|
Text |
Quellenangaben |
|
Religion (Reformirte) heisset die Lehre, so
Zwinglius um das
Jahr 1519 zuerst in der
Schweitz aufgebracht;
Calvinus aber hernach in
der Picardie und zu Genf fortgesetzet hat. |
|
|
Anfangs wurde sie die Zwinglianische
Religion,
hernach aber die Calvinische Religion, und endlich
die Reformirte Religion
genennet. |
|
|
Reformierte sind also diejenigen, die obgedachter Lehre Beyfall geben und die
Schweitzerische Confeßion angenommen haben,
welche erstlich zu Basel im Jahr 1530
aufgesetzet, und hernach von allen Reformirten
Cantons zu Arau approbiret, und endlich auch
von andern ausländischen Reformirten Kirchen
unterschrieben worden. |
|
|
Die Calvinisten oder Reformirten werden in
Franckreich Hugonotten, und in Engelland
Puritaner genennet. In
Deutschland werden sie
unter dem
Namen der
Protestanten mit
begriffen. |
|
|
Was die Geschichte der Trennung dieser
Kirche von der
Lutherischen anlanget, so muß
man zwey Haupt Periodos machen: |
|
|
1) |
wie der Streit ist geführet
worden vom Anfang der |
|
|
|
{Sp. 498} |
|
|
|
Reformation, biß auf
Calvinum, da nur vom Abendmahl und
Communicatione Idiomatum
disputiret ward, |
2) |
unter Calvino, der den
Artickel
de Praedestinatione hinzu fügte, und dadurch die Trennung
beförderte. |
|
|
|
Was das erste anlanget, so giebt man
Carlstadten die
Schuld, und es ist wohl an dem, daß
Carlstadt viel
Gelegenheit darzu gegeben, aber
der erste, der ihn anfieng, war Zwinglius,
Prediger zu Zürch, ein
gelehrter
Mann. Er
reformirte die
Schweitz, sonderlich
die Transubstantiation, aber er fiel
hier aufs andere Extremum, und
sagte, Brodt und Wein
wäre nur Symbola. Er
trug dieß in
öffentlichen
Büchern vor, und fand viel Anhänger. |
|
|
Zwinglius gestehet, daß ihn ein Traum zu
dieser
Meynung veranlasset. Nemlich er wäre
bekümmert gewesen, wie er die
Worte vom Brodt
und Wein
erklären
solte, und ihm wäre im Traum
ein
Geist erschienen, welcher gesagt, er solle
nur das XI Capitel des 2 B. Mose aufschlagen, da vom Passah die
Rede wäre: da ist der Ausgang aus Egypten,
welches doch nur ein
Zeichen gewesen, also wäre
es auch hier. Er fügte noch bey, er
wisse nicht, ob
der Geist schwartz oder weiß gewesen; und daher
haben ihn die
Lutherischen Theologen
aufgezogen, ja einige gar fürgeworffen, es habe
ihm ein böser Geist diese Meynung eingegeben.
Doch braucht es nicht so weit zu gehen, denn
Zwinglius, der immer auf diese Meynung dachte,
konnte leicht dergleichen Traum haben. |
|
|
Es hätte aber dieser Streit vielleicht noch in
der Güte können beygelegt werden, wo nicht
Carlstadt Zwinglio beygepflichtet, und dadurch Gelegenheit zu
Streit gegeben hätte. Er kam mit Luthern zusammen, der von Wartburg
nach
Wittenberg gekommen war, und erst mit ihm
mündlich
disputirte; und da sich
Carlstadt nicht
bequemen wolte, so warff ihm Luther einen
Handschuh zu, und forderte ihn dadurch zum
Federkrieg auf. |
Bes. Calixti
Diss. de Tolerantia Reformat. |
|
Man fieng also diesen Streit an, und
Carlstadt, der unterdessen
Professor zu Basel
worden war, hatte Zwinglium und die
Schwäbischen und im Oberreiche liegende
Ländern zum
Anhange, Luther Ober-Sachsen und das gantze
Niederreich, wenigstens das mehreste. Luther
schrieb in diesem Streit ein
Buch, daß die
Worte,
das ist mein
Leib, noch feste stehen. Es kommt
hier die
Frage vor: ob
Luthers
Meynung Zwinglius iemahls angenommen? Die
Reformirten
läugnen
es, die
Lutherischen bejahen
es. |
Bes. Löschers Hist. motuum. |
|
Man kan es entscheiden, wenn man nur die
Auslegung der Worte der Einsetzung beyder
ansiehet. Zwinglius
sagt, es sey hier
Symbolice zu
verstehen, die Lutherischen sagen, es sey
würcklich Christi Leib und Blut
gegenwärtig. So
contrair sich auch diese Meynungen scheinen, so
wäre es doch vielleicht nicht zu einem solchen
weitläufftigen Streit gekommen, wo nicht Carlstadt Zwinglii
Meynung gebilliget, und dadurch Öl ins Feuer gegossen hätte. Diese Händel
brachten dem Evangelio wenig
Nutzen. |
|
|
Zwinglii Parthey war in
Schweitz,
Oberreich, Franckreich etc. sehr mächtig, und alle
Theologi dieser
Orten waren mit ihm eins.
