiben. |
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Wie aber jetzt angeführte Ursachen, die
besondere Bewegung des Gehirnes, und den
daher entstehenden ordentlichen Einfluß derer
Lebens-Geister hervorbringen können, lässet sich
nicht so leichtlich erklären: Da man aber
wahrnimmt, daß die Lebens-Geister nicht
vermögend sind, durch eine innerliche
Krafft sich
zu bewegen, und niemals freywillig, sondern
jederzeit gezwungen und angetrieben in
dergleichen Theile flüssen; sintemahl es in ihrer
Macht nicht stehet, ob sie einflüssen wollen,
sondern sie viel mehr zu denen Theilen begeben
müssen; So ist nicht
unbillig zu schlüssen, daß
dieser Einfluß kein anderes als ein mechanisches
Principium
erkennet, welches gantz füglich von
dem Gehirne und denen Nerven hergeleitet
werden kan. |
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Oben ist allbereits erinnert worden, daß das
Gehirne vermittelst deren Nerven mit jedem Theile
des
Leibes gar sehr genau vereiniget ist, wenn
nun dergleichen
antreibende Ursachen sich in
einem Theile des Leibes aufhalten, und die
Nerven in Bewegung setzen und anreitzen, so
wird solche Bewegung durch die zurückkehrende
Bewegung derer Lebens-Geister dem Gehirne
mitgetheilet, welches hernachmals, wegen seiner
unaussprechlichen und wundersamen Structur
und Beschaffenheit dergestalt adficiret und
angetrieben wird, daß es in die Lebens-Geister
und dererselben Lauff wie- |
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{Sp. 1610} |
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der agiret und sie so anordnet, daß sie weit
häuffiger, bald in diesem, bald in jenen Theil
flüssen, und selbigen nach dem Unterscheid der
antreibenden Ursache unterschieden bewegen
müssen, dahero je stärcker der Trieb und die
Anreitzung in einem Theile ist, desto häuffiger
flüssen die Lebens Geister zu, wie zu sehen bey
dem Magen, wenn man ein Vometiv zu sich
genommen, bey denen Gedärmen, wenn man
eine Purgantz bey sich hat, bey dem Hertzen, so
ein Wurm darinne ist, oder andern dergleichen
fremden
Sachen, so einen heftig angreiffen und
beschwehren. |
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Was nun aber diejenigen
antreibenden
Ursachen anlanget, welche improprie sogenannte
willkührliche Bewegungen erregen, so sind selbige
entweder in dem Gehirn, oder in denen übrigen
Theilen des
Leibes, oder in denenjenigen
Sachen,
die ausserhalb dem
Cörper sind, zu suchen. |
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In dem Gehirne selbst finden sich zuweilen
diese Ursachen, so dergleichen Bewegungen
vorbringen, als welches durch die Länge der Zeit
und die beständige Übung endlich eine solche
Fertigkeit erlanget, daß, da einmal die Lebens-Geister in eine bestimmte, ordentliche Bewegung
gesetzet, und selbige angefangen worden, solche
hernachmahls ohne Vorwissen und wider den
Willen der
Seele vor sich gehet, wie man den gar
offtermals wahrnimmt, daß Leute ohne Vorbewust
etwas reden, oder harte Worte rausstossen,
welche sie nicht bedacht haben, sondern wider
ihren Willen vorbringen. Denn obschon die Seele
ordentlicher Weise diese Bewegungen
regieret und beherrschet, so geschiehet es doch, daß,
wenn sie selbigen so gar sehr nachgiebet, sie
nach und nach die
Herrschafft, solche zu mäßigen
und zu verhindern,
verliehret, daher es kein
Wunder, wenn durch dergleichen angewöhnte
Fertigkeit des Gehirnes und der Lebens-Geister
zuweilen solche Bewegungen wider den Willen
der Seele hervorkommen. |
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Zu anderer Zeit sind die Ursachen dieser
Bewegungen in denen Organis des
Cörpers
befindlich. Denn obschon die Musculn der
Regierung der
Seele unterworffen sind, so ist
doch bekannt, daß dieselben offtermals ohne
Vorbewust und wider den
Willen der Seele
beweget werden; denn so geschiehet es ja
vielmals, daß man isset und trincket, die Speisen
kauet und hinunterschluckt, ohne daß man daran
gedencket und die Seele etwas davon weiß; so
gehet auch der Athem, durch den beständigen
Antrieb der Lufft, ohne Vorbewust der Seele, eben
so gut aus und ein, als wenn es mit ihrem Willen
und Vorsatz geschiehet; und wer wolte sagen,
daß der Krampff oder andere zuckende
Bewegungen derer Musculn, mit Vorbewust und
Willen der Seele hervorgebracht würden. |
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Also müssen nothwendig andere
Ursachen in
denen Organis stecken, so dieselben antreiben,
und ihnen eine solche bestimmte, ordentliche