Luthers Parthey war noch mächtiger. Theologi und
Politici sahen wohl, was dieser |
|
|
{Sp. 499|S. 263} |
|
|
Streit vor Schaden nach sich zöge. Unter
jenen suchte dahero Bucerus den Streit zu heben. Er suchte die
Meynung Zwinglii und Luthers
zu vereinigen, machte es aber schlimmer als besser, in dem er die Worte der
Einsetzung auf Schrauben setzte. Ausser ihm haben sich auch die übrigen Theologi in Straßburg
Mühe
gegeben, hauptsächlich Wolffgang Fabricius, Capito und
Hedio. |
|
|
Die
Sache
blieb aber unausgemacht, und
daher nahm sich der
Landgraf
Philipp von Hessen
des Handels an, und
wolte beyde Partheyen
vereinigen, eben auf solche Art als heute, da iede
Parthey ihre Meynung behalten, doch nur die
andern für Brüder
erkennen
sollen. Dieß war so
schlimm nicht, denn wäre dieß geschehen, so
hätte man den
Catholischen können besser
entgegen gehen, und wäre auch wohl geschehen,
wo nicht Schwenckfeld neuen Lerm gemacht hätte. Es war dieß ein Schlesischer
Edelmann, und
ist von einem andern Caspar Schwenckfeld, der ein Medicus
war, zu
unterscheiden. |
Bes. Wittens Diar. biograph. |
|
Dieser Schwenckfeld trieb die Reformation zu hoch, und
wolte mit der Lehre zugleich das Leben
reformiren; als dieß nicht sogleich angieng,
machte er sich eine neue Lehre, und setzte ein
innerlich Licht, welches im Hertzen mehr
Unterricht geben könnte, als die
heilige Schrifft.
Nach diesem
Principio
lebte er, und sein Wandel
war sehr gut, fand auch viel Anhänger, welche
sich allerhand Offenbarungen rühmeten. |
Bes. Arnolds Kirchen- und Ketzer-
Historie. |
|
Er selbst
schrieb viel
Bücher, und diese
haben seine Anhänger sehr sorgfältig
aufgehoben, dahero sind sie rar, ja der Jesuiten
Aufsicht macht sie noch rarer, welche sie
suchen durch Feuer gantz auszutilgen; Schwenckfeld defendirte
die Meynung Zwinglii im Puncte vom Abendmahl,
und machte dadurch den Streit grösser. |
|
|
In Schwaben
kam 1525 das so berühmte
Syngramma Svevicum heraus, worinnen Zwinglii Meynung verworffen
wird. Der Urheber davon ist Johann Brentius. Es hat
solches Pfaff in seinem Buch de actis et scriptis eccles. Suev. wieder aufgeleget. |
|
|
Bey so gestalten Sachen veranstaltete Philipp
Magnanimus ein Colloquium zu Marpurg 1529, da
Luther, Bucerus, Melanchthon, Zwinglius, Oecolampadius zugegen waren.
Es gieng auf diesem Colloquiuo sehr friedlich her.
Man beschuldigte Zwinglium nicht nur wegen des
Puncts vom Abendmahl, sondern auch wegen
der Gnade Gottes, und diß daher: Es hatte Zwinglius Francisco in einem Briefe
geschrieben, er würde im Himmel Herculem,
Socratem etc.
sprechen; und da er das lehrete, machte
er sich des Pelagianismi
theilhafftig. Allein
Zwinglius
verantwortete sich hier so wohl, daß man ihm
nicht ankommen konnte. Also kam es nur auf den
Punct vom Abendmahl an, und nach langem
Disputiren konnte man sich doch nicht
vergleichen. |
|
|
Der Ausgang war, daß
gewisse Puncte
aufgesetzet wurden, man hätte sich zwar nicht
gäntzlich verglichen, doch erkennte man sich vor Brüder und Freunde; welche
Luther und
Zwinglius unterschrieben. Und es hat dieses
Colloquium der
Lutherischen Kirche mehr
Schaden als
Nutzen gebracht: denn es fieng nach
diesem Philipp Magnanimus an, auf die Seite Zwing- |
|
|
{Sp. 500} |
|
|
lii zu hincken. |
Bes. Schelhorns Amoenit. liter. P. V. |
|
Beyläuffig ist zu
erinnern, daß
Calvinus eine
gantz andere Lehre vom Abendmahl gehabt, als
Zwinglius, und sich
Mühe gegeben,
Zwinglii und Oecolampadii
ihre zu vereinigen. Es ist auch dieß nicht zu
vergessen, daß die heutigen Schwenckfeldianer, deren es noch in
Schlesien giebt, von ihrem Urheber gantz
abgegangen. |
Es hat Janus,
Professor in
Wittenberg, ihr Glaubens-Bekänntniß
besonders, und auch in einer
Dissertation von der
Verfolgung dieser Leute heraus gegeben. |
|
|
Auf dem
Reichstage zu Regenspurg 1530
wurden die Bekänntnisse der Reformirten nicht
angenommen, und nachmahls schloß man auch die
Schweitzerisch-gesinnten aus dem Bunde aus.
Der Vergleich auf dem Colloquiuo zu Marpurg
bestund, wie gedacht, darinnen, daß man
Frieden
halten
wolte: also hätten die Schweitzerischen Theologi ihre Confeßion zugleich mit der
Lutherischen ihrer vereinigen können, weil sie
sehr moderat; aber sie wolten nicht, und setzten
zwey Confeßiones auf: die erste war Tetrapolitana, von den
vier
Städten Straßburg, Lindau,
Costnitz, Memmingen.
Diese Confeßion stehet noch in Syntagmate Confessionum, welches die
Reformirten zu Genev heraus gegeben, sonst ist
sie sehr rar. Sie ist so aufgesetzt, daß zwar Zwinglii Lehre nicht offenbar
vorgetragen wird,
doch ist sie
zweiffelhafft,
und kan im Puncte vom Abendmahl mehr auf Zwinglii als Luthers
Sinn
gezogen werden. |
Bes. Wernsdorffs
Diss. de hac confessione, und Schelhorn
im VI
Theile
Amoenit. literar. |
|
Sie ward auf dem Reichstage übergeben,
aber zurück gewiesen. Philipp Magnanimus bemühete sich
hierauf die Streitenden zu vergleichen, und Bucerus
war auf diesem Reichstag auch geneiget darzu;
Melanchthon aber, weil ihm das Colloquium zu
Marpurg noch im Sinne lag, wolte nicht, daher
blieben beyde Kirchen abgesondert, und die
Schweitzer wurden, wie gedacht, vom Schmalkaldischen Bunde
ausgeschlossen. Bucerus gab sich noch immer
Mühe, und brachte es endlich dahin, daß die
Schweitzerische Parthey nach
Wittenberg kam,
wo endlich von Luthern, der wegen Kranckheit
nicht
reisen konnte, ein Vergleich aufgesetzet
wurde, da man sich accommodirte. |
|
|
Der Haupt-Punct vom Abendmahl ward in
Ansehung der Schweitzerischen Gottesgelehrten
so eingerichtet, daß ob sie schon die Art und
Weise nicht
wusten, dennoch die wahre
Gegenwart Christi im Abendmahl
glaubten. Dieß
heist Concordia Wittebergensis, und die Oberländer nahmen diesen
Vergleich an, welcher auch geblieben. Denn von
dieser
Zeit an haben sich die Oberländer
beständig zu Luthers Parthey gehalten. |
|
|
Johann Sturm, der ein
Schweitzer war, wolte
zwar in Straßburg, und so gar auf der
Academie,
Zwinglii
Meynung einführen, aber die
Theologi, sonderlich Johann Bachus, haben sich
widersetzet, doch ist kein
öffentlicher Streit wieder
entstanden, ob sich gleich im Elsaß bisweilen
welche gefunden, die sich niemahls recht
erkläret. |
|
|
Dieser Handel aber verdarb die Sache völlig
mit den Schweitzern, welche ein
würcklich
Schisma machten. Es kam die Schweitzer die Reue an, und
sind einige ietzige Theologi, die da
sagen,
wenn |
|
|
{Sp. 501|S. 264} |
|
|
sie dazumahl
gelebet, wolten sie
Concordiam Wittebergensem
von Hertzen gerne eingegangen seyn. Ja die
Schweitzer selbst wollen sich gerne accommodiren, wenn die Lutherischen Theologi diese Formul mit
unterschreiben wollen, und zeigen dadurch, daß
ihre Vorfahren nicht behutsam genug in dieser
Sache gewesen. |
|
|
Unter Luthern wurden zwar die Streitigkeiten
mit den Schweitzern scharff getrieben, doch kam
es nicht zur Trennung, im Gegentheil siehet man
aus gewechselten Briefen, daß sie sich Fratres genennet,
kurtz vor Luthers
Tode schrieb noch
Calvinus
einen Brief an Luthern, welcher sehr moderat
und voll Respect ist: er nennet ihn Fratrem in Christo Charissimum. Es
ist dieser Brief aber nach
Wittenberg gekommen, da Luther schon todt war, und ist sehr rar
gewesen, aber die Genever haben ihn zu unsern
Zeiten in den Unions-Streitigkeiten aus dem
Concept, welches sie gefunden, auf einen Bogen
drucken lassen. |
|
|
Nach Luthers Tode aber brach Calvinus loß,
gieng mit den
Schweitzerischen Gottesgelehrten
zu
Rathe, und stifftete
würcklich die Lehre, welche
noch heutiges
Tages floriret. Man kan
Calvinum in Ansehung Zwinglii nicht vor einen Anfänger
dieser Lehre halten, allein in Ansehung seines
Systematis, welches
gantz anders eingerichtet ist,
kan man ihn wohl vor den Anfänger der Genever
Lehre halten. |
|
|
In der Schweitz gab es unterschiedliche
Partheyen, Zwinglianer, Oecolampadier, Carlstadienser. Hierzu kam nun Calvinus,
der eine andere Mittel-Meynung vom Abendmahl zwischen Zwinglio
und Luthern hatte, und, wie man aus seinen Institutionibus sehen kan,
glaubte, daß ob
zwar Christus nicht physice
gegenwärtig wäre, so
wäre er doch auf eine
gewisse Art mit dem Brodte
verbunden, daß die es nähmen, Christi
wahrhafftig
theilhafftig
würden. Zwinglii Meynung ist oben
erwehnet. Calvini Meynung hat die Englische
Kirche, die Schweitzer aber Zwinglii. Die Zwinglianer waren
erst nicht mit Calvino zufrieden,
aber dieser fand endlich
Mittel, sich 1549 zu
vergleichen. |
Bes. Spon in hist. Genev. |
|
Es erlaubte nemlich Calvinus den Zwinglianern
ihre
Meynung zu behalten, sich aber behielt er
dieß auch vor, hierauf poußirte er seine Lehre, und