Bewegung beybringen, welche hernachmals
vermittelst derer Lebens-Geister dem Gehirne
mitgetheilet wird, und selbiges antreibet, daß es
wiederum in die Lebens-Geister zurück agiren,
und ihre Bewegung entweder ohne Vorbewust,
oder wider den
Willen der
Seele, dergestalt
anordnen muß, daß selbige in die Musculn
flüssen, und solche Bewegungen hervorbringen
müssen, die denen willkührlichen fast gleich
kommen, ob sie schon viel eher Unwillkührliche
könten genennet werden. |
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Endlich sind auch einige Ursachen dieser
Bewegungen ausserhalb unsern
Cörper, nemlich
alle und jede
Sachen,
so denen äusserlichen
Sinnen vorkommen, als welche alle we- |
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{Sp. 1611|S. 821} |
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sentlich in die äusserlichen Organa würcken,
selbigen eine bestimmte Bewegung eindrucken,
welche vermittelst derer Lebens-Geister zu dem
Gehirne gebracht wird, und dasselbe dergestalt
adficiren kan, daß es wieder in die Lebens-Geister
zurücke würcket, und derselben besondern
Einfluß, ohne Vorbewust und wider den Willen der
Seele dergestalt anordnet, daß daraus viele
Bewegungen, so denen willkührlichen fast gleich
kommen, entstehen. |
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Ob es nun schon etwas wunderlich
herauskommt, die willkührlichen Bewegungen von
einem mechanischen
Principio herzuleiten, so
lässet sich doch solches gantz wohl
beweisen;
Denn gleichwie in dem
Cörper sehr viele
Bewegungen vorkommen, so unwillkührliche
genennet werden, in der That aber sehr
wundernswürdig sind, und dennoch von keinem
andern, als einem mechanischen Principio, das
ist, von der wechselsweisen
Würckung, und
Vereinigung, so die vesten Theile mit denen
flüssenden in- und untereinander haben,
hergeleitet werden können; Also kan man auch
von diesen gar leichtlich auf die improprie
sogenannten willkührlichen Bewegungen
schlüssen, zumal da man viele
Machinen hat,
welche so künstlich zugerichtet sind, daß sie
gewisse Bewegungen hervorbringen, welche in
der That denen willkührlichen sehr gleich
kommen. Wie viele dergleichen Machinen
Wagenseilius in Epistola de Infunibuli sui ..., wie
auch Georg. Segerus in Oratione de Curiositate
physica zusammen gesammlet und beschrieben
haben. |
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Endlich und zum vierten ist die besondere
Bewegung eines jeden Theils oder Gliedes zu
betrachten, als welche weder von der
mitwürckenden
Seele, noch auch von dem
Gehirne, sondern einig und allein von dem Organo
hergeleitet werden kan, wie aus folgendem
erhellet: Denn es ist bekannt, daß, wenn man
einem lebendigen
Menschen oder Viehe das
Hertze aus dem
Leibe reisset, solches zu
unterschiedenen malen schläget: Woraus zu
schlüssen, daß nicht allemal und nothwendig der
Einfluß derer Lebens-Geister aus dem Gehirne zu
jeder Bewegung erfordert werde; sondern daß
auch diejenigen Lebens-Geister, so würcklich
schon im Organo zugegen sind, solche
hervorbringen können. Denn weil jedwedes
Organon, ja jedes Fieber mit lebendigen
Geistern
versehen ist, so ist es gar wahrscheinlich, daß die
antreibenden Ursachen, so sich in denen Theilen
des Leibes aufhalten, und oben allbereits
angeführet worden, die Lebens-Geister antreiben,
dieselbigen in stärckere Bewegung bringen, daß
sie hernach denen Organis eine solche Bewegung
beybringen müssen, die ihrer Structur gemäß ist.
Weil aber die Lebens-Geister, so in denen
Organis sind, gar balde abgemattet werden, so
müssen sie nothwendig, soll anders die
Bewegung lange anhalten, durch die besondere
Bewegung des Gehirns, mit neuen zuflüssenden
Lebens-Geistern versehen werden. |
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Noch ist diejenige Bewegung, wodurch ein
jeder Theil, so mit bewegenden Fibern versehen
ist, beweget wird, mit folgenden zu erklären.
Jedweder Muscul, wenn er in seiner Bewegung
ist, schwillet er auf, und wird straff: Und die
Experimenta physica lehren, daß wenn man eine
Blase oder lederne Spritze aufbläset, solche in der
Mitten, wo sie hohl sind, höher werden und
auflauffen, in der Länge aber kürtzer werden, und
solchergestalt diejenigen schweren
Sachen, so
man nach ihrer Proportion daran bindet, von der
Stelle |
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{Sp. 1612} |
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zu rucken und zu bewegen vermögend sind.