war glücklich. |
|
|
In Engelland gieng Petrus Martyr, der eine
Zeit lang
Professor zu Oxford gewesen, und durch seine
Klugheit
Buceri Reformation wanckend, und seine feste
gemacht. Aus seinen Praelectionibus vom Abendmahl siehet
man, was vor Mühe er sich gegeben, die
Englische Kirche zu reformiren. In
Deutschland
gieng es ihm auch so glücklich, daß die Pfaltz ihm
beypflichtete. |
|
|
In Franckreich lehrte Theodorus Beza auch mit grossem
Nutzen, doch gehen die Frantzosen etwas in dem
Artickel von derPrädestination ab. |
|
|
Bey so gestalten
Sachen stritte man wider
Calvinum und Sadeelem, Professor der Theologie in Genev, und
seine Anhänger, auf allen
Deutschen
Universitäten sehr scharff, doch verantworteten
sich diese sehr nachdrücklich und mit mehrern
Schrifften, als ihnen entgegen gesetzt wurden,
sonderlich Bullinger, welcher doch ein Zwinglianer. Die
Gemüther wurden hierdurch verbittert, und es
kamen bald zwey neue Streitigkeiten darzu. |
|
|
Die
Evangelischen setzten zum
Grunde, daß
Christo die |
|
|
{Sp. 502} |
|
|
göttlichen Eigenschafften nach seiner
menschlichen
Natur
mitgetheilet
wären. Die Calvinianer
läugneten dieses, und glaubten zwar
unionem hypostaticam, aber keine würckliche Communicationem. Die
Evangelischen beschuldigten die Calvinianer des Nestorianismi, und
jene diese des Eutychianismi, und man
schrieb die bittersten
Schrifften gegen einander, biß endlich der dritte
Streit von der Prädestination darzu kam. |
|
|
Wie nun Calvinus ein
Mann von
Vernunfft
war, so sahe er wohl, daß er Melanchthons
Freundschafts bey seinem Unternehmen
gebrauchen würde, dahero bemühete er sich sehr,
diesen Mann zu gewinnen. In der Lehre von der
Gnadenwahl giengs nicht an, daß Melanchthon
konnte geändert werden, aber in der Lehre vom
Abendmahl fieng er an, sonderlich gegen das
Ende seines
Lebens, zu wancken. |
|
|
Weil sich nun seine
Schüler nach ihrem
Lehrmeister richteten, so geschahe es nach und
nach, daß in Leipzig und
Wittenberg sich viel
Leute einschlichen, die es heimlich mit den
Schweitzern in der Lehre vom Abendmahl hielten;
diese
nennete man
Crypto-Calvinisten. Diese Leute liessen
sich zwar bißweilen mercken, daß sie aus den Händeln mit Calvino nicht viel machten, und sie
gerne beygeleget sähen, allein so deutlich
durfften sie es nicht
thun, weil
Melanchthon und Flacius noch
lebte: aber da Melanchthon todt war, und sie
Freunde bey Hofe hatten, giengen sie deutlich
heraus. |
|
|
Allein mit der
Zeit machten sie ihre Händel
gar zu laut, und verriethen ihres Hertzens
Meynung
durch allerhand
Schrifften, sonderlich durch einen
eigenen Catechismum, der Catechismus
Wittebergensi heist, darüber sie eine Exegesin
schrieben, die noch ärger war. Hierwider regte
sich M. Schlüsselburg zum ersten. Dieser Mann, der
damahls noch ein
alter
Student zu
Wittenberg war,
merckte die Anschläge der
Professorum zu
Wittenberg zugleich mit einem andern Studenten,
Schirmer genannt, und entdeckte sie. Darauf
wachten die Niedersächsischen Theologi und
aller andere auf. |
|
|
Dem Churfürsten
Augusto brachte man viele
Dinge bey wider diese Leute, der denn die Sache
endlich den Landständen übergab, und
Jacob
Andreä,
Cantzler und Professor zu Tübingen,
nach
Sachsen
berief, weil er sich auf keinen von den Seinigen hierinnen verlassen konnte.
Dieser Andreä
muste in
Wittenberg die verdächtigen
Professores abschaffen, und eine
gantz andere
Ordnung in Sachsen einführen: also ward auf
diese Art zum ersten mahle den Händeln
vorgebeuget. |
|
|
Um aber ins künfftige die Sächsische Kirche
vor solcher Gefahr zu bewahren, wurde
beschlossen, eine Formul aufzusetzen, darnach
man alle Candidates Ministerii prüfen, und die
Prediger und
Geistlichen sich richten könnten; und
zwar geschahe solches erstlich wegen der
innerlichen Streitigkeiten in der Kirche, und deren
ein ieder müde war. Zum andern wegen der
Augspurgischen Confeßion, welche zu
general. |
|
|
Man fieng also an, und es gaben sich am
meisten August und
Hertzog Julius
Mühe, weil die
Helmstädter sich sehr wieder die Crypto-Calvinisten gesetzet hatten. Es
wurden sonderlich zwey Theologi ernannt, von sächsischer Seite Jacob
Andreä, und von Braunschweigischer Martin Chemnitius.
Es wurde ihnen aber noch vier Theologi |
|
|
{Sp. 503|S. 265} |
|
|
beygefüget, sonderlich der berühmte David Chyträus, der
aber zuletzt selbst lieber gesehen, daß die formula concordiae
zurück geblieben. |
Bes. Otto Schütz in libro I vitae
Chytraei, darinnen auch eine schöne kurtzgefaste Hist. Formulae
Concordiae. |
|
Man kan bald an diesem, bald an jenem
Orte
zusammen, weil viel
Köpffe
musten vereiniget
werden, und der Ausgang lehrete, daß es
nöthig
gewesen. Erstlich kam man zu Torgau
zusammen, und setzte etwas auf, welches daher
Scriptum Torgense heist. Dies ward mit allen Gottesgelehrten
communiciret, einige waren damit zufrieden,
andere nicht; endlich nach langem streiten kam
man soweit, daß 1580 im
Kloster
Berge bey Magdeburg die Formula Concordiae zum
Stande kam. |
|
|
Allein die Theologi, die sie verfertiget,
waren zuletzt selbst nicht eins, sondern Chemnitius,
der ein moderater Discipel von Melanchthon, und in vielen
Stücken nicht zufrieden war, daher auch viel
beygetragen, daß die Formula Concordiae in diesen Landen nicht
angenommen wurde. Andreä war der
Haupt-Arbeiter, und brachte sie auch zum Stande.
Die Reformirten und Feinde dieser Formul
nennen
sie nur Spottweise Scriptum ad Formulam Bergensem, weil sie den
Namen
Formula Concordiae zu edel
darzu halten. |
|
|
Hierauf entstunden wegen dieser Formula Concordiae
verschiedene
Motus, so wohl in der Reformirten, als
Lutherischen Kirche. Jene betreffend, so wurde
hierdurch eine ewige Feste zwischen ihnen und
den Lutherischen gesetzet. Vorher war in keinem
Symbolischen Buche ihre Lehre klar verworffen,
aber nun wurde dieselbe klar und deutlich nicht
allein verworffen, sondern auch widerleget. Also
war diese Formul ein Stachel in ihren Augen. |
|
|
Wie sie nun ihre Correspondenten in
Deutschland heimlich aller Orten hatten, so
hatten sie sich alle Streitigkeiten, die dabey
vorgefallen, überschreiben lassen, die sie
gesammlet, und in einem dicken Folianten heraus gegeben, durch Rudolph
Hospinianum in Concordia discorde. Es setzte sich ihnen aber
Leonhard Hutter entgegen
in seiner Concordia concorde. Sonst hat auch Lavaterus ein Buch
de origine et incrementis controversiae sacramentalis
herausgegeben. |
|
|
Die Formula Concordiae blieb, und die Prediger in
Sachsen
musten sie unterschreiben, oder vom
Dienste. |
|
|
Indessen haben die Reformirten ihren Haß
dagegen nicht fahren lassen, sondern ziehen fast
in allen ihren
Schrifften
darauf loß. Was die Motus
deswegen in der Lutherischen Kirche anlanget,
so war es freylich
wahr, daß die Gottesgelehrten
lange genug zu
Rathe gezogen, allein da die
Formula fertig,
wolten sie doch viele nicht
annehmen: einige hatten zu viel Respect vor
Melanchthon, andere waren mit einigen
Meynungen derselben nicht zufrieden, andere,
daß sie nicht in specie mit zu Rathe gezogen waren. |
|
|
Unter diesen Kirchen, die sie nicht
angenommen haben, sind wohl die Braunschweigischen
die
vornehmsten. Das vornehmste, sonderlich
gegen die Reformirten, stehet im Corpore Julio, allein in
einigen andern
Dingen, sonderlich von der
Ubiquitate,
konnten die Lutherischen mit ihnen nicht eins
werden. |
|
|
Die Formula Concordiae ist auch in vielen andern
Ländern
nicht angenommen wor- |
|
|
{Sp. 504} |
|
|
den, sonderlich in denen Oberländischen Kirchen nicht. Im
Brandenburgischen nahm man sie zwar an, allein
nachdem man sahe, daß sie den Reformirten gar
zu sehr entgegen, ist sie in dem Märckischen aus den symbolischen Büchern
gestrichen worden. |
|
|
In Holstein wolte man auch nichts von ihr
wissen,
wie auch in Dännemarck. In dem Dänischen Königl. Holsteinischen ist
sie vor etwa 70
Jahren eingeführet; ob sie aber
gleich im Fürstlich Holsteinischen nicht
angenommen, so müssen doch die Prediger,
wenn sie angenommen werden, einen
Religions-Eyd schwören, worinnen die Reformirten