Also ist es gar wahrscheinlich, daß, indem der
Muscul aufschwillet, er kürtzer wird, indem er aber
kürtzer wird, er nothwendig denjenigen Theil,
woran er hänget, bewegen muß. Da aber die
Musculn aus bewegenden Fibern, so in gleicher
Weite von einander stehen, ingleichen aus
membranoesen, so in die Qver lauffen und die
erstern mit einander vereinigen, wie auch aus
spannäderigten, somit denen fleischichten
vereiniget sind, oder aus denen fleischichten
kommen, bestehen, ferner von aussen mit einer
zarten Haut umgeben, mit Nerven, Pulß- und Blut-
Adern, wie auch Wasser-Gefässen versehen sind,
und daß die bewegenden Fibern aus lauter
kleinen Bläsgen gleichsam zusammen gewebet
sind, und also der gantze Muscul mit flüssenden
Theilgen, so sich auszubreiten und auszudehnen
vermögend sind, belebet wird, ist eine bekannte
und ausgemachte
Sache. |
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Aus diesem allen nun lässet sich diese
Bewegung gar leichtlich erklären. Denn gesetzt
also, daß jedwedes Bläschen derer bewegenden
Fibern, mit einem Theilgen, eines sich
ausbreitenden und ausdehnenden Safftes
versehen ist, und daß ferner die Fibern, so in die
Qvere gehen, mit obbesagten Bläsgen sehr genau
vereiniget, und gröstentheils, wie einige Anatomici
angemercket haben, nichts anders als
Fortsetzungen deren Nerven sind: So folget
daraus, daß, wenn nur ein klein wenig Nerven-
Safft, entweder auf Anordnung der
Seele oder
einer andern
antreibenden Ursache, durch
vorerwehnte Fibern in die Bläsgen flüsset, die
elastische Krafft derjenigen Bullulae, so in jedem
Bläsgen befindlich ist, vermehret wird: Ist nun
diese vermehret, so breiten sich auch die Bläsgen
aus und werden grösser, bleiben auch so lange in
diesem
Stande, so lange die Anordnung der Seele
oder einer andern
Ursache anhält: So bald aber
diese nachlässet, so fallen die ausgedehnten
Bläsgen wieder zusammen, drucken einen Theil
des flüssenden Safftes heraus, daß der Muscul
ebenfalls welck werden und zusammenfallen
muß. |
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Daß aber die Musculn nicht allzu sehr
auflauffen, dennoch aber solche grosse
Kräffte
haben, ist denen sehr kleinen und vielen Bläsgen
der bewegenden Fibern zuzuschreiben, wie
solches Keilius Tentam. Physic. ...
beweiset; Ob
nun zwar derer meisten Musculn ihr Anfang und
Ende aus spannäderigen Fibern bestehet, diese
aber bey der Bewegung niemahls aufschwellen,
sondern, wie es denn auch gar wahrscheinlich ist,
sich nur passive verhalten: denn weil die
spannädrigten Fibern mit denen bewegenden
vereiniget sind, und jene diesen, wenn solche
kürtzer werden und aufschwellen, folgen, so
pfleget es zu geschehen, daß der bewegende
Theil gegen den unbeweglichen beweget wird. So
darff man dennoch nicht meynen, als wenn die
spannädrigten Fibern nothwendig zu der
Bewegung erfordert würden, denn gleichwie
unterschiedenen Musculn und andere Theile, so
ein musculöses Wesen haben, keine
spannädrigten Fibern besitzen; also folget daraus,
daß die bewegenden Fibern zuweilen allein die
Bewegung vollstrecken können. |
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Schlüßlich den
Nutzen der thierischen
Bewegung anlangend, so ist selbige sehr groß,
daß es allzu weitläufftig fallen würde, solchen
ausführlich zu beschreiben; Dahero nur von dem
Motu locali des gantzen
Cörpers zu erinnern, daß
solcher sehr viel zu Erhaltung der Gesundheit
beyträget. Denn weil |
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{Sp. 1613|S. 822} |
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aus vorhergehenden erhellet, daß dieser in
denen Musculn keine geringe
Würckung zwischen
denen Lebens-Geistern und Blute erreget; so ist
gewiß, daß das Blut dadurch nicht nur mehr und
mehr verdünnet und in stärckere Bewegung
gebracht, sondern auch dadurch weit flüchtiger
gemacht, und folglich die Absonderung und
Ausführung derer unreinen Theilgen, zum Nutzen
des gantzen Cörpers nach Wunsch befördert wird.
Dahero diejenigen Leute, so sich wenig oder gar
nicht bewegen, nach und nach viele
Unreinigkeiten in dem Cörper sammlen und sich
vielen Kranckheiten unterwürffig machen. |
Bes. mit mehrern Borelli
Tractat. de Motu Animalium. |
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