abscheulich verdammet werden, daher sich viele
ein
Gewissen gemacht, den schweren
Eyd zu
schwören, und sich eine
Erklärung der harten
Formuln ausgebeten. |
|
|
In Dännemarck war diese Formul im Anfange
so verhaßt, daß sie der
König
Christian ins Feuer
geworffen. Nachher aber ist sie wohl angenommen, aber die Theologi halten doch
nicht viel davon. In Schweden ist sie mehrentheils
angenommen, die sie aber nicht agnosciret, haben sich
dennoch mit grossem Eifer den Reformirten
widersetzet. |
|
|
Noch heut zu
Tage giebt es viele Feinde
derselben. Es hat sie aber niemand verdächtiger
gemacht, als Gottfried Arnold in seiner Kirchen-
und Ketzer-Historie. |
|
|
Nach der Einführung der Formula Concordiae, und zwar
nach dem
Tode des
Churfürsten
Augusti, haben
sich die Crypto-Calvinisten doch wieder in
Sachsen
gesetzet. Das damalige Oberhaupt derselben
war der berühmte Nicolaus Crell. Dieser wolte die
Calvinisten wieder in Sachsen bringen, Leipzig
und
Wittenberg war schon wieder mit ihnen
besetzt, und gieng alles, so lange Christian II
lebete,
gut, als aber dieser
gestorben, und
Hertzog Friedrich Wilhelm zur
Regierung kam, wurden sie
wieder fortgejaget, Crell beym
Kopffe genommen,
und enthauptet. |
|
|
In der äusserlichen Einrichtung der Kirche
sind die Reformirten in zwey Hauptstücken weiter
als die
Lutherischen gegangen: |
|
|
1) |
Haben sie fast alle
Hierarchie abgeschafft, und die
Lehrer der
Kirchen einander vollkommen
gleichgemacht. |
2) |
Haben sie meist alle Ritus
und Kirchen-Gebräuche weggethan, Altäre und
Bilder abgeschaffet, und allen Kirchen-Zierrath
verworffen. |
|
|
|
Man muß aber hierbey anmercken, daß die
Englische Kirche hiervon auszunehmen ist, und
daß auch in den übrigen Reformirten Kirchen es
nicht in allen Stücken hierinnen gleich ist. |
|
|
Überhaupt haben die Reformirten
Geistlichen
mehr
Rechte und
Freyheiten behalten, als die
Lutherischen. |
|
|
Die vornehmsten Lehrer der Reformirten
Kirche in dem 16
Jahrhunderte
sind, ausser Zwinglio und Calvino, |
|
|
- Theodor Beza,
- Johann Oecolampadius,
- Heinrich Bullinger,
- Petrus Martyr,
- Rudolph Hospinianus,
- Wolffgang Musculus,
- Wilhelm Varellus,
- Johann Jacob Grypäus,
- und viele andere mehr.
|
|
|
Unter den Engelländern ist insonderheit der
Ertzbischoff Thomas Cramer bekannt. Unter den
Deutschen
Zacharias Ursinus, David Paräus, und einige andere
mehr. |
|
|
In Dogmaticis haben die Reformirten gedachten
Jahrhunderts gar viel gearbeitet: Denn es hat
nicht |
|
|
{Sp. 505|S. 266} |
|
|
nur Calvinus ein
völlig
Systema
geschrieben,
welches er Institutiones Religionis christianae
nennet,
sondern die übrigen berühmten
Lehrer haben
meistenstheils alle grosse Locos communes verfertiget, darinnen
sie die
Moral und Polemic zugleich mit abhandeln.
Sie folgen aber alle der
Ordnung des
Calvini, die
er in seinem Systemate beobachtet, welches als
das Hauptbuch in diesem Jahrhunderte beständig
unter den Reformirten
gebraucht worden. |
|
|
Zu ihren Dogmatischen Schrifften muß man
auch ihre Confessiones rechnen, und den Heidelbergischen
Catechismum. Sie haben keine General-Confeßion, die Lutherische Kirche erhält sich an
die Augspurgische Confeßion, aber in der
Reformirten Kirche hat keine dergleichen können
eingeführet werden. |
|
|
Die
Schweitzer haben ihre
Confessionem Helveticam, worzu im 17 Jahrhunderte die Formula Confessionis
gekommen. In Engelland hat man auch eine
besondere Confeßion, welche Burnet mit einem Commentario erläutert. In Franckreich hat man
auch eine besondere. In den Niederlanden ist die
bekannte Confessio Belgica aber nach dem Concilio Dordraceno, da der
Heidelbergische Catechismus eingeführet, sind die
Kirchen mehr vereiniget. |
|
|
In der Moral-Theologie haben die Reformirten
gar kein systema verfertiget, sondern sie haben
dieselbe in der Dogmatic und in der Lehre von den
10 Geboten
vorgetragen.
Wilhelm Amesius ist der erste
gewesen, der sich um die
Moral bekümmert. Er
hat zwar in der Vorrede vor seinem
Buche
de Conscientia von Wilhelm Theling
erinnert, daß er etwas darinnen
gethan, aber dieß
ist sehr dunckel. Vor dem Concilio Dordraceno findet man also
nichts in moralibus. Nach demselben haben Hoornbeck, Amesius,
und
andere sich darinnen hervor gethan. |
|
|
In der Erklärung der
Schrifft haben
Calvinus, Beza, Musculus,
und viele andere Reformirte Gottesgelehrte mit
grossem Eyfer gearbeitet. Die meisten unter
ihnen haben auch den schlimmsten Weg nicht
erwählet, sondern sich sehr beflissen, den
buchstäblichen
Verstand der Schrifft zu
untersuchen. Man giebt ihnen aber
Schuld, daß
sie in dieser
Sache
zu weit gegangen, und insonderheit hat man es Calvino sehr
übel gedeutet, daß er alle Stellen der Propheten auf
solche Dinge gedeutet, die zu den
Zeiten des
alten Testaments vorgegangen. Indessen sind
doch die Reformirten bey dieser Art, die Schrifft zu
erklären, geblieben, biß
Johann Coccejus einen andern
Weg erwählet hat. |
|
|
Beym Anfange des 17
Jahrhunderts hat die
Reformirte Kirche grossen Zuwachs gehabt: Denn
ein
Theil von Hessen und den
Brandenburgischen
Regenten haben sich zur
selbigen
öffentlich bekennet. Allein gegen das Ende
desselben Jahrhunderts hat sie dargegen einen
grossen Abbruch gelitten. Denn der
König
Ludewig XIV bannete alle Hugonotten aus Franckreich
heraus, und nach dem
Tode
Carl Ludewigs hat sie
auch in der Pfaltz viele Drangsale ausstehen
müssen. |
Bes. Struvens Pfältz. Kirchen-Hist. |
|
Unter den Reformirten
Lehrern sind in
gedachtem Jahrhunderte vor andern
merckwürdig, |
|
|
1) aus den Hol- |
|
|
{Sp. 506} |
|
|
ländern: |
|
|
- Frantz Junius,
- Frantz Gomarus,
- Andreas Rivetus,
- die beyden Spanhem,
- Johann Macovius,
- Wilhelm Amesius,
- Gisbert Voetius,
- Johann Coccejus,
- Samuel Maresius,
- Hermann Witsius,
- Joh. Hoornbeck,
- Jacob Alting,
- Hermann Alexander Roellius,
- und andere mehr.
|
|
|
2) unter den
Deutschen: |
|
|
- Abraham Scultetus,
- Daniel Patäus,
- Peter von Mastrich
- etc.
|
|
|
3) unter den Frantzosen sind bekannt: |
|
|
- Petrus Molinäus,
- Daniel Chamier,
- Johann Camerau,
- Johann Doläus,
- Moses Amyraldus,
- Samuel Bochart,
- Edmund Albertinus,
- Johann Claudius,
- Stephan le Moyne,
- Peter Jurieu,
- Johann la Placetre,
- Isaac Jaquelot,
- und andere mehr.
|
|
|
4) Unter den Engelländern: |
|
|
- Johann Tillotson,
- Gilbert Burnet,
- Jacob Usserius,
- Wilhelm Cave
- etc.
|
|
|
5) Unter den
Schweitzern: |
|
|
- Frantz Turretinus,
- Johann Heinrich Hottinger,
- Johann Heinrich Heidegger.
|
|
|
In der Theologia dogmatica folgten die Reformirten im Anfang dieses
Jahrhunderts dem
Vortrage
Calvini. Mann suchte zwar, sonderlich
in Holland, die Scholastic einzuführen, allein das
Concilium von Dordrecht verhinderte dieses Vorhaben. Um die Mitte
des Jahrhunderts brachte Johann Coccejus die Föderal-Methode
auf: Diese fand zwar im Anfange vielen
Widerstand, aber mit der
Zeit haben sich die
meisten daran
gewöhnet. In Engelland hat man
keine
gewisse
Methode, und die Frantzosen
binden sich auch an keine
Regeln. |
|
|
In Polemicis haben die Reformirten was grosses gethan. Die Streit-Schrifften der Frantzosen und
Engelländer gegen die Catholischen haben
ihresgleichen nicht. Unter jenen ist Jurieu, Claude, Chamier etc. unter
diesen Bake, Tillotson, Stillingflet etc. |
|
|
Die Holländer haben zwar gegen die
Catholischen auch
geschrieben,
als Rivetus und Coccejus; aber sie haben
sich doch mehr in den Streitigkeiten mit den Socinianern und Anabaptisten
hervorgethan. Gegen die Socinianer ist Hoornbeck in seinem
Sociniano refutato vortrefflich; Es ist auch Hydra Socinianismi
decollata sehr bekannt. Nächst dem
sind auch Kloppenburgs
Schrifften sehr berühmt.
Es sind auch viele Schrifften von ihnen vorhanden, welche sie gegen die
Arminianer und Lutheraner
herausgegeben. |
|
|
Unter den Engelländern, Frantzosen und
Holländern hat keiner gegen die letztern
geschrieben, aber unter den
Deutschen sind
einige, als Christian Beckmann, unter dem
Namen
Mozom, desgleichen Wendelin, aber diesem hat
Joh. Gerhard in seinen Exercitationibus Antiwendelinianis
gründlich
geantwortet. |
|
|
In der
Moral waren die Reformirten im Anfang
dieses Jahrhunderts eben so wenig besetzt, als
die Lutheraner. Wilhelm Amesius war der erste, der an die
Ausbesserung der Sittenlehre gedachte. Nachmahls schrieb Johann Hoornbeck seine
Theologiam practicam, dem viele
andere nachfolgten. Dennoch aber haben sie bey
weitem nicht so viel
Fleiß, in diesem Stücke der
Theologie, als die Lutheraner angewandt, die
Frantzosen ausgenommen, unter denen einer und
der andere
nützliche Ar- |
|
|
{Sp. 507|S. 267} |
|
|
beiten verfertiget. Daher sind sonderlich
unter den Holländern viele Streitigkeiten
de rebus moralibus entstanden, die soviel Weitläufftigkeiten nicht
würden gemacht haben, wenn sie die
Principia
der Moral besser
studiret hätten. |
|
|
Beym Anfange des 17
Jahrhunderts
erklärten die Reformirten die
Schrifft nach der
Anleitung Calvini, der stets den buchstäblichen
Verstand
untersuchet.
Johann Coccejus aber brachte eine
gantz andere
Art, die Schrifft zu erklären auf, und suchte stets die Fata des Neuen Testaments in den
Prophetischen Büchern der Schrifft. Diese
Methode fand viel Liebhaber, und wird noch
ietzo
unter den Reformirten mit grossem Eifer
getrieben. Dennoch aber giebt es auch viele unter ihnen, die Calvini
und Grotii Fußtapffen
nachfolgen. Dies
thun insonderheit die Frantzosen
und Engelländer. Wiewohl auch viele der
Schweitzer diesen Weg
erwählet. |
|
|
Die Haupt-Veränderung, die in der
Reformirten Kirche in gedachtem Jahrhunderte
vorgegangen, ist die Trennung der Arminianer von der
übrigen Reformirten Kirche. Arminius konnte das
absolutum Decretum nicht vertragen, und lehrte
öffentlich dagegen. Er fand gleich einen grossen
Anhang, aber auch viele Widersacher, sonderlich
dem berühmten Frantz Gomarus. Man suchte die Händel
auf alle Art beyzulegen, und es schiene, als wenn
Arminius die Oberhand behalten würde: aber nach des
Arminii
Tode wurden seine Freunde dem
Staat verdächtig, daher ward 1619 das berühmte
Concilium zu Dordrecht angesetzet, worauf die Arminianer als Ketzer
verdammet, und da sie ihre
Meynungen nicht
ändern wolten, zum Lande hinaus gewiesen
worden. |
|
|
Die übrigen Streitigkeiten der Reformirten
haben bey weitem so viel Unruhe nicht
angerichtet. In Franckreich hat man insonderheit
mit Mose Amyraldo und seinen Anhängern zu thun gehabt,
die man insgemein Universalitas hypotheticos zu
nennen pfleget:
desgleichen mit dem berühmten Engelländer Pagomio. |
|
|
In Engelland sind die Streitigkeiten der
Presbyterianer und Episcopalen getrieben worden. |
|
|
In der
Schweitz
hat man wegen der Formula Consensus
allerhand Händel angefangen. |
|
|
In Holland sind insonderheit die
Streitigkeiten mit Balthasar Beckern u. mit
Hermann Alexander Roell bekannt worden. |
|
|
Was die Geschichte der Reformirten Religion
in diesem ietzigen 18 Jahrhunderte anbetrifft, so
wollen wir nur die Hauptpuncte und solche
gleichfalls gantz kürtzlich berühren. Und so ist
denn zu mercken: |
|
|
1) |
Ihro
Königl.
Majestät in
Preussen, Friedrichs, Glorwürdigsten Gedächtnisses, Bemühung,
im
Jahr 1703, obs
möglich seyn
wolte, die
Evangelisch-Lutherische und Reformirte Kirche in
eine
vollkommene Religions-Einigkeit zu bringen:
von welcher
Sache viel Vorschläge,
Schrifften und
Handlungen ergangen sind. |
2) |
Der Vergleich, so wegen
der Reformirten in der Pfaltz zwischen Ihro Königl.
Majestät in Preussen, und Ihro
Churfl Durchl.
Johann Wilhelm zu Pfaltz, geschlossen worden,
im Jahr 1705. |
3) |
Nur gedachter Majestät
Bemühung zu Anfang dieses Jahrhunderts,
um |
|
|
|
{Sp. 508} |
|
|
|
auch den Reformirten das freye Religions-Exercitium in Schlesien zu
verschaffen, nach dem Fuß des
Alt-RanstättischenTractats. |
4) |
Die Anordnung, daß in
sämtlichen Preuß. Landen einerley Kirchen-Gebets-
Formulare von den
Lutheranern und Reformirten
bey öffentlichem Gottesdienst
gebraucht werden
sollen, im Jahr 1706. |
5) |
Die Feyerung des ersten
Reformirten Jubel-Festes in Preussen am ersten
Christ-Tage 1713. |
6) |
Das in der
Marck
Brandenburg sich allerley Streitigkeiten herfür
gethan unter den Particularisten und
Universalisten, da eine Parthey die andere des Abfalls von der Lehre der
ältesten Reformatorum
beschuldiget. Die erste Schrifft ist gewesen D. Paul Volckmanns
Theses Theologiae Reformatarum Ecclesiarum ... Es
hat sich aber insonderheit Philipp Naude des Particularismi mit allem Eifer
angenommen. Jedoch hat der König dem Streite so
weit ein Ende gemacht, daß beyden Partheyen
das Stillschweigen ist aufgeleget worden; im Jahr
1714 und 1715. |
|
|
|
Schlüßlichen bemercken wir noch die
Länder, wo die
Reformirte Religion floriret, als da sind |
|
|
1) |
die
Königreiche Engelland
und Schottland, |
2) |
Irrland zum
Theil, |
3) |
die Herren Staaten der
sieben vereinigten Niederlande, |
4) |
ein grosser Theil von der
Schweitz, |
5) |
etwas in der
Pfaltz, |
6) |
Hessen-Cassel, sammt
vielen Reformirten im Anhaltischen,
Brandenburgischen etc. |
|
|
|
|
|